Alien Earths (eBook)
304 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-28425-4 (ISBN)
Lisa Kaltenegger ist eine Pionierin und international führende Expertin in der Modellierung potenziell lebensfreundlicher Exoplaneten. Die gebürtige Österreicherin gründete und leitet das Carl Sagan Institute für die Suche nach Leben im All an der Cornell University. Zu ihren internationalen Auszeichnungen zählen der Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Physik und der Christian-Doppler-Preis sowie 2024 die Lise Meitner Lecture der Deutschen und der Österreichischen Physikalischen Gesellschaften (DPG und ÖPG). Kaltenegger arbeitet mit der NASA und der ESA und war Mitglied des Astronomy and Astrophysics Advisory Committee, das den US-Kongress beriet. Sie ist Teil des James Webb Space Telescope-Teams und auch der NASA TESS-Mission. Kaltenegger wurde vom Smithsonian Magazine und dem TIME Magazine für ihre innovativen Beiträge in der Wissenschaft prämiert. Die Bestsellerautorin tritt im IMAX-3-D-Film The Search for Life in Space auf und hält weltweit Vorträge.
Lisa Kaltenegger ist eine Pionierin und international führende Expertin in der Modellierung potenziell lebensfreundlicher Exoplaneten. Die gebürtige Österreicherin gründete und leitet das Carl Sagan Institute für die Suche nach Leben im All an der Cornell University. Zu ihren internationalen Auszeichnungen zählen der Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Physik und der Christian-Doppler-Preis sowie 2024 die Lise Meitner Lecture der Deutschen und der Österreichischen Physikalischen Gesellschaften (DPG und ÖPG). Kaltenegger arbeitet mit der NASA und der ESA und war Mitglied des Astronomy and Astrophysics Advisory Committee, das den US-Kongress beriet. Sie ist Teil des James Webb Space Telescope-Teams und auch der NASA TESS-Mission. Kaltenegger wurde vom Smithsonian Magazine und dem TIME Magazine für ihre innovativen Beiträge in der Wissenschaft prämiert. Die Bestsellerautorin tritt im IMAX-3-D-Film The Search for Life in Space auf und hält weltweit Vorträge. Gisela Fichtl studierte Germanistik, Philosophie und französische Literatur. Sie war in mehreren Verlagen tätig und arbeitet seit 1998 als freie Lektorin und Übersetzerin, Herausgeberin und Autorin sowie als Literaturredakteurin des Münchner Feuilleton.
Bananen, Außerirdische und Drachen
Am Anfang einer meiner Vorlesungen »Von Schwarzen Löchern zu unentdeckten Welten« an der Cornell Universität stellte ein Studierender die Frage, ob jemand schon Aliens entdeckt habe.
Die Frage ist wichtig, weil es darum geht, wie man spektakuläre Nachrichten selbst einschätzen kann. Ich fand eine Banane in meinem Rucksack, hielt sie hoch und fragte meine Studierenden: »Könnte diese Banane ein Außerirdischer sein?« Um keine falschen Schlüsse aufkommen zu lassen: Ich glaube nicht, dass Bananen Außerirdische sind. Aber wenn jemand uns etwas als außerirdisch vorstellt, wie können wir herausfinden, ob das wahr ist oder nicht?
Um Leben im All zu finden, müssen wir bis an die Grenzen des technisch Möglichen gehen und kleinste Signale entdecken. An den äußersten Regionen unseres Wissens geht es darum, dass wir die richtigen Fragen stellen und unsere eigenen unbewussten Voreinstellungen, die sogenannten Bias, überwinden.
