Referenz Orthopädie und Unfallchirurgie: Becken und Hüfte (eBook)
820 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-243544-5 (ISBN)
1 Degenerative und rheumatische Erkrankungen
1.1 Hüftdysplasie im Erwachsenenalter
A. R. Zahedi, B.-D. Katthagen
1.1.1 Steckbrief
Die Hüftdysplasie ist eine häufige Ursache für Hüftgelenkbeschwerden im jungen Alter und später auch für eine Koxarthrose ▶ [1]. Aufgrund eines Überdachungsmangels seitens der Hüftpfanne wird die reduzierte Knorpelfläche überlastet und das Gelenk instabil. Es entwickelt sich eine Hypertrophie des Labrums mit Degeneration und Rissbildung. Zusätzlich findet sich oft eine Hypertrophie der Gelenkkapsel. Durch die mechanische Überlastung wird der Gelenkknorpel immer weitreichender geschädigt, bis zum Vollbild der Dysplasie-Koxarthrose. Abhängig vom Lebensalter bei der Diagnose gibt es konservative und operative Behandlungsverfahren, bei Erwachsenen mit oder ohne Gelenkersatz.
1.1.2 Synonyme
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Hüftgelenkdysplasie
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Dysplasiehüfte
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dezentrierte Hüfte
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angeborene Hüftluxation (als schwerste Form)
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developmental Dysplasia of the Hip
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congenital Dislocation of the Hip
1.1.3 Keywords
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Hüftdysplasie
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Hüftluxation
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Koxarthrose
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Dysplasie-Koxarthrose
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Labrumschaden
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Kapselhypertrophie
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Knorpelschaden
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Spreizhose
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Fettweis-Gips
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gelenkerhaltende Operationen
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CE-Winkel
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Reimers-Index
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Dezentrierung
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hereditäre sensomotorische Neuropathie
1.1.4 Definition
Der Begriff der Hüftdysplasie beschreibt ein angeborenes oder auch erworbenes Überdachungsdefizit an der Hüftpfanne.
1.1.5 Epidemiologie
1.1.5.1 Häufigkeit
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2–4% der Neugeborenen in Deutschland leiden an einer angeborenen Hüftdysplasie. Die Verteilung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland ist regional sehr unterschiedlich.
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Auch international wird eine sehr unterschiedliche Verteilung der Häufigkeit der Dysplasie beschrieben.
1.1.5.2 Altersgipfel
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Einen Altersgipfel für das erste Auftreten der Symptome gibt es nicht. Das liegt an dem breiten Spektrum unterschiedlicher Schweregrade und variabler Einflussfaktoren der Erkrankung.
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Schwere Formen wie die Hüftluxation zeigen schon bei Kleinkindern Symptome.
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Symptome bei weniger schweren Formen sind abhängig von der körperlichen Belastung, dem Körpergewicht, der variablen Auswirkungen einer Instabilität auf Labrum und Knorpel und u.a. auch von der individuellen Schmerzempfindlichkeit.
1.1.5.3 Geschlechtsverteilung
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Beim weiblichen Geschlecht kommt eine Hüftdysplasie häufiger vor.
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Die Geschlechtsverteilung weiblich zu männlich wird mit 4 zu 1 beschrieben.
1.1.5.4 Prädisponierende Faktoren
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Es gibt eine genetische familiäre Disposition.
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Bei Kindern, die aus einer Beckenendlage geboren wurden, wird häufiger eine Hüftdysplasie festgestellt. Weiterhin kommt es auch gehäuft bei einem Fruchtwassermangel (Oligohydramnion) zu einer Hüftdysplasie.
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Die Hüftdysplasie tritt auch gehäuft gemeinsam mit Klumpfüßen oder einem Schiefhals auf.
1.1.6 Ätiologie und Pathogenese
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Eine anlagebedingte Dysplasie der Hüftpfanne ist die Ausgangssituation.
