Pflegewissenschaft 1 (eBook)

Fachbuch-Bestseller
Lehr- und Arbeitsbuch zur Einführung in das wissenschaftliche Denken in der Pflege
eBook Download: PDF
2021 | 4. Auflage
400 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-96086-9 (ISBN)

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Pflegewissenschaft 1 -
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Das erfolgreiche Lehrbuch zur Pflegewissenschaft bietet einen umfassenden und verständlichen Überblick über die Theorie- und Methodendiskussion der Pflegewissenschaft, an dem kein Pflegestudierender vorbeikommt.Der Text ist didaktisch lernfördernd gegliedert und regt mit Studienaufgaben, Kontrollfragen, Lesetipps und weiterführender aktualisierte Literatur sowie Beispielen und Internetlinks zum kritischen Denken und selbstgesteuerten Lernen an. Die vierte Auflage wurde neu geordnet, überarbeitet und aktualisiert bezüglich der Beiträge über Postmoderne und Poststrukturalismus, Radikalen Konstruktivismus, ethische Herausforderungen, Rational-Choice-Theorien, gerontologische Pflege, Implementierungswissenschaft, Zusammenhänge zwischen Pflegewissen, -theorie, -klassifikationen und Pflegeprozess, Middle-Range-Theories und einem Ausblick auf die Pflegetheorieentwicklung in deutschsprachigen Ländern. Aus dem Inhalt: Pflegewissenschaft - Versuch einer Grundlegung Wissenschaft - Wissenschaftstheorie - WissenschaftsentwicklungWissensquellen; Definitionen, Entwicklung der PflegewissenschaftPflegewissenschaft und PflegeforschungPflegewissenschaft und EthikWissenschaftstheoretische StrömungenTheorien und Theorieentwicklung in der PflegewissenschaftTheorien und Modelle in der PflegewissenschaftSozialwissenschaftliche Theorieansätze und ihre Bedeutung für die PflegeKritische Diskussion ausgewählter pflegetheoretischer Ansätze

