Liebe Leni, du bist ein Wunder (eBook)

Warum meine Tochter mit einem halben Gehirn lebt von Vanezia Blum

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
240 Seiten
Community Editions (Verlag)
978-3-96096-395-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Liebe Leni, du bist ein Wunder -  Vanessa Lock
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Nur sechs Tage nach der Geburt ihrer Tochter Leni merken Vanessa und Markus, dass etwas nicht stimmt. Sie alarmieren den Notarzt. Es folgt eine beunruhigende Odyssee aus Krankenhausaufenthalten, Untersuchungen und schlaflosen Nächten - und dem Ausblick auf Operationen, die schwerwiegende Konsequenzen für Leni haben. Durch Höhen und Tiefen halten die Eltern zusammen, stützen sich auf Ärzt*innen und den Fortschritt der Medizin. Ein Mutmacher-Buch über Hoffnung, Resilienz und den Wert der Familie.



<p><strong>Vanessa Lock aka Vanezia Blum </strong>teilt auf Instagram bereits seit 2013 Einblicke aus ihrem Leben mit ihrer mittlerweile u?ber 350.000 Follower*innen großen Community. Dabei spricht sie u?ber Themen rund um Partnerschaft, Lifestyle und Fashion. Die 29-jährige Unternehmerin ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Vanessa setzt sich fu?r den Tierschutz ein und betreibt mit ihrer Fashionbrand »Vanezia« einen Online-Shop und zwei Stores in Koblenz.</p>

Leni und ich wurden in ein Behandlungszimmer geführt und gebeten, kurz zu warten. Der Geruch nach Desinfektionsmitteln und Krankheit schlug mir entgegen, und für einen Moment war es, als zöge sich ein Riss durch mein Leben. Da draußen war das Glück, und hier drinnen waren Leni und ich. Mein Magen zog sich zusammen, plötzlich bekam ich Angst um sie. Ich nahm sie aus ihrem Autositz, schmiegte sie an mich. Sie war es, um die es hier ging. Sie brauchte mich.

Kurz darauf kam der diensthabende Kinderarzt in Begleitung der Intensivschwester in den Raum. Wieder schilderte ich, was geschehen war, wieder zeigte ich das Video. Inzwischen war ich heilfroh, dass ich geistesgegenwärtig reagiert hatte. Dank des Videos und der Einschätzung der Notärztin wurden wir definitiv ernst genommen. Theoretisch hätten Lenis ruckartige Bewegungen völlig harmlos können: ein Greifreflex, eine lebhafte Bewegung im Traum, eine Reaktion auf Bauchschmerzen, auf Blähungen. Nur, dass es anders ausgesehen hatte, rhythmisch eben. Ich musste daran denken, dass Leni zwei Tage zuvor, nach ihrer Untersuchung bei der Kinderärztin, auch gezuckt hatte, aber nur kurz und ohne diese ruckartige Bewegung ihres Kopfes. Markus und ich hatten gedacht, sie träume. Ich erzählte es dem Arzt. Er beruhigte mich und erklärte mir, er würde sie als Erstes untersuchen und Blut abnehmen, um die Entzündungswerte zu kontrollieren, ein großes Blutbild zu erstellen und mögliche Stoffwechselerkrankungen abzuklären. Dann wüssten wir mehr. Außerdem stünde ein Ultraschall des Kopfes an, um sicherzugehen, dass nichts übersehen wurde.

Als ich Leni auf die Behandlungsliege legte und für die Untersuchung auszog, wurde sie wach. Im nächsten Moment schaltete der Arzt eine furchtbar grelle Untersuchungslampe direkt über ihr an. Sie verzog das Gesicht und begann zu weinen. Nachdem er sie untersucht hatte, suchte er nach einer Vene. Mit angestrengter Miene tastete er die Ärmchen ab – und stach prompt daneben. Jetzt fing Leni an zu schreien und konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Ihr Schrei drang mir bis ins Herz. Mir traten Tränen in die Augen, am liebsten hätte ich sie genommen und wäre aus der Klinik gelaufen.

Doch in der nächsten Sekunde änderte sich alles. Es fühlte es sich an, als hätte ich einen Faustschlag in den Magen bekommen. Denn Leni krampfte erneut, und diesmal heftig.

Ich konnte die Tränen nicht länger zurückhalten. Durch den Schleier in meinen Augen sah ich den Blick des Arztes, den der Schwester. So ernst, so wissend.

Das war keine einmalige Sache gewesen. Leni war krank!

