retten - Anatomie Physiologie (eBook)
616 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-242119-6 (ISBN)
1 Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers – ein Überblick
1.1 Die Fächer Anatomie und Physiologie
1.1.1 Anatomie
Das Fach Anatomie umfasst die Teildisziplinen der makroskopischen Anatomie, der mikroskopischen Anatomie und der Embryologie. Alle 3 Teildisziplinen sind gleichermaßen wichtig, um ein möglichst vollständiges Verständnis des menschlichen Körpers zu gewinnen.
Makroskopische Anatomie Sie beschäftigt sich mit allen Dingen des Körpers, die so groß sind, dass man sie mit bloßem Auge (oder mit einer Lupe) erkennen kann. Dabei betrachtet man den Körper nicht nur von außen, sondern setzt gezielte Schnitte, um auch innere Strukturen und Organe beurteilen zu können. In der makroskopischen Anatomie gibt es unterschiedliche Herangehensweisen:
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In der beschreibenden Anatomie (der deskriptiven Anatomie) wird das Erscheinungsbild von Körper und Organen beschrieben (Form, Größe, Farbe usw.).
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Die systematische Anatomie fasst Organe, die von ihrer Funktion her miteinander zusammenhängen, zu Organ- oder funktionalen Systemen (z.B. dem Nervensystem mit Gehirn, Rückenmark und Nerven) zusammen.
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In der topografischen Anatomie spielen die Lagebeziehungen verschiedener Strukturen zueinander die wesentliche Rolle.
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Die vergleichende Anatomie betrachtet dieselben anatomischen Strukturen beispielsweise an verschiedenen Tierarten und sucht Gemeinsamkeiten und Unterschiede.
Mikroskopische Anatomie Sie beschäftigt sich mit solchen Strukturen, für deren Betrachtung ein Mikroskop benötigt wird – also in erster Linie Gewebe und Zellen. Auch hier müssen spezielle Schnitte angefertigt oder Zellen gewonnen werden, die dann auf einem Objektträger unter dem Mikroskop betrachtet werden. Man kann zwischen der Zytologie (Lehre von den Zellen) und der Histologie (Lehre vom Gewebe) unterscheiden.
Embryologie Sie beschäftigt sich mit der Entstehung der anatomischen Strukturen während der Embryonalentwicklung. Da diese Prozesse für den Rettungsdienst nur von geringer Bedeutung sind, werden sie in diesem Buch nicht berücksichtigt.
1.1.2 Physiologie
Die Physiologie ist die Lehre von den natürlichen Lebensvorgängen. Sie untersucht die biochemischen und physikalischen Prozesse in den Zellen und Geweben von Lebewesen. Damit stellt sich die Physiologie des Menschen die Frage, wie der Körper funktioniert, wie die Stoffwechselvorgänge in unserem Körper ablaufen und wie sie miteinander zusammenhängen. Die Physiologie steht in enger Beziehung zur Anatomie, ist aber auch sehr stark mit der Biochemie verknüpft.
Merke
„Physiologisch“
Wird in der Medizin der Begriff „physiologisch“ verwendet, ist damit der „Normalzustand“ von Geweben und Organen gemeint und damit der Zustand beim Gesunden. Wird der Normalzustand nicht erreicht, z.B. bei Kranken, verwendet man den Begriff „pathologisch“.
1.2 Zellen, Gewebe und Organe
Zellen Die Zelle ist die kleinste Einheit des ▶ belebten Organismus. Je nachdem, wie die jeweilige Zelle aufgebaut ist, erfüllt sie im Körper eine bestimmte Aufgabe. So unterscheidet man u. a. Muskel-, Nerven-, Knochen- und Leberzellen. Um ihrer Aufgabe nachkommen zu können, enthalten die Zellen verschiedene „Zellorgane“ (Organellen). Diese Zellorganellen, zu denen u. a. der Zellkern, die Mitochondrien und der Golgi-Apparat zählen, dienen z. B. der Bereitstellung von Energie oder der Weiterverarbeitung aufgenommener Nährstoffe.
Gewebe und Organe Spezialisierte Zellen schließen sich mit gleichartigen Zellen zu Zellverbänden zusammen, wodurch Gewebe ▶ entstehen. Funktionell einheitliche Gewebe bilden – meist zusammen mit Stützgeweben – die Organe.
