Zwei unterschiedliche Krankheitsbilder

Auch wenn die beiden Erkrankungen unter dem Begriff CED zusammengefasst werden, unterscheiden sich Morbus Crohn und Colitis ulcerosa deutlich voneinander.

Colitis ulcerosa

Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff Colitis ulcerosa (CU) eine mit Geschwürbildung (lat. ulcus) einhergehende Entzündung des Dickdarmes. Die Colitis ulcerosa beginnt in der Regel im Enddarm und reicht von dort aus meist kontinuierlich unterschiedlich weit in den Dickdarm (Kolon) hinein. Die Entzündung bleibt zumindest bei moderaten Verläufen auf die Dickdarmschleimhaut beschränkt, betrifft also im Gegensatz zum Morbus Crohn nicht alle Darmwandschichten.

Die Colitis ulcerosa verläuft meist schubweise. Phasen geringer oder fehlender Beschwerden wechseln mit Zeiten erhöhter Krankheitsaktivität (Auftreten von Durchfällen, Bauchschmerzen vor der Stuhlentleerung, Blut im Stuhl). Im Vordergrund stehen dabei häufige, teilweise schmerzhafte Entleerungen mit kleinen Mengen blutig-schleimigen Stuhls. Eine Entzündung des gesamten Dickdarmes kann zu schweren, sehr häufigen Durchfällen führen, die mit beträchtlichem Flüssigkeits- und Blutverlust, Fieber, Gewichtsabnahme und Eiweißverlust verbunden sind.

Welche Faktoren die unterschiedlichen Krankheitsverläufe und die Ausprägung der Erkrankung im Einzelnen beeinflussen, ist bisher nicht bekannt.

In Verbindung mit der Erkrankung können, ähnlich wie beim Morbus Crohn, außerhalb des Darmtrakts Krankheitszeichen auftreten, die als ▶ extraintestinale Manifestationen bezeichnet werden und z. B. Augen, Haut, Gelenke und Gallenwege betreffen.

Bei lang andauernder Entzündungsaktivität ist über die Jahre das Risiko für Dickdarmkrebs leicht erhöht.

Wie entwickelt sich die Colitis ulcerosa?

Im Gegensatz zum Morbus Crohn entsteht die Colitis ulcerosa immer im Mastdarm und kann sich dann kontinuierlich ohne Unterbrechung durch gesunde Darmabschnitte unterschiedlich weit nach oben, maximal bis zum Übergang vom Dickdarm zum Dünndarm, in seltenen Fällen auch in das letzte Stück des Dünndarmes hinein, ausbreiten.

In ihrer mildesten Form betrifft die Colitis ulcerosa als blutige, geschwürige Entzündung des Mastdarmes lediglich die unteren 15 cm des Dickdarmes (fachsprachlich Proktitis; Proktosigmoiditis). 20 bis 30 % der Patienten mit Colitis ulcerosa weisen bei Diagnosestellung diesen Befall auf. Lediglich 10 % der Patienten mit entzündlichen Veränderungen des Mastdarmes entwickeln später eine ausgedehnte schwere Colitis ulcerosa mit Befall des gesamten Dickdarmes.

Bei 60–70 % der Betroffenen ist lediglich der linksseitige Dickdarm mit einer leichten Entzündung erkrankt (linksseitige Colitis).

Bei etwa 20 % der Patienten betrifft die Erkrankung auch die mittleren und rechtsseitigen Dickdarmabschnitte mit mittelschwerer Entzündung. Weitere 20 % leiden an einem ausgedehnten, schweren entzündlichen Befall des gesamten Dickdarmes (Pancolitis).

In der akuten Phase der Erkrankung ist die Schleimhaut des Dickdarmes durchgehend blutig verändert und vermehrt verletzlich. Sind die entzündlichen Veränderungen stark ausgeprägt, so kommt es zu ausgedehnten flächigen Geschwürbildungen sowie zur Ausbildung entzündlicher, gutartiger, örtlich begrenzter Schleimhautwucherungen (Pseudopolypen).

In der Heilungsphase bilden sich die entzündlichen Veränderungen entweder vollständig zurück, oder die Schleimhaut weist eine Atrophie (Gewebeschwund) und Narben auf. In der Regel sind die entzündlichen und geschwürigen Veränderungen auf die Schleimhaut beschränkt und reichen nicht in die tieferen Schichten der Dickdarmwand.

Welche Symptome kommen bei der Colitis ulcerosa vor?

Die wichtigsten Symptome der Colitis ulcerosa sind häufiger Stuhldrang, viele kleinvolumige Entleerungen von Schleim, Blut und Stuhl sowie Bauchschmerzen. In der Regel treten diese Symptome insbesondere dann auf, wenn die Krankheitsaktivität hoch ist.

Blut im Stuhl, das von den Patienten als häufiges Symptom bemerkt wird, tritt in Abhängigkeit vom Befall des Dickdarmes und der Beschaffenheit des Stuhls entweder als frisches Blut oder aber mit dem durchfälligen Stuhl vermischt auf.

