Endspurt Klinik: Mikrobiologie, Infektiologie II (eBook)

Endspurt Klinik Skript 9 Viruserkrankungen; Mykosen; Parasitosen
eBook Download: EPUB
2024 | 4. Auflage
132 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-244516-1 (ISBN)

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Endspurt Klinik: Mikrobiologie, Infektiologie II
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In der 4. Auflage wurden alle Inhalte auf den aktuellen Stand gebracht und neue Frageninhalte eingearbeitet.

Teil II der Mikrobiologie und Infektiologie ist analog zu Teil I aufgebaut. Im Teil II geht es um die Viren, Pilze und Parasiten, Wirkstoffe gegen diese Erreger und die Krankheitsbilder, die sie verursachen. Einige der Erkrankungen durch in diesem Heft beschriebene Erreger finden sich jedoch in anderen Skripten. So werden die kindertypischen Erkrankungen wie z.B. Masern oder Windpocken in den Skripten der Pädiatrie behandelt, die viralen Meningitiden in der Neurologie etc.

1 Erreger


1.1 Auffrischer: Viren


Definition:

Ein Virus ist die kleinste bekannte infektiöse Einheit. Es besteht aus Nukleinsäure, Proteinen und manchmal auch Lipiden. Zusammen bilden diese Bausteine das sog. Virion, also das extrazelluläre, morphologisch charakterisierte Partikel.
Der Begriff Virus schließt zusätzlich noch das infektiöse Prinzip des Virions mit ein.

Wichtige charakteristische Merkmale von Viren sind:

  • Ein Viruspartikel enthält entweder RNA oder DNA, niemals beide Arten von Nukleinsäure gleichzeitig.

  • Viren können sich nicht selbst vermehren. Sie benötigen dazu eine Wirtszelle mit ihren Syntheseleistungen.

  • Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel.

1.1.1 Struktur


Kapsid und Nukleoid: Die Grundstruktur eines Virus besteht aus einer (oft symmetrischen) Proteinhülle, dem Kapsid, das aus vielen einzelnen Proteinmonomeren (Kapsomere) zusammengesetzt ist. Innerhalb der Hülle befindet sich das Nukleoid, das aus Nukleinsäure besteht. Diese kann als RNA oder DNA, einzelsträngig (ss) oder doppelsträngig (ds) vorliegen.

Nukleokapsid und Envelope: Nukleoid und Kapsid bilden zusammen das Nukleokapsid. Dieses ist oft noch von einer weiteren Hülle, dem Envelope, umgeben. Der Envelope besteht aus Kohlehydraten, Proteinen und Lipiden in variabler Zusammensetzung. Der Lipidgehalt kann bis zu 40% betragen. Die Lipide stammen aus der Membran der Wirtszelle, die das Virus bei der Freisetzung „mitgenommen“ hat.

Strukturen von Viruspartikeln

Abb. 1.1 Die meisten Viren haben entweder eine ikosaedrische oder eine helikale Form.

(Quelle: Hof, Schlüter, Duale Reihe Medizinische Mikrobiologie, Thieme 2022)

Spikes: Die Glykoproteinfortsätze des Envelopes (Spikes) helfen dem Virus bei der Anheftung an die Wirtszelle, bei der Penetration und der Freisetzung des Genoms in die Wirtszelle. Auch Hämagglutination und Hämolyse können von ihnen verursacht werden. Manche haben enzymatische Funktion (z. B. Neuraminidaseaktivität).

Die Antigenität eines Virus wird durch die Proteine seines Kapsids bzw. seines Envelopes bestimmt. Über diese Proteine können die Viren identifiziert und in verschiedene Serotypen eingeteilt werden.

Defekte Viren: Nach mehreren Zellpassagen können defekte Viren auftreten. Ihnen fehlt ein Teil ihres Genoms, weshalb sie nicht mehr selbst einen Infektionszyklus beginnen können. Sie benötigen ein sogenanntes Helfervirus, mit dem zusammen sie die Wirtszelle befallen und das dann die fehlenden Funktionen für die Infektion beisteuert.

1.1.2 Klassifikation und Systematik


Viren werden nach folgenden Merkmalen klassifiziert:

  • Nukleinsäure: DNA oder RNA

  • Nukleinsäure: Einzelstrang (ss) oder Doppelstrang (ds)

  • Hülle: Envelope vorhanden oder nicht.

DNA liegt meistens doppelsträngig, RNA in der Regel einzelsträngig vor. Bei einzelsträngiger Nukleinsäure muss unterschieden werden, ob der codierende (+)-Strang oder der nicht codierende (–)-Strang im Virus vorhanden ist (Polarität). Liegt der nicht codierende (–)-Strang vor, wird entweder eine virale oder eine wirtseigene Transkriptase zur Herstellung der mRNA benötigt.

Analog zur Klassifikation anderer Lebewesen, folgt die Taxonomie der Viren folgender Systematik:

(...)

* Klasse (…ica)
* Ordnung (…virales)
* Familie (...viridae)
* Unterfamilie (...virinae)
* Gattung/Genus (...virus)
* Art (referierend auf hervorgerufene Krankheit oder Wirt).

