Referenz Herzchirurgie (eBook)
1180 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-242612-2 (ISBN)
1 Koronare Herzkrankheit
1.1 Koronare Herzkrankheit
C. Klein
1.1.1 Steckbrief
Die koronare Herzkrankheit ist in den Industrienationen nach wie vor die häufigste Todesursache. Trotz Verbesserungen in der Diagnostik und Therapie wird diese Erkrankung aufgrund der alternden Bevölkerung und steigenden Prävalenz von Diabetes mellitus in den nächsten Jahren diesen Spitzenplatz nicht verlieren. Wesentliches Ziel ist ein Risikoscreening mit möglicher Primär- und Sekundärprävention durch Reduzierung der kardiovaskulären Risikofaktoren. Ein mittlerweile großes Angebot an diagnostischen Methoden dient der Risikoabschätzung sowie der Festlegung von medikamentösen und interventionellen Therapiemöglichkeiten.
1.1.2 Synonyme
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ischämische Herzkrankheit
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koronare Herzerkrankung (KHE)
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stenosierende Koronarsklerose
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Ischemic Heart Disease
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Coronary Heart Disease
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Coronary Artery Disease
1.1.3 Keywords
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koronare Herzkrankheit
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nicht invasive Tests
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therapeutisches Vorgehen
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Ischämie
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Risikofaktoren
1.1.4 Definition
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Die koronare Herzerkrankung (KHK) ist die klinisch relevante Manifestation der Atherosklerose an den Herzkranzarterien.
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Sie führt häufig zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot im Herzmuskel.
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Grundsätzlich ist bei der KHK zwischen der chronischen Form (stabile KHK) und dem akuten Ereignis (akutes Koronarsyndrom) zu unterscheiden.
1.1.5 Epidemiologie
1.1.5.1 Häufigkeit
Die koronare Herzerkrankung ist die Hauptursache für Tod und Invalidität in den entwickelten Ländern. Obwohl weltweit die Mortalität an der KHK in den letzten 4 Dekaden gesunken ist, ist die KHK weiterhin für mehr als ein Drittel der Todesfälle in der Bevölkerung über 35 Jahren verantwortlich.
1.1.5.2 Altersgipfel
Die Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen steigt mit zunehmendem Alter. So liegt diese laut der Framingham-Studie bei 17% in der Bevölkerung zwischen 35 und 64 Jahren und bei 43% zwischen 65 und 94 Jahren.
1.1.5.3 Geschlechtsverteilung
Laut Framingham-Studie sind Männer, insbesondere in jüngeren Jahren (<65 Jahren) deutlich häufiger betroffen als Frauen (12% vs. 5%). Mit zunehmenden Alter bleiben Männer häufiger betroffen, allerdings verringert sich der Abstand (27% vs. 16%).
1.1.5.4 Prädisponierende Faktoren
Neben einer genetischen Disposition (Familienanamnese), dem Alter und Geschlecht (alles nicht beeinflussbare Faktoren) wurden zahlreiche beeinflussbare Risikofaktoren identifiziert: Diabetes mellitus, Dyslipidämie (Hypercholesterinämie, insbesondere LDL-Erhöhung, während HDL-Cholesterin eine protektive Wirkung hat), hohe Blutspiegel von Lipoprotein a, Homocystein, Rauchen, Adipositas, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel.
1.1.6 Ätiologie und Pathogenese
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häufiges Auftreten: Arteriosklerose (atherogene Risikofaktoren → oxidativer Stress → Endothelschädigung → extrazelluläre Akkumulation von LDL-Cholesterin → Oxidierung von LDL → Einwanderung von Leukozyten → intrazelluläre Lipidakkumulation (Beginn der Atherombildung) → Aufnahme des oxidierten LDL von Makrophagen (Schaumzellen) → Migration und Proliferation von glatten Muskelzellen → Kalzifizierung der atherosklerotischen Plaques → progrediente Stenosierung. Ruptur der Plaques mit Freisetzung thrombogener Substanzen kann zum akuten Koronarsyndrom führen. Bei Erreichung eines kritischen Stenosegrads (ca. >75%) kommt es zur Einschränkung des maximal möglichen Blutflusses (z.B. bei Belastung) zum Myokard. Dies führt zur Minderversorgung (Ischämie) und zu möglichen Symptomen (Angina pectoris).
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selteneres Auftreten:
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Koronarspasmus (Prinzmetal-Angina)
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Koronarembolien, Dissektionen, Aneurysmen (z.B. Kawasaki-Syndrom) und Vaskulitiden (z.B. Lupus erythematodes)
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1.1.7 Klassifikation und Risikostratifizierung
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Die KHK hat ein akutes (akutes Koronarsyndrom) oder ein chronisches Stadium.
