Simulationsbasiertes Lehren und Lernen in der Pflegebildung -

Simulationsbasiertes Lehren und Lernen in der Pflegebildung (eBook)

Kompetenzen, Spezialgebiete und Strukturen
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
229 Seiten
medhochzwei Verlag
978-3-86216-974-0 (ISBN)
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Die Professionsentwicklung in der Pflege wird nicht zuletzt durch eine Stärkung der beruflichen Identität gefördert. Dazu gehört auch das Erlernen, Erproben und Entwickeln von pflegerischem Handeln und einer professionellen Haltung. Ein geschützter Rahmen, wie das simulationsbasierte Lernen (Skills Training und Simulation) ermöglicht diese Zielstellung, weshalb das Lernen am Skills Lab zunehmend an Bedeutung gewinnt. Diese Entwicklung wird durch das Pflegeberufegesetz gestützt, indem es den Einsatz praktischer Lerneinheiten wie Simulationen an Pflege- und Hochschulen ermöglicht.

Der internationale Trend geht klar in Richtung Ausbau simulationsbasierten Lehrens und Lernens. Unerlässliche Basis hierfür sind wissenschaftliche Grundlagen und die Anwendung evidenzbasierter Instrumente und Konzepte zur Förderung und Dokumentation der Kompetenzentwicklung von Studierenden und Auszubildenden.

Hier setzt das Buch an, zeigt den aktuellen Forschungsstand zu Skills Training und Simulation in der Pflegebildung auf und vermittelt umfassende Einblicke in Einsatzgebiete, Anforderungen und Gestaltungmöglichkeiten. Anwendungsbeispiele und Experteninterviews runden das Werk ab, das Lehrkräften einen umfangreichen Zugang zum simulationsbasierten Lernen bietet.



Theresa A. Forbrig, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Alice Salomon Hochschule Berlin im primärqualifizierenden Bachelorstudiengang Pflege. Sie hat Gesundheits- und Pflegemanagement (B.Sc.) und Management und Qualitätsentwicklung (M.Sc.) an der Alice Salomon Hochschule Berlin studiert. Derzeit studiert sie Gesundheit/Pflege Berufspädagogik (M.A.) an der Evangelischen Hochschule Berlin. Sie hat die Fortbildung ISEP (Simulation Education Program) der INACSL absolviert. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ist die wissenschaftliche (Weiter-)Entwicklung des Pflegestudienganges und insbesondere der Lehre im Skills Lab. Daneben promoviert sie an der Charité - Universitätsmedizin Berlin zur Kompetenzentwicklung von Lehrenden in der Simulationslehre.

Prof. Dr. Johannes Gräske, ist Professor für Pflegewissenschaft an der Alice Salomon Hochschule Berlin und leitet dort derzeit den primärqualifizierenden Bachelorstudiengang Pflege. Er absolvierte ein Studium Pflege/Pflegemanagement an der Alice Salomon Hochschule Berlin und der Epidemiologie an der Charité-Universitätsmedizin Berlin, wo er auch in der Pflegewissenschaft promoviert hat. Seine Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind die Weiterentwicklung des Pflegeberufes sowie die Versorgung älterer Menschen.

2 Das Skills Lab als kompetenzorientiertes Lehr-/Lernarrangement: eine theoretische Verortung simulationsbasierten Lernens


Dr. Tim C. Herzig

2.1 Hintergrund


12

Die Parallelität von Berufstätigkeit und Qualifizierung in den Gesundheitsberufen setzt Lehr-/Lernarrangements voraus, die eine enge Verknüpfung von Lerninhalten einerseits und Lernformen andererseits realisieren können14. Gemäß den Vorgaben der Berufsgesetze und der Anpassung von Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen wird eine curriculare Gestaltung und Weiterentwicklung der Studiengänge gefordert, die neben den theoretischen Inhalten auch die fachpraktischen und praktischen Inhalte (u. a. im Skills Lab und unter Einsatz von Simulationspersonen) berücksichtigt. So muss sichergestellt werden, „dass die Studierenden in den Bachelor-Studiengängen eine fundierte praktische Ausbildung erhalten, um auf dem Arbeitsmarkt die gleichen Chancen zu haben wie die Absolventen von Fachschulen“15. Sie sollen in Forschungs- sowie Entwicklungsprojekte eingebunden werden, die der Anforderung gerecht werden, akademisches Wissen mit Erfahrungs- und Alltagswissen zu verknüpfen16. Dabei blieb bis zuletzt jedoch unklar, inwieweit diese Erwartungen an das simulationsbasierte Lernen sowie das Skills-Lab-Konzept gestellt werden können17.

