Praxiseinsätze in der Pflegeausbildung (eBook)
144 Seiten
Schlütersche (Verlag)
978-3-8426-9193-3 (ISBN)
Dr. Ursula Kriesten, MBA ist Gesundheits- und Pflegewissenschaftlerin und verfügt seit mehr als 40 Jahren über Berufs- und Führungserfahrung im Bildungsbereich für Pflege- und Gesundheitsberufe. Sie ist Krankenschwester, Lehrerin für Gesundheits- und Pflegeberufe, Master of Business Administration und promovierte in Gesundheits- und Pflegewissenschaften.
Dr. Ursula Kriesten, MBA ist Gesundheits- und Pflegewissenschaftlerin und verfügt seit mehr als 40 Jahren über Berufs- und Führungserfahrung im Bildungsbereich für Pflege- und Gesundheitsberufe. Sie ist Krankenschwester, Lehrerin für Gesundheits- und Pflegeberufe, Master of Business Administration und promovierte in Gesundheits- und Pflegewissenschaften.
Menschen möchten leben und Leben spüren. Menschen spüren Leben, wenn sie praktische Pflege erfahren.
Abb. 1: Das Kapitel im Überblick.
Sie stehen dem Pflegeberuf mit Erwartungen und guten Absichten gegenüber. Sie sind willens, sich gut vorzubereiten. Sie wissen, dass die Begegnungen mit Menschen Ihr Leben beeinflussen werden, wie kaum etwas anderes. Begegnungen lassen uns wachsen, fordern uns heraus und hinterlassen Spuren. Wenn wir in Kontakt zu anderen Menschen gehen, kann das die unterschiedlichsten Wirkungen auf uns haben. Nicht alle davon sind angenehm. Umso wichtiger: Im Pflegeberuf können und sollten Sie professionelle Begegnungen mit Menschen erlernen.
1.1 Warum die praktische Pflegeausbildung so wichtig ist
Pflege bedeutet ethisch relevantes und reflexives Lernen und Handeln.
Die praktische Ausbildung steht im Mittelpunkt der Pflegeausbildung. In den Praxisfeldern der Pflege sammeln Sie nicht nur Erfahrungen, sondern dort werden Sie aktiv ausgebildet (so sollte es zumindest sein).
Die Praxisfelder sind wesentliche Lernorte der Pflegeausbildung. Darum verstehe ich das Lernen im Arbeitsprozess auch als Herzstück der Ausbildung.
Tipp
In der praktischen Pflegeausbildung lernen Sie bewusstes Handeln! Wissen, wissenschaftliche Grundlagen und eine Praxis des ganzheitlicheren Denkens, der Reflexion und der wirksamen Problemlösung befördern bewusstes Handeln. Mit durchdachtem und bewusstem Handeln entwickeln Sie Kompetenz – Handlungskompetenz!
Der Begriff des Lernens ist geprägt vom schulischen Erlernen, von kognitiven Fähigkeiten und der Aneignung von Wissen. Reflexives Lernen und Arbeiten hingegen kann als kontinuierlicher Lernprozess verstanden werden, um subjektives inneres Wissen aufzubauen.
Ein Appell an Sie als Auszubildende
Machen Sie sich klar: Pflegerisch praktisch handeln zu können erfordert Wahrnehmung, Analyse, Schlüsselkenntnisse, Zielsetzung und Aktionsplanung. Der reflexive Lernprozess bringt kreative Ideen hervor, die zum gezielten Handeln einladen, um Probleme zu lösen oder Ziele zu erreichen.
