Neusatz / Novi Sad -  Ágnes Ózer

Neusatz / Novi Sad (eBook)

Kleine Stadtgeschichte. Mit einem literarischen Essay von Lászlo Végel

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
176 Seiten
Verlag Friedrich Pustet
978-3-7917-6196-1 (ISBN)
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Auf einem Felsen über der Donau thront die Festung Peterwardein als das Wahrzeichen der serbischen Stadt Novi Sad, die auf Deutsch Neusatz heißt. Drei Brücken verbinden die Stadtteile rechts und links des Flusses. Die Kleine Stadtgeschichte zeichnet kompakt und beispielreich die Entwicklung der königlichen Freistadt nach, die heute nach Belgrad die zweitgrößte Stadt Serbiens ist. Neusatz blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, in der es seine Landeszugehörigkeit mehrfach gewechselt und Kriege miterlebt hat, zuletzt 1999. Durch das Zusammenleben vieler verschiedener ethnischer Gruppen, darunter auch Donauschwaben, entwickelte die Stadt einen ganz eigenen Charakter. Diesen Charakter reflektiert László Végel in seinem Essay auf literarische Weise.

Ágnes Ózer, Dr. phil., geb. 1955, war Kustodin und wissenschaftliche Museumsberaterin im Stadtmuseum Neusatz sowie Direktorin des Museums der autonomen Provinz Wojwodina in Neusatz. László Végel, geb. 1941 im ehemaligen Jugoslawien, lebt heute in Neusatz in Serbien. Er ist ungarischsprachiger Schriftsteller und wurde in Ungarn mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet.

Ágnes Ózer, Dr. phil., geb. 1955, war Kustodin und wissenschaftliche Museumsberaterin im Stadtmuseum Neusatz sowie Direktorin des Museums der autonomen Provinz Wojwodina in Neusatz. László Végel, geb. 1941 im ehemaligen Jugoslawien, lebt heute in Neusatz in Serbien. Er ist ungarischsprachiger Schriftsteller und wurde in Ungarn mit mehreren Literaturpreisen ausgezeichnet.

Links der Donau: Neusatz entsteht


Vor- und Frühgeschichte


Die verbreitete Auffassung, wonach Neusatz eine recht junge Stadt sei, ist dem Umstand zu verdanken, dass nach dem Ende der Osmanenherrschaft eine große Migration einsetzte und die Ansiedlung eine neue Dynamik entwickelte. In der Tat lässt sich mit Blick auf die eigentliche Gründung im 18. Jh. von einer im europäischen Kontext relativ jungen Stadt sprechen. Das bedeutet allerdings nicht, dass es auf dem Gebiet der heutigen Stadt in der Zeit vor der osmanischen Herrschaft keine Siedlungen gegeben hätte. Archäologische Ausgrabungen sowie die verschiedenen Fundorte belegen eine Besiedlung schon weit vor den Ungarn und Osmanen, und zwar nicht nur auf dem Peterwardeiner Felsen, sondern auch am linksseitigen Donauufer, dem heutigen Stadtzentrum.

Betrachtet man diese Gebiete, so muss man deren besondere geografische, topografische, aber auch strategische Position betonen – gegeben vor allem durch die Donau als verbindende Verkehrsader zwischen Mittel- und Südosteuropa und zugleich als Grenze, die Einflussgebiete gliedert. Zum spezifischen topografischen Setting gehört zweifelsohne der Peterwardeiner Felsen, auf dem schon früh befestigte Bauwerke entstanden. Durch ihre Größe und Bedeutung nahm die mittelalterliche ungarische Festung später einen besonderen Platz ein. Von hier aus ließ sich nicht nur der Schiffsverkehr auf der Donau kontrollieren, sondern auch das ausgedehnte Flachland der Batschka.