Unser Gehirn hat sich so entwickelt, dass es Muster erkennt. Das ist eine grandiose evolutionäre Leistung für eine Art, die einst als Beute gejagt wurde! Wenn unsere Vorfahren hungrige, in hohem Gras versteckte Löwen entdeckten, bevor diese sich an sie heranschlichen, überlebten sie. Wenn das zu dem einen oder anderen Fehlalarm führte und etwas Energie durch eine unnötige Flucht verschwendet wurde, so war das trotzdem noch besser, als von einem jagenden Löwen überrascht zu werden. Also lernten unsere Vorfahren, die Anwesenheit von Raubtieren anhand kleinster Veränderungen in der Umgebung zu erkennen – Gras, das abgeknickt wird, eine plötzliche unheimliche Stille oder minimale Bewegungen im Busch. Viele winzige Signale zusammen konnten vor der Gefahr warnen.
Diese Fähigkeit, Muster zu erkennen, ist noch immer von Nutzen, aber sie kann auch dazu führen, dass wir etwas zu sehen glauben, was in Wirklichkeit gar nicht da ist.
Nehmen wir zum Beispiel den Fall, als viele Menschen auf alten NASA-Bildern von einer Felsformation in der Cydonia-Region auf dem Mars ein menschliches Gesicht zu erkennen glaubten.
Dies führte zu langen Diskussionen darüber, ob uns Außerirdische eine in Stein geschriebene Botschaft in der Marslandschaft hinterlassen haben.
Aber sehen wir uns diese Idee einmal genauer an. Ganz generell: Ist es nicht verwunderlich, dass so viele Menschen ein menschliches Gesicht zu erkennen glaubten und nicht etwa das Gesicht eines Hundes oder eines Pandas? Natürlich wäre das nicht ausgeschlossen, aber es stellt sich die Frage, ob der Wunschgedanke, dass uns die Aliens ähnlich sind, nicht bei der Mustererkennung mitgeholfen hat.
Später zeigten deutlichere Fotos, dass die Cydonia-Felsen nur bei schlechter Auflösung und einem bestimmten Lichteinfallswinkel für etwas gehalten werden konnten, das einem Gesicht ähnelt. Aber diese Geschichte zeigt, dass unsere Fähigkeit zur Mustererkennung auch in die Irre führen kann: Nämlich, dass sie dann, wenn wir keine eindeutigen Daten haben und die Interpretation von einem unbewussten Wunsch geleitet wird, die Antwort gibt, die wir erhoffen. Ein Vorteil der wissenschaftlichen Methode – oder ein Nachteil, je nachdem, wen man fragt – ist, dass sie uns zwingt zu akzeptieren, was die Daten zeigen. Ganz egal, ob es unseren Erwartungen entspricht oder nicht.
Der britische Biologe Thomas Henry Huxley nannte das im 19. Jahrhundert »die große Tragödie der Wissenschaft«, »die Erledigung einer wunderschönen Hypothese durch eine hässliche Tatsache2«.
Die richtigen Fragen zu stellen hilft uns, Antworten zu finden. Kommen wir zum Beispiel meiner Banane zurück. Woher kommt sie? Besitzt sie eine Ähnlichkeit mit anderen Dingen, die uns vertraut sind? Hat sie chemische oder genetische Eigenschaften, die gleich oder ganz anders sind als bei Objekten, die wir von der Erde kennen?
In unserem Beispiel wissen wir aus Jahrhunderten landwirtschaftlicher Erfahrung, wo Bananen gedeihen, dass sie seit Langem auf der Erde wachsen und wie sie sich auf unserem Planeten entwickelt haben. Wir können also recht sicher davon ausgehen, dass Bananen keine Außerirdischen sind. Mit demselben Argumentationsverfahren können wir schließen, dass weder Sie noch ich noch Ihre Kaffeetasse Aliens sind.
Machen wir das Gedankenexperiment etwas komplexer und gehen es ein wenig anders an: In meinem Kurs »Von Schwarzen Löchern zu unentdeckten Welten« biete ich meinen Studierenden auch an, einen Drachen zu kaufen. Das wäre doch eine gute Investition, denn wer würde nicht gern einen Drachen besitzen?
