Robotik in der Gesundheitswirtschaft -  Barbara Klein,  Birgit Graf,  Marina Ringwald,  Melanie Schmidt,  Karin Röhricht,  Franziska Schlömer,  Ho

Robotik in der Gesundheitswirtschaft (eBook)

Einsatzfelder und Potenziale
eBook Download: EPUB
2023 | 2. Auflage
220 Seiten
medhochzwei Verlag
978-3-86216-929-0 (ISBN)
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Die 2. überarbeitete und erweiterte Auflage von 'Robotik in der Gesundheitswirtschaft' gibt einen umfassenden Überblick zum aktuellen Stand robotischer Lösungen und Entwicklungen für die Einsatzfelder Krankenhaus, Rehabilitation, Altenpflege sowie zur Unterstützung des selbstständigen Lebens in der eigenen Häuslichkeit.

Die demografischen Veränderungen und der Fachkräftemangel sind große Herausforderungen für unsere Gesundheitsversorgung. Robotische Assistenzsysteme können perspektivisch dazu beitragen, das Personal in (teil-)stationären und ambulanten Versorgungsstrukturen zu entlasten. Auch in der eigenen Häuslichkeit können Assistenzroboter Menschen mit Pflegebedarf unterstützen.

Die zweite Auflage von 'Robotik in der Gesundheitswirtschaft' gibt eine Übersicht zum aktuellen Stand der Technik robotischer Lösungen für die genannten Nutzergruppen und Einsatzfelder. Die Ausführungen der ersten Auflage werden dabei um relevante (Weiter-)Entwicklungen der letzten Jahre ergänzt. Neue Produkte gibt es beispielsweise im Bereich der Exoskelette, insbesondere für Anwendungsfelder außerhalb der Rehabilitation. Einige robotische Assistenzsysteme, wie am Rollstuhl angebrachte Roboterarme (Greifhilfen), wurden inzwischen in das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen.

Ein weiteres Einsatzfeld mit vielen neuen Produkten ist die roboterbasierte Reinigung und Desinfektion. Daneben sind in den letzten Monaten diverse Transport- und Servierroboter, u.a. für Hotel und Gastronomie, auf den Markt gekommen, die vereinzelt auch schon in Einrichtungen des Gesundheitswesens eingesetzt werden.

Aufbauend auf diesem Stand der Technik wird der Einsatz robotischer Assistenzsysteme in der Praxis anhand von Interviews mit Vertretern verschiedener Nutzergruppen beispielhaft dargestellt. Schließlich werden die Potenziale der Robotik für das deutsche Gesundheitswesen aufgezeigt, Szenarien für verschiedene Einsatzfelder sowie für die Unterstützung eines selbstständigen Lebens zu Hause diskutiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Das Buch gibt Akteuren des Gesundheitswesens Vorstellungen und Ideen für den aktuellen und zukünftigen Einsatz von Robotik.



Professorin für Organisation und Management in der Sozialen Arbeit an der Frankfurt AUS. Prof. Dr. Klein forscht seit über zehn Jahren zu technikgestützten Anwendungsfeldern und Akzeptanz von Assistiven Technologien und Robotik in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Sie ist Sprecherin des interdisziplinären Forschungszentrums FUTURE AGING, das mit anderen Akteuren die Ausstellung Hallo Freiheit! Zusammen über Barrieren und das Innovation Lab 5.0 betreibt.

1 Management Summary


Welche Potenziale für die Gesundheitsversorgung liegen in der Robotik? Wie können diese Potenziale gehoben werden? Welche technischen, politischen, sozialen und rechtlichen Hürden gibt es und wie können sie überwunden werden?

Mit diesen Fragen haben sich das Forschungszentrum FUTURE AGING an der Frankfurt University of Applied Sciences und die Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA im Auftrag der Stiftung Münch1 im Zeitraum von Februar bis Oktober 2017 und für die vorliegende Neuauflage im Winter 2022/2023 befasst. Dabei wurden die Anwendungsfelder Rehabilitation, Altenpflegeeinrichtung, Krankenhaus, ambulante Pflege und das selbstständige Wohnen zu Hause betrachtet. Ziel war es, diese Analyse nicht auf technisch induzierte Neuerungen zu beschränken, sondern die Perspektiven und Anforderungen von Vertretern der Gesundheitswirtschaft einzubeziehen. Für dieses Vorhaben wurden in einem mehrstufigen Verfahren zunächst bekannte Praxisanforderungen sowie der aktuelle Stand der Technik und Forschung der Robotik im Gesundheitswesen zusammengestellt. In der Rehabilitation lag der Fokus auf Exoskeletten und robotischen Trainingsgeräten. Für die Unterstützung des Personals in stationären Einrichtungen und der ambulanten Pflege wurden Roboter in den Bereichen Logistik, Reinigung und Desinfektion betrachtet sowie Entwicklungen bei intelligenten Pflegehilfsmitteln, Telepräsenz-, Diagnose- und emotionalen Robotern. Interaktions- und komplexe Assistenzroboter sowie Mobilitäts- und Handhabungshilfen wurden im Bereich der Unterstützung älterer und pflegebedürftiger Menschen zu Hause beleuchtet. Darauf aufbauend wurden Anwendungsszenarien definiert und mit 27 Experten des Gesundheitsmarktes in Einzelgesprächen und vertiefenden Fokusgruppengesprächen diskutiert und bewertet, diese wurden 2023 aktualisiert. Außerdem wurden für die Neuauflage Personen, die robotische Systeme über längere Zeit in ihren Institutionen eingesetzt haben, zu ihren Erfahrungen befragt. Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie lassen sich in den folgenden zentralen Aussagen zusammenfassen.

