Endspurt Vorklinik: Biochemie II (eBook)
Thieme (Verlag)
978-3-13-244567-3 (ISBN)
1 Grundbegriffe der Energetik
1.1 Enthalpie, Entropie, freie Enthalpie
1.1.1 Allgemeines
Die Energie, die der Organismus zum Leben benötigt, ist im Körper in Form von chemischen Verbindungen gespeichert. Diese Energie wird bei chemischen Reaktionen freigesetzt oder umgewandelt. Dabei spielen Enzyme eine entscheidende Rolle.
Energie existiert in vielen Energieformen: chemische, elektrische, thermische, Lichtenergie, mechanische, elastische usw. Diese lassen sich einer der beiden folgenden Kategorien zuordnen:
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potenzielle Energie: Energie des Zustands oder der Lage; kann u.a. in chemischen Bindungen, Konzentrationsgradienten oder elektrischen Ladungsungleichgewichten gespeichert sein und kann bei einem bestimmten Prozess freigesetzt werden.
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kinetische Energie: Energie der Bewegung; leistet Arbeit, indem sie die Position oder den Bewegungszustand von Materie verändert.
Die Energieformen können innerhalb der beiden Kategorien oder auch über ihre Grenzen hinweg ineinander umgewandelt werden.
All diese Reaktionen zusammengefasst bezeichnet man als Metabolismus (Zellstoffwechsel). Die Reaktionen lassen sich in 2 Kategorien einteilen:
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anabolische Reaktionen: Einfache Moleküle werden unter Energiezufuhr zu komplexeren Molekülen verknüpft; die zugeführte Energie wird in den gebildeten chemischen Bindungen gespeichert.
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katabolische Reaktionen: Komplexere Moleküle werden zu einfachen Molekülen abgebaut; dabei wird die in den chemischen Bindungen gespeicherte Energie frei.
Anabolische und katabolische Reaktionen sind häufig miteinander gekoppelt. Dabei wird die bei der katabolischen Reaktion freigesetzte Energie für die anabolische Reaktion genutzt.
1.1.2 Energetik chemischer Reaktionen
1.1.2.1 Innere Energie
Jedes System besitzt eine bestimmte Menge an Energie, die man als innere Energie (U) bezeichnet und die die Summe aller möglichen im System vorhandenen Energieformen darstellt. Zur inneren Energie tragen Anziehungs- und Abstoßungskräfte zwischen den Atomen, Molekülen oder Ionen und deren kinetische Energie bei.
Die innere Energie ändert sich, wenn das System mit der Umgebung Energie in Form von Wärme (Q) austauscht und/oder vom System oder am System Arbeit (W; z.B. Volumenarbeit oder die Veränderung des chemischen Potenzials durch eine Änderung der Teilchenzahl) verrichtet wird.
Die innere Energie des geschlossenen Systems kann sich nach dem ersten Hauptsatz aber nur dann ändern, wenn sich gleichzeitig die innere Energie der Umgebung um mindestens den gleichen Wert, aber mit umgekehrten Vorzeichen ändert.
In einem abgeschlossenen System ist die innere Energie dagegen konstant. Möglich ist nur eine Umverteilung der Energiemenge zwischen den im System vorhandenen Energieformen.
1.1.2.2 Enthalpie
Läuft ein Prozess bei konstantem Druck (p) ab, dann wird nur ein Teil der inneren Energie für die Arbeit aufgebracht, die die Veränderung des Volumens des Systems bewirkt (Volumenarbeit), der andere Teil wird als Wärme abgegeben oder aufgenommen. Man führt daher eine neue Zustandsgröße ein, die Enthalpie (H). Die Enthalpie eines Zustands kann man allerdings nicht messen, sondern nur die Differenz zwischen Ausgangs- und Endzustand, die Änderung der Enthalpie (ΔH), auch als Reaktionsenthalpie bezeichnet.
Die Änderung der Enthalpie (ΔH) ist definiert als die Wärmemenge, die bei einer chemischen Umsetzung von einem geschlossenen System aufgenommen oder abgegeben wird, wobei der Druck konstant bleibt und außer einer Volumenarbeit keine andere Arbeit verrichtet wird. Es gilt:
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ΔH > 0: die innere Energie der Ausgangssubstanz nimmt während der Reaktion zu; Wärmeenergie wird zugeführt; die Reaktion ist endotherm.
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ΔH < 0: die innere Energie der Ausgangssubstanz nimmt während der Reaktion ab; Wärmeenergie wird freigesetzt; die Reaktion ist exotherm.