Am Anfang melden sich viele Interessenten. Bis jemand nach dem Preis fragt. Ich verlange 50000 Dollar. Danach kommen die ersten Fragen: Können die Studierenden ihn zuvor anschauen? Die Antwort lautet Nein, denn mein Drache ist unsichtbar. Können sie ihn anfassen? Die Antwort lautet ebenfalls Nein. Können sie ihn brüllen oder Feuer speien hören? Nein, denn diese spezielle Drachenart macht keine Geräusche und speit auch kein Feuer. Wenn ich danach wieder nach Angeboten frage, ist der anfängliche Enthusiasmus der Interessenten verflogen.
Leider habe ich keinen Drachen zu verkaufen, aber das Beispiel bringt meine Studierenden dazu, die wissenschaftliche Methode anzuwenden, die ihnen davor sehr kompliziert erschien. Sie entwickelten selbst Tests, um herauszufinden, ob der Drache wirklich existiert. Wenn alle Tests negativ ausfallen, gibt es keinen Drachen, oder man kann nicht beweisen, ob es einen Drachen gibt oder nicht. Niemand sollte mir 50000 Dollar für einen Drachen zahlen, den man nicht sehen, hören und anfassen kann. Die wissenschaftliche Methode hat mit diesem Beispiel still und leise das Denken meiner Studierenden übernommen.
Sie haben bestimmt auch automatisch bei Ihrer Kaufentscheidung für oder gegen den Drachen die wissenschaftliche Methode angewandt. Überraschenderweise wenden wir diese aber nicht immer an.
Sagen wir, jemand verspricht, Ihnen den Beweis für extraterrestrisches Leben vorzulegen, bahnbrechend, wenn es stimmt. Setzen wir wieder einen Preis von 50000 Dollar an, um diese Behauptung unter die Lupe zu nehmen; auch das wäre ein Schnäppchen, würde es sich als wahr erweisen. Wenn ich meine Studierenden frage, welcher Beweis sie überzeugen würde, wird wieder heftig diskutiert. Was, wenn man auch hier den Beweis weder selbst sehen noch ertasten noch hören kann? Was, wenn der Beweis nichts weiter ist als ein heller Fleck auf einem Foto? Ist extraterrestrisches Leben dafür wirklich die einzig mögliche Erklärung?
Noch dazu sollte man besonders aufpassen, wenn eine Entdeckung fast zu verlockend ist, also zum Beispiel der erste Beweis für außerirdisches Leben, mit dem jemand in die Geschichte eingehen könnte.
Doch genau hier entlarvt die wissenschaftliche Methode Scharlatane: Wenn nur eine einzige Person etwas behauptet, sollte man Fragen stellen. Andere Wissenschaftler sollten in der Lage sein, das Ergebnis und die Beobachtungen unabhängig zu bestätigen.
Bislang haben wir – leider! – noch bei keiner anfänglichen Alien-Sichtung oder Entdeckung Beweise gefunden, die einer weiteren Untersuchung standgehalten hätten.
»Außergewöhnliche Behauptungen erfordern außergewöhnlich starke Beweise3«, schrieb Carl Sagan. Jeder Beweis für außerirdisches Leben muss einer intensiven Prüfung standhalten, weil ein Zeichen des Endes unserer kosmischen Einsamkeit wirklich außergewöhnlich wäre.
Wie stellen wir die richtigen Fragen? Ein Problem kann man nur lösen, wenn man es beschreiben kann. Und dafür muss man die richtige Sprache finden. Die Sprache, die die Geheimnisse des Kosmos enthüllt, ist die Mathematik. Der Vorteil dieser Sprache ist, dass sie in der Wissenschaft überall gesprochen wird. Hat man sie einmal gelernt, kann man sich mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weltweit in dieser Sprache austauschen, und es entsteht ein international verknüpftes Gedanken-Netzwerk.
Mit dieser Sprache »male« ich imaginäre Welten auf meinem Computer als komplexe digitale Programme. Der Laptop ist meine Leinwand, die die Umgebung neuer Planeten um andere Sterne aus Zahlenreihen erschafft. Mein Computerprogramm enthüllt die möglichen Eigenschaften dieser Welten, wie die Temperatur und die Zusammensetzung der Atmosphäre.
