Schwarze Löcher -  Brian Cox,  Jeff Forshaw

Schwarze Löcher (eBook)

Der Schlüssel zum Verständnis des Universums
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
368 Seiten
Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG
978-3-440-50894-7 (ISBN)
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Schwarze Löcher gehören zu den Topthemen der Astronomie und sind aus der Forschung nicht mehr wegzudenken. Das renommierte Autorenduo Brian Cox und Jeff Forshaw (bereits bei KOSMOS erschienen: 'Warum ist E = mc2?', 'Mensch und Universum', 'Was wiegt das Universum?') erklären gewohnt unaufgeregt, leicht verständlich und wissenschaftlich fundiert, was hinter Schwarzen Löchern steckt und wie sie uns dabei helfen könnten, unseren Platz im Universum zu finden.

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Eine kurze Geschichte der Schwarzen Löcher

„Das Wissen um die Existenz des für uns Undurchdringlichen, der Manifestationen tiefster Vernunft und leuchtendster Schönheit, die unserer Vernunft nur in ihren primitivsten Formen zugänglich sind, dies Wissen und Fühlen macht wahre Religiosität aus; in diesem Sinn und nur in diesem gehöre ich zu den tief religiösen Menschen.“

ALBERT EINSTEIN

Im Herzen der Milchstraße gibt es eine Verkrümmung im Gewebe des Universums – verursacht durch etwas, das vier Millionen Mal massereicher ist als unsere Sonne. Raum und Zeit sind dort in der direkten Umgebung so stark verkrümmt, dass Lichtstrahlen gefangen bleiben, wenn sie sich näher als zwölf Millionen Kilometer heranwagen. Der Bereich, aus dem es kein Zurück mehr gibt, ist durch einen Ereignishorizont begrenzt. Er wird so genannt, weil das Universum außerhalb für immer von allem isoliert bleibt, was innerhalb passiert. Oder zumindest dachten wir das, als der Name geprägt wurde. Wir tauften es Sagittarius A*, und es ist ein supermassereiches Schwarzes Loch.1

Schwarze Löcher befinden sich dort, wo die massereichsten Sterne geleuchtet haben, in den Galaxienzentren, am Rande unseres aktuellen Verständnisses. Sie entstehen auf natürliche Weise und sind die unvermeidlichen Folgen der Gravitation, wenn zu viel Materie in einem ausreichend kleinen Raumvolumen kollabiert. Doch obwohl die uns bekannten physikalischen Gesetze sie vorhersagen, können sie Schwarze Löcher nicht vollständig beschreiben. Physiker verbringen ihre berufliche Laufbahn damit, nach Ungereimtheiten zu suchen, Experimente durchzuführen, um irgendwas zu finden, das nicht durch die bekannten Gesetze zu erklären ist. Das Wunderbare an der steigenden Zahl Schwarzer Löcher, die wir überall am Himmel entdecken, ist, dass jedes einzelne ein Experiment der Natur ist, welches wir nicht erklären können. Das bedeutet: Uns fehlt etwas Grundlegendes.

Die moderne Erforschung von Schwarzen Löchern begann mit Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie aus dem Jahr 1915. Diese ein Jahrhundert alte Theorie der Gravitation führte zu zwei erstaunlichen Vorhersagen: „Erstens: das Schicksal massereicher Sterne ist, hinter einen Ereignishorizont zu kollabieren und zum ‚Schwarzen Loch‘ zu werden, das eine Singularität enthält. Und zweitens: In unserer Vergangenheit gibt es eine Singularität, die in gewissem Sinne einen Anfang des Universums darstellt.“ Dieser bemerkenswerte Satz steht auf der ersten Seite eines wegweisenden Lehrbuchs über die Allgemeine Relativität: The Large Scale Structure of Space-Time, 1973 verfasst von Stephen Hawking und George Ellis.i Es führt anregende Begriffe ein – Schwarzes Loch, Singularität, Ereignishorizont –, die Teil der Popkultur geworden sind. Es besagt auch, dass die massereichsten Sterne des Universums am Ende ihres Lebens durch die Gravitation zum Kollaps gezwungen werden. Der Stern verschwindet und drückt der Struktur des Universums einen Stempel auf. Doch hinter einem Horizont bleibt etwas übrig: eine Singularität, eher ein Augenblick als ein Ort, wenn unser Verständnis der Naturgesetze versagt. Es gibt auch eine Singularität in unserer Vergangenheit, die den Beginn der Zeit markiert: den Urknall. Wir müssen die grundlegende Vorstellung akzeptieren, dass es im tiefsten Innern unserer wissenschaftlichen Beschreibung der Gravitation, jener vertrauten Kraft, die das Verhalten von Kanonenkugeln und Monden bestimmt, um die Natur von Raum und Zeit geht.

