Welt der Renaissance: Florenz (eBook)

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2024 | 1. Auflage
208 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31292-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Welt der Renaissance: Florenz -  Tobias Roth
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Keine Stadt ist so verbunden mit der Blütezeit der Renaissance wie Florenz: die Medici, dramatische Machtkämpfe, staunenswerte Kunst, gefährlich anmutende Bildungsprogramme auch für Frauen, grandiose Literatur und grundlegende Philosophie. Tobias Roth lässt ihre Vertreter in dieser Anthologie zu Wort kommen und porträtiert eine Stadt voller Grandezza und Gewalt, Chaos und Schönheit. Florenz ist sagenhaft reich geworden durch Textilhandel und Kreditgeschäfte. Die Stadt am Arno beherbergt prachtvolle Bibliotheken, ist geprägt von berühmten Künstlern und exotisch anmutenden literarischen Zirkeln - selbst die Herrscher dichten, Kunst und Wissenschaft florieren und sogar das höchste Staatsamt in Florenz ist von 1375 bis 1458 fast durchgängig mit exzellenten Literaten besetzt. Michelangelo, Botticelli, Ficino, Poggio Bracciolini, Leonardo da Vinci, Pico della Mirandola, Donatello, Alberti, Machiavelli - alle waren sie Teil dieses Mikrokosmos einer ganzen Hochkultur.  Tobias Roth führt höchst kenntnisreich und humorvoll durch die Zeit und ihre enormen Turbulenzen. Das Tagebuch des Gewürzhändlers Luca Landucci, ein einmaliger Livebericht von der Straße, bietet Einblicke in den Alltag der Stadt. Es gibt Aufstände, Mordkomplotte und Unruhen - vor allem aber gibt es Gedichte von zeitloser Schönheit, Ideen, die die Welt veränderten, Kunst zum Staunen, grandiose Architektur, Schamlosigkeiten von erschütternder Direktheit, Menschliches-Allzumenschliches in Hülle und Fülle, kurz: eine Blüte des (Geistes-)lebens, die ihresgleichen sucht. 

Tobias Roth, geb. 1985, ist freier Autor, Mitbegründer des Verlags »Das Kulturelle Gedächtnis«, Lyriker und Übersetzer. Roth wurde mit einer Studie zur Lyrik und Philosophie der italienischen Renaissance promoviert. 2020 erschien sein aufsehenerregender Foliant »Welt der Renaissance«. 2023 folgte der erste Band der anschließenden Städtereihe Welt der Renaissance: Neapel, 2024 der zweite Band über die Renaissance in Florenz.

Tobias Roth, geb. 1985, ist freier Autor, Mitbegründer des Verlags »Das Kulturelle Gedächtnis«, Lyriker und Übersetzer. Roth wurde mit einer Studie zur Lyrik und Philosophie der italienischen Renaissance promoviert. 2020 erschien sein aufsehenerregender Foliant »Welt der Renaissance«. 2023 folgte der erste Band der anschließenden Städtereihe Welt der Renaissance: Neapel, 2024 der zweite Band über die Renaissance in Florenz.

Gleichzeitig mit Brunelleschis 1436 vollendeter Domkuppel wächst und etabliert sich noch etwas anderes, das aus der Gestalt und Geschichte von Florenz nicht wegzudenken ist: die Familie Medici. Ihr Aufstieg von bürgerlichen Bankiers zu hochadligen Großherzögen nimmt gut hundert Jahre in Anspruch und ist ein Schaustück für die Zusammenballung von Macht, die Wirksamkeit von Propaganda, die Bedeutung der Klugheit, für die Verschränkung von Wirtschaft und Politik überhaupt. Entsprechend oft ist diese Geschichte, wie viele Florentiner Geschichten, schon erzählt worden, entsprechend lohnt es sich immer wieder.

