Endspurt Vorklinik: Biochemie I (eBook)
Thieme (Verlag)
978-3-13-244564-2 (ISBN)
1 Bausteine der Kohlenhydrate
1.1 Monosaccharide
1.1.1 Allgemeines
Monosaccharide (Einfachzucker) sind die einfachsten Kohlenhydrate. Wie andere Kohlenhydrate bestehen sie aus Kohlenstoff und einer Reihe von Hydroxygruppen und besitzen die Grundformel Cn(H2O)n.
1.1.2 Struktur
Als funktionelle Gruppen enthalten Monosaccharide einen Carbonylkohlenstoff, der entweder als Aldehyd- oder als Ketogruppe vorliegt. Monosaccharide sind also Aldehyde oder Ketone und lassen sich in Aldosen und Ketosen einteilen. Außerdem tragen sie mehrere Hydroxygruppen.
Bezeichnet werden die Monosaccharide mit Trivialnamen, die bei Aldosen die Endung -ose und bei Ketosen die Endung -ulose tragen (Ausnahme ist die Ketose Fructose). Eine Einteilung erfolgt nach der Anzahl der Kohlenstoffatome in Triosen (3 C-Atome), Tetrosen (4 C-Atome), Pentosen (5 C-Atome) oder Hexosen (6 C-Atome) oder nach der Aldehyd- bzw. Ketogruppe in Aldosen und Ketosen.
1.1.2.1 Asymmetrische Zentren
Alle Monosaccharide (mit Ausnahme von Dihydroxyaceton) haben mindestens ein asymmetrisch substituiertes Kohlenstoffatom, das man als Chiralitätszentrum (Stereozentrum, stereogenes Zentrum) bezeichnet. Durch die tetraedrische Anordnung der bindenden Orbitale dieses chiralen C-Atoms im Raum und damit auch der Substituenten können Monosaccharide mit genau einem Chiralitätszentrum (Glycerinaldehyd) 2 Konfigurationen annehmen. Es existieren 2 ▶ Stereoisomere, die nicht zur Deckung gebracht werden können und sich wie Bild und Spiegelbild verhalten. Es handelt sich also um 2 ▶ Enantiomere.
Fischer-Projektion. In der Papierebene verwendet man zur Darstellung der dreidimensionalen Struktur von linearen Monosacchariden häufig die Fischer-Projektion, bei der vertikal gezeichnete Bindungen hinter die Papierebene, also vom Leser weg, weisen, horizontale dagegen aus der Ebene auf den Leser zu.
D/L-System. Ein System, das die Anordnung (Konfiguration) der 4 Substituenten am chiralen C-Atom beschreibt, ist das D/L-System. Steht die OH-Gruppe in der Fischer-Projektion links vom chiralen C-Atom, dann handelt es sich um das L-Isomer, steht sie rechts, dann ist es das D-Isomer.
Enantiomere von Glycerinaldehyd
Abb. 1.1 Oben: Perspektivische Darstellung. Unten: Fischer-Projektion.
Für die Klassifizierung der Monosaccharide nach dem D/L-System ist die Konfiguration an dem asymmetrisch substituierten C-Atom entscheidend, das am weitesten vom Carbonylkohlenstoffatom entfernt ist. Entspricht diese Konfiguration der von D-Glycerinaldehyd, dann handelt es sich um ein D-Isomer, entspricht sie der von L-Glycerinaldehyd, dann handelt es sich um ein L-Isomer. Vom D-Glycerinaldehyd ausgehend erhält man durch Verlängerung der Kohlenstoffkette also eine Reihe von D-Aldosen, vom L-Glycerinaldehyd ausgehend eine Reihe von L-Aldosen.
Reihe der D-Aldosen
Abb. 1.2 Verlängert man die Kohlenstoffkette ausgehend vom D-Glycerinaldehyd um eine C(H2O)-Einheit (blau), erhält man 2 Tetrosen. An dem untersten chiralen C-Atom weist die OH-Gruppe (rot) der D-Aldosen nach rechts, bei den L-Aldosen nach links. Unten ist eine Reihe von L-Aldosen mit 6 C-Atomen dargestellt. Die grau hinterlegten Monosaccharide sind in der Natur sehr häufig. *, Chiralitätszentrum
(Quelle: Boeck, Kurzlehrbuch Chemie, Thieme, 2018)
Ein Molekül mit n Chiralitätszentren kann 2n Stereoisomere bilden. Von den Stereoisomeren verhalten sich je 2 Formen wie Bild und Spiegelbild, sind also Enantiomere, die anderen Stereoisomere dieser Gruppe, die keine Spiegelbilder sind, sind ▶ Diastereomere. Die diastereomeren Monosaccharide, die sich nur in der Konfiguration an genau einem chiralen C-Atom unterscheiden, bezeichnet man auch als ▶ Epimere. So sind z.B. Glucose und Galactose Epimere, die sich am C4 unterscheiden, Glucose und Mannose sind ebenfalls Epimere, unterscheiden sich aber am C2.
