Gesundheitskompetenz lehren und lernen -  Sonia Lippke,  Christina Derksen

Gesundheitskompetenz lehren und lernen (eBook)

Trainingsprogramm für Sozial- und Gesundheitsberufe
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
167 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-76287-6 (ISBN)
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Gesundheitskompetenz durch professionelle Kommunikation Professionelle Kommunikation ist die Voraussetzung, um die Gesundheitskompetenz der Patient_innen, Klient_innen und Kund_innen sowie deren soziale Netzwerke zu fördern. Ihre Befähigung für eine aktive Rolle zur Genesung vereinfacht eine qualitativ hochwertige Versorgung und sorgt für ein langfristig aktives Gesundheitsverhalten. Neben den wissenschaftlichen Hintergrundinformationen etabliert dieses Fachbuch ein umfassendes Schulungsprogramm, das in der Mediathek zur Verfügung gestellt wird. Drei praxiserprobte Workshops mit Schulungsmaterialien können direkt in Trainings, Fort- und Weiterbildungen zu Kommunikation, Gesundheitskompetenz und Patient_innensicherheit eingesetzt werden. Die Ansätze sind evidenz- und theoriebasiert sowie wissenschaftlich an Kliniken in Deutschland als wirksam nachgewiesen. Das Fachbuch bietet: Einzigartige Beschreibung und Darstellung von wissenschaftlich gesicherten Hintergründen insbesondere im Bereich Kommunikation, Gesundheitskompetenz, Patient_innenzentrierung und Teamwork Erstmalige Beschreibung und Darstellung eines interdisziplinären Schulungsprogramms für Mitarbeitende im Gesundheitswesen für verschiedene Settings Wissenschaftliche Hintergrundinformationen und theoriebasierte Erklärungen, die einen systematischen Entwicklungsprozess von eigenem Training unterstützen sowie Impulse für weitere Anwendung und Forschung geben. Die Arbeitsmaterialien zu den Workshops in diesem Buch können nach erfolgter Registrierung von der Hogrefe Website heruntergeladen werden.

|17|2  Modell der interpersonellen Kommunikation für Programme der Gesundheitskompetenzförderung


Bevor wir uns den Modellen zuwenden, sollten wir uns darüber klar werden, um was es uns eigentlich geht: Was ist das Ziel? Was ist derzeit nicht optimal und soll verbessert werden? Wenn wir mit unserem Training erfolgreich waren, woran können wir das dann messen? Bitte beantworten Sie diese Frage kurz für sich selbst, bevor Sie anschließend weiterlesen!

Reflexion

(Individuelle) Zielparameter von Trainings und Schulungsprogrammen: Was wollen Sie mit dem Training erreichen? (z. B.: „Ich möchte weniger Missverständnisse erleben.“)

Erinnern Sie sich noch einmal an die in der Einleitung beschriebene Patient:innensicherheit: Diese ist definiert als die Abwesenheit von vermeidbaren Behandlungsfehlern, die durch mangelnde Kommunikation oder nicht-funktionierende Abläufe entstehen (VUE: Keller et al., 2020).

Wie ist das in Ihrem Alltag? Beobachten Sie manchmal, dass es nicht ganz „rund“ läuft und es zu „Beinaheunfällen“ kommt? Inwiefern könnte Ihnen dieses Training helfen, diese Ereignisse zu verhindern?

Bei einer eingeschränkten Gesundheitskompetenz:

  • erleben Patient:innen häufiger Schwierigkeiten, sich im Gesundheitssystem zu orientieren und entsprechend brauchen sie vom Gesundheitsfachpersonal dabei Unterstützung oder spezielle Erläuterungen.

  • haben Patient:innen eher unzureichendes Wissen, wo sie bei gesundheitlichen Problemen Unterstützung finden können und brauchen entsprechende professionelle Hilfe.

  • erleben Patient:innen öfter Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Gesundheitsfachpersonal; sie sind auf eine individualisierte Ansprache bzw. eine bessere Kommunikation ihres Gegenübers angewiesen.

  • müssen Patient:innen häufiger in ein Krankenhaus eingewiesen werden oder den ärztlichen Notfalldienst aufsuchen, so dass höhere Kosten und damit eine stärkere Belastung für das Gesundheitssystem entstehen.

Der Zusammenhang zwischen professioneller Gesundheitskompetenz und Patient:innensicherheit ist also mittlerweile gesichert. Dazu gibt es viele Befunde (Evidenzen): Konsequenzen können sehr unterschiedlich ausfallen – von folgenlos bis hin zu Todesfällen sowie hohen finanziellen und emotionalen Kosten. Diese Kosten können nicht nur Patient:innen erleben, denn VUEs können auch für Angehörige und alle an dem Vorfall Beteiligten, einschließlich des Fachpersonals, schwere Folgen mit sich bringen (Busch et al., 2020; Huener et al., 2022; Nydoo et al., 2020). Finanzielle Kosten können die Institution wie die Klinik (z. B. bei Regressansprüchen usw.) und langfristig auch ganze Gesund|18|heits- und Sozialsysteme belasten (z. B., wenn Pflegeleistungen notwendig werden).