Inhaltsverzeichnis, Widmung, Vorworte 7
Einleitung 19
1 Pflegewissenschaft – Eine Einfu?hrung 23
1.1 Was ist Pflege? 24
1.2 Quellen des Wissens in der Pflege 30
1.2.1 Empirisches Wissen 35
1.2.2 Ethisches Wissen 35
1.2.3 Persönliches, personbezogenes Wissen 36
1.2.4 Intuitives, ästhetisches Wissen 37
1.3 „Wissen ist noch keine Wissenschaft …“ 37
1.4 Pflegewissenschaft – Vier Definitionen und ein eigener Vorschlag 46
1.5 Historische Entwicklung der Pflegewissenschaft 50
1.6 Pflegewissenschaft und Pflegeforschung 59
1.7 Pflegewissenschaft und Ethik 63
1.7.1 Was ist Ethik? 63
1.7.2 Struktur der Ethik in der Pflege 64
1.7.3 Aufgabengebiete der Ethik in der Pflegewissenschaft 65
1.7.4 Pflegeforschung erfordert Ethik 67
1.7.5 Pflegeforschung und Ethikkommissionen 68
1.7.6 Pflegeforschung und Ethikkodizes 69
1.7.7 Sonstige ethische Orientierungshilfen fu?r Forschungsvorhaben in der Pflege 71
1.7.8 Ethische Beurteilung von Pflegetheorien und pflegerelevanten Konzepten 74
1.7.9 Ausblick auf die zuku?nftige Entwicklung 74
1.8 Zusammenfassung 77
2 Wissenschaftstheoretische Strömungen und ihre Bedeutung fu?r die Pflegewissenschaft 85
2.1 Die empirisch-analytische Position 86
2.2 Kritische Theorie (Frankfurter Schule) 92
2.3 Interpretatives Paradigma, qualitative Forschung und Phänomenologie 99
2.3.1 Wissenschaftliche Schulen mit Einfluss auf die qualitative Forschung 99
2.3.2 Erklären versus Verstehen 100
2.3.3 Das interpretative Paradigma 101
2.3.4 Unterscheidung zwischen „quantitativ“ und „qualitativ“ 101
2.3.5 Merkmale der phänomenologischen Analyse 103
2.3.5.1 Phänomenologie als „Lebenswissenschaft“ 103
2.3.5.2 Phänomenologie als Auflösung der „Selbstverständlichkeit“ des Alltags 104
2.3.5.3 Phänomenologie als hermeneutische Rekonstruktion 104
2.4 Radikaler Konstruktivismus 110
2.4.1 Einfu?hrung Konstruktivismus 110
2.4.2 Positionen und Argumentationen des Radikalen Konstruktivismus 112
2.4.2.1 Kognitionspsychologischer Konstruktivismus 113
2.4.2.2 Neurokonstruktivismus 115
2.4.3 Kritik des Radikalen Konstruktivismus 118
2.4.3.1 Argumentationsfehler des Radikalen Konstruktivismus 118
2.4.3.2 „Blinde Flecken“ des Radikalen Konstruktivismus 123
2.4.4 Rezeption des Radikalen Konstruktivismus in der Pflegewissenschaft 125
2.4.5 Fazit: Radikaler Konstruktivismus und Pflegewissenschaft 127
2.5 Poststrukturalismus 128
2.5.1 Prämissen des Strukturalismus 129
2.5.1.1 Sinn und Differenz 129
2.5.1.2 Sprache und Subjekt 130
2.5.2 Nach dem Strukturalismus 130
2.5.2.1 Die Dekonstruktion der Struktur 131
2.5.2.2 Die Dekonstruktion des Signifikats 131
2.5.2.3 Sinn und Un-Sinn 132
2.5.3 Eckpunkte eines sozial- und pflegewissenschaftlichen Poststrukturalismus 133
2.5.3.1 Sprache und Praxis 133
2.5.3.2 Diskontinuität und Historizität 134
2.5.3.3 Macht und Wissen 135
2.5.3.4 Das Innen und das konstitutive Außen 136
2.5.3.5 Die Dezentrierung des Subjekts 137
2.5.3.6 Macht und Subjektivierung 138
2.5.4 Erträge und Kritik der poststrukturalistischen Perspektive 138
2.5.4.1 Erträge 138
2.5.4.2 Kritik 139
2.5.4.3 Antihumanismus oder Erkenntniskritik? 140
2.5.5 Rezeption des Poststrukturalismus in der Pflegewissenschaft 141
2.5.5.1 Macht, Wissen und Diskurs 142
2.5.5.2 Macht und Subjektivierung 142
2.5.5.3 Pflege und ihr konstitutives Außen 143
2.5.6 Fazit 144
2.5.7 Zusammenfassung 145
2.6 Postmoderne 145
2.6.1 Was ist „postmodernes“ Denken? 145
2.6.2 Fazit: „Mitfu?hlendes Wissen“ – Auftrag postmoderner Pflegewissenschaft 146
2.6.3 Was heißt postmodern Wissenschaft betreiben? 148
2.6.4 Die „schmerzempfindiche Vernunft“ 149
2.6.5 Der „Humanismus des anderen Menschen“ (Emmanuel Levinas) 151
2.6.5.1 Schlu?sselsätze 151
2.6.5.2 Hauptthesen 151
2.6.5.3 Kommentar 152
2.6.6 „Die Differenz denken“ (Jean-François Lyotard) 153
2.6.6.1 Schlu?sselsätze 153
2.6.6.2 Hauptthesen 153
2.6.6.3 Kommentar 155
2.6.7 Die soziale Fragilität des Humanen (Zygmunt Bauman) 156
2.6.7.1 Schlu?sselsätze 156
2.6.7.2 Hauptthesen 157
2.6.7.3 Kommentar 158
2.6.8 Hospitality: „Gastfreundschaft“ (Jacques Derrida) 160
2.6.8.1 Schlu?sselsätze 160
2.6.8.2 Hauptthesen 160
2.6.8.3 Kommentar 161
2.7 Zusammenfassung 162
3 Theorien und Modelle in der Pflegewissenschaft 175
3.1 Was sind Theorien? 175
3.1.1 Die Einteilung der Theorien nach ihrer Funktion 176
3.1.2 Einteilung der Theorien nach ihrer Ebene 177
3.1.3 Einteilung der Theorien nach ihrer Reichweite 177
3.2 Pflegetheorien oder Pflegemodelle? 178
3.3 Einteilung von Pflegetheorien und -modellen 179