Ketosen leiten sich von der Triose Dihydroxyaceton ab, das allerdings kein chirales C-Atom besitzt. Die Verlängerung der Kohlenstoffkette führt zu Erythrulose mit einem asymmetrisch substituierten C-Atom, dessen Konfiguration bestimmt, ob es sich um ein D- oder L-Isomer handelt. Die Kette lässt sich weiter verlängern.
Wichtige Ketosen
Abb. 1.3 Verlängert man die Kohlenstoffkette der einfachsten Ketose Dihydroxyaceton um eine C(H2O)-Einheit (blau), erhält man die Tetrose Erythrulose, von der es 2 Enantiomere gibt. Weist die entscheidende OH-Gruppe (rot) am untersten chiralen C-Atom nach rechts, dann handelt es sich um ein D-Isomer, weist sie nach links, dann ist die Ketose ein L-Isomer. Die grau hinterlegten Monosaccharide sind in der Natur sehr häufig. *, Chiralitätszentrum
Lerntipp
In der Prüfung werden dir möglicherweise Strukturformeln von Monosacchariden in der Fischer-Projektion präsentiert. In der Fischer-Projektion direkt erkennen musste man bisher z.B. D-Glucose und D-Fructose.
Lass dich von den vielen Formeln nicht „erschlagen“! Merke dir vor allem die Strukturen, deren Namen in den beiden Bildern grau hinterlegt sind. Mache dir unbedingt den Unterschied zwischen D- und L-Form klar.
Hilfreich sind auch Eselsbrücken, mit denen du dir die Position der OH-Gruppen an C2 bis C5 leicht merken kannst:
D-Glucose: „ta tü ta ta“ steht für rechts, links, rechts, rechts
D-Mannose: „Der erste Mann ist epimer.“ Das bedeutet, dass das erste chirale Zentrum am C2 spiegelbildlich zu dem von D-Glucose ist.
D-Galactose: Ihre Symmetrie ähnelt der eines „galaktischen Raumschiffs“.
Glucose, Galactose und Mannose im Vergleich
Abb. 1.4
(Quelle: Königshoff, Brandenburger, Kurzlehrbuch Biochemie, Thieme, 2018)
1.1.2.2 Ringschluss
Aldotetrosen und alle Monosaccharide (Aldosen und Ketosen) mit mehr als 5 C-Atomen bilden in wässriger Lösung eine Ringstruktur. Der Ringschluss erfolgt durch einen nucleophilen Angriff einer Hydroxygruppe auf den Carbonylkohlenstoff. Im Fall einer Aldose, bei der eine Hydroxygruppe mit der Aldehydgruppe reagiert, entsteht ein intramolekulares Halbacetal, im Fall einer Ketose, bei der eine Hydroxygruppe mit der Ketogruppe reagiert, ist es ein intramolekulares Halbketal.
Beim Ringschluss können sich fünf- oder auch sechsgliedrige Ringe bilden. Einen fünfgliedrigen Ring bezeichnet man wegen seiner Ähnlichkeit zum Furan als Furanose, einen sechsgliedrigen wegen seiner Ähnlichkeit zum Pyran als Pyranose.
Auch die offenkettige Form der Aldosen und Ketosen existiert in geringer Menge in wässriger Lösung. Bei ihr liegt die reaktive Aldehyd- bzw. Ketogruppe frei und kann mit anderen Molekülen reagieren. Sobald die reaktive Gruppe eine Bindung eingegangen ist (z.B in einem Polysaccharid oder in der DNA), kann sich der Ring nicht mehr öffnen.
Bildung einer D-Glucopyranose und einer D-Fructofuranose
Abb....
Erscheint lt. Verlag | 5.4.2023 |
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Reihe/Serie | Endspurt Vorklinik | Endspurt Vorklinik |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Studium ► 1. Studienabschnitt (Vorklinik) ► Biochemie / Molekularbiologie |
Schlagworte | 1. ÄP • Endspurt • IMPP • Lernplaner • M1 • Medizinstudium • Physikum • Prüfungsvorbereitung • Skript |
ISBN-10 | 3-13-244564-9 / 3132445649 |
ISBN-13 | 978-3-13-244564-2 / 9783132445642 |
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