ICF-Praxislehrbuch - Neue Standards in der Versorgung chronisch kranker Kinder -  Heike Philippi,  Rolf Mayer

ICF-Praxislehrbuch - Neue Standards in der Versorgung chronisch kranker Kinder (eBook)

Chronisch krank und gefühlt gesund
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
336 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-76168-8 (ISBN)
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Die Nutzung der ICF für den 360° Grad-Blick auf die Lebensbereiche von Kindern Die bestmögliche Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist eine bedeutende Aufgabe aller Akteure im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen. Das passende Instrument für die Erfassung der gesundheitlichen Situation der Menschen mit Behinderung ist die ICF. Allerdings entpuppt sich die Beherrschung der ICF mit über 1.500 Codes als hohe Hürde für den Einsatz im Alltag, die schwer zu überwinden ist. Dass muss und soll nicht sein, da die ICF genau das richtige Instrument für eine dialogische, partizipative und interdisziplinäre Teilhabeförderung ist. Das Praxishandbuch mit dem Schwerpunkt auf der Unterstützung von Kindern zeigt, wie durch die Anwendung der ICF die Familien und ihr Umfeld besser in Entscheidungen miteinbezogen und Kinder entsprechend ihrer Fähigkeiten besser gestärkt werden können. Es werden zudem in der Praxis erprobte Verfahrensweisen an die Hand gegeben, um mit der ICF den individuellen Teilhabedarf und passgenaue Maßnahmen zu ermitteln. Ein konsequenter ICF-Farbcode, die gut strukturierte Gliederung sowie viele farbige Illustrationen unterstützen einen visuell-intuitiven Zugang zu Anwendung und Dokumentation mit der ICF(-Codierung). Lebendige Fallbeispiele, viele didaktische Tipps und Empfehlungen sowie wertvolle Rückkopplungen aus der Praxis und aus Schulungen runden dieses auch visuell ansprechende Praxislehrbuch ab. Die Autoren haben jahrzehntelange Erfahrung in der Anwendung, Implementierung und Schulung der Teilhabeförderung mit ICF, der Entwicklung von Fachstandards, von Teams und Organisationen sowie in der Unternehmensführung. Sie haben darüber hinaus auch maßgeblich an dem umfassendsten Wirkungsforschungsprojekt zur ICF im deutschsprachigen Raum mitgewirkt, dessen Ergebnisse in das Praxishandbuch eingeflossen sind. Umfangreiche Arbeitsmaterialien zu diesem Buch können nach erfolgter Registrierung von der Hogrefe Website heruntergeladen werden.

|25|2  Grundlegende Konzepte


2.1  Überblick


Förderung der Teilhabe und Anwendung der ICF sind die zentralen Themen dieses Buches. Um die Anwendung der ICF gut zu verstehen, sie zu lernen und in der Arbeitsorganisation zu verankern, ist es hilfreich, einige Konzepte und Grundlagen, die für die ICF-Praxis relevant sind, zu kennen, einzuordnen und zu bewerten.

So wie die ICF die gesundheitliche Situation aus den verschiedenen Blickwinkeln von Körperfunktionen, Körperstrukturen, personenbezogenen Faktoren, Aktivitäten, Teilhabe und Umwelt regelhaft erfassbar macht, so blicken auch wir aus unterschiedlichen konzeptionellen Perspektiven auf die ICF. Wichtige Sichtweisen auf die ICF ergeben sich insbesondere aus den Konzepten der Teilhabeförderung, der berufsethischen Leitlinien, der Gesprächsführung und des Qualitätsmanagements.

In diesem Kapitel möchten wir uns deshalb explizit mit diesen Konzepten und Grundlagen befassen, da vieles, was die Anwendung der ICF betrifft, eng mit diesen Grundlagen zusammenhängt und in einer Wechselbeziehung mit ihnen steht. Die ICF-Anwendung wird beispielsweise ohne durchdachtes Qualitätsmanagementsystem nicht zufriedenstellend funktionieren, ebenso wenig wird ein Qualitätsmanagementsystem im Sozial- und Gesundheitswesen ohne eine durchdachte ICF-Anwendung auskommen können.

Diese grundlegenden und ineinandergreifenden Konzepte (Abbildung 2-1) bilden das Gerüst für ein umfassendes Verständnis der ICF-Praxis und der Teilhabeförderung und sind unentbehrlich für eine strukturierte und kreative Teilhabeförderung. Es lohnt also, sich einen orientierenden Einblick in die Konzepte und ihre Verbindungslinien zu verschaffen und dadurch ein ICF-praktisches Verständnis dieses konzeptionellen Gerüsts zu gewinnen.

Uns geht es bei dieser Skizzierung der Konzepte nicht um eine dogmatische Richtigkeit und Vollständigkeit, sondern um Anregungen für ein vertieftes Verständnis der ICF und ihrer Anwendung. Skizzen können umfassende Konzeptdarstellungen nicht ersetzen, sie sind aber zur Orientierung durchaus nützlich. Auch sind sie immer eine Einladung zur Diskussion und zum voneinander Lernen in diesen Diskussionen.

Im Folgenden skizzieren wir wesentliche Verbindungslinien zwischen den fünf genann|26|ten Themenkomplexen: ICF, Teilhabe, Berufsethos, motivierende Gesprächsführung und Qualitätsmanagement.

1. ICF – Gesprächsführung: Die ICF ist keine stur abzuarbeitende Checkliste für die Beschreibung der gesundheitlichen und sozialen Situation einer Person, sondern sie ist eingebettet in den partizipativen Dialog zwischen Kindern, Familien und Fachkräften. Um diesen Dialog erfolgreich führen zu können, bedarf es einer kompetenten motivierenden Gesprächsführung.

