Tuina (eBook)
232 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-245180-3 (ISBN)
<p><b>Schieben - Drücken - Greifen </b></p><p>Ein strukturierter Überblick über die Tuina-Therapie von heute - mit zahlreichen Behandlungsvorschlägen.</p><p>Im Mittelpunkt dieses ansprechend bebilderten Buches steht die Praxis der Behandlung. Sie lernen, welche Technik bei bestimmten Krankheitsbildern Anwendung findet. Zudem bietet es Ihnen konkrete Behandlungsempfehlungen für alle Konstitutionstypen und Körperregionen. </p><p>Schritt für Schritt können Sie die Handtechniken anhand der Fotos nachvollziehen. Pfeile in den Abbildungen unterstützen Sie bei der korrekten Bewegungsausführung. Somit ist dieses Buch auch für Anfänger geeignet.</p><p>Tuina-Techniken praxisorientiert mit konkreten Handlungsanleitungen!</p>
1 Einführung und Geschichte
Tuina, in antiken Schriften auch als „An Mo“, „An Qiao“ oder „Qiao Mo“ bezeichnet, ist ein sehr altes Therapieverfahren und hat eine über 2000 Jahre alte Geschichte. Die ersten Massagetechniken wurden von den damals lebenden Menschen intuitiv und instinktmäßig als Selbstbehandlung ausgeführt.
1.1 Geschichtlicher Überblick
Eine schmerzende, geschwollene Stelle am Körper wurde gedrückt, zusammengepresst, geknetet, gerieben, gezwickt. Missempfindungen, Schmerzen und Schwellungen ließen dadurch nach. So wurden die ersten Manipulationen und Lokalisationen am Körper erst intuitiv vorgenommen. Die damaligen Heilkundigen Chinas fanden heraus, dass gezielte Stimulationen lokaler Punkte eine Wirkung auf den Körper erzielten. Es wurden Verbindungen dieser oberflächlichen Punkte untereinander gefunden, die dann als Leitbahnen (Meridiane) bezeichnet wurden. Auch im Inneren des Körpers verbinden diese Bahnen alle Organe und Körperteile wie ein Netzwerk miteinander. In diesen Bahnen zirkuliert nach den Lehren der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) das Qi und in Abhängigkeit davon auch das Blut (Xue). Diese beiden Anteile werden bei der Behandlung stimuliert, und dadurch der Stoffwechsel und die Durchblutung beeinflusst und eine heilende Wirkung auf den Körper erzielt. Diese Erfahrungen wurden später dann in eine Ordnung gebracht, systematisch verarbeitet, erfasst und dokumentiert.
Aus dieser Erfahrung entwickelte sich über Jahrhunderte die bis heute bestehende Tuina. Zur Zeit des Gelben Kaisers Huang di Nei Jing wurden im „Klassiker zur Inneren Medizin“ ▶ [18]alle wichtigen Indikationen, klinischen Anwendungen und Behandlungstechniken beschrieben. Dort heißt es: „Daoyin Übungen und manuelle Therapien stammen aus der Mitte Chinas, Krankheiten aus diesem Teil Chinas sollen mit manueller Therapie, Einrenken und Tuina und Massage behandelt werden.“ Im Kapitel über das Regulieren der Leitbahnen steht geschrieben: „Beginnt mit Massage und akupunktiert dann, um den Fluss von Qi und Blut zu intensivieren“.
Die ersten chinesischen Schriften, welche die Behandlungen von Krankheiten mit Tuina dokumentieren, stammen aus dem 11. Jahrhundert v. Chr. Viele Schriften zu diesem Thema sind im Verlauf der Jahrhunderte jedoch verloren gegangen.
In der Sui-Dynastie (581–618 n. Chr.) wurde Tuina ein unabhängiger Studienbereich. In der Tang-Dynastie gab es im Kaiserlichen Krankenhaus in den klinischen Abteilungen bereits Ärzte für Tuina und Massage. In Büchern dieser Zeit sind Massagen, Körper- und Atemübungen als Therapieanwendungen dokumentiert.