3.4 Einheitstheorie oder Theorienpluralismus? 182
3.5 Metaparadigmen in der Pflege? 184
3.5.1 Was ist ein Metaparadigma? 184
3.5.2 Auf der Suche nach zentralen Konzepten der Pflegewissenschaft 185
3.5.3 Der theoretische Ansatz von Jacqueline Fawcett 185
3.5.4 Zur Bedeutung der Theorieentwicklung in der Pflegewissenschaft 187
3.6 Zusammenfassung 190
4 Sozialwissenschaftliche Theorieansätze und ihre Bedeutung fu?r die Pflege 193
4.1 Sozialwissenschaftliche Theorien und Pflegewissenschaft 193
4.2 Psychologische Persönlichkeits- und Entwicklungstheorien 196
4.2.1 Begriffsklärung: „Persönlichkeit“ und „Entwicklung“ 196
4.2.2 Persönlichkeitstheorien 197
4.2.3 Entwicklungstheorien 200
4.2.3.1 Lerntheorien 200
4.2.3.2 Bewältigungsorientierte Entwicklungstheorien 204
4.3 Sozialpsychologische Interaktionstheorien 207
4.3.1 Der Symbolische Interaktionismus 208
4.3.2 Verhaltenstheorie 213
4.3.3 Die Rational-Choice-Theorie 216
4.4 Soziologische Systemtheorien 220
4.4.1 Die strukturell-funktionale Theorie (Talcott Parsons) 221
4.4.2 Theorie autopoietischer Systeme (Niklas Luhmann) 223
4.4.2.1 Autopoiesis 225
4.4.2.2 Strukturelle Kopplung 227
4.4.2.3 Operationale Geschlossenheit 227
4.4.2.4 Selbstreferenzialität 228
4.4.2.5 Kommunikation 228
4.4.2.6 Sinn 229
4.5 Zusammenfassung 231
5 Kritische Reflexion pflegetheoretischer Ansätze und Entwicklungen 235
5.1 Ausgewählte Pflegetheorien großer Reichweite 236
5.1.1 Das Roper-Logan-Tierney-Modell 235
5.1.1.1 Theoretischer Hintergrund des Modells 237
5.1.1.2 Zentrale theoretische Konzepte und Aussagen 238
5.1.1.3 Kritik des Theorieansatzes 239
5.1.1.4 Relevanz fu?r Forschung, Ausbildung und Praxis in der Pflege 241
5.1.1.5 Einordnung der pflegetheoretischen Diskussion in Deutschland 243
5.1.2 Dorothea Orem – Die Selbstpflegedefizit-Theorie 245
5.1.2.1 Entwicklung der Selbstpflegedefizit-Theorie 245
5.1.2.2 Pflegespezifische Sichtweisen des Menschen 249
5.1.2.3 Theoriegebäude und elementare Teilkonzepte 250
5.1.2.4 Wissenschaftstheoretische Diskussion innerhalb der Selbstpflegedefizit-Theorie 259
5.1.2.5 Wissenschaftskonzept der Pflege 264
5.1.2.6 Entwicklungsstadien der Pflegewissenschaft 266
5.1.2.7 Ausgewählte Darstellungen der Forschungsliteratur 267
5.1.2.8 Anwendungsorientierte Forschungsarbeiten 267
5.1.2.9 Grundlagenorientierte Forschungsarbeiten 268
5.1.2.10 Stand der Diskussion der Selbstpflegedefizit-Theorie in Deutschland 271
5.1.2.11 Weitere Entwicklung 272
5.1.3 Hildegard Peplau – ein personen- und interaktionsorientierter Ansatz 274
5.1.3.1 Pflegewissenschaftlicher Kontext der Entstehung der Theorie 275
5.1.3.2 Hauptelemente und -aussagen der psychodynamischen Pflegetheorie 275
5.1.3.3 Zur Bedeutung der Theorie der psychodynamischen Pflege 278
5.1.4 Weitere pflegetheoretische Ansätze 280
5.1.4.1 Interaktionstheorien („On Interactions“) 280
5.1.4.2 Outcome-Theorien 282
5.2 Angloamerikanische Theorien – hilfreich oder nicht? 284
5.3 Theorien mittlerer Reichweite (Middle Range Nursing Theories) 286
5.3.1 Begriffsbestimmung und Differenzierung 286
5.3.2 Ausgewählte Beispiele fu?r Theorien mittlerer Reichweite 288
5.3.3 Theorien mittlerer Reichweite – Eine Chance fu?r die Pflege in Deutschland? 290
5.4 Situationsspezifische Pflegetheorien (Theorien geringer Reichweite) 292
5.5 Aktuelle Entwicklungen in der Pflege 293
5.5.1 Neuere Ansätze in der Theorieentwicklung in Deutschland 293
5.5.2 Technik und Neue Technologien in der Pflege 301
5.5.2.1 Eingrenzung und Systematisierung des Themenfeldes 302
5.5.2.2 Konventionelle technische Hilfsmittel 302
5.5.2.3 Hintergru?nde der Etablierung Neuer Technologien in der Pflege 304
5.5.2.4 Technikakzeptanz und Technikkompetenz 312
5.5.2.5 Übergreifende Perspektiven 314
5.5.2.6 Zusammenfassung 315
5.6 Theorieansätze in der gerontologischen Pflege 316
5.6.1 Person-Centred Care 317
5.6.1.1 Der person-zentrierte Ansatz von Tom Kitwood 317
5.6.1.2 Die Selbst-Erhaltungstherapie (SET) nach Barbara Romero 319
5.6.2 Relationship-Centred Care 321
5.6.3 Das Senses-Framework von Mike Nolan 322
5.7 Schlussbemerkung 329
5.8 Das Verhältnis von Theorie und Praxis 330
5.9 Implementierungswissenschaft in der Pflege – Matthias Hoben und Hermann Brandenburg im Gespräch 335
5.10 Zusammenfassung 350
Anhang 365
Glossar 367
Weiterfu?hrende Adressen und Internetlinks 373
Theorien mittlerer Reichweite (Middle Range Theories) 377
Verzeichnis der Herausgeber, Autorinnen und Autoren 387
Sachwortverzeichnis 393

