Atomkraft - Das Tabu -  Martin Schlumpf

Atomkraft - Das Tabu (eBook)

Brauchen wir Kernkraftwerke?
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
168 Seiten
Edition Königstuhl (Verlag)
978-3-907339-74-9 (ISBN)
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Unter dem Menetekel einer drohenden Stromversorgungskrise stellt sich die Frage nach dem wie weiter in der Energiepolitik. Weder ein Zubau an Stromversorgung noch ein Ausbau von Speichern und Netzen dürfte genügen, um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen. Damit ist die Frage wieder auf dem Tisch, ob auf den beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie zurückzukommen ist, da ohne Grundlast liefernde Kernkraftwerke eine zuverlässige und klimafreundliche Stromversorgung in dem definierten Zeitfenster kaum möglich sein dürfte. Der Autor geht dieser Frage «ohne Scheuklappen» nach, fundiert und mit anschaulichen Grafiken zeigt er Möglichkeiten und Grenzen einer Stromerzeugung unter Einbezug aller verfügbaren Systeme, darunter auch der Kernenergie auf. Damit setzt sein Buch einen Kontrapunkt zur allgemein verbreiteten medialen «Mei­­nung» zur Kernenergie.

Martin Schlumpf, geboren 1947 in Aarau, ist Musiker, Forscher und Publizist. Nach seinem Musikstudium in Zürich wurde er 1977 Professor für Musiktheorie und Improvisation an der ­Musikhochschule Zürich. Nach deren Integration 2007 in die Zürcher Hochschule der Künste, war er bis zu seiner Pensionierung 2011 dort auch Senats- und Hochschulversammlungs-Präsident. Sein umfangreiches Werk als Komponist wurde in Konzerten in der Schweiz, in Europa und in den USA aufgeführt. Seit seiner Pensionierung setzt er sich immer mehr mit philosophischen und wissenschaftlichen ­Themen auseinander. Dabei ist eine Reihe von Publikationen entstanden, darunter seine bekannten Grafik-­Kolumnen, was u.?a. zu seiner Berufung in den Expertenbeirat des Energie Club Schweiz geführt hat.

Vorwort von Hans Rentsch


Wussten Sie, dass Strom aus Kernkraftwerken (KKW) unter Berücksichtigung aller Kosten nicht teurer ist als Wind- und Solarstrom? Oder war Ihnen bekannt, dass das Entsorgungsproblem für die vielen problematischen Materialien, die für Windräder und Photovoltaik verwendet werden, mindestens so anspruchsvoll und teuer ist wie für den «Atommüll»? Oder hatten Sie schon einmal gehört, dass Kernenergie im Vergleich die sicherste Form der Stromerzeugung ist?

Falls Ihre Antwort auf alle drei Fragen nein lautet, brauchen Sie sich keinen Vorwurf zu machen. Die seit Jahrzehnten laufende Dämonisierung der Kernenergie durch fundamentalistische KKW-Gegner und die permanente Gehirnwäsche durch Medien und Politik haben auch bei Ihnen ihre Wirkung hinterlassen. Höchste Zeit also, sich mit den Fakten auseinanderzusetzen, falls Sie wirklich auch bereit sind, liebgewonnene Vorurteile über Bord zu werfen. Diese Publikation liefert dafür die Grundlagen.

Chronologie einer überstürzten Energiewende


Im Jahr 2008 reichen die Betreiber der schweizerischen Kernkraftwerke drei Rahmenbewilligungsgesuche für den Bau von neuen KKW ein. Am 11. März 2011 kommt es in Japan zu einem gewaltigen Erdbeben mit einem verheerenden Tsunami und der Reaktorkatastrophe im KKW Fukushima Daiichi. Unmittelbar nach dem Unfall beschliesst das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), die laufenden Verfahren für die Bewilligungsgesuche der neuen KKW zu sistieren. Danach geht alles unschweizerisch schnell, bevor auch nur eine erste Analyse dieses japanischen «worst case» vorliegt:

  • Am 23. März beauftragt der Bundesrat das UVEK, die bestehende Energiestrategie zu überprüfen und die Energieperspektiven 2035 zu aktualisieren.
  • Am 25. Mai fällt der siebenköpfige Bundesrat mit der Mehrheit der vier damaligen Bundesrätinnen einen Richtungsentscheid für einen schrittweisen Ausstieg aus der Kernenergie. Die bestehenden KKW sollen nicht durch neue ersetzt werden.
  • In der Wintersession spricht sich auch das Parlament für den schrittweisen Atomausstieg aus. Es beauftragt den Bundesrat mit der Erarbeitung einer umfassenden Energiestrategie. Diese soll eine vom Ausland möglichst unabhängige Stromversorgung ohne Kernenergie sicherstellen.
  • Am 18. April 2012 stellt der Bundesrat in einer Medienmitteilung fest, dass der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie technisch und wirtschaftlich machbar ist. Das UVEK wird mit der Erarbeitung eines ersten Massnahmenpakets beauftragt.
  • Am 4. September 2013 verabschiedet der Bundesrat seine Botschaft zum neuen Energiegesetz als Teil des ersten Massnahmenpakets zur «Energiestrategie 2050».
  • Am 30. September 2016 nehmen National- und Ständerat nach Abschluss der dritten Beratung des neuen Energiegesetzes die Vorlage in der Schlussabstimmung an.
  • Am 31. Januar 2017 meldet die Bundeskanzlei, dass das Referendum gegen das neue Energiegesetz zustande gekommen ist.
  • Am 21. Mai nimmt das Stimmvolk das neue Energiegesetz mit 58.2 Prozent der Stimmen an. Das Gesetz sowie die Ausführungsbestimmungen treten am 1. Januar 2018 in Kraft.

Im Anhang zum Gesetz findet sich das Verbot zum Bau von neuen KKW. Auf einem Faktenblatt des Bundesamtes für Energie (BFE) steht dazu: «Rahmenbewilligungen für die Erstellung neuer Kernkraftwerke sowie für grundlegende Änderungen an bestehenden Kernkraftwerken werden nicht mehr erteilt … Weiter wird das vom Parlament bereits früher beschlossene Moratorium für die Ausfuhr abgebrannter Brennstäbe zur Wiederaufarbeitung durch ein unbefristetes Verbot ersetzt.»

Der kurze Weg in die energie- und klimapolitische Sackgasse


Der in Aussicht gestellte Erfolg der ES2050 («Energiewende») gründete auf vier Annahmen:

  • Einem massiven Ausbau von Solar- und Windstromanlagen sowie von Wasserkraft;
  • Energieeinsparungen durch Effizienzsteigerungen;
  • Stromimporten aufgrund eines Stromabkommens mit der EU;
  • technologischen Quantensprüngen, insbesondere in der Speichertechnologie, um wegfallende Bandenergie aus KKW ohne Einbusse an Versorgungssicherheit durch volatilen Strom aus Solar- und Windanlagen zu substituieren.

Alle vier Bedingungen beruhten auf dem Prinzip Hoffnung. Schon bald wurden wir, durchaus voraussehbar, mit harten Tatsachen konfrontiert. Der erhoffte massive Ausbau der Produktionskapazitäten für PV- und Windstrom erwies sich schon bald als illusorisch. Beim Ausbau der Wasserkraft hätte allein schon der jahrzehntelange Konflikt mit Umweltschutzorganisationen um die Erhöhung der Grimsel-Staumauer übertriebene Erwartungen dämpfen müssen. Und selbst mit höherer Effizienz kann von Einsparungen beim Stromverbrauch keine Rede sein, wenn man gleichzeitig auf die möglichst weitgehende Elektrifizierung der Mobilität und der Gebäude setzt (Stichwort: Sektorkopplung).