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Weitere Faktoren wie Fruchtwassermangel bedingen einen intrauterinen Platzmangel und damit eine mechanische Mehrbelastung der Hüftpfanne.
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Damit erfolgt eine direkte Störung der Reifung der Hüftpfanne mit Verknöcherungsverzögerung.
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Eine Hyperlaxität der Gelenke wird zusätzlich als mögliche Ursache für eine Hüftdysplasie und Hüftluxation angesehen.
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Bei der hereditären sensomotorischen Neuropathie (HSMN) entwickelt sich nicht selten eine sekundäre Dysplasie.
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Pathologische Muskelzüge wie bei einer spastischen Zerebralparese können ebenfalls eine dysplastische Pfannenentwicklung bewirken.
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Beim Morbus Perthes kann es neben den Formveränderungen am Hüftkopf mit einer Übergröße desselben auch zu einer Entwicklungsstörung der Pfanne mit sekundärer Hüftdysplasie kommen.
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Traumatische Azetabulumverletzungen mit Schädigung der Wachstumsfugen können ebenfalls zu einer erworbenen Hüftdysplasie führen.
1.1.7 Klassifikation und Risikostratifizierung
Der Arbeitskreis Hüftdysplasie der DGOOC hat die in ▶ Tab. 1.1 dargestellte Einteilung der Hüftdysplasie vorgenommen.
Tab. 1.1 Einteilung der Hüftdysplasie durch den Arbeitskreis Hüftdysplasie der DGOOC. Grad | Beschreibung |
1 | Hüftkopf medial der Senkrechten am Pfannenerker (Ombrédanne-Linie) |
2 | Hüftkopf lateral der Ombrédanne-Linie, aber unterhalb einer Waagrechten durch den Erker |
3 | Hüftkopf lateral der Ombrédanne-Linie und auf der Waagrechten durch den Erker |
4 | Hüftkopf lateral der Ombrédanne-Linie und oberhalb der Waagrechten |
1.1.8 Symptomatik
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Das häufigste Symptom sind Leistenschmerzen, die initial nur bei größeren Belastungen, später auch zunehmend im Alltag auftreten.
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Eine Schmerzausstrahlung ins Kniegelenk ist nicht selten dabei zu beobachten.
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Viele Betroffene beschreiben auch Schmerzen, die entlang des M. gluteus medius ziehen und Ausdruck einer Überlastung dieses Muskels sind.
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Das Gangbild ist abhängig vom Schweregrad von einer Glutealinsuffizienz mit Trendelenburg-Hinken geprägt.
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Bei schweren Formen zeigt sich eine signifikante Beinlängendifferenz mit einem daraus resultierenden Verkürzungshinken.
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Typisch ist auch in der Anfangsphase ein wechselhafter Verlauf mit schmerzhaften und schmerzfreien Phasen. Die schmerzfreien Phasen werden im Verlauf kürzer, bis sich dann ein Dauerschmerz einstellt.
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Einige Patienten beschreiben Gelenkgeräusche (Krepitationen), die ein Zeichen für eine Labrumläsion sein können.
1.1.9 Diagnostik
1.1.9.1 Diagnostisches Vorgehen
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Zunächst ist eine genaue Anamneseerhebung einschließlich der Familienanamnese wichtig.
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Als zweiter Schritt ist die klinische Untersuchung mit Beurteilung des Gangbilds und der Provokationstests erforderlich.
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Erst im Anschluss sollte dann die bildgebende Diagnostik folgen (s.u.).
1.1.9.2 Anamnese
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Die...
Erscheint lt. Verlag | 22.2.2023 |
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Reihe/Serie | Referenz | Referenz |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Orthopädie |
Schlagworte | Arthrose • Becken • Chirurgie • Endoprothetik • Hüfte • OP-Techniken • Orthopädie |
ISBN-10 | 3-13-243544-9 / 3132435449 |
ISBN-13 | 978-3-13-243544-5 / 9783132435445 |
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Größe: 74,7 MB
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