Bress (2013) hat den Zusammenhang zwischen den Fähigkeiten der Professionellen Gesundheitskompetenz und Patient:innensicherheit, Gesundheitszustand und -kosten (für Zahngesundheit) erklärt: Kommunikation wirkt auf die Gesundheitskompetenz ein. Damit nimmt die Professionelle Gesundheitskompetenz auch indirekt Einfluss auf die Folgen von VUEs (s. Abbildung 2-1). Gleichermaßen wirken aber auch allgemeine kulturelle und gesellschaftliche Aspekte auf die Gesundheitskompetenz ein. Darüber hinaus gibt es Wechselwirkungen mit dem Gesundheitssystem, indem Fachkräfte mit ausgeprägten professionellen Gesundheitskompetenzen das Gesundheitssystem besser nutzen und effektiver ausgestalten können als Fachkräfte mit einer gering ausgeprägten Kompetenz (Bress, 2013; Lippke et al., 2022a).

Helitzer et al. (2011) sehen darüber hinaus auch individuelle und soziodemografische Aspekte wie Alter, Geschlecht, Bildung, Sprachkompetenzen, Erfahrungen und eigenes (bisheriges/regelmäßiges) Verhalten als wichtig an.

Die professionelle Gesundheitskompetenz differenziert sich also nach drei Kernaspekten (Abbildung 2-2).

Unzureichende Kommunikation – sowohl innerhalb von Gesundheitsfachpersonal als auch zwischen Gesundheitsfachpersonal und Patient:innen sowie deren Begleitpersonen/Angehörigen – spielt eine große Rolle bei der Entstehung von VUEs und Konflikten (Scholz, 1999). Damit kann gute Kommunikation zu Kosteneffizienz und Kostenvermeidung beitragen sowie die Zufriedenheit von Mitarbeiter:innen (Curtis et al., 2011; Emmerling, 2019; Wright, 2011) und Patient:innen verbessern. Gleichzeitig kann sie auch zu einer stärkeren Bindung von Mitarbeiter:innen bzw. deren Arbeitsfähigkeit (Buchberger et al., 2011) sowie einer höheren Attraktivität von Berufen im Gesundheitswesen und Pflegeeinrichtungen führen (Munch et al., 2021).

Professionelle Gesundheitskompetenz kann jedoch auch weiter gefasst werden: He et al. (2019) haben das Sicherheitsverhalten von Mitarbeiter:innen untersucht und dabei festgestellt, dass Kommunikation einen entscheidenden Einfluss auf die professionelle (Gesundheits-/Sicherheits-)Kompetenz nimmt. Wenn also Mitarbeiter:innen verstanden haben, warum Sicherheitsverhalten möglichen Unfällen und Verletzungen vorbeugt und sie eine effektive Kommunikation beherrschen, dann kommt es entsprechend seltener zu VUEs. Kommunikation ist damit ein wichtiger Faktor, der das organisationale Sicherheitsklima, den individuellen psychologischen Zustand der Mitarbeiter:innen und das Sicherheitsverhalten aller beeinflusst (He et al., 2019). Die Wirkung der Kommunikation hängt wiederum von den Kommunikationskompetenzen ab.

Kommunikationskompetenzen sind Fähigkeiten, auf persönlich wirksame und sozial angemessene Weise zu kommunizieren (Gunia & Saurgnani, 2022). Dies kann mit Kommunikationskonzepten und -interventionen/-schulungen trainiert werden (Schmiedhofer et al., 2022), die im folgenden Abschnitt detailliert beschrieben werden.

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|20|2.1  Kommunikationskonzepte zur Verbesserung der professionellen Gesundheitskompetenz: Theoretische Überlegungen und Evidenzen


Kommunikationskonzepte sind Grundvorstellungen oder Annahmen über Kommunikation und wie bestimmte Reize (z. B. was eine Person sagt) mit einer Reaktion (z. B. ob der/die Empfänger:in das Gesagte verstanden hat und in eigenes Verhalten umsetzen kann) einhergehen (Lippke et al., 2022a). Dafür ist ein allgemeines Verständnis von Kommunikationskonzepten wichtig. Schon Kurt Lewin sagte: „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie“.

Die einfachsten Modelle von Kommunikation sind sog. Sender:in-Empfänger:in-Modelle (S-R-Modell), bei denen ein:e Sender:in eine Botschaft (Message) an den/die Empfänger:in (Receiver) sendet (Veenker & Paans, 2016). Es werden Kontext, Störungen und Feedback berücksichtigt, aber wenig andere dynamische Annahmen. Diese klassischen, eindirektionalen Modelle sind weiterentwickelt worden zu fortgeschrittenen Modellen bis hin zu komplexen Modellen, die dynamische Annahmen treffen. Diese transaktionalen und konstruktivistischen Modelle sehen auch den/die Empfänger:in als aktiv an und berücksichtigen damit das Selbstmanagement und die Selbstregulation, was wichtig ist im Zusammenhang mit der professionellen Gesundheitskompetenz und der Förderung der Autonomie der Patient:innen. Mit solch einer dynamischen Sichtweise ist die Botschaft sowohl vom Sendenden, vom Empfangenden, aber auch vom Kontext abhängig. Damit ist die Botschaft nicht statisch wie in klassischen Modellen, sondern flexibel und abhängig von Interaktion (Veenker & Paans, 2016).

|21|2.2  Vier-Seiten-Modell der Kommunikation nach Schulz von Thun


Diese Interaktion kann beispielsweise durch das sog. Vier-Seiten-Modell der...

Erscheint lt. Verlag 6.11.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie
ISBN-10 3-456-76287-9 / 3456762879
ISBN-13 978-3-456-76287-6 / 9783456762876
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