Organsysteme Organe mit verwandten Funktionen lassen sich zu Organsystemen zusammenfassen. Beispiele hierfür sind:
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Herz-Kreislauf-System (Herz, Lunge, Blutgefäße)
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Atmungssystem (Nase, Kehlkopf, Luftröhre, Bronchien, Lunge)
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Verdauungssystem (Magen, Dünn-/Dickdarm, Pankreas, Leber, Gallenblase)
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Nervensystem (Gehirn und Rückenmark, periphere Nerven, autonomes Nervensystem).
1.3 Richtungsbezeichnungen und Körperachsen
Zur genauen Bezeichnung von Strukturen und ihrer Lage im Körper haben sich im medizinischen Sprachgebrauch bestimmte Bezeichnungen durchgesetzt, die überwiegend aus dem Lateinischen stammen. Diese Grundbegriffe sollte man sich unbedingt einprägen, denn sie dienen auch dazu, die Lage von Veränderungen unmissverständlich zu beschreiben. Sagt man z.B.: „Das Brustbein liegt vor dem Herzen“, stimmt dies zwar am stehenden Menschen, in Rückenlage aber nicht mehr. Dann wird aus dem „vor“ ein „über“. Ein „ventral“ (in Richtung Bauch bzw. Körpervorderseite gelegen) bleibt dagegen immer ein „ventral“, völlig unabhängig von der Körperhaltung. Es ist klar definiert.
1.3.1 Lage- und Richtungsbezeichnungen
In ▶ Tab. 1.1 sind die gängigsten Lage- und Richtungsbezeichnungen mit ihren Bedeutungen aufgelistet und in ▶ Abb. 1.1 eingezeichnet.
Ein Hinweis zu den unterschiedlichen Endungen, die die lateinischen Begriffe haben können: Wie im Deutschen gibt es auch im Lateinischen 3 grammatische Geschlechter, an die sich die Endung der Lage- und Richtungsbezeichnung anpasst:
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männlich: Endet häufig auf -us, z.B. Ventriculus (Herzkammer).
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sächlich: Endet häufig auf -um, z.B. Atrium (Vorhof).
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weiblich: Endet häufig auf -a, z.B. Arteria (Arterie).
Am Beispiel für rechts (dexter) und links (sinister) wird das deutlich:
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Ventriculus dexter (rechter Ventrikel), Ventriculus sinister (linker Ventrikel)
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Atrium dextrum (rechter Vorhof), Atrium sinistrum (linker Vorhof)
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Arteria coronaria dextra (rechte Herzkranzarterie), Arteria coronaria sinistra (linke Herzkranzarterie).
ACHTUNG
Die Seitenangaben „rechts“ (dexter) und „links“ (sinister) gelten immer aus Sicht des Patienten!
Lage- und Richtungsbezeichnungen.
Abb. 1.1 Fachsprachliche Richtungsangaben sind in jeder Körperlage und -haltung unmissverständlich.
(Schünke M, Schulte E, Schumacher U: Prometheus LernAtlas der Anatomie - Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von Voll M und Wesker K. 6. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2022.)
Gebiet | Bezeichnung | abgeleitet von | Bedeutung | Beispiel |
„vorn“ und „hinten“ |
Rumpf | ventral | Venter (Bauch) | vorn, am Bauch/zur Körpervorderseite hin gelegen | Ventralflexion (Vorbeugen des Oberkörpers) |
dorsal | Dorsum (Rücken) | hinten, am Rücken/zum Körperrückseite hin gelegen | Dorsalflexion (Rückbeugen des Oberkörpers) |
Kopf | frontal | Os frontale (Stirnbein) | vorn, an der Stirn/zur Stirn hin gelegen | Lobus frontalis (Stirnlappen des... |
Erscheint lt. Verlag | 15.11.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Gesundheitsfachberufe |
Schlagworte | Anatomie • Ausbildung • Biologie • Examen • Lehrbuch • Notfall • Notfallsanitäter • Physiologie • Prüfung • Retten • Rettungsdienst • Rettungssanitäter |
ISBN-10 | 3-13-242119-7 / 3132421197 |
ISBN-13 | 978-3-13-242119-6 / 9783132421196 |
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