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Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Bedeutung eben jenes akademischen Qualifikations- und Kompetenzprofils sowie die daraus resultierenden Konsequenzen hinsichtlich einer kompetenzorientierten Lehr-/Lerngestaltung am Standort Hochschule. Vor dem Hintergrund der Anpassung von Ausbildungs- und Prüfungsverordnungen sowie eines zunehmenden Aufbaus von Skills Labs in den Bildungseinrichtungen werden die theoretischen und konzeptionellen Zugänge zum simulationsbasierten Lernen aufgezeigt. Diese theoretische Fundierung ist relevant für die Legitimation der hochschulischen Bildungsprozesse im Skills Lab, die Kompetenzanbahnung des zukünftigen Gesundheitspersonals mit dem Ziel der bestmöglichen Patient*innen- und Klient*innenversorgung und die Legitimation der hochschulischen Ausbildung in den Gesundheitsberufen allgemein. Der Beitrag schließt mit Implikationen für die Lehrpraxis sowie einem Fazit.

2.2 Zum Verständnis des Konstrukts „Kompetenz“ als normative Zielvorstellung


14

Empfehlungen zur Lehrgestaltung und -didaktik der Skills- und Simulationslehre (s. Kapitel 1.2) lassen bereits erkennen, dass in der Ausbildung der Gesundheitsberufe unterschiedliche Kompetenzdimensionen adressiert werden. Hierbei ist zu beachten, dass das „Konstrukt ‚Kompetenz‘ […] in Bezug auf seinen Bedeutungsgehalt […] unterschiedlich aufgefasst und definiert [wird, d. Autor]. Im Kern geht es […] um die Fähigkeiten und Dispositionen zur Bewältigung kontextspezifischer Anforderungen“18. Ein konkretes Verständnis ist jedoch vom theoretischen und disziplinären Zugang sowie dem Anwendungskontext, auf den sich die Kompetenzen beziehen, abhängig zu machen.

15

Wird von einem breiten sozial- und verhaltenswissenschaftlichen Verständnis ausgegangen, dann weist der Kompetenzbegriff, zunächst unterschiedliche Dimensionen auf. Diese umfassen sowohl die Zuständigkeit (die normative Komponente, bei der reflektiert wird, wer, warum, welche Disposition erwerben und nutzen soll), die Fähigkeit (die minder stabile psychische Disposition, die Handeln möglich macht) als auch die Bereitschaft (die motivationalen und volitionalen Aspekte der kontext- und situationsspezifischen Nutzung und Umsetzung dieser Fähigkeiten von Kompetenz)19.

„Kompetenz zeigt sich im situativen Bewältigen von Anforderungen (in der ‚Performanz‘ des Handelns), wird aber als Disposition interpretiert. Dementsprechend ist Kompetenz kontextualisiert und spezifisch, aber auf Transfer und Verallgemeinerung angelegt. Kompetenz bezieht sich sowohl auf Handlungsvollzüge als auch auf die ihnen zugrundeliegenden mentalen Prozesse und Kapazitäten, zu denen Kognition, Motivation und Volition bzw. Wissen und Können gehören.“20

16

Soziologische und organisationstheoretische Kompetenzauffassungen und -definitionen stellen hingegen die bereits aufgeführte Dimension der Zuständigkeit in den Vordergrund und adressieren die soziale Dimension von Kompetenz. So erläutert Pfadenhauer (2010), dass der Kompetenzbegriff neben den Dimensionen der Fähigkeit bzw. Befähigung und Bereitschaft insbesondere auch die Dimension der Zuständigkeit sowie die Verfügbarkeit über Mittel, um entsprechende Zuständigkeiten umzusetzen, beinhaltet21. Dieses Kompetenzverständnis spielt dahingehend eine Rolle, als es die Verantwortung hinsichtlich bestimmter Aufgaben und Tätigkeitsfelder konnotiert, die auch im Skills Lab in Form von interprofessionell angelegten Simulationen umgesetzt werden können.

17

Prägend für das erziehungs- und bildungswissenschaftliche Verständnis ist schließlich der Kompetenzbegriff nach Roth (1971), der diesen insbesondere mit dem Begriff der „‚mündigen moralischen Selbstbestimmung‘ als Höchstform menschlicher Handlungsfähigkeit“ in Zusammenhang bringt. Nach Roth (1971) wirken kognitive und soziale Lernprozesse auf moralische Lernprozesse ein und führen in Summe zur Anbahnung einer Sach- und Sozialkompetenz als auch zu einer „moralischen Mündigkeit zur Selbstbestimmung der Person“, die als Selbstkompetenz umschrieben werden kann22.

