Methoden der Kognitiven Umstrukturierung -  Beate Wilken

Methoden der Kognitiven Umstrukturierung (eBook)

Ein Leitfaden für die psychotherapeutische Praxis

(Autor)

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2024 | 9. Auflage
266 Seiten
Kohlhammer Verlag
978-3-17-043591-9 (ISBN)
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Cognitive restructuring methods represent a central element of therapy in the treatment of numerous psychological disturbances. In this practical guide, the author provides a systematic introduction to the specific procedure involved in cognitive restructuring. The basis for this is provided by the cognitive treatment approaches of A. Ellis, A.T. Beck and D.W. Meichenbaum, which are briefly outlined. Numerous suggested formulations and example cases from practical work make the book a valuable aid for therapists and an easily readable introduction for students and those attending further training courses.

Following several years working in research, teaching and in-patient psychiatry at the University of Münster, Dr. Beate Wilken, Dipl.-Psych., is now a psychological psychotherapist in private practice and a trainer and supervisor for cognitive therapy and behavioural therapy.

3 Der Prozess der Kognitiven Umstrukturierung: Grundlegende Schritte und Vorgehensweisen (Leitfaden)


Im folgenden Leitfaden werden aus den in Kapitel 2 vorgestellten drei Kognitiven Therapieansätzen Hilfen für die psychotherapeutische Praxis abgeleitet und zusammengestellt. Es werden Schritte und Vorgehensweisen bei der Kognitiven Umstrukturierung vorgestellt, wie sie im Rahmen umfassender psycho-(insbesondere verhaltens-)‌therapeutischer Behandlungssettings bei psychischen Störungen (emotionalen und Verhaltensstörungen) zur Anwendung gelangen können. Die Kognitive Umstrukturierung wird hier also als ein Element bzw. Baustein innerhalb des für den spezifischen Klienten (mit seinen spezifischen Störungen) entwickelten Behandlungsplans verstanden. Dabei wird davon ausgegangen, dass vor der Erstellung des Behandlungsplans und damit auch der Entscheidung zur Anwendung von Methoden der Kognitiven Umstrukturierung eine differenzierte Diagnostik sowohl im Sinne einer kategorialen Diagnostik als auch im Sinne einer individuellen, das störungsspezifische Theoriewissen berücksichtigenden Problemanalyse (vgl. die diesbezügliche Diskussion bei Caspar 1996) stattgefunden hat, in der der Therapeut zu dem Schluss gekommen ist, dass kognitive Prozesse primär für die Entstehung und/oder Aufrechterhaltung der in Frage stehenden problematischen Emotionen und Verhaltensweisen des Klienten verantwortlich sind. Konnten darüber hinaus weitere aufrechterhaltende Faktoren für diese Emotionen und Verhaltensweisen (z. B. klassische Konditionierungen, operante Verstärkungsmechanismen, dysfunktionale familiäre Interaktionsstile, Verhaltensdefizite, Wissensdefizite) identifiziert werden, so sind selbstverständlich die hier beschriebenen Methoden mit darauf Bezug nehmenden Verfahren und Behandlungsbausteinen (z. B. Expositionsverfahren, operante Verfahren, Beeinflussung familiärer Interaktionen durch Familiengespräche, Trainings sozialer Kompetenzen, Psychoedukation) zu kombinieren.

Es würde hier zu weit gehen, den gesamten diagnostisch-therapeutischen Prozess in der Kognitiven Verhaltenstherapie (vom Erstgespräch bis zur Katamnese) zu beschreiben. Hierzu sei vor allem auf die hilfreichen Strukturierungen/Phasenmodelle von Kanfer, Reinecker & Schmelzer (2011) (Selbstmanagement-Ansatz) und Bartling, Echelmeyer & Engberding (2016) (Problemlöse-Ansatz) verwiesen, deren Gesamtverständnis des diagnostisch-therapeutischen Prozesses im Wesentlichen auch den folgenden Ausführungen zugrundeliegt.

Das therapeutische Vorgehen bei der Kognitiven Umstrukturierung lässt sich vor allem als strukturiert, problemzentriert und transparent charakterisieren. Üblicherweise wird zu Beginn jeder Sitzung ein Plan erstellt, der die zu behandelnden Probleme enthält. Nach der Therapiestunde erhält der Klient regelmäßig »Hausaufgaben«, um die therapeutische Arbeit auch außerhalb der eigentlichen Sitzungen fortzuführen. Zu Beginn der nächsten Sitzung werden diese »Hausaufgaben« dann wieder aufgegriffen und besprochen. Der Fokus der therapeutischen Arbeit liegt auf der Analyse und Bearbeitung ganz konkreter Problemsituationen des Klienten, in denen er die belastenden Emotionen/Verhaltensweisen erlebt. Der Therapeut leitet den Klienten an, die in diesen Situationen störungsgenerierenden dysfunktionalen Gedanken zu erkennen und zu hinterfragen. Dabei geht es niemals darum, dem Klienten etwas »auszureden« oder ihn durch Argumente »eines Besseren zu belehren«, sondern ihn dazu zu bringen, dysfunktionale Kognitionen bei sich selbst zu entdecken und zu verändern (vergleiche dazu Kap. 3.3.1 zum sog. »Sokratischen Dialog«). Ideales Ziel ist letztlich die Ausbildung des Klienten zu seinem eigenen Therapeuten, der in der Lage ist, die angewandten kognitiven Strategien selbstständig auch auf die Analyse und Bearbeitung weiterer Problemsituationen zu übertragen. Hieraus ergibt sich unmittelbar, dass ein hohes Maß an Transparenz der therapeutischen Interventionen wichtig für das Gelingen der Therapie ist (vergleiche hierzu auch Kap. 5).