Die gegenüberliegende Siedlung – die später zum heutigen Stadtkern wurde – entstand auf dem für das Flussufer typischen sumpfigen, aber dennoch fruchtbaren und an dieser Stelle flachen Gelände. Südlich davon liegt die an Erzen, Wäldern, Wild und Obst reiche Fruška Gora (dt. hist.: Frankenwald). Geologisch betrachtet war das rechtsseitige Überschwemmungsgebiet der Donau mit dem sich 125 Meter über den Meeresspiegel erhebenden Dioritfelsen und der Fruška Gora verbunden. Auch unter dem heutigen Neusatz ist in nicht allzu großer Tiefe dieses Dioritgestein zu finden – sozusagen der abgesunkene Teil des Peterwardeiner Felsens. Geomorphologische Untersuchungen belegen, dass die Donau im Vergleich zum gegenwärtigen Flussbett einst ca. 20 Kilometer weiter nördlich floss. Aufgrund der Flussverschiebung liegt die Stadt heute auf dem Schwemmland, dass der Strom zurückgelassen hat.

Für Archäologen gilt das Gebiet des heutigen Neusatz als überaus reicher Fundort. Von den während der Osmanenherrschaft in der Wojwodina bekannten 17 Kulturen sind auf dem Territorium der Stadt 16 nachgewiesen worden. Deshalb dürfen wir in Neusatz von einer im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtigen Frühgeschichte sprechen.

Ausgrabungen konnten zahlreiche Siedlungsspuren auftun. Auf einer Anhöhe, dem heute Klisa (ecclesia, Kirchenhügel) genannten Stadtteil, befinden sich die ersten archäologischen Fundorte. Einer davon, in der Fachliteratur als Popov-Quartier erwähnt, geht auf die Bronzezeit zurück. Die frühzeitlichen Bewohner gehörten der Vatini-Kultur an und waren auf dem Gebiet des heutigen Neusatz zu finden.

Darüber hinaus liegen zahlreiche archäologische Fundorte nördlich von Klisa und weisen etwa die Körös-Kultur der frühen Jungsteinzeit in diesem Raum nach. Ebenso wurde ein zur Vinča-Kultur gehörender Friedhof gefunden. Mit einem weiteren Friedhof wurden Spuren der spät-neolithischen Vučedol-Kultur entdeckt. Auf dem Territorium der heutigen Stadt wurden auch vier sarmatische oder sauromatische Siedlungen freigelegt – zwei davon in Klisa.

Etwa einen Kilometer westlich des Popov-Quartiers endete ein aus der Römerzeit stammender und etwa 25 Kilometer langer römische Wall bei Tschene. Manche Experten vermuten, dass es sich nicht um einen Wall, sondern um einen Kanal gehandelt habe, wodurch in der Römerzeit der Wasserstraßenverkehr zwischen dem damaligen Cusum (Peterwardein) und dem an der Theiß gelegenen Čurug abgekürzt wurde.

Die Siedlung Marktwardein, also der frühe Vorläufer des heutigen Neusatzer Zentrums, ist im Mittelalter entstanden. Sie besaß eine Kirche und einen Friedhof. Diese Siedlung wird in einem Besitzverzeichnis aufgeführt, das der ungarische König Béla IV. (1235–1270) den Zisterziensermönchen des Peterwardeiner Felsens neben anderen Siedlungen überlassen hatte. Marktwardein und einige andere Siedlungen auf dieser Seite des Stroms waren mit dem Donaufährhafen verbunden, von dem aus man nach Peterwardein übersetzen konnte. Sie verschwanden allerdings während des Mongolensturms (1241), wurden dann erneut besiedelt, um in der Zeit der osmanischen Herrschaft ab dem 16. Jh. wiederum einen Großteil ihrer Bevölkerung einzubüßen. Als größte mittelalterliche Siedlung auf dem Territorium des heutigen Neusatz galt Sajlovo (Zajol), was auch heute noch der Name eines Neusatzer Stadtteils ist.

Die Anfänge von Neusatz: Die Peterwardeinschanze als Zentrum der Stadt


Die Geschichte der Stadt Neusatz lässt sich nicht schlüssig darstellen, ohne die Anfänge der Stadt zu erörtern und auf das ursprüngliche Zentrum, die Peterwardeinschanze, einzugehen. Peterwardeinschanze wurde der Marktflecken auf der linken Donauseite genannt, aus dem 1748 Neusatz als freie königliche Stadt hervorging und der zunächst rund um die dort befindliche Brückenschanze herum entstanden war, einem Militärbau am linken Donauufer.