Es gibt viele Varianten und Ausführungsarten der Tuina-Techniken, viele dieser Techniken wurden den jeweiligen Generationen in der Familientradition weitergegeben. In der Ming-Dynastie wurde der Begriff Tuina in der Literatur aufgezeichnet. „Tui Na“ entstand aus einer bildhaften Beschreibung wesentlicher Behandlungstechniken, wie Tui (Schieben) und Na (Greifen, Nehmen, Anheben).
Tuina als Therapieverfahren ist eingebettet in ein ca. 3000 Jahre altes Medizinsystem, erste Hinweise für den Gebrauch einzelner TCM-Methoden gehen zurück bis in die Steinzeit. Dieses Medizinsystem basiert auf den Lehren und der Philosophie der TCM.
Die Tuina-Therapie ist neben Phytotherapie, Akupunktur, Diätetik und Qi Gong eines der fünf Heilverfahren in der TCM.
Die heutige Tuina-Therapie umfasst
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die muskuläre Massage,
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chiropraktische Manipulationen,
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aktive und passive Gelenkmobilisation,
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die Akupressur entlang der Leitbahnen und deren Punkten sowie
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die Einreibungen mit Kräutern, Kräuterauflagen und Kräuterpflaster (Kap. ▶ 10).
Kinder-Tuina
Eine eigene Form ist das Kinder-Tuina (Xiaoer). Diese spezielle Form der Tuina-Massage beinhaltet die TCM-Diagnose, Handtechniken und die Akupunkturpunkte, die der kindlichen Entwicklung in der Anatomie und Pathologie entsprechen. Kinder werden in der TCM energetisch, körperlich und funktionell als nicht ausgereift gesehen und bedürfen deshalb einer speziellen Behandlung. Zitat aus dem Klassiker des Gelben Kaisers zur Inneren Medizin, Buch Lingshu ▶ [18]: „Das Fleisch ist bei Kindern zerbrechlich, das Qi schwach, das Blut kärglich.“
Die Tuina-Techniken werden sanfter ausgeführt. Die gesamte Behandlungszeit ist kürzer. Deshalb wird Kinder-Tuina als eigenständige Therapieform betrachtet und bedarf einer eigenständigen Ausbildung. Medizingeschichtlich wird diese Form der Massage in der Ming-Dynastie erstmalig schriftlich erfasst. In dieser Zeit nimmt die Kinder-Tuina eine eigenständige Entwicklung.
Die Kinder-Tuina wird meist in der Altersspanne von 0–12 Jahren, je nach Entwicklung des Kindes, angewandt. Die Massage wirkt nicht nur heilend, sie wird auch präventiv eingesetzt. Sie soll die geistige und körperliche Entwicklung des Kindes fördern und unterstützen. Die Behandlung mit Kinder-Tuina erfolgt bei Verdauungsstörungen, Infektanfälligkeit, Fieber, Gedeihstörungen und Schlafstörungen.
Tuina wird heute weltweit gelehrt und praktiziert. Die Ausbildung ist in vielen Ländern jedoch nicht so klar geregelt wie in China. In Europa ist die Ausbildung zum Tuina-Therapeuten in der Regel nicht universitär und nicht so umfangreich wie in China. Tuina hat in Europa bisher auch nicht den gleichen therapeutischen Stellenwert und die Akzeptanz wie die Akupunktur und die Phytotherapie. Eine positive Veränderung ist jedoch zu beobachten.
Die Bezeichnung „Tuina-Therapeut“ ist in Deutschland nicht geschützt.