1.1.3 Replikation


Viren sind obligate Zellparasiten und benutzen den Syntheseapparat ihrer Wirtszellen, um sich zu vermehren. Die typische Infektion einer Zelle mit anschließender Vermehrung des Virus in der Zelle verläuft in mehreren Schritten:

  • Adsorption: Das Viruspartikel heftet sich an die Oberfläche seiner Wirtszelle an.

  • Penetration: Es dringt in die Wirtszelle ein, indem es entweder phagozytotisch aufgenommen wird oder sein Genom durch die Zellmembran in die Wirtszelle injiziert.

  • Uncoating: Freisetzung des Virusgenoms aus dem Viruspartikel in das Zytoplasma der Wirtszelle

  • Biosynthese: Die Wirtszelle wird durch das virale Genom umprogrammiert und synthetisiert große Mengen an viralen Nukleinsäuren und viralen Proteinen.

  • Reifung: Virale DNA und virale Proteine assemblieren sich innerhalb der Wirtszelle zu vollständigen Viruspartikeln.

  • Freisetzung: Die reifen Viruspartikel werden freigesetzt. Dies geschieht entweder durch Lyse der Zelle oder durch sog. Budding (Ausknospen). Beim Budding werden die viralen Hüllproteine über den Golgi-Apparat in die Zellmembran der Wirtszelle transportiert. Die viralen Nukleokapside heften sich von innen an ihre Hüllproteine und schnüren sich dann durch Ausstülpung der Zellmembran nach außen ab.
    Beim Budding erwirbt die Zellmembran der Wirtszelle virale Eigenschaften (durch Einbau von viralen Hüllproteinen), welche zur Hämadsorption oder auch zur Bindung infizierter Zellen an benachbarte nicht infizierte Zellen führen kann. Dadurch wird die Verbreitung des Virus noch beschleunigt.

1.1.4 Genetik


Mutation: Bei allen Viren kommen Mutationen vor. Es gibt Punktmutationen und Mutationen größerer Genomabschnitte. Sie können spontan erfolgen oder physikalisch-chemisch induziert werden. Wird die Virulenz eines Virus durch eine Mutation beeinträchtigt, spricht man von Attenuierung. Durch Attenuierung geschwächte Viren werden oft als Lebendimpfstoff eingesetzt.

Rekombination: Viren, die dieselbe Zelle infiziert haben, können untereinander Erbmaterial austauschen und dabei ihr Genom neu kombinieren. Dabei entstehen neue veränderte Viren.

Reassortment: Bei einem segmentiert vorliegenden Genom können ganze Segmente des Genoms besonders einfach ausgetauscht werden. Dieser Austausch kann bis zu 20% des Genoms betreffen. Oft kommt es dabei auch zur Rekombination von humanen und animalen Viren und es entstehen neue Viren, mit erheblichen Konsequenzen für das Immunsystem des Wirtsorganismus. Man spricht dann auch von Antigenshift. Antigenshift ist die Ursache für die immer wieder auftretenden Pandemien der Influenza.

Antigendrift: Bei der Antigendrift sind nur kleine Teile des Genoms betroffen. In der Regel handelt es sich um Punktmutationen, die ein einzelnes Antigen nur leicht variieren. Das variierte Antigen kann dann das Immunsystem des Wirtsorganismus unterlaufen.

Übertragung von Onkogenen durch Retroviren: Retroviren können infizierte Zellen in verschiedener Art transformieren.

Transduzierende Retroviren: enthalten virale Onkogene (v-onc) mit Sequenzhomologie zu Wirtszellgenen, entstanden durch Rekombination mit zellulären Protoonkogenen (c-onc); am bekanntesten ist das Rous-Sarkom-Virus mit v-scr, klinisch relevant ist z. B. bei Hauskatzen das feline Leukämievirus (FeLV).

Retroviren mit cis-aktivierenden Eigenschaften: Durch Integration des Virus ins Wirtsgenom kommt es zur Veränderung der Funktion oder Expression zellulärer Gene wie c-myc, die als chronisch bzw. slow-acting Tumorviren fungieren (z. B. das murine Leukämievirus).

Retroviren mit trans-aktivierenden Eigenschaften: Durch transkriptionelle Aktivierung kommt es zur Onkogenese (z. B. Retroviren aus dem Genus Deltaretrovirus, HTLV-1).

Endogene Retroviren: Diese sind von den o.g. exogenen Retroviren abzugrenzen. Ca. 8% des humanen Genoms besteht aus Sequenzen viralen Ursprungs, die Relikte zurückliegender Infektionen in Primatenvorfahren des Menschen vor bis zu 100 Mio. Jahren darstellen.

Zu den für den Menschen wichtigen Onkoviren (= Viren, die Krebs hervorrufen können) im weiteren Sinne zählen:

Erscheint lt. Verlag 24.4.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete
Medizin / Pharmazie Studium
Naturwissenschaften Biologie
ISBN-10 3-13-244516-9 / 3132445169
ISBN-13 978-3-13-244516-1 / 9783132445161
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