Zum Ende des 14. Jahrhunderts hätte wohl niemand auf die Medici gewettet. Verglichen mit den alten Eliten waren sie noch jung, zu jung. Vor allem aber hat sich die Familie im Rahmen einer kurzen Revolution unmöglich gemacht. Etwa eine Generation nach der großen Pest nämlich kommt es zu einer Umwälzung, die ebenso modern anmutet wie die Bankenkrise:Aufstand der Ciompi Die Arbeiterinnen und Arbeiter der Textilindustrie erheben sich. Die Ciompi, die die niedrigste Arbeit verrichten und die Wolle kämmen und bearbeiten, bevor sie gesponnen werden kann, fordern nicht nur mehr vom Gewinn, der oben in der Gesellschaft abgeschöpft wird, sondern auch (Selbst-)Organisation. Die untere Schicht (der popolo minuto) will sich in Zünften zusammenschließen, wie es bisher nur einer mittleren Schicht (dem popolo grasso) und der oberen Schicht der Patrizier (der primi) gestattet ist. Über die Zünfte wird die politische Teilhabe organisiert: Die Stadtregierung, die Signoria, wird zu drei Vierteln aus Mitgliedern der sieben großen Zünfte, zu einem Viertel aus Mitgliedern der vierzehn kleinen Zünfte besetzt. Am 18. Juni 1378 ruft Benedetto degli Alberti vom Balkon des Palazzo della Signoria herab Viva il popolo!, und der popolo minuto kommt, bewaffnet, stürzt gewaltsam die Regierung und setzt den Arbeiter Michele di Lando als gonfaloniere, also Oberhaupt der Signoria, ein. Eine neu gebildete Regierung macht sich ans Werk und begründet drei neue Zünfte für eine breite Bevölkerungsmasse. Aber auch die hohen Herren aus der Arte della Lana reagieren so schnell wie modern, nämlich mitArbeitskampf Aussperrung. Ende Juli ist die Hauptindustrie der Stadt fast völlig stillgelegt, Steuereinnahmen und Brot werden knapp. Neuwahlen werden angesetzt, die Gewaltbereitschaft nimmt zu, Interessenkonflikte im Kreis der Aufständischen treten hervor, und schon am 31. August findet der Umsturz in offener Straßenschlacht ein Ende – Michele di Lando steht da schon gegen die Ciompi. Auch die kleinen Zünfte, die die Ciompi zunächst unterstützt hatten, haben sich recht schnell wieder von ihnen abgewandt, verbünden sich mit den großen Zünften und grenzen sich von nun an nur umso schärfer vom popolo minuto ab. Die neuen Zünfte werden wieder geschlossen. Einer der wichtigen Akteure dieses kurzen, aber fulminanten Aufstandes war der Bankier Salvestro de’ Medici, geboren um 1331, der allerdings, wie Vertreter der Alberti und der Strozzi, zunächst auf der Seite des revoltierenden Pöbels steht. Salvestro ist zwar auch an der Zerschlagung des Aufstandes beteiligt, aber nach der erneuten Festigung der Ordnung haben er und seine Familie sich für Führungsaufgaben disqualifiziert: 1382, als die Restauration im Nachgang des Aufstandes abgeschlossen ist, wird er aus der Stadt verbannt.

Ein guter Startpunkt für die Aufstiegsgeschichte. Der dynamische Faktor ist Geld, und das kommt aus einem anderen Zweig der großen Familie Medici, der bisher nicht bedeutend genug war, um von etwaigen Stürmen zerzaust zu werden. Giovanni di BicciGiovanni di Bicci de’ Medici (der Zusatz »di« bezeichnet üblicherweise den Namen des Vaters, hier Bicci) steigt in die römische Filiale des Familienbankhauses ein, das Vieri de’ Medici bis zu seinem Tod 1395 führt. In einer chaotischen, von Kirchenspaltungen und Gegenpäpsten geprägten Zeit setzt Giovanni auf das richtige Pferd bzw. den richtigen Kleriker. Baldassare Costa wird zwar als Johannes XXIII. 1410 selbst nur ein Gegenpapst, aber er betraut seinen alten Freund mit der Führung der vatikanischen Konten, und dieser Auftrag bleibt auch unter seinen vollgültigen Amtsnachfolgern bestehen. Die Medici gewähren dem Papst nicht nur Kredite, sie erheben zudem Servicegebühren auf alle Buchungen der katholischen Kirche: Es sprudelt ein schier unerschöpflicher Geldstrom. Die Bank verfügt bald über Zweigstellen in ganz Europa, von Venedig bis Genf, Brügge, London, besetzt mit Familienmitgliedern oder überaus verdienstvollen Freunden. Aber die römische Filiale begründet und bewahrt den Reichtum der Zentrale in Florenz.

Giovanni di Bicci de’ Medici, unter anderem ein Juror beim Wettbewerb um die Baptisteriumsportale 1401, verheiratet zudem seinen ältesten Sohn Cosimo, 1389 geboren,Cosimo il Vecchio mit einer Tochter aus der immer noch großen Bankfamilie Bardi. Ab 1420 führt Cosimo mit seinem Bruder Lorenzo die Geschäfte des Familienbetriebs, 1429 stirbt Giovanni di Bicci. Um das Weiterbestehen der Firma zu gewährleisten und Planungssicherheit zu schaffen, ist politische Einflussnahme unabdingbar. Es braucht also neben dem großen Reichtum auch größere Klugheit und größte Geduld, um einen Staatsstreich ins Werk zu setzen, der als solcher gar nicht auffällt. Alle diese drei Dinge besitzt Cosimo de’ Medici, genannt il Vecchio, der Alte, der nach 1429 unangefochtener Chef des Hauses ist.

