Fairknallt (eBook)

Mein grüner Kompromiss
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
250 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2506-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fairknallt -  Marie Nasemann
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Anleitung für eine bessere Welt: Grün gewinnt Marie Nasemann ist heute die wichtigste Botschafterin für faire Mode in Deutschland. Über ihren Blog und Social Media schärft das Model das Bewusstsein einer ganzen Generation für grüne Themen. Nachhaltig leben, damit unsere Kinder und Enkel  auch noch über diesen Planeten laufen können, das wünschen wir uns doch alle! Aber geht das so einfach? Marie Nasemann erzählt anhand vieler persönlicher Geschichten, wie sie versucht ihren eigenen grünen Kompromiss zu leben. Sie erzählt was gut gelingt, beim Versuch sich möglichst nachhaltig zu kleiden, zu ernähren und von A nach B zu bewegen und wo sie gescheitert ist. Heraus kommt eine unterhaltsame Anleitung für eine bessere Welt.

Marie Nasemann ist Schauspielerin, Model und betreibt die Plattform www.fairknallt.com, wo sie über nachhaltige Mode, Lifestyle und Naturkosmetikthemen aufklärt. Gemeinsam mit ihrem Mann macht sie den erfolgreichen Podcast »Family Feelings«. 2009 nahm sie an Germany's Next Topmodel teil und wurde Drittplatzierte. Sie nutzt ihre Präsenz in der Öffentlichkeit, um über Nachhaltigkeit, politische und feministische Themen zu sprechen. Auf ihren Social-Media-Accounts möchte sie Menschen Mut machen, vom Wissen ins Handeln zu kommen. 

Marie Nasemann ist die Nachhaltigkeitsaktivistin einer ganzen Generation in Sachen Mode. Sie ist außerdem Schauspielerin, Model und betreibt die Plattform www.fairknallt.de, wo sie über nachhaltige Mode, Lifestyle und Naturkosmetikthemen schreibt. 2009 nahm sie an Germany's Next Topmodel teil und wurde Drittplatzierte. Sie lebt heute mit ihrem Partner und dem gemeinsamen Sohn in Berlin.

Kapitel 1
Von Geschenkeorgien zu
Marie Kondo


Meine frühesten Kindheitserinnerungen haben mit Geschenken zu tun. Weihnachten war für uns drei Kinder der spektakulärste Tag im Jahr. An Heiligabend spazierten wir immer nachmittags, wenn es langsam dunkel wurde, in die Kirche. Der evangelische Gottesdienst war für uns Kinder jedes Mal sterbenslangweilig. Auf dem Heimweg sauten wir uns mit den kleinen brennenden Kerzen, die man am Ausgang bekam, unsere Dufflecoats ein. Meine Mutter musste die Wachsflecken dann später immer umständlich mit Löschpapier aus den Mänteln bügeln. Sobald wir nach der Kirche wieder zu Hause waren, mussten wir Kinder in der kleinen Küche verschwinden und warten, bis das Christkind seine Arbeit getan hatte. Meine Eltern zündeten in der Zeit die Kerzen des Weihnachtsbaums an. Die Geschenke wurden bereits am Vormittag drapiert, weshalb das Wohnzimmer am 24. tagsüber für uns tabu war.

Ich wusste sehr früh, dass meine Mutter die Geschenke einkaufte, nicht das Christkind. In einer ihrer Schreibtischschubladen fand ich beim heimlichen Kramen unsere krakelig handgeschriebenen Wunschlisten mit bunten Zeichnungen und zusätzlich eine Liste mit ihrer schönen Handschrift, auf der ihre Ideen für uns notiert waren. Diese Liste war für mich natürlich spektakulär spannend. Aber ich ging noch weiter. Schon Wochen vor Weihnachten schlich ich viele Jahre lang heimlich in die »Abseite«, die an das Elternschlafzimmer grenzte. Die Abseite war eine kleine dunkle Abstellkammer, in der Erwachsene nur gebückt stehen konnten, wo Reisekoffer und Kisten mit alten Foto- & Filmaufnahmen gelagert wurden. Dort hatte meine Mutter die großen Einkaufstüten vom Spielwarenhändler Obletter, von Kaufhof und diversen Kleidergeschäften versteckt. Die Geschenke packte meine Mutter zum Glück meistens erst kurz vor Heiligabend in rotes Geschenkpapier ein, weshalb ich, wenn ich rechtzeitig meiner geheimen Leidenschaft nachging, sehen konnte, was ich bekommen würde. Mit pochendem Herzen und der Angst im Nacken, erwischt zu werden, sah ich die Tüten der Reihe nach durch und entdeckte allerlei feine Dinge, wobei manchmal nicht klar war, was davon für mich und was für meine Brüder war. Weihnachten war für mich deshalb meist keine allzu große Überraschung mehr. Nur die Geschenke der Großeltern, Tanten und Patentanten, die erst kurz vor knapp bei uns angekommen waren oder bereits in Geschenkpapier verpackt gelagert wurden, waren noch eine Überraschung.

