Der Huf (eBook)
Thieme (Verlag)
978-3-13-241460-0 (ISBN)
1 Die Beschlagschmiede
Beschlagschmiede
Burkhard Rau
1.1 Stationär
Früher wurde der Hufbeschlag traditionell in einer stationären Schmiedewerkstatt ausgeführt. In den deutschen Gestüten, in fast allen deutschen Tierkliniken und in zahlreichen auf den Hufbeschlag spezialisierten Metallbaubetrieben ist eine stationäre Beschlagschmiede immer noch zu finden.
Eine Hufbeschlagschmiede muss aus mindestens 2 Räumen bestehen: der Beschlagbrücke und der eigentlichen Schmiede.
Daneben muss eine funktionierende stationäre Beschlagschmiede weitere Möglichkeiten bieten, z. B. für die Lagerung von Stab- oder Hufeisenmaterial. Im Idealfall befindet sich das Lager in einem eigenen Raum mit einer gesonderten Unterbringung von Gefahrenstoffen wie Kunsthorn und Kleber. In unmittelbarer Nähe der Beschlagbrücke muss eine Mistplatte oder ein Behältnis zur Aufnahme von anfallendem Pferdemist vorhanden sein. Ebenso ist ein Raum für die Aufnahme von Schrott und Abfallstoffen vorzusehen.
Vor der Schmiede ist eine Vorführbahn notwendig. Im Idealfall ist sie so groß, dass ein Vorführen des Pferdes sowohl im Dreieck als auch in Form einer Acht möglich ist. Wünschenswert wäre auch die Möglichkeit, das Pferd sowohl auf hartem und ebenem als auch auf weichem Sand- oder Grasboden vorzuführen. Wünschenswert, jedoch ohne Bedingung, wäre ein Vorführplatz von 20 × 20 m, um das Pferd in der Dreiecksbahn vorführen zu können. Ebenso ist es hier möglich, die notwendige Musterung des Pferdes sowohl auf der linken als auch auf der rechten Hand vorzunehmen.
1.1.1 Beschlagbrücke
In der Beschlagbrücke werden die Pferde zum Hufbeschlag untergebracht ( ▶ Abb. 1.1). Dieser helle Raum verfügt über feste Anbindemöglichkeiten für die Pferde, wobei der Platz pro Pferd 20 qm nicht unterschreiten sollte. Eine Abtrennung zwischen den Beschlagplätzen, von denen mindestens 2 vorhanden sein sollten, ist sinnvoll. Neben den Pferden und dem Beschlagstuhl (dem Möbel, welches die Werkzeuge des Hufbeschlagschmieds aufnimmt) sollten sich keine Gegenstände auf der Beschlagbrücke befinden.
Abb. 1.1 Gut beleuchtete Beschlagbrücke mit festem Anbinder, Abtrennung zwischen den einzelnen Beschlagplätzen, vergitterten Fenstern und Gummiboden.
Um eine optimale Arbeit zu gewährleisten, muss der Raum ausreichend beleuchtet sein. Metalldampflampen oder Halogenstrahler, die so angebracht sind, dass eine möglichst schattenfreie Beleuchtung gewährleistet ist, gelten als ideal. Rauminstallationen, z. B. die Elektrik, müssen für das Pferd unzugänglich angebracht sein.
Besonderes Augenmerk ist dem Fußboden der Beschlagbrücke zu widmen. Der Boden sollte fest und eben, rutschfest und für das Pferd komfortabel zum Daraufstehen sein. Gepflasterte Stirnholzböden sind ebenso geeignet wie hochwertige Gummiböden. Stirnholzböden haben den Nachteil, dass sie etwas empfindlich gegen von außen hereingebrachte Feuchtigkeit sind. Durchdachte Beschlagbrücken haben einen drainierten Boden, um mögliche Flüssigkeiten abführen zu können.
1.1.2 Schmiederaum
Die eigentliche Schmiede enthält alle Werkzeuge, Maschinen und Geräte, um die für den Hufbeschlag notwendigen Tätigkeiten ausführen zu können.
1.1.2.1 Schmiedeherd
Stationäre Hufbeschlagschmieden werden heute mit unterschiedlichen Schmiedeherden ausgestattet. Traditionell findet man dort einen gemauerten Schmiedeherd mit eingelassener Feuerschüssel zur Befeuerung mit Fettkohle (Steinkohle). Die Feuerschüssel ist in einer Stahlplatte eingelassen, und neben dem Kohlefeuer ist ein Löschtrog eingebaut. Über der Feuerschüssel befindet sich ein Rauchfang mit Abzug und Kaminanschluss, unter der Feuerschüssel ein Behältnis für frische Kohle und Schlackeabfälle. Das Gebläse zur Regulierung der Frischluftzufuhr befindet sich entweder in einem gesonderten Raum (Lärmbelästigung) oder unter der Feuerschüssel ( ▶ Abb. 1.2). Die Kohlefeuerschüssel hat im einfachsten Fall mehrere nebeneinander liegende, 8–10 mm große Bohrungen, um der brennenden Kohle von unten Frischluft zuzuführen, oder einen von oben nach unten verschiebbaren Kegel, der den Austrittswinkel des Luftstroms regulieren kann.