„Ich veranlasse eine Lumbalpunktion“, sagte der Arzt und tätigte einen Anruf. Ich schluckte. Leni sollte das Rückenmark punktiert werden? Sie tat mir unendlich leid.

In diesem Moment war mir klar, dass wir in die Klinik aufgenommen werden mussten. Eilig schrieb ich Markus:

Markus war bestürzt. Seine Eltern hatten sich bereits auf den Weg gemacht, um Leon abzuholen, damit Markus bei Leni und mir sein konnte.

Leon. Ich sah ihn vor mir, wie er mit geweiteten Augen da saß, die Becherlupe in den Händen. Er hatte sie so fest umklammert, als wäre sie sein Anker. Ich machte mir solche Vorwürfe. Markus und ich hatten uns völlig auf Leni konzentriert und innerlich gar keinen Raum für ihn gehabt. Bestimmt hatte er Angst gehabt. Ich fing wieder an zu weinen, es war alles zu viel.

♥♥♥

Während wir noch auf die ersten Laborergebnisse warteten, begann der Arzt mit der Anamnese. Tausend Fragen stürzten auf mich ein. War die Schwangerschaft komplikationslos verlaufen? Hatte es sich um einen Kaiserschnitt oder eine natürliche Geburt gehandelt? Hatte ich Medikamente genommen, Alkohol getrunken, geraucht, Drogen konsumiert …? Diese Fragen weckten kurzzeitig meine Wut. Selbstverständlich hatte ich all das nicht getan. Ich hatte akribisch auf meine Gesundheit und meine Ernährung geachtet. Aber ich verstand, dass all das abgeklärt werden musste. Schließlich hatte ich selbst einige Schwangere gesehen, eine Zigarette in der Hand oder ein Sektglas, als hätten sie die Gesundheit ihres Kindes für sich gepachtet. Es fühlte sich alles so verdammt ungerecht an.

Ich konzentrierte mich wieder auf die Fragen des Arztes, mit dem mich eines verband: die Suche nach der Ursache für Lenis Krämpfe. Nein, sie war nicht auf den Kopf gefallen, nicht gestürzt, hatte sich nicht verletzt. Nein, Leon war gesund, auch Markus und ich, keiner von uns dreien hatte je epileptische Anfälle gehabt. Auch in unseren Familien gab es keine Epilepsiegeschichte.

Irgendwann endete der Fragenmarathon, und ich wartete auf die weiteren Untersuchungen. Leni lag auf meiner Brust und schlief. Ich hätte ihr am liebsten ins Ohr geflüstert, dass alles wieder gut werden würde, dass wir bald nach Hause durften. Doch ich wusste ja selbst nicht, was hier passierte. Es fühlte sich an, als hätte das Schicksal einfach Lust gehabt, zuzuschlagen, und Leni getroffen. Aber warum? Sie hatte doch niemandem etwas getan! Warum ausgerechnet Leni? Warum wir? Der Gedanke zerrte an mir. Was heulte ich denn hier rum … Nicht ich war krank, sondern sie.

Als Mutter will man sein Kind beschützen, um jeden Preis. Dass ich nicht dazu in der Lage war, zog mir den Boden unter den Füßen weg.

Ich versuchte, mich zu konzentrieren, suchte in Gedanken nach möglichen Ursachen und schrieb sie ungefiltert in den Chat mit Markus.

Wärme.

Anpassungsschwierigkeiten.

Laktose-Unverträglichkeit.

Diabetes.

Regulierungsschwierigkeiten.

Und warum hatte sie in den Tagen vor der Geburt so oft Schluckauf in meinem Bauch gehabt?

♥♥♥

Markus schrieb mir, dass er unterwegs war. Ich war so froh, ihn bald hier an unserer Seite zu haben.

Dann krampfte Leni erneut, diesmal heftig. Ich rief sofort nach der Ärztin. Sie beruhigte mich und erklärte mir, dass die Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit zeigen würde, ob Leni womöglich an einer Neugeborenen-Meningitis oder einer ähnlichen entzündlichen Erkrankung des Gehirns litt.

Meningitis? Erkrankung des Gehirns? Es fühlte sich an wie ein Albtraum, aus dem ich einfach nicht aufwachen konnte.

Kurzfristig wurde ein Slot für die Punktion des Rückenmarks frei. Ich folgte der Schwester nach oben. Markus war bereits im Krankenhaus, er suchte uns und stieß vor dem Behandlungsraum zu uns. In seinen Augen las ich all den Schmerz, der sich in den vergangenen Stunden aufgestaut hatte. Wenigstens waren wir jetzt zusammen hier.