Der eigentliche Prozess der Kognitiven Umstrukturierung wird dabei im vorliegenden Leitfaden in fünf Schritte bzw. Phasen eingeteilt:

  • 1.

    Vermittlung des Kognitiven Modells an den Klienten (▸ Kap. 3.1)

  • 2.

    Aufdeckung der dysfunktionalen Kognitionen in konkreten Problemsituationen (▸ Kap. 3.2)

  • 3.

    Infragestellen der dysfunktionalen Kognitionen (▸ Kap. 3.3)

  • 4.

    Erarbeitung angemessenerer, funktionaler Kognitionen (▸ Kap. 3.4)

  • 5.

    Einübung dieser neuen Kognitionen in problematischen Situationen (sowohl in der Vorstellung als auch in der Realität) als neue Bewältigungsfertigkeiten (▸ Kap. 3.5)

Für jeden dieser fünf Schritte werden spezielle Vorgehensweisen beschrieben. Unter »Leitfaden« ist hier also nicht ein streng formalisiertes Manual zu verstehen, sondern eher eine Strukturierungshilfe für den Prozess der Kognitiven Umstrukturierung sowie eine Material- und Methodensammlung zum Vorgehen innerhalb der einzelnen Schritte des Gesamtprozesses.

Bevor im Folgenden die einzelnen Schritte bzw. Phasen mit ihren entsprechenden methodischen Vorgehensweisen vorgestellt werden, sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die folgende Darstellung eine idealtypische ist und sich in der praktischen Umsetzung die Phasen natürlich nicht immer eindeutig voneinander trennen lassen. (Häufig sind die Übergänge eher fließend.) Auch müssen die Schritte nicht starr in der vorgeschlagenen Reihenfolge durchgeführt werden. In manchen Fällen mag es sogar möglich sein, einzelne Schritte ganz wegzulassen oder nur oberflächlich zu bearbeiten. Falls jedoch Probleme oder Schwierigkeiten bei der Durchführung kognitiver Interventionen auftauchen (im Sinne von »Widerständen« auf Seiten des Klienten, vergleiche Kap. 5, oder im Sinne eines mangelnden Erfolgs der kognitiven Interventionen), so lässt sich dies meist auf die nicht erfolgte oder unvollständige Durchführung eines oder mehrerer der vorhergehenden Schritte zurückführen. So kann z. B. das Infragestellen der dysfunktionalen Überzeugungen (▸ Kap. 3.3) nicht gelingen, wenn der Klient letztlich das Kognitive Modell nicht verstanden hat und die Zusammenhänge zwischen seinen dysfunktionalen Gedanken und seinem problematischen Fühlen und Verhalten selbst für sich noch nicht erkannt hat (▸ Kap. 3.1). Ebenso kann die Einübung alternativer Kognitionen in der Alltagsrealität (▸ Kap. 3.5) nicht gelingen, wenn sie zuvor in der Therapie nicht konkret und spezifisch auf bestimmte Situationen zugeschnitten formuliert wurden (▸ Kap. 3.4). Stagniert also der therapeutische Prozess, so empfiehlt es sich zu überlegen, zu welcher eventuell auch weiter zurückliegenden Phase sinnvollerweise zurückgegangen werden sollte; an dieser Stelle ist dann mit der Arbeit erneut anzusetzen.

Die »Sprache« des Leitfadens lehnt sich im Wesentlichen an die der RET an (»ABC-Modell«, ▸ Kap. 3.1), da diese die Darstellung auch komplexer Zusammenhänge unter didaktischen Gesichtspunkten erleichtert und auch Klienten leicht vermittelbar ist. Nicht übernommen wird allerdings der Begriff der »irrationalen« vs. »rationalen« Kognitionen aufgrund des bereits erwähnten Übersetzungsproblems und daraus resultierender Missverständnisse bei Klienten (und auch Therapeuten). Stattdessen werden im Leitfaden die Begriffe »dysfunktionale« und »funktionale« Kognitionen verwandt. Für das direkte Gespräch mit dem Klienten scheinen allerdings Synonyme geeigneter wie:

»dysfunktionale« Kognitionen = unangemessene, nicht realitätsgerechte, selbstschädigende, nicht hilfreiche, nicht zielführende Kognitionen;

»funktionale« Kognitionen = angemessene, realitätsnahe, hilfreiche, zielführende, alternative Kognitionen.

Die im Leitfaden genannten Beispiele stammen – sofern nicht anders gekennzeichnet – aus meiner eigenen psychotherapeutischen Praxis bzw. auch aus meiner Supervisionstätigkeit. Auch die Einschätzung und Bewertung bestimmter Vorgehensweisen ist durch meine persönlichen Erfahrungen als Verhaltenstherapeutin und Kognitive Therapeutin sowohl im ambulanten als auch im stationären und tagesklinischen psychotherapeutischen Bereich geprägt. Einige der von mir beschriebenen Interventionen oder Hinweise stammen möglicherweise aus mündlichen Überlieferungen oder Quellen, die ich so nicht mehr ganz zurückverfolgen und daher nicht angeben kann. Die meisten der nicht durch spezielle Literatur belegten Hinweise stammen jedoch sicherlich aus meiner eigenen Ausbildung in Rational-Emotiver Therapie (die ich neben der Verhaltenstherapie-Weiterbildung abgeschlossen habe) sowie...

Erscheint lt. Verlag 26.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
ISBN-10 3-17-043591-4 / 3170435914
ISBN-13 978-3-17-043591-9 / 9783170435919
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