Kurzlehrbuch Neurologie (eBook)

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2021 | 5. Auflage
504 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-243432-5 (ISBN)

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Kurzlehrbuch Neurologie -  Urs Fischer,  Heinrich Mattle
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<p><strong>Konzentration auf das Wesentliche - das gesamte relevante Neuro-Wissen für Studierende</strong></p> <p>Ohne Vorkenntnisse beginnen und innerhalb kurzer Zeit einen vollständigen Überblick über die Neurologie gewinnen.</p> <p>Die klinisch-neurologische Untersuchung bildet aufgrund ihres hohen Stellenwertes in der Neurologie einen besonderen Schwerpunkt des Buches. Hochwertige Grafiken, zahlreiche klinische Abbildungen sowie übersichtliche Tabellen erleichtern das Verständnis und ermöglichen ein möglichst effizientes Lernen.</p> <p>Neu in der 5. Auflage: <br />- Vollständig überarbeitet <br />- Zahlreiche neue klinische Abbildungen und Grafiken <br /><br />Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht dir ohne weitere Kosten digital in via medici zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App hast du die Buchinhalte auf Wunsch auch offline immer griffbereit.</p>

Thieme Group/Kirsten Oborny |

1 Grundlagen


1.1 Mikroskopische Anatomie des Nervensystems


Key Point

Struktureller und funktioneller Grundbaustein des Nervensystems ist das Neuron. Diese Zelle ist auf die Aufnahme von Reizen und deren Integration und Weiterleitung spezialisiert.

1.1.1 Neuron


Das Neuron besteht aus einem von einer Membran umgebenen Zellkörper bzw. Soma. Dieses enthält einen Kern, Mitochondrien, endoplasmatisches Retikulum, Neurotubuli und Neurofilamente ( ▶ Abb. 1.1). Durch Dendriten, kurze, mehr oder weniger verästelte Zellfortsätze, die afferente Impulse zum Nervenzellkörper leiten, wird die Oberfläche der Zelle vergrößert und damit der zur Verfügung stehende Raum für die interzelluläre Kontaktaufnahme sowie für die Ausbildung von Rezeptoren stark vergrößert. Das morphologische Bild der Dendritenbäumchen variiert bei den verschiedenen Neuronentypen in charakteristischer Weise. So sehen diejenigen der Purkinje-Zellen des Kleinhirns beispielsweise dem Geweih eines Hirsches ähnlich ( ▶ Abb. 1.2). Das Axon, ein meist langer, einzelner Fortsatz, entspringt aus dem Axonhügel. Über ihn leitet die Nervenzelle efferente Impulse weiter an eine andere Nervenzelle oder an ein Effektororgan.

Prinzipiell verfügt jede Nervenzelle über Soma, Axon und einen oder mehrere Dendriten. Anordnung und Struktur der Nervenzellfortsätze (insbesondere der Dendriten) variieren jedoch in Abhängigkeit von der jeweiligen Funktion des Neurons, sodass verschiedene Neuronentypen vorkommen ( ▶ Abb. 1.3).

Abb. 1.1  Schematische Feinstruktur einer Nervenzelle (Neuron).

(nach Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Prometheus LernAtlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von Voll M und Wesker K, Thieme, 2018)

Abb. 1.2 Purkinje-Zelle des Kleinhirns, Mikrofotogramm. Man beachte die zahlreichen Synapsen im Bereich der Dendriten.

(mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Marco Vecellio, Zürich)

Abb. 1.3 Drei Neuronentypen. Die Pfeile zeigen die übliche Richtung der Reizweiterleitung an.

(nach Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Prometheus LernAtlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von Voll M und Wesker K, Thieme, 2018)

1.1.2 Neuroglia


Die den eigentlichen Funktionsanteil des Nervensystems ausmachenden Neurone sind von einem Stützgewebe umgeben. Dieses wird in seiner Gesamtheit als Neuroglia bezeichnet und in Makro- und Mikroglia unterteilt. Astrozyten und Oligodendrozyten sind die wichtigsten Vertreter der Makroglia. Astrozyten haften einerseits an nicht synaptischen Stellen der Neuronoberfläche, andererseits über perivaskuläre Füßchen an 85 % der Kapillaren des Nervensystems. Sie sichern dadurch die Homöostase der Neurone und sind darüber hinaus eine Komponente der Blut-Hirn-Schranke. Oligodendrozyten sind für die Bildung der Markscheiden wichtig. Die ebenfalls zur Makroglia gehörigen Ependymzellen trennen das Hirngewebe vom Liquor cerebrospinalis; im Plexus choroideus bilden sie auch Liquor. Mikrogliazellen entsprechen spezialisierten Makrophagen, die mittels Phagozytose das Hirngewebe schützen und bei entzündlichen und degenerativen Hirnerkrankungen eine regulatorische Rolle spielen.

1.1.3 Markscheiden


Axone, die dünner als 1 µm sind, sind in der Regel nackt, die dickeren sind von einer Markscheide (Myelinhülle) umgeben. Die Myelinhülle entsteht dadurch, dass die Axone gewissermaßen in einen Oligodendrozyten (bzw. im peripheren Nervensystem in eine Schwann-Zelle) einsinken, wobei ein aus einer Doppelzellmembran zusammengesetztes Mesaxon entsteht. In dieses wickeln sich die Axone anschließend ein. Die einzelnen Myelinsegmente, die bis zu 1 mm lang sein können, werden durch Ranvier-Schnürringe oder -Knoten vom nächsten Segment getrennt. Dies spielt für die ▶ elektrische Weiterleitung der Nervenzellimpulse eine wichtige Rolle. Die im Bereich der Ranvier-Schnürringe nur 1–4 µm breiten, „nackten“ Axonsegmente werden nur z.T. von Fortsätzen der angrenzenden Schwann-Zellen bedeckt und sind im Übrigen lediglich durch das Neurilemm vom endoneuralen Interstitium getrennt. In diesem nodalen Axolemm finden sich unter anderem spannungsabhängige Natriumkanäle, während im internodalen Abschnitt Kaliumkanäle vorherrschen.