|21|1  Pflegewissenschaft – Eine Einführung


Im Zentrum dieses ersten Kapitels steht eine grundlegende Einführung in die Pflege als wissenschaftliche Disziplin: die Pflegewissenschaft. Ausgangspunkt ist zunächst die Frage, was Pflege eigentlich bedeutet bzw. umfasst. Es folgen einige einführende Überlegungen zum Begriff „Wissenschaft“ sowie zu Merkmalen bzw. Kriterien von Wissenschaftlichkeit. Unterschiedliche Definitionen des Begriffs „Wissenschaft“ sollen aufzeigen, dass es keine einheitliche Bestimmung gibt. Vielmehr ist der Wissenschaftsbegriff abhängig von bestimmten Positionen, die der Autor zu Aufgaben und Zwecken der Wissenschaft einnimmt. Die Analyse und kritische Bewertung dieser Zusammenhänge sind Aufgabe der Wissenschaftstheorie. Am Beispiel von Deduktion und Induktion werden Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Erkenntniswege aufgezeigt. Die Darstellung verschiedener Quellen des Wissens in der Pflege, der Versuch, Pflegewissenschaft als wissenschaftliche Disziplin zu definieren sowie die Entwicklung der Pflegewissenschaft in den USA und in Deutschland bilden den Kern des Kapitels. Vor dem Hintergrund des skizzierten Pflegebegriffs werden eine Arbeitsdefinition von Pflegewissenschaft vorgeschlagen sowie Gegenstand und Aufgaben der Pflegewissenschaft herausgearbeitet. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Bedeutung der Pflegeforschung. Abschließend wird die ethische Dimension der Pflegewissenschaft angesprochen und die Notwendigkeit ethisch-moralischer Reflexionen gezeigt.