Robotik bietet viele Potenziale, zukünftig eine qualitativ hohe Gesundheitsversorgung aufrechtzuerhalten. Die demografischen Veränderungen und der daraus resultierende Fachkräftemangel gehören zu den bedeutendsten gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft. Diese Lücke zwischen Nachfrage und Angebot an Fachkräften bietet ein vielversprechendes Anwendungsfeld für innovative Technologien. Durch die fortschreitende Digitalisierung und Automatisierung in allen gesellschaftlichen Bereichen hat das Thema Robotik auch in der Gesundheitswirtschaft in den vergangenen Jahren eine zunehmend höhere Aufmerksamkeit erreicht. Der Einsatz von Robotern kann dabei eine richtungsweisende Maßnahme sein, Prozesse effizienter zu gestalten und so knappen Personalressourcen zu begegnen.

Praxiserprobte Produkte für ausgewählte Anwendungsfelder, dazu viele Prototypen für weiterführende Szenarien. Kurz- bis mittelfristig könnten Roboter in allen betrachteten Bereichen mit unterschiedlichen Graden der Automatisierung zum Einsatz kommen. Aktuell sind noch nicht für alle Anwendungsfelder Produkte auf dem Markt erhältlich. Die Entwicklung und Erprobung robotischer Assistenzsysteme in der Praxis findet jedoch bereits in diversen Bereichen statt. Oft handelt es sich dabei um Prototypen, die in dieser Form noch nicht an Anwender verkauft werden. Eine Vorreiterrolle für den Robotereinsatz nimmt beispielsweise die neurologische Rehabilitation ein, in der der Einsatz von robotischen Systemen bereits heute in großen Teilen etabliert ist. Die parallele Betreuung mehrerer Patienten und die erhöhte Trainingsintensität und Präzision sprechen hier für den Einsatz von Robotern. In der stationären Pflege bieten sich für die Roboterunterstützung Routinetätigkeiten an, die keiner direkten Interaktion mit hilfs- und pflegebedürftigen Menschen bedürfen. Für den automatisierten Warentransport werden in Großkrankenhäusern bereits fahrerlose Transportfahrzeuge zur Ver- und Entsorgung von Gütern des täglichen Bedarfs wie Patientenessen, Wäsche, Wert- und Reststoffen eingesetzt. Inzwischen gibt es auch erste Produkte, die den Transport innerhalb von Stationen und Wohnbereichen unterstützen und somit dem Pflegepersonal unnötige Laufwege ersparen. Unter anderem sind in den letzten Monaten diverse Transport- und Servierroboter, z. B. für Hotel und Gastronomie, auf den Markt gekommen, die vereinzelt auch schon in Einrichtungen des Gesundheitswesens eingesetzt werden. Ein weiteres Einsatzfeld mit vielen neuen Produkten ist die roboterbasierte Reinigung und Desinfektion. Diese bieten viel Potenzial für eine Entlastung des Pflegepersonals – sowohl in Krankenhäusern wie in Rehabilitations- und Altenpflegeeinrichtungen, die meist eine Folgestrategie gegenüber den Krankenhäusern verfolgen.