Ich legte Leni auf die Liege, zog sie auf Bitte der Schwester komplett aus. Dann wurden wir hinausgeschickt. Es tat so weh, unser Baby allein zu lassen. Sechs Tage zuvor hatte ich alles in Kauf genommen, um eine PDA zu vermeiden, nachdem bei Leons Geburt dieser Eingriff dreimal danebengegangen war. Und jetzt lag Leni da drin und wurde ins Rückenmark gestochen.

Markus und ich hielten uns aneinander fest. All das, was wir unseren Kindern bieten wollten – ein Nest, Geborgenheit, Sicherheit, Schutz –,
drohte von uns fortzudriften. Es fühlte sich an, als hätten wir nichts mehr zum Festhalten außer uns.

Als wir wieder zu Leni durften, trug sie einen Verband um den Kopf und war noch leicht sediert. Weil ihre Venen an den Ärmchen viel zu dünn waren, hatte der Arzt einen Zugang an der Kopfvene gelegt, um ihr Medikamente verabreichen zu können. Der Verband schützte den Zugang davor, zu verrutschen. Es schien alles so unwirklich. Winzige Details, und jedes einzelne so brutal, wenn es um dein neugeborenes Baby geht.

Anschließend wurde Leni auf die Intensivstation eingewiesen. Ihre Sauerstoffsättigung, der Herzschlag und ihr Blutdruck mussten kontrolliert werden. Markus ging nach unten, um uns anzumelden.

Die Intensivstation lag zwei Stockwerke über dem Kreißsaal. Für mich fühlte es sich völlig surreal an. Genau dort hatte ich vor sechs Tagen entbunden. Und jetzt? Jetzt lief ich mit Leni durch die Krankenhausgänge zur Schleuse, wo ich in einen Ganzkörperanzug und Handschuhe schlüpfen musste, um keine Keime zu verbreiten. In meiner Fantasie rannten die Ärzte immer mit gehetzten Blicken zur Intensivstation und schoben ein Bett mit einem Schwerkranken an die rettenden Beatmungsgeräte. Ich hatte eindeutig zu viel Grey’s Anatomy geschaut.

Die Gedanken kreisten in meinem Kopf. Warum genau mussten wir auf die Intensivstation? Leni war doch nicht etwa in Gefahr? Ich war viel zu gefangen in meinen Gefühlen, um klar denken zu können. Angstschweiß sammelte sich unter dem Schutzanzug, mir war schrecklich heiß und zugleich eiskalt.

Dann waren wir in dem Zimmer der Intensivstation angekommen.
Ich durfte den Anzug wieder ausziehen. Leni wurde in ein Bett für Frühgeborene gelegt. Dabei war sie doch gar kein Frühchen, protestierte ich in Gedanken. Doch in dem Bettchen hatte sie es warm und war sicher.

Wieder wurde sie nackt ausgezogen, Dioden wurden auf ihren winzigen Körper geklebt und lauter Kabel angeschlossen. Die Handgriffe der Schwester wirkten routiniert, sie strahlte große Ruhe aus. Ich hatte ja keine Ahnung, wie oft wir sie noch sehen würden und wie viel sie für uns tun würde …

Mein Blick fiel auf Leni, wie sie da lag. Sie sah auf einmal so krank aus. Mein ganzer Körper bestand nur noch aus Sorge. Ich wollte sie hochnehmen, doch ich traute mich kaum, aus Angst, etwas könnte verrutschen. Die Schwester zeigte es mir und erklärte mir auch, wie ich Leni mit all den...

Erscheint lt. Verlag 14.10.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Studium 2. Studienabschnitt (Klinik) Humangenetik
Schlagworte Behinderung • Biografie • Erfahrungsbericht • Familie • Familiengeschichte • Gehirn • Gesundheit • Halbseitenlähmun • Heilung • Hemisphärotomie • influencerin • Inklusion • Junge Erwachsene • Kind mit Behinderung • Krampfanfälle • Läsionektomie • Lebensgeschichte • Mutmacher • Ratgeber Behinderung • Resilienz • Schicksalsschlag • Schicksalsschläge meistern • Seltene Erkrankung • Sichtfeldeinschränkung • Wahre GEschichte
ISBN-10 3-96096-395-5 / 3960963955
ISBN-13 978-3-96096-395-0 / 9783960963950
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