Erwischt wurde ich beim Stöbern zum Glück nie.

Zurück zu Heiligabend. Wir drei Kinder mussten also die letzten Minuten vor der großen Geschenkeorgie in der Küche verbringen. Das kam uns jedes Jahr wie eine halbe Ewigkeit vor. Wir waren total aufgekratzt und diskutierten, was wohl wer geschenkt bekommen würde. Zur großen Verwunderung meiner Brüder lag ich immer beeindruckend nah an der Realität mit meinen Prognosen. Wir redeten alle durcheinander, irgendjemand pupste vor Aufregung, alle rochen es und versuchten einen Schuldigen zu finden, der dann mit Faustschlägen auf den Oberarm bestraft wurde.

Irgendwann läutete meine Mutter das Glöckchen – unser Signal! Wir atmeten durch, schalteten vier Gänge runter und schritten im Gänsemarsch aus der Küche Richtung Wohnzimmer. Im Wohnzimmer duftete es herrlich nach Räuchermännchen, und mein Vater behauptete jedes Jahr: »Das Christkind ist gerade über den Zaun gehuscht.« Gespieltes Staunen unsererseits. Der Baum wie jedes Jahr traditionell mit roten Kerzen bestückt und mit Schmuck überladen. Meine Mutter hing an jedem der von uns selbst gebastelten Christbaumanhänger, und es kamen jedes Weihnachten neue dazu. Dann wurden erst mal recht schief ein paar Weihnachtslieder gesungen (mein großer Bruder brummend im nicht enden wollenden Stimmbruch), und jedes Jahr mussten wir auf Aufforderung der Eltern erst andächtig die uralte Jesuskrippe unserer Großeltern bestaunen und die Weihnachtspyramide aus Holz, die sich durch die heiße Luft der brennenden Kerzen gefährlich schnell drehte. Ein blauer Putzeimer, bis oben hin gefüllt mit Wasser, stand immer bereit, kam zum Glück aber nie zum Einsatz.

Wir Kinder bemühten uns diesen Pflichtteil, das Bestaunen, artig hinter uns zu bringen. Die Geschenke ließen wir dabei nicht aus den Augen. Zu sehr waren wir innerlich damit beschäftigt zu rätseln, was sich wohl in diesem einen länglichen Geschenk befand und was es wohl mit der großen Tüte auf sich hatte. Ungelogen war das halbe Wohnzimmer voller Geschenke. Meine Eltern kauften uns gerne viele schöne Spielsachen, aber auch Dinge mit alltäglichem Nutzen, wie Fahrräder oder Schulranzen, wurden an Weihnachten geschenkt. Dazu die Geschenke der großen Verwandtschaft und unendlich vielen Paten, Onkel, Tanten und Freund*innen der Familie, die uns Kindern eine Freude machen wollten.

Nachdem der Pflichtteil endlich erledigt war, ging es reihum. Das jüngste Kind, mein kleiner Bruder, der Glückliche, durfte als Erstes ein Geschenk auspacken. Die ganze Familie sah dabei zu. Nach dem Auspacken und Bestaunen musste sich jedes Kind ausführlich bedanken. Statt also die Kinderschar wild auf die Geschenke loszulassen, war das Auspacken eine abendfüllende Beschäftigung, die gut und gerne drei Stunden dauerte. Das Ergebnis waren drei erschöpfte Kinder mit leuchtenden Augen, die man kaum zum Essen brachte, weil sie damit beschäftigt waren zu überlegen, mit welchem Geschenk sie als Erstes spielen sollten. Mit Barbies, Playmobil, neuen Malfarben, Inlineskates, Jonglierbällen oder doch dem Chemiebaukasten. Daneben ein riesiger Berg Geschenkpapier, in dem wir drei Kinder problemlos hätten verschwinden können.

