Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (eBook)
2244 Seiten
Thieme (Verlag)
978-3-13-243267-3 (ISBN)
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1 Einführung
Peter Falkai, Gerd Laux
1.1 Was ist Psychiatrie? – Definition des Faches
Psychiatrie umfasst die Prävention, Diagnostik und Therapie psychischer Krankheiten des Menschen. Im Zusammenwirken somatischer, neurobiologischer und psychosozialer Faktoren und ihrer Auswirkungen auf psychische Erkrankungen liegt das Wesen der Psychiatrie. Etabliert ist ein biopsychosoziales Krankheitsmodell, zu dem auch das sog. Vulnerabilitäts-Stress-Modell zählt ( ▶ Abb. 1.1, ▶ Abb. 1.2).
Psychiatrie ist ein Fachgebiet der Medizin. Es umfasst die Prävention, Diagnostik und Therapie psychischer Krankheiten des Menschen. Nach ihren methodischen Ansätzen und Forschungsgegenständen werden mehrere Teilgebiete der Psychiatrie unterschieden (s.u.). Die Psychiatrie hat enge Beziehungen zu verschiedenen anderen Disziplinen, insbesondere zur Neurologie, Psychologie, Neuroradiologie, (Molekular-)Biologie, Neuropsychoimmunologie, Genetik, Soziologie, Verhaltensforschung, Anthropologie und den Sozialwissenschaften. Gerade in der Erkenntnis des Zusammenwirkens somatischer, neurobiologischer und psychosozialer Faktoren und ihrer Auswirkungen auf psychische Erkrankungen liegt das Wesen der Psychiatrie. Sie betrachtet den Patienten aus natur-, geistes- und sozialwissenschaftlicher Perspektive, also dreidimensional. Dazu zählen Befunde der Neurowissenschaften zur Beziehung zwischen Gehirn und Psyche ebenso wie Erkenntnisse der Psychologie und Sozialforschung. Etabliert ist deshalb ein biopsychosoziales Krankheitsmodell ( ▶ Abb. 1.1) mit unterschiedlicher Gewichtung je nach Krankheit. Hierzu zählt das sog. Vulnerabilitäts-Stress-Modell, das für den Ausbruch einer psychischen Krankheit prädisponierende („Anlage“, genetische Faktoren) und auslösende (Stressoren, Umweltfaktoren) Faktoren annimmt ( ▶ Abb. 1.2).
Biopsychosoziales Krankheitsmodell
Abb. 1.1
Vulnerabilitäts-Stress-Modell
Abb. 1.2
Abb. 1.2a Abhängig von individueller Vulnerabilität (Disposition, Anfälligkeit) wird bei identischem Stress-Pegel die Schwelle/kritische Grenze zum Krankheits-/Störungsausbruch erreicht.
Abb. 1.2b In Abhängigkeit vom Ausmaß der Vulnerabilität des Individuums (Personen 1 bis 3: keine bis stark ausgeprägte Vulnerabilität) wird bei – in diesem Beispiel – jeweils gleichbleibendem Stresspegel die kritische Grenze zum Ausbruch der psychischen Erkrankung erst bei Person 3 überschritten. S = Stress, V = Vulnerabilität.
(Leucht S, Förstl H. KLB Psychiatrie und Psychotherapie. Thieme; 2018)
Das medizinische Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie umfasst die Prävention, Diagnostik und Therapie psychischer Krankheiten.
Das Fachgebiet „Psychiatrie“ trägt heute laut Weiterbildungsordnung den offiziellen Namen „Fachgebiet Psychiatrie und Psychotherapie“. Gemäß der Weiterbildungsordnung für Ärzte beinhaltet dies die Vorbeugung, Erkennung und somatotherapeutische, psychotherapeutische sowie sozialpsychiatrische Behandlung und Rehabilitation von psychischen Erkrankungen und psychischen Störungen im Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen und toxischen Schädigungen unter Berücksichtigung ihrer psychosozialen Anteile, psychosomatischer Bezüge und forensischer Aspekte.
Das medizinische Fachgebiet „Psychosomatische Medizin und Psychotherapie" umfasst Krankheiten die vorrangig durch psychosoziale und psychosomatische Faktoren bedingt bzw. geprägt werden.
Neben dem Fachgebiet „Psychiatrie und Psychotherapie“ existiert in Deutschland das „Fachgebiet Psychosomatische Medizin und Psychotherapie“. Gemäß Weiterbildungsordnung umfasst dieses Gebiet die Erkennung, psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Krankheiten, an deren Verursachung psychosoziale und psychosomatische Faktoren, einschließlich dadurch bedingter körperlich-psychischer Wechselwirkungen, maßgeblich beteiligt sind, s. Kap. ▶ „Psychosomatische Medizin und psychosomatische Störungen“. In fast allen Ländern weltweit ist der psychosomatische Bereich in das Fachgebiet Psychiatrie integriert, meistens unter dem Begriff der Konsiliar- bzw. Liaison-Psychiatrie.