Lernziele

Nach dem Durcharbeiten dieses Kapitels sollen Sie…

  • … die Genese und die unterschiedlichen Wortbedeutungen des Begriffs „Pflege“ kennen.

  • … eine eigene Definition des Begriffs „Pflege“ vorlegen können.

  • … Quellen des Wissens in der Pflege benennen können.

  • … ein Verständnis für unterschiedliche Auffassungen von Inhalt und Aufgaben der Pflege bei ausgewählten Pflegewissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern entwickelt haben.

  • … die Begriffe „Wissenschaft“ und „Wissenschaftstheorie“ erklären können.

  • … allgemeine Merkmale und Kriterien kennen, die Wissenschaft von vor- und nichtwissenschaftlichen Konzeptionen und Überlegungen unterscheiden.

  • … sich mit zwei wichtigen wissenschaftstheoretischen Grundbegriffen (Deduktion/Induktion) auseinandergesetzt haben.

  • … die Problematik des Begriffs „wissenschaftlicher Fortschritt“ verstehen.

  • … vor dem Hintergrund verschiedener Definitionen von Pflegewissenschaft eine eigene Begriffserklärung vornehmen können.

  • … einen Überblick über wichtige Stationen der Entwicklung der Pflege als Wissenschaft im In- und Ausland gewinnen.

  • |22|… den Zusammenhang von Pflegewissenschaft und Pflegeforschung verstehen.

  • … ethische Aspekte der Pflegewissenschaft darstellen können.

Schlüsselworte

Pflege, Pflegeverständnis, Wissen, Wissen in der Pflege, Wissenschaft, Wissenschaftstheorie, Pflegewissenschaft, Pflegeforschung, Ethik und Pflegewissenschaft

1.1  Was ist Pflege?


„Wie es scheint, ist sich die Pflege nicht recht im Klaren über ihren Platz im Spektrum der Gesundheitsberufe und über die Rolle, die ihre Vertreter in den heutigen, expandierenden Gesundheitsdiensten spielen können. Und das aus gutem Grund, denn die Konturen der Pflege sind heute einem raschen Wandel unterworfen. Andere Gesundheitsberufe, insbesondere die Ärzteschaft, stellen immer größere Ansprüche an die Pflegekräfte und vonseiten der Laien werden mehr und mehr Funktionen übernommen, die seit den Anfängen des Pflegeberufs als Vorrecht der professionellen Pflege galten. In vielen Situationen lässt sich die fachliche Identität der Pflege gar nicht mehr deutlich eingrenzen und vielen Pflegenden fällt es schwer, gültige Antworten auf bestimmte Fragen zu geben: Was ist Pflege? Was zeichnet die professionelle Pflege aus? Wo hat die Pflege ihren definitiven Zuständigkeitsbereich?“

Ernestine Wiedenbach (1900–1996)

Studienaufgabe 1-1

Was ist Pflege? Notieren Sie Ihre Definition von Pflege! Bitte formulieren Sie in wenigen Sätzen, auf maximal einer Seite, was Sie unter Pflege verstehen.