18

Entsprechend dieses Verständnisses orientieren sich Ansätze der empirischen Bildungsforschung an kognitionspsychologischen Theorien kompetenzbezogener Denk- und Leistungsvoraussetzung und finden sich auch im Programme for International Student Assessment (PISA) sowie der Third International Mathematics and Science Study (TIMMS)23 wieder. Dabei ist das Sammeln von Erfahrungen in entsprechenden Situationen bzw. Aufgaben – so auch in Simulationen im Skills Lab – die Voraussetzung für den Kompetenzerwerb.

„Der Bezug auf spezifische Kontexte gewährleistet eine hinreichende konzeptuelle Abgrenzung von allgemeinen kognitiven Leistungsdispositionen und erlaubt eine Definition von Kompetenzen, die jeweils an die Ziele spezifischer Bildungsmaßnahmen angepasst werden kann“24.

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Laut Hartig (2008) weist der Kompetenzbegriff der empirischen Bildungsforschung eine hinreichend differenzierte begriffliche Abgrenzung von anderen inhaltlichen Konstrukten auf und ist zugleich eng genug für die Entwicklung von präzisen Messinstrumenten zur Erfassung kognitiver Kompetenzdimensionen als Ergebnis hochschulischer Bildungsprozesse25. In der kritischen Betrachtung fokussiert der Kompetenzbegriff jedoch primär die Erhebung kognitiver Leistungsdispositionen. Diese als kognitiver Bias beschriebene Beschränkung eines sonst offenen Kompetenzbegriffs kommt zwar dem impliziten Bildungsverständnis von Hochschulbildung entgegen, vernachlässigt aber die motivationalen, volitionalen, einstellungsbezogenen und sozial-kommunikativen Kompetenzdimensionen, die dem gesamten Bildungssystem und somit auch einer hochschulischen Ausbildung in den Gesundheitsberufen zugesprochen werden können.

20

So orientiert sich das Kompetenzverständnis der Berufsbildungsforschung an der arbeitspsychologischen Handlungstheorie, wonach die Begriffe Fertigkeit, Können und Verfahren als System zur Generierung realisierbarer Pläne verstanden und zum Begriff des „effizienten Handelns“ gruppiert werden26. Jene Handlungskompetenz kann als Fähigkeit verstanden werden, aus einem begrenzten Regelsystem heraus beliebig viele situationsadäquate Handlungen zu generieren bzw. angemessene Reaktionen in beliebig vielen neuen Situationen bereithalten zu können27. Nach dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz (2017) wird diese Form der Handlungskompetenz definiert als „[…] die Bereitschaft und Befähigung des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten“28. „In Anlehnung an Roth (1971) wird angenommen, dass sich berufliche Handlungskompetenz in fast allen beruflichen Domänen aus unterschiedlichen, aber hinsichtlich ihrer kategorialen Zugehörigkeit vergleichbaren Kompetenzfacetten [(Dimensionen), d. Autor.] zusammensetzt“29. Diese lauten: Fachkompetenz, Methodenkompetenz, Sozialkompetenz sowie Personalkompetenz und können nach Frey (2004) weder inhaltlich noch methodisch unabhängig voneinander betrachtet werden, sondern konstituieren zusammen „die berufliche Handlungskompetenz“30.

2.3 Konsequenzen für eine kompetenzorientierte Lehr-/Lerngestaltung


21

Um eine dem Kompetenzbegriff der Berufsbildungsforschung entsprechende Kompetenzorientierung im Studium umzusetzen, reicht es nicht aus, bei der Konzeption von Studiengängen ausschließlich kompetenzorientierte Qualifikationsziele festzulegen. Vielmehr müssen auch Elemente der curricularen Umsetzung adressiert werden. Dabei sind grundsätzlich folgende Gestaltungsebenen zu differenzieren:

  • kompetenzorientierte Studiengangs- bzw. Curriculumentwicklung
  • kompetenzförderliche Lehr-/Lernarrangements (z. B. Skills Labs)
  • kompetenzorientierte Prüfungen (z. B. OSCE-Prüfungen)
  • Maßnahmen...

Erscheint lt. Verlag 7.12.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege
ISBN-10 3-86216-974-X / 386216974X
ISBN-13 978-3-86216-974-0 / 9783862169740
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