Bezüglich Stromimporten waren die offiziellen Botschaften etwas widersprüchlich. Einerseits wurde im Vorfeld des Referendums über das Energiegesetz behauptet, dank der geplanten Massnahmen könne die Schweiz ihre Abhängigkeit von Stromimporten senken. Anderseits kam bald nach der Volksabstimmung eine möglicherweise bewusst zurückgehaltene BFE-Studie heraus, welche die entscheidende Rolle von Stromimporten und deshalb eines Stromabkommens mit der EU unterstrich. Man wusste aber schon seit langem, dass es ohne institutionelles Rahmenabkommen mit der EU kein Stromabkommen geben würde. Allerdings hatte die Schweiz nicht einmal ihre Hausaufgaben gemacht, obwohl man seit Jahren wusste, dass die vollständige Strommarktliberalisierung die Bedingung für ein Stromabkommen gewesen wäre. Ohne Stromabkommen verschärft sich die Herausforderung der notorischen Winterstromlücke. Dieses saisonale Problem haben wir schon heute, und es lässt sich nur mit Stromimporten lösen. Die Speicherkapazität der Pumpspeicheranlagen ist viel zu gering für den saisonalen Ausgleich.

Das Problem der Winterstromlücke wird sich mit der Abschaltung von KKW massiv verschärfen. Wirtschaftlich umsetzbare technologische Quantensprünge in der Speicherung zur Glättung der unregelmässig anfallenden Stromproduktion aus Sonne und Wind sind bei weitem noch nicht in Sicht. Laufende technische Entwicklungen auf diesem Gebiet entpuppen sich bald einmal als Scheinlösungen, sobald man die notwendigen Grössenordnungen ins Kalkül einbezieht.

Für das Gelingen der Energiewende müssten alle vier der oben aufgeführten wackeligen Annahmen gegeben sein, das heisst, es sind kumulative Bedingungen. Wer eine solche auf Sand gebaute «Energiestrategie» entwirft, müsste mindestens einen Plan B haben. Aber das hätte den unerwünschten Eindruck erwecken können, man glaube selbst nicht so recht an den Erfolg der Energiewende. Und so stehen wir heute – mit dem russischen Ukrainekrieg als Notfallbeschleuniger und unhaltbarer Entlastung von politischer Verantwortung – mit abgesägten Hosen da.

Die zuständigen Stellen in der Bundesverwaltung rotieren im Panikmodus. Bezeichnend dafür ist, dass jetzt, unter dem Druck der selbstverursachten Umstände mit möglichen Stromunterbrüchen schon im laufenden Winter, plötzlich von Stromabschaltungen und unpopulären Gaskraftwerken die Rede ist – von der bereits beschlossenen Verlängerung der KKW-Laufzeiten gar nicht zu reden. Dabei war das Energiegesetz dem Stimmvolk primär als Atomausstiegsvorlage präsentiert und von diesem auch so verstanden worden.

Stereotype Vorurteile statt Fakten zur Kernenergie


In jüngerer Zeit bietet nun der politische Eiertanz um die Aufhebung des Verbots neuer Kernkraftwerke im Energiegesetz einen eher zwiespältigen Unterhaltungswert. Auslöser der schweizerischen Diskussionen waren nicht zuletzt die Streitereien in der EU um die Taxonomie-Verordnung, die die Vorgaben für nachhaltige Investitionen definiert. Auf Wikipedia steht dazu: «Die Verordnung enthält die Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist.»

Im gefundenen Kompromiss spiegelt sich in schönster Weise der typische EU-Opportunismus, einem Lehrstück, in dem wie so oft die beiden grossen Nachbarn die Hauptrolle spielen. Man hat zwar auf Forderungen Frankreichs und osteuropäischer EU-Länder – trotz Gegendruck von Deutschland und einigen anderen EU-Staaten – die Kernenergie als nachhaltig und «grün» taxiert. Im Gegenzug setzten sich erwartungsgemäss auch die deutschen Interessen durch, indem nun Energie aus Gaskraftwerken ebenfalls als nachhaltig gilt. Denn ohne diese «Brückentechnologie» als Backup für die...

Erscheint lt. Verlag 24.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Naturwissenschaften Physik / Astronomie
ISBN-10 3-907339-74-6 / 3907339746
ISBN-13 978-3-907339-74-9 / 9783907339749
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