Abb. 1.2 Grundkörper einer Kohleesse mit Feuerschüssel und Gebläse.
Kohleessen werden auch für den Einsatz vor der Werkstatt oder unterwegs als „Feldschmieden“ ohne gesonderten Rauchabzug betrieben. Moderner ist der Einsatz von Gasöfenzur Erwärmung des Hufeisens. Ähnlich dem Prinzip der Kohleesse besitzen sie eine Feuerschüssel, die mit Gas befeuert wird. Ein Luftgebläse bläst frischen Sauerstoff hinzu und das Gas-Luft-Gemisch erwärmt die in der Feuerschüssel liegenden Keramikchips. Letztere speichern Energie, erreichen hohe Temperaturen (1200 °C) und geben diese an das zwischen ihnen liegende Metall ab. Die Verbrennung ist deutlich sauberer, da weder Schwefel noch Ruß entstehen. Gasherde können mit Erd- oder Flüssiggas betrieben werden ( ▶ Abb. 1.3, ▶ Abb. 1.4).
Abb. 1.3 Moderner transportabler Gasschmiedeherd für Flüssiggas.
Abb. 1.4 Stationärer, mit Erdgas betriebener Schmiedeherd.
Auch mit Erhitzungsgeräten wird in stationären Hufbeschlagschmieden das Eisen erwärmt. Diese werden ausnahmslos mit Flüssiggas, also Propan, Butan oder Propan-Butan-Gemisch betrieben. Hochwertige Geräte haben einen hohen Wirkungsgrad und können in sehr kurzer Zeit eine gleichmäßige Durchwärmung des Eisens herbeiführen. Die Hufeisenerhitzungsgeräte einiger Hersteller sind für den gasabzugsfreien Einsatz in Werkstätten zugelassen, wenn die Werkstattgröße die geforderten Mindestvolumina übersteigt und für ausreichend Frischluftzufuhr in den Räumen gesorgt ist.
1.1.2.2 Amboss und Hilfswerkzeug
Das zweite, nahezu unverzichtbare Element der Schmiedewerkstatt ist der Amboss ( ▶ Abb. 1.5). Ambosse in Schmiedewerkstätten wiegen zwischen 20 und 300 kg, in vielen Hufbeschlagschmieden weisen sie ein Gewicht von 120–150 kg auf.
Abb. 1.5 Amboss mit Ambossstock.
Traditionell wurden Ambosse auf Eichenholzstämmen abgestellt oder auf einer gusseisernen Glocke aufgesetzt. Diese traditionellen Aufstellungsmöglichkeiten eines Ambosses stellen eine hohe Lärmbelastung dar. Entsprechend hat es sich heute durchgesetzt, zum einen in Schmiedewerkstätten lärmisolierte Böden zu verwenden. Dies sind Estrichböden, in die Faserstoffe eingelassen sind, um Schwingungen zu reduzieren. Zum anderen ist es eine gute Möglichkeit, Ambosse auf Behältnissen aufzustellen, die mit Sand gefüllt sind. Zusätzlich können Gummipuffer oder -matten dazu beitragen, Schwingungen und den Lärm zu dämpfen. Auch das Anbringen von Magneten an den unterschiedlichen Ambosshörnern ( ▶ Abb. 1.6) ist eine Möglichkeit, die hochfrequenten Schwingungen zu reduzieren. Trotz allem hat der Amboss ein großes Lärmpotenzial und eine persönliche Schutzbekleidung (Gehörschutz) ist notwendig, um bleibende Schäden am Gehör zu verhindern.
Abb. 1.6 Ambosshorn.
In Deutschland verwendete Ambosse haben unterschiedliche Formen. Es gibt die norddeutsche und die süddeutsche Form, den österreichischen Amboss, den süddeutschen Amboss mit Voramboss oder einen Amboss mit oder ohne Stauchamboss. Es ist reine Gewohnheitssache, welcher Amboss bei der Arbeit bevorzugt wird.
Allgemein besteht ein Amboss aus folgenden Elementen: Vierkanthorn, Rundhorn, Voramboss, Stauchamboss, Ambossbahn, Gesenklöcher (1 Rund- und 1 Vierkantgesenkloch zum Aufsetzen von Hilfswerkzeugen).
Für den...
Erscheint lt. Verlag | 11.12.2019 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Naturwissenschaften ► Biologie |
Weitere Fachgebiete ► Land- / Forstwirtschaft / Fischerei | |
Schlagworte | Barhufbearbeitung • Barhufbehandlung • Hufbearbeitung • Hufbeschlag • Hufbeschlagverordnung • Hufeisen • Huforthopädie • Hufpflege • Hufrehe • Hufschuh • Hufschutz • Klauenpflege • Korrekturbeschlag • Lahmheit • Pferdehuf • Schmied |
ISBN-10 | 3-13-241460-3 / 3132414603 |
ISBN-13 | 978-3-13-241460-0 / 9783132414600 |
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