Die praktische Pflege von Menschen erfordert neben externer Evidence (dem Wissen aus Büchern und Studien) auch interne Evidence. Interne Evidence bezeichnet alles Wissen über uns selbst, das oft nur in der Begegnung zwischen jeweils einzigartigem Pflegebedürftigen und Pflegenden entsteht sowie geklärt werden kann.1
Ohne interne Evidence hilft externe Evidence bei pflegerischen Entscheidungen gar nichts. Denn der Aufbau interner Evidence ist der erste und wichtigste Schritt, weil Sie ohne interne Evidence gar nicht wissen können, was Sie eigentlich von den Erfahrungen anderer wissen wollen. Sie können also nicht die Erfahrungen anderer an die Stelle Ihrer eigenen Empfindungen setzen.2
Info
Ob vor oder während Ihrer Pflegeausbildung: Sobald der erste direkte Kontakt zu einem Menschen entsteht, der gepflegt werden soll, brauchen Sie als Pflegekraft eine (auch praktische!) Qualifizierung.
Es darf nicht sein, dass Menschen zu pflegerischen Tätigkeiten beauftragt werden, die die Wirkungen und Ergebnisse nicht ein- und abschätzen können. Eine fachliche und fürsorgliche Pflegepraxis ist durch Zeitmangel und Ökonomisierung zunehmend gefährdet. Pflege ist aber aus humanistischer Sicht ein zutiefst wertvoller und bedeutsamer gesellschaftlicher Beitrag. Pflege fördert ein friedvolles Gemeinwohl und unterstützt Schwächere. Pflege erfordert umfassende Aufmerksamkeit und würdevolles Handeln. Es ist nicht ausreichend eine rein körperliche oder formal korrekte Pflege zu leisten. Pflege hat einen ganzheitlichen und reflexiven Anspruch in jedem Setting.
Tipp
Achten Sie auf Ihre pflegefachliche Qualifizierung. Pflege ohne Würde ist nicht nur wertlos, sondern gefährlich, weil gesundheitsgefährdend. Es gilt zwar, dass das wirksamste Medikament für den Menschen der andere Mensch ist, jedoch bedarf es einer verantwortungsvollen pflegefachlichen Qualifizierung und pflegeethischen Reflexion, wenn es um pflegefachliche Leistungen und menschliche Begegnungen geht.
Die praktische Pflegeausbildung und der Pflegeberuf wollen Gesundheit fördern oder wiederherstellen, Krankheit verhüten, Leiden lindern, Lebensqualität sichern und ethisches Handeln reflektieren.
Abb. 2: Die Bedeutung der praktischen Pflegeausbildung
Die besten wissenschaftlichen Abhandlungen und theoretischen Konzepte nutzen dem Menschen mit Pflegebedarf nichts, wenn sie nicht praktisch umgesetzt werden und den Menschen zugutekommen.
»Vor dem ersten Praxiseinsatz hatte ich echt Bammel. Ich wusste nicht, was da wohl auf mich zukommt. Man hört von anderen, dass man Dinge tun soll, obwohl man sie nicht kann und noch nicht gelernt hat.« (Charlotte, Auszubildende, 1. Ausbildungsjahr)
»Im Krankenhaus ging es im ersten Einsatz direkt zur Sache. Groß Anleitung war nicht. Ich konnte eine Woche auf der Unfallchirurgie mit einer Krankenschwester mitlaufen, immerhin.« (Finn, Auszubildender, 2. Ausbildungsjahr)
»Ich hatte damals eine großartige Einarbeitung zu Beginn meines ersten Praxiseinsatzes. Ich konnte mich mit allen Fragen an meine Praxisanleiterin wenden. Wichtig ist, dass man fragt.« (Mahari, Auszubildende, 3. Ausbildungsjahr)
Tipp
Ihnen sollte vor dem ersten direkten und praktischen Kontakt zu pflegenden Menschen bewusst sein:
Pflegende Personen müssen nicht nur eine tiefgründige und umfangreiche Ausbildung, sondern auch grundlegendes medizinisches und sozialwissenschaftliches Verständnis mitbringen. Die Pflege ist sehr zeitaufwändig und eine äußerst verantwortungsvolle Aufgabe.