Trotz der notwendigen Interaktion zwischen Mensch und Roboter wird überdies die Telemedizin kurz- bis mittelfristig an Bedeutung gewinnen. Aufgrund der demografischen Entwicklungen wird eine Versorgung unter Einbeziehung telemedizinischer Dienste gerade im ländlichen Raum notwendig werden. Dabei können robotische Assistenzsysteme bei der Diagnostik, dem Monitoring und der Behandlung unterstützend eingesetzt werden. Mittlerweile gibt es auch diverse positive Einsatzerfahrungen mit emotionaler Robotik. Ihre Potenziale werden vor allem bei Menschen mit demenziellen Erkrankungen gesehen. Auch für das selbstständige Leben zu Hause ist eine Zunahme an assistiven Technologien zu verzeichnen. Robotische Rollatoren und Rollstühle sowie Roboterarme zur Anbringung am Rollstuhl werden bereits als Produkte angeboten und teilweise auch schon im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung gelistet. Interaktions- und Kommunikationsroboter, die an Aktivitäten des täglichen Lebens erinnern und die Kommunikation mit der Außenwelt unterstützen, könnten mittelfristig Einzug in die Haushalte finden.

Über die Grenzen des Gesundheitssystems hinweg ist es erforderlich, den Menschen in den Mittelpunkt der Versorgungssysteme zu stellen. Während sich die Akteure des Gesundheitswesens die Einbindung neuer Technologien in die Versorgungsstrukturen und Versorgungsketten erhoffen, um langfristig eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten, erschwert aktuell besonders die sektorale Abgrenzung die Innovationsorientierung. Vor allem Politik und Gesetzgeber müssen zukünftig verstärkt die ganzheitliche Betrachtung der Menschen mit Hilfs- und Pflegebedarf und ihre Lebensqualität in den Mittelpunkt der Versorgungssysteme stellen. Nur durch eine sektorenübergreifend angelegte Behandlung und Betreuung kann einerseits die Gesundheit der Menschen wiederhergestellt, gefördert und aufrechterhalten werden, andererseits bietet ein ganzheitlicher Ansatz über sektorale Grenzen hinweg auch sozioökonomische Vorteile, die durch eine längere Mobilität und Teilhabe älterer und kranker Menschen erzielt werden können. Unterstützend könnten dabei Ausgleichsmodalitäten zwischen den Sektoren wirken und das Heben der Potenziale der Robotik ermöglichen. Dabei wird es zunehmend wichtig, den Informationsaustausch zwischen den Akteuren des Gesundheitsmarktes zu fördern und die Souveränität der Patienten anzuerkennen.

Ausbau und Intensivierung der Forschungsförderung im Gesundheitswesen. Forschungsbedarf gibt es von der (technologischen) Grundlagenforschung über die Prototypenentwicklung und Optimierung der Roboter für den Einsatz in Alltagsumgebungen bis hin zur Erprobung im Gesundheitswesen. Um hinsichtlich des tatsächlichen Nutzens einer neuen technischen Lösung im Gesundheitswesen valide Aussagen treffen zu können, sind groß angelegte Studien unter Einbeziehung der Nutzer und Nutzungskontexte notwendig. Hierfür ist es essenziell, den Schritt von kurzzeitigen Nutzerstudien, die primär der Analyse von technischer Machbarkeit und Usability dienen und die typischerweise von technischem Personal begleitet werden, hin zu längerfristigen Erprobungen zu gehen, die eine Integration der Technik in vorhandene Arbeitsprozesse sowie die selbstständige Bedienung der Roboter von den betroffenen Nutzergruppen erfordern. Die Fruchtbarkeit der Forschungsförderung kann durch mehr Flexibilität und den Abbau von Regularien und Administration und ebenso durch die Förderung von Start-ups bzw. Kleinunternehmen intensiviert und beschleunigt werden. Treiber im internationalen Kontext sind Interdisziplinarität, Berücksichtigung der Nutzungskontexte sowie die Anwendung innovativer Verfahren und Methoden.

Schaffung einer Informationskultur für mehr Akzeptanz gegenüber Robotern. Trotz einer zunehmenden Verbreitung wird der Robotik an einigen Stellen noch Skepsis entgegengebracht. Dies ist häufig auf Unkenntnis und Unerfahrenheit gegenüber den Möglichkeiten, aber auch den Grenzen des Robotereinsatzes zurückzuführen. Eine Informationskultur, die allgemeinverständlich über neue Technologien informiert, kann hier Abhilfe schaffen. Der offene Dialog zwischen allen Akteuren des Gesundheitswesens, zum einen mit Leistungserbringern und Kostenträgern, Wissenschaftlern sowie Herstellern, zum anderen mit der breiten Bevölkerung muss dafür intensiviert werden. Weiterhin muss die Schaffung von Berührungspunkten mit neuen Technologien, beispielsweise durch Schulungen, Informationsforen, Feldversuche oder Ausstellungen zukünftig vorangetrieben werden, um die Schaffung einer Akzeptanz-Kultur und ein realistisches Bild der Potenziale der Robotik zu fördern. Hier kann...

Erscheint lt. Verlag 27.7.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
ISBN-10 3-86216-929-4 / 3862169294
ISBN-13 978-3-86216-929-0 / 9783862169290
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