Es ist nicht offensichtlich, dass die Gravitation mit Raum und Zeit zusammenhängen soll, geschweige denn, dass der Versuch, sie in einer wissenschaftlichen Theorie zu beschreiben, einen dazu bringt, über den Anfang und das Ende der Zeit nachzudenken. Schwarzen Löchern kommt bei der Untersuchung dieser tiefen Verbindung eine zentrale Rolle zu, weil sie die extremsten beobachtbaren Schöpfungen der Gravitation sind. Sie sind intellektuell so schwierig zu fassen, dass viele Physiker bis weit in die 1960er der Meinung waren, Schwarze Löcher seien ein Artefakt der Mathematik, die die Allgemeine Relativität beschreibt. Die Natur habe sicherlich einen Weg gefunden, das Entstehen Schwarzer Löcher zu vermeiden. Selbst Einstein schrieb 1939 eine wissenschaftliche Veröffentlichung, in der er folgerte, dass Schwarze Löcher „in der physikalischen Realität nicht existieren“.ii Einsteins berühmter Zeitgenosse Arthur Eddington formulierte es markanter: „Es sollte ein Naturgesetz geben, das einen Stern davon abhält, sich so absurd zu verhalten.“ Nun, es gibt keines und sie tun es.

Wir wissen inzwischen, dass Schwarze Löcher eine natürliche, unvermeidliche Phase im Leben von Sternen sind, die einige Male massereicher sind als unsere Sonne. Und da es viele Millionen solcher Sterne in unserer Galaxis gibt, existieren viele Millionen Schwarze Löcher. Sterne sind große Materieansammlungen, die sich dem Gravitationskollaps widersetzen. In ihren frühen Lebensphasen widerstehen sie der nach innen gerichteten Kraft ihrer Eigengravitation, indem sie in ihren Zentren Wasserstoff in Helium umwandeln. Dieser als Kernfusion bekannte Vorgang setzt Energie frei, die einen Druck erzeugt, der den Kollaps aufhält. Derzeit befindet sich unsere Sonne in dieser Phase und wandelt in jeder Sekunde 600 Millionen Tonnen Wasserstoff in Helium um. Große Zahlen überfliegt man in der Astronomie häufig, aber wir sollten innehalten und über den gewaltigen Unterschied zwischen Sternen und den Gegenständen der menschlichen Alltagserfahrung staunen. 600 Millionen Tonnen sind die Masse eines kleinen Bergs. Unsere Sonne hat, schon bevor die Erde entstanden war, jede Sekunde Wasserstoff von der Masse eines Bergs verbrannt. Keine Sorge: Es ist noch genug Wasserstoff übrig, damit sie ihren Kampf mit der Gravitation für weitere fünf Milliarden Jahre fortsetzen kann. Die Sonne kann das tun, weil sie groß ist; es passen bequem eine Million Erden in sie hinein. Sie hat einen Durchmesser von 1,4 Millionen Kilometern. Ein Passagierflugzeug müsste sechs Monate fliegen, um sie einmal zu umrunden. Dabei ist die Sonne ein kleiner Stern: Die größten bekannten Sterne sind tausendmal größer, ihre Durchmesser liegen im Bereich von einer Milliarde Kilometern. In der Mitte unseres Sonnensystems stehend, würde so ein Stern Jupiter einhüllen. Solche Ungetüme beenden ihr Leben in einem katastrophalen Gravitationskollaps.