Könnten diese neuen Welten Leben hervorbringen? Und wenn ja, wie finden wir es?
Auf der Erde hat die Biosphäre unseren Planeten verändert: Vor etwa zwei Milliarden Jahren beispielsweise produzierten Organismen so viel Sauerstoff, dass er sich in der Atmosphäre ansammelte, was ihre chemische Zusammensetzung umgestaltete (dazu kommen wir später genauer). Und vor etwa 500 Millionen Jahren begannen Pflanzen, die Kontinente zu überziehen und färbten sie grün.
Auch auf anderen erdähnlichen Planeten sollte Leben Spuren hinterlassen. (Wenn Biosphären keine Spuren hinterlassen würden, könnten wir nur auf interstellare Botschaft hoffen.) Solche Veränderungen eines Planeten ermöglichen es uns, Leben im All aufzuspüren. Große Weltraumteleskope wie das JWST bieten uns zum ersten Mal die Chance, solche Lebensspuren auch ohne interstellare Raumschiffe zu entdecken.
Um herauszufinden, ob eine Raumsonde Anzeichen von Leben auf einer bewohnten Welt entdecken kann – ohne sich auf Botschaften von dort zu stützen –, schauen wir uns die Erde vom All her gesehen einmal genauer an. Carl Sagan benutzte zum Aufspüren von...
Erscheint lt. Verlag | 2.5.2024 |
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Illustrationen | Peyton Stark |
Übersetzer | Gisela Fichtl |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Sachbuch/Ratgeber ► Natur / Technik ► Weltraum / Astronomie |
Naturwissenschaften ► Physik / Astronomie ► Astronomie / Astrophysik | |
Schlagworte | Aliens • Alpha Centauri • Asteroiden • Astrobiologie • Astronomie • astronomie geschenke • Astrophysik Buch • außerirdisches Leben • Bärchentiere • bewohnbare Planeten • Biosphäre • Bücher für Männer • Buch Universum • carl sagan • Contact • Cornell University • Der Drache in meiner Garage • dokus weltall • Eine kurze Geschichte der Zeit • einsame wanderer • Entstehung der Erde • erdähnliche Planeten • Erdzeitalter • Exoplaneten • Faszination Weltall • Ferne Welten • Fleck Energy • Fremde Welten • Froböse • Froböse ähnliche Titel • Galaxie • geist aus der Maschine • gibt es aliens • Gott und der tropfende Wasserhahn • Harald Lesch • Harald Lesch ähnliche Titel • Heino Falcke • Heino Falcke ähnliche Titel • Himmel • Hubble • James Webb Teleskop • Kepler • Kopernikus • Kosmologie • Kosmos • KREYE • Leben im All • Lisa Kaltenegger • Lise-Meitner-Lecture 2024 • Mathe kann jeder • Milchstraße • Naturwissenschaft • Neil deGrasse Tyson • Neil deGrasse Tyson ähnliche Titel • Niklas Kolorz fast alles einfach erklärt • Plan B fürs Klima • Planeten • Polarsternpreis 2024 des Österreichischen Weltraum Forums • Populärwissenschaft • populärwissenschaftliche bücher • Prof Michalsen • Prof Michalsen ähnliche Titel • Raumfahrt • Rosling Factfulness • Sachbuch Astronomie • Schwarze Löcher • Schwarzes Loch • Science Fiction • Simon Singh Femats letzter Satz • Sky • Sonnensystem • Stephen Hawking • stephen hawking ähnliche Titel • Stoffwechsel Kompass • Supernova • Technikgeschichte • Tegmark Leben 3.0 • Ulrich Walter • ulrich walter ähnliche Titel • Universum • Urknall • Weltall • Weltraumteleskop • Wie das Wetter Geschichte macht • wir entdecken den Weltraum • Wissenschaftliche Bücher |
ISBN-10 | 3-426-28425-1 / 3426284251 |
ISBN-13 | 978-3-426-28425-4 / 9783426284254 |
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