Der Begriff „Pflege“ wird heute im Sprachgebrauch unserer Gesellschaft geradezu inflationär verwendet. Fragt man den viel zitierten Durchschnittsbürger, was er mit den Begriffen „Pflege“ bzw. „pflegen“ verbindet, so erhält man eine breite Palette von Antworten. Sie reicht von Zusammensetzungen unter Verwendung des Substantivs Pflege in einem sehr weiten Sinne (z. B. Altenpflege, Autopflege, Denkmalpflege, Fußpflege, Hauspflege, Hautpflege, Imagepflege, Jugendpflege, Kinderpflege, Körperpflege, Krankenpflege, Kulturpflege, Landschaftspflege, Mundpflege, Säuglingspflege, Tierpflege, Traditionspflege, Wohlfahrtspflege, aber auch Pflegebedürftigkeit oder Pflegeversicherung) bis hin zu häufig genannten Assoziationen zu diesem Begriff im engeren Sinne (z. B. Dienen, Nächstenliebe, wenig Anerkennung, harte Arbeit, Schichtdienst, Wochenenddienst, Kinder pflegen Eltern, Eltern pflegen Kinder, Großeltern pflegen Enkel, Enkel pflegen Großeltern). Diese Vielschichtigkeit spiegelt sich natürlich auch in verschiedenen Berufsbezeichnungen im Berufsfeld Pflege wider, wie zum Beispiel Gesundheits- und Krankenpflegerin/Krankenpfleger, Kinderkrankenpflegerin/Kinderkrankenpfleger, Altenpflegerin/Altenpfleger, Altenpflegehelferin/Altenpflegehelfer, Heilerziehungspflegerin/Heilerziehungspfleger, Heilerziehungshelferin/Heilerziehungshelfer und Entbindungspflegerin (Hebamme) im Kontext einer noch größeren Zahl von Berufen im sogenannten Berufsfeld Gesundheit. Mit dem Inkrafttreten des am 17.07.2017 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzes über die Pflegeberufe (Pflegeberufegesetz [PflBG]) am 01.01.2020 gilt in Deutschland für mindestens dreijährig beruflich oder hochschulisch ausgebildete Pflegende die neue Berufsbezeichnung „Pflegefachfrau/Pflegefachmann“ (vgl. § 1 Abs. 1), die in der Schweiz schon seit einer Reihe von Jahren eingeführt ist.

Bei dem Versuch einer Eingrenzung des Begriffs „Pflege“ im Sinne dieses Buches zeigt sich, dass er „sowohl für die pflegerische Handlung, die Pflegearbeit als auch für alles steht, was mit dem gesamten Feld zu tun hat (der Beruf, die Theorie und die Praxis)“ (Mühlum, Bartholomeyczik & Göpel, 1997, S. 61).

|23|Etymologisch ist der Ursprung des westgermanischen Verbs „pflegen“ (mittelhochdeutsch: pflegen, althochdeutsch: pflegan, niederländisch: plegen, altenglisch: pleon) nicht endgültig geklärt. Zunächst bedeutete es soviel wie „für etwas einstehen, sich für etwas einsetzen“. Daraus entwickelten sich jedoch sehr rasch (noch in den alten Sprachzuständen) zwei verschiedene Bedeutungen: einerseits „sorgen für, betreuen, hegen“, andererseits „sich mit etwas abgeben, betreiben, gewohnt sein“. Die frühere starke Beugung findet man heute nur noch in altertümlichen oder poetischen Texten („pflog, gepflogen“), allerdings resultiert hieraus die Substantivbildung „Gepflogenheit“, die soviel wie „Gewohnheit“ bedeutet. Im deutschen Sprachgebrauch gruppieren sich um das Verb „pflegen“ die Bildungen „Pflege“ (Sorge, Obhut, Betreuung), „Pfleger“ (Fürsorger, Betreuer, Krankenwärter) ...

Erscheint lt. Verlag 25.10.2021
Mitarbeit Assistent: Gerd Bekel, Volker Fenchel, Reinhard Lay, Meridean Maas, Marcel Remme, Janet Specht
Zusatzinfo zweifarbige Abb.
Sprache deutsch
Gewicht 632 g
Themenwelt Pflege Studiengänge Pflegewissenschaft
Schlagworte Arbeitsbuch • Einführung • Ethik • Lehrbuch • Methoden • Pflege • Pflegemanagement • Pflegepädagogik • Pflegewissenschaft
ISBN-10 3-456-96086-7 / 3456960867
ISBN-13 978-3-456-96086-9 / 9783456960869
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