Die Gravitation ist eine schwache, aber unerbittliche Kraft. Sie wirkt ausschließlich anziehend. Stehen ihr keine anderen, stärkeren Kräfte entgegen, wirkt diese Anziehungskraft bis ins Unendliche. Die Gravitation versucht, Sie durch den Boden Richtung Erdmittelpunkt zu ziehen – und den Boden gleich mit. Der Grund, warum nicht alles in einem zentralen Punkt zusammenstürzt, ist die Unnachgiebigkeit der Materie. Sie besteht aus Teilchen, die den Gesetzen der Quantenphysik gehorchen und einander abstoßen, wenn sie sich zu nahe kommen. Aber die Unnachgiebigkeit der Materie täuscht etwas. Wir können nicht wahrnehmen, dass der Boden unter uns im Wesentlichen leerer Raum ist. Die Elektronenwolken, welche die Atomkerne umschwirren, halten die Atome auseinander und gaukeln uns vor, dass feste Objekte dicht gepackt sind. In Wahrheit nimmt der Atomkern nur einen winzigen Teil des Atomvolumens ein und der Boden unter unseren Füßen ist immateriell wie Dampf. Die abstoßenden Kräfte im Innern der Materie sind gleichwohl sehr stark und in der Lage, Sie davon abzuhalten, durch den Boden zu fallen, und zugleich sterbende Sterne zu stabilisieren, die bis zu zwei Sonnenmassen haben. Doch es existiert eine Grenze und diese Grenze bilden Neutronensterne.

Ein typischer Neutronenstern hat einen Radius von nur wenigen Kilometern und etwa die 1,5-fache Sonnenmasse – eine Million Erden zusammengepresst auf ein Gebiet von der Größe einer Stadt. Neutronensterne rotieren sehr rasch und senden dabei kegelförmig Radiowellen aus, die wie ein Leuchtturm das Universum erhellen. Die erste Beobachtung solcher Neutronensterne, die als Pulsare bezeichnet werden, gelang Jocelyn Bell Burnell und Antony Hewish 1967. Die Lichtblitze waren so regelmäßig – sie zogen alle 1,3373 Sekunden über die Erde hinweg –, dass Bell Burnell und Hewish sie „Little Green Men-1“ tauften. Der schnellste bislang entdeckte Pulsar, bezeichnet als PSR J1748 – 2446ad, rotiert 716-mal pro Sekunde. Neutronensterne sind extrem energiereiche Himmelsobjekte. Am 27. Dezember 2004 traf ein Energieausbruch die Erde, blendete Satelliten und blähte unsere Ionosphäre auf. Die Energie wurde durch die Umstrukturierung des Magnetfelds um den Neutronenstern SGR 1806 – 20 freigesetzt, der 50 000 Lichtjahre von der Erde entfernt auf der anderen Seite unserer Galaxis liegt. In einer Fünftelsekunde strahlte der Stern mehr Energie ab als unsere Sonne in 250 000 Jahren.

Die Schwerkraft an der Oberfläche eines Neutronensterns ist 100 Milliarden Mal so groß wie auf der Erde. Alles, was auf die Oberfläche stürzt, wird augenblicklich plattgedrückt und in eine Atomkernsuppe verwandelt. Wenn Sie auf die Oberfläche eines Neutronensterns fielen, würden die Teilchen, die einst zu Ihren voluminösen Atomen gehörten, in Neutronen umgewandelt und so dicht zusammengepresst werden, dass sie fast mit Lichtgeschwindigkeit umherschwirrten, um einander auszuweichen. Dieses Umherschwirren stabilisiert einen Neutronenstern von bis zu ungefähr zwei Sonnenmassen, aber nicht darüber hinaus. Jenseits dieser Grenze siegt die Gravitation. Schüttet man auch nur ein bisschen mehr Masse auf die Oberfläche, kollabiert der stadtgroße Stern zu einer Singularität. Georges Lemaître, ein katholischer Priester und einer der...

Erscheint lt. Verlag 18.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Naturwissenschaften Physik / Astronomie Astronomie / Astrophysik
ISBN-10 3-440-50894-3 / 3440508943
ISBN-13 978-3-440-50894-7 / 9783440508947
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