Eine Zeit lang wurde vor allem zwischen „biologischer Psychiatrie“ und „Sozialpsychiatrie“ unterschieden. Heute ist dies überholt und die geschilderte multidimensionale Sichtweise unumstritten.
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Biologische Psychiatrie: Unter diesem Begriff werden Forschungsansätze und Therapien zusammengefasst, die sich primär (neuro)biologischer Methoden und Verfahren bedienen.
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Biologische Psychiatrie: Unter diesem Sammelbegriff werden Forschungsansätze und Therapien der Psychiatrie zusammengefasst, die sich primär (neuro)biologischer Methoden und Verfahren bedienen. Dazu gehören u. a. neuroanatomische, neuropathologische, neurophysiologische, psychoneuroimmunologische, psychophysiologische, chronobiologische, biochemische, molekularbiologische und genetische Ansätze sowie biologische Therapieverfahren wie die Psychopharmakotherapie.
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Sozialpsychiatrie: Befasst sich mit den sozialen Ursachen und Folgen psychischer Störungen.
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Sozialpsychiatrie: Sie befasst sich mit den sozialen Ursachen und Folgen psychischer Störungen. Schwerpunkt sind die familiären und sozialen Beziehungen, die gesellschaftlichen Bedingungen und die daraus ableitbaren Therapien (Soziotherapie).
Es lassen sich mehrere Teilgebiete unterscheiden, dazu nachfolgend ein paar Hinweise:
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Psychopathologie: Sie beschäftigt sich mit der Beschreibung beeinträchtigten Erlebens, Befindens und Verhaltens.
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Psychopathologie: Sie beschäftigt sich mit der Beschreibung beeinträchtigten Erlebens, Befindens und Verhaltens. Zunächst werden die psychischen Störungen beschrieben, benannt und geordnet (deskriptive Psychopathologie bzw. – im Hinblick auf Klassifikation – klassifikatorische Psychopathologie). Darüber hinaus fragt die Psychopathologie nach den inneren erlebens- und biografiebezogenen Zusammenhängen der psychischen Störungen (verstehende Psychopathologie).
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Psychopharmakologie: Lehre von der Beeinflussung psychischer Vorgänge durch Psychopharmaka.
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Psychopharmakologie: Lehre von der Beeinflussung psychischer Vorgänge durch Psychopharmaka auf neurobiochemischer Grundlage. Sie wird unterteilt in psychopharmakologische Grundlagenforschung und klinische Psychopharmakologie.
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Psychopharmakotherapie (Pharmakopsychiatrie): medikamentöse Behandlung psychischer Krankheiten.
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Psychopharmakotherapie (Pharmakopsychiatrie): medikamentöse Behandlung psychischer Krankheiten. Sie macht heute den weitaus größten Teil der somatisch-biologischen Behandlungsmethoden in der Psychiatrie aus.
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Soziotherapie oder psychosoziale Therapien: soziale Interaktion als Therapeutikum (z.B. Milieutherapie); Beschäftigungs- und Arbeitstherapie (Ergotherapie).
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Soziotherapie oder, neuer, psychosoziale Therapien beinhalten die therapeutische Beeinflussung psychisch Kranker durch Interventionen im sozialen Umfeld im Sinne einer Milieutherapie, soziales Rollentraining und Wiederherstellung alltagspraktischer Funktionen (Beschäftigungs-/Arbeitstherapie).
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Forensische Psychiatrie: Sie beschäftigt sich mit der Begutachtung, der Unterbringung und der Behandlung von psychisch kranken Straftätern.
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Forensische Psychiatrie: Sie beschäftigt sich mit der Begutachtung, der Unterbringung und der Behandlung von psychisch kranken Straftätern u. a. mit der Einschätzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit.
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Kinder- und Jugendpsychiatrie: Erforschung und Behandlung psychischer Störungen bis zum 18. Lebensjahr.
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Erscheint lt. Verlag | 17.11.2021 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychosomatik |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Schlagworte | Affektive Störungen • Arzt in Weiterbildung • Essstörungen • Kinder- und Jugendpsychiatrie • Medizinstudium • Psychiatrie • Psychologie • Psychoonkologie • Psychopharmakotherapie • Psychosomatik • Psychotherapie • Schizophrenie • Suchterkrankungen • Suizidalität |
ISBN-10 | 3-13-243267-9 / 3132432679 |
ISBN-13 | 978-3-13-243267-3 / 9783132432673 |
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