Erstaunlicherweise war ich am Ende des Heiligen Abends trotz der enormen Menge an Geschenken oft innerlich ein wenig enttäuscht, weil ich das eine oder andere doch nicht bekommen hatte. Oder meine Mutter »nur« meine Liste abgearbeitet hatte, ohne sich kreativ noch ein weiteres Geschenk zu überlegen. Ich frage mich, woher diese hohen Erwartungen kamen. Zwischen uns Geschwistern war am Ende des Abends natürlich immer DIE Frage, wer es nun am besten getroffen hatte und wer die schlechteste Ausbeute gemacht hatte.

Besonders schön habe ich neben Heiligabend auch die ersten Weihnachtsfeiertage in Erinnerung. Am 25. morgens runter ins Wohnzimmer schleichen, während alle noch schlafen, und sich noch mal ganz ausführlich die Geschenke angucken, das ein oder andere in Betrieb nehmen oder zusammenbauen.

Klassenkamerad*innen, die mir stolz von ihren drei Geschenken erzählten, taten mir immer schrecklich leid. Gleichzeitig schämte ich mich dann, von meinen überdimensional vielen Geschenken zu erzählen, und verschwieg eine ganze Reihe an Dingen.

Mein mit Abstand schönstes Geschenk bekam ich Weihnachten, als ich vierzehn war. Wochenlang hatte ich meine Eltern bequatscht, mir eine Katze zu schenken. Als wir an Heiligabend das Wohnzimmer betraten, sah ich den Katzenkorb unter dem Baum stehen. Mein Vater verschenkte gerne Gutscheine, und ich war mir todsicher, in dem Korb würde ein Gutschein liegen und wir würden zusammen eine Katze aussuchen. Ich freute mich sehr. Doch als wir uns bereit machten, wie jedes Jahr »Kling, Glöckchen, Klingelingeling« anzustimmen, hörte ich ein klitzekleines, schüchternes »Miau«. Ich konnte nicht an mich halten und lief zum Korb. Und siehe da: ein Babykätzchen. Das war das erste Mal, dass ich vor Glück weinte. Ich wusste nicht, dass das möglich war. Das war der einzige Heiligabend, an dem mich die weiteren Geschenke nicht interessierten und ich den ganzen Abend mit der kleinen Cleo spielte.

Woher kommt es eigentlich, dass man sich schon als kleines Kind ständig vergleicht und misst, was einem selbst gehört und was die anderen haben? Zum ersten Mal habe ich das vor einigen Jahren bewusst bei den Nichten meines damaligen Freundes bemerkt. Wir waren am Ostersonntag mit der ganzen Familie zusammen, und die beiden Mädels, erst zwei und vier Jahre alt, machten sich auf Ostereier- und Geschenkesuche. Natürlich hatten die Eltern alles gerecht aufgeteilt, um jeglichen Streit zu vermeiden. Doch schon während der Suche stritten sie ständig, ob dieses Osterei nun der einen oder der anderen gehörte. Keine der beiden wollte ihre bei der Ostereiersuche gefundenen Eier mit der anderen teilen. Pausenlos brach eine der beiden in Tränen aus, weil die andere ihr ein Ei weggenommen hatte. Ich fand das ganz schön anstrengend und grübelte den Rest des Tages, wie man es bei den eigenen Kindern wohl schaffen könnte, diese Streitigkeiten zu umgehen. Wahrscheinlich ist das unmöglich. Über Empathie verfügen wir in diesem Alter noch nicht, und Teilen ist eine Sache, die erst gelernt werden muss.

Wenn heute mein Freund Sebastian und ich mit seinem fünfjährigen Neffen facetimen und ihm zum Geburtstag gratulieren, fragen wir natürlich auch: »Und, was hast du geschenkt bekommen?« Und wenn wir seine zweijährige Nichte seit Langem einmal wiedersehen und die Unterhaltung ins Stocken gerät, sage ich auch schon mal so Sachen wie: »Wow, du hast aber ein hübsches Kleid an!«

Selbst gegenüber unserem eigenen Sohn, der uns noch nicht verstehen kann, fallen mal so Sätze wie: »Ui, guck mal, wie...

Erscheint lt. Verlag 31.5.2021
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Naturwissenschaften Biologie
Schlagworte Alltag • Bewusstsein • FAIR • Fair Fashion • Fashion • Germany's Next Topmodel • GNTM • influencer • Klima • Klimawandel • Kompromiss • Kosmetik • Mode • Model • Nachhaltigkeit • Natur • Naturkosmetik • Schutz • Umwelt • Wandel
ISBN-10 3-8437-2506-3 / 3843725063
ISBN-13 978-3-8437-2506-4 / 9783843725064
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