Wenn das System Energie abgibt, kennzeichnet man das also mit einem negativen Vorzeichen. Energiezufuhr erkennt man am positiven Vorzeichen.
Enthalpieänderung
Abb. 1.1 Oben: exotherme Reaktion; unten: endotherme Reaktion
(Quelle: Boeck, Kurzlehrbuch Chemie, Thieme, 2018)
Die Enthalpie chemischer Substanzen hängt von der Temperatur und vom Druck ab. Deshalb bezieht man sich meist auf Normbedingungen: 25°C und 101,3 kPa, was durch eine hochgestellte Null am Symbol deutlich gemacht wird: ΔH0.
Eine Verbindung kann auf verschiedenen Wegen entstehen. Der Satz von Hess besagt, dass die Reaktionsenthalpie vom Reaktionsweg unabhängig ist.
Lerntipp
In der Prüfung könnte dir die Enthalpie in Form der Verdampfungswärme oder Verdampfungsenthalpie begegnen. Beschrieben ist eine Verbindung mit einem Siedepunkt von ca. 12°C, die bei normalem Druck und bei einer Temperatur von ca. 25°C auf die Haut aufgebracht wird und kühlend wirkt. Du sollst nun unter den angebotenen Antworten diejenige herausfinden, die auf die dabei stattfindende Phasenumwandlung zutrifft.
Bei der Verdampfung geht ein Stoff an seinem Siedepunkt vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand über. Für diesen Übergang müssen die Anziehungskräfte der Flüssigkeitsteilchen überwunden werden. Dazu ist eine Energiezufuhr in Form von Wärme erforderlich, die Verdampfungsenthalpie, d.h., bei der Verdampfung handelt sich um eine endotherme Reaktion mit ΔH < 0.
1.1.2.3 Entropie
Die Entropie (S) beschreibt den Ordnungsgrad eines Systems oder auch die Wahrscheinlichkeit eines Zustands. Ein System strebt immer den maximalen Grad an Unordnung an. Die Zunahme der Entropie kann einen Prozess antreiben. Jede Änderung der Ordnung bedeutet eine Entropieänderung (ΔS). Wie die Enthalpie kann man die Entropie eines Zustands nicht messen, sondern nur die Differenz zwischen Ausgangs- und Endzustand, die Entropieänderung (ΔS).
-
ΔS > 0: die Unordnung des Systems nimmt zu
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ΔS < 0: die Unordnung des Systems nimmt ab
Ein Beispiel ist der Übergang des Aggregatzustands von fest über flüssig nach gasförmig, wobei die Entropie zunimmt. Wassermoleküle, die z.B. im festen Eis eine festgelegte Position haben, bewegen sich im flüssigen Wasser ungeordnet umher. Die maximale Unordnung ist im gasförmigen Zustand erreicht.
1.1.2.4 Freie Enthalpie
Ein Kriterium für den spontanen Ablauf von Reaktionen liefert die freie Enthalpie (G) (freie Energie, Gibbs' freie Energie, Gibbs-Energie), die die Größen Enthalpie, Entropie und die absolute Temperatur miteinander verknüpft. Die freie Enthalpie ist ein Maß für die nutzbare Energie bzw. die Energie, die zum Verrichten von Arbeit zur Verfügung steht. Der absolute Wert der freien Enthalpie lässt sich nicht messen, wohl aber die Änderung der freien Enthalpie (ΔH) im Verlauf der Reaktion.
Läuft eine Reaktion in biologischen Systemen bei konstanter Temperatur und konstantem Druck ab, dann wird ΔG von 2 thermodynamischen Komponenten bestimmt: der Änderung der Enthalpie (ΔH; Wärmemenge) und der Änderung der Entropie (ΔS; Ordnungsgrad des Systems). Den mathematischen Zusammenhang dieses Sachverhalts gibt die Gibbs-Helmholtz-Gleichung wieder:
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Erscheint lt. Verlag | 5.4.2023 |
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Reihe/Serie | Endspurt Vorklinik | Endspurt Vorklinik |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Studium ► 1. Studienabschnitt (Vorklinik) ► Biochemie / Molekularbiologie |
Schlagworte | 1. ÄP • Biochemie • Endspurt • IMPP • Lernplaner • M1 • Medizinstudium • Physikum • Prüfungsvorbereitung • Skript |
ISBN-10 | 3-13-244567-3 / 3132445673 |
ISBN-13 | 978-3-13-244567-3 / 9783132445673 |
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