Von österreichischen Kriegsingenieuren 1694 errichtet, diente die sternförmige Brückenschanze auf der Flussseite als Schutz für die provisorischen Pontonbrücken zu Füßen der Festung Peterwardein. Die in der Umgebung von Peterwardein stationierten Einheiten nutzten sie als Verbindung zwischen der Festung Peterwardein und dem Ufer auf syrmischer Seite. Gleichzeitig mit dem Bau der Brückenschanze wurde die Heeresinsel unterhalb der Festung errichtet: die sog. Inselschanze. Seit seiner Entstehung sollte die Geschichte von Neusatz immer von der Militärbesatzung im gegenüberliegenden Peterwardein geprägt sein. Erst der Zerfall der k.-u.-k.-Monarchie machte es später möglich, dass aus beiden Orten eine Stadt wurde.

HINTERGRUND

DIE BRÜCKENSCHANZE

Die Brückenschanze war ein imposantes Bauwerk, das noch vor der Schlacht von Peterwardein von Eugen von Savoyen verstärkt worden war. Einigen Berichten zufolge kam diesem befestigten Schanzensystem bei den Truppenbewegungen der österreichischen Heere eine bedeutende Rolle zu. Innerhalb der Schanze befanden sich Kasernen und auch das Haus des Schanzenbefehlshabers. Daneben gab es einen Park. Aber vor allem die zur Befestigung der Pontonbrücke erforderlichen Vorrichtungen befanden sich hier. Auch die kleine, dem Heiligen Johannes Nepomuk geweihte Barockkirche hatte ihren Platz, allerdings wurde diese 1928 zusammen mit den Anlagen der Brückenkopfschanze abgerissen.

Zu den ersten Bewohnern der Peterwardeinschanze gehörten serbische Grenzwachen, österreichische Soldaten, Handwerker, Kaufleute, Lebensmittellieferanten und Fischer. Sie nutzten geschickt die Möglichkeiten, die ihnen der Verkehrsknotenpunkt der von Nord nach Süd und von Ost nach West führenden Wege und der Flussübergang sowie die immer häufigeren und längere Zeit andauernden Friedenszeiten boten. Nicht nur der Wohlstand wurde gemehrt, sondern auch ein Beitrag zur schnellen Stadtentwicklung geleistet. So entwickelte sich die Peterwardeinschanze bereits bis 1699 zu einer selbstständigen Siedlung, noch bevor sie in den Rang eines Marktfleckens erhoben wurde. Nach Abschluss des Friedens von Karlowitz im gleichen Jahr waren 43 Männer, 18 Jungen und 215 Soldaten als bürgerliche Einwohner registriert. In der Siedlung gab es zu dieser Zeit drei Wirtschaften, einen Bierkeller, zwei Schnapsbrennereien und drei Werkstätten.

Die Entwicklung dieser verhältnismäßig kleinen Ansiedlung beschleunigte sich nach der Schlacht von Peterwardein im Jahr 1716. Bereits drei Jahre später traten das von Kaiser Karl VI. verliehene Wochenmarktrecht und die Genehmigung für jährlich zwei Landesmärkte in Kraft. Diese Rechte und die spätere Erhebung zum Marktflecken im Jahr 1738 trugen maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung bei. Doch eine echte Urbanisierung setzte erst mit der Verleihung des Titels einer freien Königsstadt ab 1748 ein.

Plan der Brückenschanze von Ingenieurhauptmann Boulange aus dem Jahr 1775.

Die auf einem Sandrücken errichtete Siedlung und spätere Stadt hatte anfangs dank des regen Handels mit dem Osmanischen Reich ein orientalisches Gepräge. Neben den aus guten Baustoffen hochgezogenen, mehrgeschossigen Häusern gab es auf dem Territorium der Peterwardeinschanze auch Erdhäuser. Auf dem Markt erwarben bürgerlich gekleidete Käufer orientalische Waren.

Vom 17....

Erscheint lt. Verlag 18.1.2022
Reihe/Serie Kleine Stadtgeschichten
Zusatzinfo ca. 30 z. T. farbige Abbildungen
Verlagsort Regensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Regional- / Landesgeschichte
Naturwissenschaften Geowissenschaften Geografie / Kartografie
Schlagworte László Végel • Neusatz • Novi Sad • Peterwardein • Serbien
ISBN-10 3-7917-6196-X / 379176196X
ISBN-13 978-3-7917-6196-1 / 9783791761961
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