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Der akute Verlauf wird in Kap. ▶ 1.2 behandelt.
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Der chronische Zustand beinhaltet Patienten mit V.a. KHK oder Patienten mit stabiler Symptomatik oder bekannter KHK auch nach einem akuten Koronarsyndrom.
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Die Risikostratifizierung erfolgt anhand der Beschwerden und der jeweiligen bildgebenden oder invasiven Tests (siehe dort).
Empfehlungen zur Prävention
Prävention der Entwicklung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung bei asymptomatischen Patienten
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Prävention ist definiert als eine koordinierte Reihe von Maßnahmen, entweder auf Bevölkerungsebene oder auf individueller Ebene, um die Auswirkungen von kardiovaskulären Erkrankungen und die damit verbundenen negativen Folgen zu beseitigen oder zu minimieren.
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Die Bedeutung der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist unbestritten.
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Prävention fördert auf Bevölkerungsniveau einen gesunden Lebensstil, auf individueller Ebene durch Reduzierung eines ungesunden Lebensstils und von kausalen kardiovaskulären Risikofaktoren wie LDL-Cholesterin oder Bluthochdruck.
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Für Kliniker ist es wichtig, das CV-Risiko schnell und mit ausreichender Genauigkeit einschätzen zu können.
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Das Screening ist die Identifizierung einer nicht erkannten Krankheit oder eines unbekannten erhöhten CVD-Risikos bei Personen ohne Symptomen.
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Ein systematisches Screening ist bei Männern >40 Jahren und bei Frauen >50 Jahren oder nach der Menopause ohne bekannte CV-Risikofaktoren sinnvoll. Die Risikobewertung ist kein einmaliges Ereignis und sollte z.B. alle 5 Jahre wiederholt werden.
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Die SCORE-Diagramme wurden entwickelt, um das Risiko sowohl in europäischen Populationen mit hohem als auch mit niedrigem (Deutschland, Österreich und Schweiz) Risiko abzuschätzen.
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SCORE-Diagramm für Länder mit niedrigem Risiko: www.escardio.org/static-file/Escardio/Subspecialty/EACPR/Documents/score-charts.pdf
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Die Prävention einer KHK bei einer Person sollte an ihr gesamtes CV-Risiko angepasst werden: Je höher das Risiko, desto intensiver sollten die Maßnahmen sein.
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Personen mit geringem bis mittlerem Risiko (berechneter SCORE <5%): Ratschläge zum Lebensstil, um ihren Status mit niedrigem bis mittlerem Risiko aufrechtzuerhalten.
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Hochrisikopersonen (berechneter SCORE ≥5% und <10%): intensive Lebensstilberatung und ggf. Arzneimittelbehandlung
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Personen mit sehr hohem Risiko (berechneter SCORE ≥10%): Eine medikamentöse Behandlung ist häufiger erforderlich. Allerdings liegt bei Personen im Alter von >60 Jahren das altersspezifisches Risiko normalerweise bei diesen Werten, selbst wenn andere kardiovaskuläre Risikofaktoren „normal“ sind. Deswegen Vorsicht bei Einleitung von Arzneimittelbehandlungen bei allen älteren Menschen mit Risiken über dem Schwellenwert von 10%.
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1.1.8 Symptomatik
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Leitsymptom der koronaren Herzerkrankung ist die Angina pectoris (AP). Sie ist durch Beschwerden (Schmerz, Druckgefühl, Engegefühl, Ziehen) typischerweise retrosternal, aber auch links- und rechtsthorakal oder epigastrisch mit möglicher Ausstrahlung in den Kiefer, die Arme (meist links, ulnare Seite), die Schultern oder den Rücken charakterisiert.
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Typischerweise treten die Beschwerden unter körperlicher oder emotionaler Belastung auf und sistieren rasch in Ruhe und/oder nach Gabe von Nitroglycerin.
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Abschwächung der Beschwerden...
Erscheint lt. Verlag | 23.11.2022 |
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Reihe/Serie | Referenz | Referenz |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizinische Fachgebiete ► Chirurgie ► Herz- / Thorax- / Gefäßchirurgie |
Schlagworte | Chirurgie angeborener Herzfehler • Facharzt für Herzchirurgie • Herzchirurgie • Herzfehler • Herzoperation • Herzschrittmacher • ICD- und CRT-Therapie • Kardiochirurgie • Katheterbasierte Therapie von Herzklappen • Kinderherzchirurgie |
ISBN-10 | 3-13-242612-1 / 3132426121 |
ISBN-13 | 978-3-13-242612-2 / 9783132426122 |
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