Pflegefachkräfte haben vier verbindliche Aufgaben:
1. Gesundheit zu fördern,
2. Krankheit zu verhüten,
3. Gesundheit wieder herzustellen und
4. Leiden zu lindern.
Hierzu bedarf es einer fundierten (auch praktischen) Ausbildung.
Lassen Sie sich nicht und nie (!) ohne grundlegende und gute praktische Ausbildung zu Pflegehandlungen überreden – auch nicht bei Personalmangel – auch nicht während der Berufsfindung.
Sie können das Ausmaß und die Wirkungen Ihres Handelns (noch) nicht abschätzen. Niemand kann Sie zu pflegerischen Handlungen verpflichten, die Sie selbst nicht verantworten können.
Seien Sie sich immer bewusst: Es geht nicht um wertloses Füllen von Formularen oder nur einen zu behandelnden Körper, sondern um empathisches soziales, achtungsvolles, mitmenschliches und pflegefachliches Handeln.
1.2 Haltung und Respekt in der praktischen Pflege
Wertschätzung und Respekt haben immer etwas mit Ihrer inneren Haltung zu tun.
Zwischen Pflegenden und Menschen, die pflegebedürftig sind, besteht ein Macht- und Wissensgefälle. Gewalt im pflegerischen und medizinischen Bereich kommt nicht so selten vor, wie wir gern glauben würden. In Kliniken und Heimen, sowie in der häuslichen Pflege wird vor allem ausreichend qualifiziertes und achtsam handelndes Personal benötigt, und zwar in ausreichender Zahl. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus: Beleidigungen, Vernachlässigungen, körperliche Gewalt, Freiheitsentzug – Das sind leider keine Einzelfälle in der Pflege. Betroffen sind sowohl Pflegebedürftige als auch Pflegekräfte.
In der praktisch ausgeführten Pflege zeigen sich die Haltung, der Respekt und das Verständnis der Pflegenden. Von großer Bedeutung in der praktisch ausgeführten Pflege ist die Beziehung zwischen Pflegenden und zu Pflegenden. Die Frage ist, ob Pflegende in der Lage sind, individuell auf Menschen und Situationen eingehen zu können. Die Auseinandersetzung von unterschiedlichen moralischen Werten und Lebensstilen erfordert von Pflegenden ein hohes Reflexionsvermögen und Verantwortungsbewusstsein.
Abb. 3: Anforderungen an praktisch ausgeführte Pflege.
»Ich habe erfahren, was es bedeutet Menschen praktische Pflege und Unterstützung zu ermöglichen. Das ist für die Menschen elementar. Sie sind so dankbar. Viele können gar nicht glauben, dass man das gerne macht. Ich finde, die praktische Pflegearbeit wird neben der theoretischen Pflegeausbildung viel zu wenig beachtet.« (Mahari, Auszubildende, 3. Ausbildungsjahr)
Info
Für die praktische Pflege sind folgende Grundsätze unabdingbar:
• Die Würde des Menschen ist unantastbar.
• Ich wahre die Würde aller Menschen.
• Ich achte die Einzigartigkeit des Menschen.
• Ich achte das Leben und das Sterben.
• Alle Menschen sind gleichwertig und gleichberechtigt.
• Ich begegne dem Menschen mit Respekt und Achtsamkeit.
Sich mit Achtung und Würde zu begegnen, bedeutet, den Menschen so anzunehmen, wie er ist, mit seinen Schwächen und Stärken sowie mit...
Erscheint lt. Verlag | 3.11.2023 |
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Reihe/Serie | Pflege Praxis |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Pflege |
Schlagworte | Akutpflege • Altenpflege • Checklisten • Grundlagen der Pflege • Krankenpflege • Langzeitpflege • Materialien für Pflege • Praxisanleitung |
ISBN-10 | 3-8426-9193-9 / 3842691939 |
ISBN-13 | 978-3-8426-9193-3 / 9783842691933 |
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