Durchfälle, die auch nachts auftreten, werden in der Regel von Schmerzen beim Stuhlgang begleitet und können mit Blut, Schleim oder Eiter vermischt sein. Diese Durchfälle werden durch mehrere Faktoren verursacht: durch mangelhafte Aufnahme von Salz und Wasser im Dickdarm sowie durch Ausscheidung von Wundsekret und Blut aus der entzündeten Schleimhaut. Bei ausschließlicher Entzündung des Mastdarmes muss es nicht unbedingt zu Durchfällen kommen, hier kann sogar eine Neigung zu Verstopfung auftreten.

Gewichtsverlust wird hauptsächlich durch verminderte Nahrungszufuhr verursacht, aber auch durch vermehrten Abbau körpereigener Eiweiße und Eiweißverlust über die entzündete Dickdarmschleimhaut.

Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Kurzatmigkeit sind eine Folge der entzündlich bedingten Eiweiß- und Blutarmut.

Komplikationen Als Komplikation der Colitis ulcerosa treten bei äußerst schwer ausgeprägter Entzündung sehr selten Perforationen des Dickdarmes auf, insbesondere auf der linken Seite im Bereich des S-förmigen Dickdarmanteils (Sigma).

Als weitere, sehr gefährliche Komplikation bei der Colitis ulcerosa wird die so genannte toxische Dilatation (Weitstellung/Lähmung des Dickdarmes), hauptsächlich des queren Schenkels des Dickdarmes, beobachtet. Diese Veränderung geht mit einer plötzlichen Verschlechterung des Allgemeinzustands, einem Verschwinden der Darmgeräusche, stark geblähtem, schmerzhaftem Bauch und einem Anstieg der Pulsfrequenz einher. Die toxische Dilatation kann bei schwerer Entzündung des Dickdarmes in Verbindung mit einer Stoffwechselentgleisung und niederen Kaliumwerten im Blut vorkommen. Medikamente, die die Darmbeweglichkeit bremsen, sind in einer solchen Situation verboten. Dieser fulminante Verlauf einer Colitis ist heute bei konsequenter Therapie glücklicherweise sehr selten.

Wie verläuft die Colitis ulcerosa?

Bei der Mehrzahl der Patienten mit Colitis ulcerosa wird mit einer konsequenten Behandlung ein günstiger Verlauf erreicht. Vorübergehende Verschlechterungen mit Entzündungsschüben werden durch geeignete Behandlungsmaßnahmen beherrscht.

Insgesamt sind die Krankheitsverläufe nach Einführung zunächst der Kortisonpräparate ( ▶ Kortikosteroide) und von 5-Aminosalicylsäure-haltigen Medikamenten, später auch der ▶ Biologika und sogenannten ▶ Small Molecules deutlich günstiger geworden. Die Anzahl entzündlicher Schübe, ihre Dauer und auch die Tendenz der Entzündung, weiter fortzuschreiten, haben abgenommen.

In einer neueren Untersuchung in Dänemark wurden Patienten mit Colitis ulcerosa langfristig über 18 Jahre beobachtet:

• 50 % der von Colitis ulcerosa Betroffenen waren zu jeder Zeit der Untersuchung ohne Beschwerden.

• 30 % hatten jeweils eine leicht erhöhte Krankheitsaktivität.

• 20 % hatten eine mäßig oder deutlich erhöhte Krankheitsaktivität.

Der Prozentsatz der Patienten mit anhaltenden Beschwerden war sehr gering. Abgesehen vom ersten Jahr der Erkrankung, waren etwa 90 % der Betroffenen in ihrer Arbeitsfähigkeit nur wenig oder gar nicht beeinträchtigt.

Bei 30 % aller Patienten mit Colitis ulcerosa wurde im Beobachtungszeitraum von 18 Jahren eine Operation notwendig. Unter diesen Patienten überwogen jene, die seit Beginn der Erkrankung einen entzündlichen Befall des gesamten Dickdarmes aufwiesen.

Zusammenfassung

Die Colitis ulcerosa ist eine chronisch entzündliche Dickdarmerkrankung unbekannter Ursache, die in der Regel im Mastdarm beginnt, sich jedoch kontinuierlich auf alle Abschnitte des Dickdarmes ausdehnen kann. Das Beschwerdebild ist durch kleinvolumige blutig-schleimige Durchfälle und Bauchschmerzen vor und während der Stuhlentleerung gekennzeichnet.

Bei im Krankheitsverlauf frühem Behandlungsbeginn und konsequenter Therapie verläuft die Colitis ulcerosa eher günstig. Die Erkrankung verursacht möglicherweise durch ihren schubweisen Verlauf zwar immer wieder Beschwerden, ein hoher Prozentsatz der Betroffenen kann jedoch unter den genannten Voraussetzungen ein Leben führen, das nur in Phasen hoher Krankheitsaktivität eingeschränkt ist. Lebensbedrohliche Komplikationen der Colitis ulcerosa sind heute extrem selten.

Morbus Crohn