„Ja, also es ist ganz klar so, dass wir seitdem versuchen, noch mal mehr schon von Anfang an Eltern und Kinder einzubeziehen in die Therapieplanung. Ob uns das immer gelingt, das werden Ihnen die Fragebögen sagen. Aber schon das mal mehr in den Fokus zu nehmen, wirklich genau abzufragen, wer will was. Und auch die Kinder mehr zu fragen: Was wollt ihr eigentlich erreichen? Wo hakt es? Und wo wollt ihr hin? Das hat sich schon verändert, weil einfach diese Idee (MI) noch mal mehr in den Köpfen ist. (PART-CHILD-Studie, Interviews)

2. ICF – Qualitätsmanagement: Die Struktur der ICF als internationale Klassifikation weist viele Merkmale auf, die auch der internationalen Norm für Qualitätsmanagementsysteme (ISO 9001:2015) entsprechen. Hierzu gehören als explizite gemeinsame Merkmale beispielsweise die Aufforderung zur klar strukturierten Erfassung von Kontextinformationen, die Anforderungen einer konsequenten Personen-/Kundenorientierung und die regelgeleitete Erhebung von Informationen.

Für uns sind ICF und Qualitätsmanagement nicht voneinander zu trennen. Die Anwendung der ICF, ihr Erlernen sowie ihre Implementierung in der Arbeitsorganisation benötigen gut funktionierende übergreifende Qualitätsmanagementsysteme, um die damit verbundenen Anforderungen realistisch einzuschätzen und angemessen zu erfüllen. Umgekehrt benötigt ein übergreifendes Qualitätsmanagementsystem im Sozial- und Gesundheitswesen u. a. als Instrument für die Diagnostik und Teilhabeförderung eine gut implementierte Anwendung der ICF.

3. ICF – Berufsethik: Eine berufsübergreifende berufsethische Leitlinie ist der Respekt vor der Autonomie der Einzelnen, der Unterstützung ihrer Selbstbestimmung durch bestmögliche Information und Aufklärung. Wichtige Bezugspunkte der professionsspezifischen berufsethischen Leitlinien sind insbesondere auch die aktuellen fachlichen Standards des jeweiligen Aufgabenbereichs. Zu diesen Standards gehört auch die ICF. Die Beachtung berufsethischer Leitlinien ist somit mit einer guten Anwendung der ICF unmittelbar verknüpft. Wer berufsethische Leitlinien ernst nimmt (und nur dafür sind sie da), muss sich schon allein aus dieser Verpflichtung heraus eingehend mit der Anwendung der ICF befassen.

4. ICF – Teilhabeförderung: Die innere konzeptionelle Logik der ICF ist unmittelbar mit der Förderung von Teilhabe verbunden. Die Begründung der WHO für die Entwicklung der ICF als Instrument der Bedarfsermittlung basiert u. a. auf der UNO-Kinderrechtskonvention und deren Verpflichtung, die Würde des Kindes zu wahren, seine Selbstständigkeit zu fördern und seine aktive Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu erleichtern [1]. Umgekehrt ist die im BTHG rechtlich normierte Förderung der Teilhabe mit der Verpflichtung verbunden, die dafür erforderliche Bedarfsermittlung ICF-orientiert zu gestalten.

„Ich denke, dass die Medizin, die wir früher gemacht haben, nicht mehr der Zeit gemäß ist. Dass Medizin eigentlich bedeutet, dass man sehr viel mehr auf auch Teilhabe guckt. Das ist vor allen Dingen für mich (…) wichtig. Wobei man eigentlich eine Krankheit hat, die sehr dominierend ist, auf diese –, oder die Selbstbestimmung, dass man da auch versucht Lösungen zu finden, wie man vielmehr mit den Betroffenen arbeitet an der Therapie. Und vor allen |27|Dingen auch mit dem Umfeld. Weil, letztendlich ist Krankheit nie etwas Persönliches, sondern immer etwas, was im Umfeld und zuhause, in der Schule, und mit anderen sozialen Begleitern stattfindet. Und ich glaube, dass da noch ganz viel Luft nach oben ist, auch aus Sicht von Ärzten. Da können wir auch noch ganz anders denken und gerade hier ist mein Schwerpunkt (…). Also nochmal einen ganz anderen Ansatz zu haben in der Behandlung (…). Viel genauer auch (…) auf die komorbide Störung zu achten. Auch die Erkrankung und die Belastung ins Umfeld zu kommunizieren und eben auch dafür zu sorgen, dass es wirklich möglich ist sozusagen nicht krank zu sein mit einer Erkrankung, sondern einen gesunden Umgang mit einer Erkrankung zu erreichen.“ (PART-CHILD-Studie, Interviews)

5. Qualitätsmanagement – Berufsethik: Für ein normgerechtes Qualitätsmanagement steht die Ermittlung der Kontextfaktoren der jeweiligen Organisation im Zentrum der Bemühungen. Kontextfaktoren sind die externen und internen Themen, die für den Zweck und die strategische Ausrichtung relevant sind und die sich auf Fähigkeit der Organisation auswirken, die beabsichtigten Ergebnisse ihres Qualitätsmanagementsystems zu erreichen. Hierzu gehören externe Themen, die sich aus dem gesetzlichen, technischen, wettbewerblichen, marktbezogenen, kulturellen, sozialen oder wirtschaftlichen Umfeld ergeben, ob international, national, regional oder lokal. Interne Kontextfaktoren sind die Werte, die Kultur, das Wissen und die Leistung der Organisation....

Erscheint lt. Verlag 10.6.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
ISBN-10 3-456-76168-6 / 3456761686
ISBN-13 978-3-456-76168-8 / 9783456761688
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