Die politische Ordnung von Florenz besitzt extreme Schutzmechanismen gegen das Erstarken einer Familie oder gar einer Person. Die Einzelherrschaft (Signorie), wie sie von den Visconti in Mailand mit größtem Erfolg praktiziert wird, ist der Republik Florenz offiziell ein Gräuel. Ideal wäre eine Staatsordnung wie in Venedig, wo die Politikfähigkeit ähnlich wie in Florenz Oberschichtensache, aber diese Oberschicht zudem fest fixiert ist: Die betreffende Liste an Familien erlebt 1297 ihren Redaktionsschluss. In Florenz hingegen ist der Bestand an führenden Familien groß und dynamisch – durch Bankenkrisen, Seuchen undStadtstaat Exilierungswellen umso mehr. Die politische Teilhabe in der Stadtregierung und ihren Entscheidungsgremien fällt einer Oberschicht von mehr oder weniger dreihundert Familien zu. Diese primi konkurrieren miteinander um Ämter und Einfluss, agieren einzeln oder verbünden sich zu Lagern, und so etablieren sich gewissermaßen archaische, ungeordnete checks and balances. Politikfähigkeit setzt Stand und Barvermögen voraus: Wer Schulden hat oder Steuerzahlungen nicht leisten kann, darf keine Ämter bekleiden. Nicht weniger wichtig ist eine zumindest glaubhaft vorgetragene republikanische Gesinnung. Der Zugang zu Ämtern kann für ganze Sippen blockiert werden, wenn zu viel Unfrieden gesät oder zu ausgeprägte Herrschaftslust gewittert wird; diese gesperrten Familien sind sogenannte Magnaten. Und dann ist da noch Dame Fortuna. Die Stadtregierung besteht aus neun Prioren mit dem gonfaloniere an ihrer Spitze sowie deren Beratungskollegien; diese wiederum berufen die sogenannten pratiche, Entscheidungsgremien, in denen die eigentliche Politik gemacht wird. Die Signoria und die genannten Kollegien werden unter den Aktivbürgern der Oberschicht Losverfahrenausgelost. Darüber hinaus ist die Amtszeit sehr kurz, um Machtansammlung zu unterbinden: Die Ämter werden alle acht Wochen neu ausgelost.

Der Weg zu einer Macht, die sowohl von Konkurrenten als auch vom Zufall nichts mehr zu fürchten hat, führt über die Manipulation der Lose im schicksalsträchtigen Lederbeutel, und das in zweifacher Hinsicht: einerseits buchstäblich, über Einfluss auf die Entscheidungsfindung, welche und wie viele Bürger loswürdig sind – aber das lässt sich nur bedingt weit treiben, ohne zum Magnaten gestempelt zu werden –; und andererseits indirekt über Einfluss auf diejenigen, die wählbar sind. Es geht um Verbindlichkeiten, Gefolgschaft und soziales Kapital. Genau hier setzt Cosimo de’ Medici sein ökonomisches KapitalCosimos Geld ein. Mithilfe eines Geldgeschenks kann beispielsweise jemand, der wegen Schulden ausgeschieden war, politisch reaktiviert und zu Dank verpflichtet werden. Aber Cosimo de’ Medici denkt deutlich über die (wichtige) Kategorie Schmiergeld hinaus. Er lässt sein Geld durch den gesamten Staat sickern und macht sich unentbehrlich.

1429 etwa bricht einmal mehr ein Krieg gegen Lucca aus. Ein Vertreter der Familie Albizzi, die Hauptkonkurrenten der Medici, sucht den Ruhm, findet aber nur den Schlamm des Feldlagers. Cosimo de’ Medici hingegen bezahlt den Krieg. Mit großem Abstand zu den anderen Clans macht er sich zum Gläubiger des Staates und versäumt es dabei nicht, sich als republikanischer Patriot in Szene zu setzen. Zugleich plant Cosimo schon eine Defensive und sozusagen eine Außenpolitik. Er weiß, dass jederzeit Exil und Enteignung drohen können, wie es von seinen Gegnern schon lange gefordert wird, und so versteckt er etwas Kapital in Klöstern, verschiebt aber den Großteil außer Landes, nach Rom und vor allem Venedig. 1433 ist es dann so weit, das Los fällt deutlich zugunsten einer breiten, aber nicht wirklich kompakten Allianz ältester Familien, die gegen den Emporkömmling Cosimo stehen. Diedas erste Exil Medici werden aus allen Ämtern ausgeschlossen, acht Häupter der Familie ins Exil geschickt, heftige Strafzahlungen verhängt. Cosimo fügt sich demonstrativ demütig,...

Erscheint lt. Verlag 7.3.2024
Reihe/Serie Italienische Kulturstädte
Italienische Kulturstädte
Zusatzinfo 22 s/w Abb.
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Regional- / Landesgeschichte
Naturwissenschaften Geowissenschaften Geografie / Kartografie
Schlagworte Anthologie • Buchreihe • Florenz • Italien • Italienische Literatur • Klassiker • Medici • Philosophie • Reisebegleiter • Renaissance • Stadt-Geschichte • Tobias Roth
ISBN-10 3-462-31292-8 / 3462312928
ISBN-13 978-3-462-31292-8 / 9783462312928
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