1.2 Bedeutung der TCM und Tuina in China
Über viele Jahrhunderte wurden die Kenntnisse über TCM und Tuina von Heilkundigen an ihre Schüler weitergegeben und erst später an professionellen Schulen und medizinischen Universitäten gelehrt. Heute gibt es jedoch kaum noch Lehrmeister, die ihr Wissen direkt an ihre Schüler vermitteln. In der Volksheilkunde verbreiteten sich in den chinesischen Familien einfache Kenntnisse dieser Massage zur Prävention und Selbstbehandlung.
Nachdem sich die Republik China immer mehr den Einflüssen westlicher Ideologien öffnete, erlebte die TCM um 1929 beinahe den Niedergang. Protesten des Volkes und praktizierender Ärzte ist es zu verdanken, dass sie nicht gänzlich verboten wurde.
Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten im Jahr 1949 forderte Mao Ze-dong die besten chinesischen Ärzte auf, Bücher zu schreiben und das Wissen über die TCM mit der westlichen Medizin zu ergänzen, zu erforschen und zu modernisieren. Diese Wiederbelebung unter westlichem Einfluss, geprägt von deren neuen Erkenntnissen und Ideen, entsprach nicht mehr dem ursprünglichen und traditionellen Konzept, und es entstand der neue Begriff der „Chinesischen Medizin“.
Zu Anfang der proletarischen Kulturrevolution im Jahr 1966 erlitt die Chinesische Medizin einen weiteren Schlag. Aberglaube und Feudalismus sollten für immer aus der Gesellschaft verschwinden, und dies betraf auch die von Mao Ze-dong institutionalisierte Chinesische Medizin. An TCM-Ausbildungsstätten wurde nicht mehr unterrichtet, die meisten Bücher über die TCM vernichtet. Die chinesischen Ärzte und Gelehrten wurden zu harter Landarbeit geschickt, was die meisten von ihnen nicht überlebt haben.
Durch die sich in der Folge anbahnende Gesundheitskrise, die medizinische Unterversorgung der Bevölkerung und die Erkenntnis, dass es an ausgebildeten Ärzten mangelte, wurden kommunismustreue Frauen und Männer in Schnellkursen in TCM ausgebildet und als „Barfuß-Ärzte“ aufs Land geschickt, um dort einen Teil der medizinischen Versorgung zu gewährleisten.
Nach der Kulturrevolution in den 1970er-Jahren wurden Universitäten wieder eröffnet und in den 80er-Jahren wurde die Drei-Pfade-Politik eingeführt: die TCM, die westliche Medizin und eine Kombination der beiden. Alle drei Richtungen werden bis heute weiterentwickelt und praktiziert. Seit 1979 ist die Ausbildung zum Tuina-Therapeuten an Universitäten staatlich geregelt. Die Ausbildung umfasst ca. fünf Jahre Studium. Seitdem nimmt diese Behandlungsform wieder an Bedeutung zu. Im modernen China ist die TCM stark mit der westlichen Medizin verbunden.
In vielen Krankenhäusern der Volksrepublik China gibt es TCM-/Tuina-Abteilungen.
1.3 Tuina und westliche manuelle Therapie
Die Tuina-Therapie unterscheidet sich erst in der tieferen Betrachtung von der westlichen Behandlungsweise. Im Vordergrund steht – objektiv betrachtet – wie in der wissenschaftlichen Medizin und der westlichen Massagepraxis die äußerliche Behandlung des Bewegungsapparates.
Der Mensch wird in der TCM jedoch unter ganzheitlichen und energetischen Gesichtspunkten betrachtet. Das Bestreben eines TCM-Therapeuten ist es, den Körper wieder in Einklang, in Harmonie zu bringen, damit die Energie in Beziehung zur Natur wieder...
Erscheint lt. Verlag | 6.12.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Naturheilkunde |
Schlagworte | Chinesische Massage • Chinesische Medizin • Gua Sha • Manipulation • Manuelle Therapie • Mobilisation • TCM • Tuina |
ISBN-10 | 3-13-245180-0 / 3132451800 |
ISBN-13 | 978-3-13-245180-3 / 9783132451803 |
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