1.1.4 Synapse


Die Kontaktstelle des Axons mit der nächsten Zelle wird als Synapse bezeichnet. Diese besteht aus einer kolbenförmig aufgetriebenen Axonterminale (dem sog. Bouton) oder einem Parallelkontakt (sog. Bouton en passage), dem synaptischen Spalt sowie der postsynaptischen Membran des nachgeschalteten Neurons/Effektororgans ( ▶ Abb. 1.4). Kurz vor Ausbildung der kolbenförmigen Endverzweigungen verlieren myelinisierte Axone ihre Markscheide. Ein einzelnes Neuron kann durch wenige oder eine Vielzahl von anderen Axonen mittels Synapsen kontaktiert werden. Hier werden z.T. erregende, z.T. hemmende Impulse auf die Nervenzelle übertragen. Synapsen können sich zwischen Axon und Zellkörper, Axon und Dendrit oder zwischen zwei Axonen ausbilden. In den synaptischen Kontakten zwischen Zellen finden konstante Umbauvorgänge statt, was eine der Grundlagen für das Verständnis der funktionellen Adaptationsmöglichkeiten des Nervensystems darstellt. Die Reizübertragung an den Synapsen geschieht durch chemische Überträgersubstanzen, Transmitter, z.B. im zentralen Nervensystem durch Dopamin, Serotonin, Acetylcholin oder Gamma-Aminobuttersäure. Bestimmte Synapsen verbinden die Axone des peripheren Nervensystems mit den Effektororganen, z.B. mit Muskelzellen – Bindeglied ist die ▶ motorische Endplatte – oder mit den Zellen der Drüsen.

Abb. 1.4 Feinstruktur einer Synapse. Gezeigt werden die beiden häufigsten Synapsentypen: (1) bezeichnet eine Dornen- bzw. Spine-Synapse, (2) einen sog. Parallelkontakt bzw. Bouton en passage.

(aus Schünke M, Schulte E, Schumacher U, Prometheus LernAtlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von Voll M und Wesker K, Thieme, 2018)

1.2 Grundlagen der Neurophysiologie


Key Point

Nerven- und Muskelzellen bauen ein Membranpotenzial auf. Sie zeichnen sich durch die Fähigkeit aus, dieses Membranpotenzial auf einen Reiz hin zu verändern (Aktionspotenzial), und zwar durch eine Veränderung der Ionenleitfähigkeit ihrer Membranen. Aktionspotenziale und chemische Reizübertragung an den Synapsen stellen die spezifischen Wege der Informationsübertragung im Nervensystem dar.

1.2.1 Ionenkanäle


Die Neurone sind von einer zweischichtigen Zellmembran umgeben. Diese besteht aus einer inneren Schicht aus Phospholipiden und einer äußeren Schicht aus Glykoproteinen. Spezialisierte Proteinmoleküle innerhalb der Zellmembran bilden Kanäle, die selektiv für Natrium-, Kalium- oder Chloridionen durchlässig sind. Bestimmte Kanäle (z.B. jene an den Synapsen) öffnen sich lediglich, wenn der für sie spezifische Ligand dort haftet, z.B. der für die transzelluläre Reizübertragung zuständige Transmitter. Neben diesen ligandengesteuerten Kanälen finden sich auch spannungsabhängige Kanäle. Diese befinden sich meist an Axonen und werden bei Änderungen des elektrischen Potenzials der Membran geöffnet bzw. geschlossen.

1.2.2 Ruhepotenzial


Innerhalb einer Nervenzelle wird ein elektrisches Potenzial aufgebaut, das auf einer ungleichmäßigen Verteilung von Ionen im Intra- (IZ) und Extrazellulärraum (EZ) der Nervenfaser sowie auf unterschiedlichen Ionenleitfähigkeiten der Zellmembran beruht. Das Ruhepotenzial hängt vor allem vom Verhältnis der Kaliumionenkonzentration ab: Die ruhende Membran ist für Kaliumionen gut durchlässig, hingegen weitgehend undurchlässig für Natriumionen. Da die Kaliumkonzentration im IZ ungefähr 35-mal höher ist als im EZ, diffundieren im Ruhezustand laufend Kaliumionen nach extrazellulär. Hierdurch verliert die Membran auf der Innenseite positive Ladung und lädt sich negativ auf. Die negative Aufladung nimmt so lange zu, bis ihre dem Kaliumausstrom entgegenwirkende Kraft in etwa gleich groß ist wie die durch den Konzentrationsgradienten bedingte Triebkraft der Kaliumionen in Richtung EZ. In der Nettobilanz ist dann kein weiterer Abstrom positiver Ladungen von der Membraninnenseite festzustellen. Dies ist bei einem Wert von –60 bis –90 mV der Fall (= Höhe des Ruhepotenzials).

1.2.3 Aktionspotenzial


Wenn durch Transmittersubstanzen an der Zellmembran Natriumkanäle geöffnet werden, kommt...

Erscheint lt. Verlag 24.3.2021
Reihe/Serie Kurzlehrbuch
Kurzlehrbuch
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Neurologie
Medizin / Pharmazie Studium
Schlagworte Computertomografie • Computertomographie • CT • EEG • Elektroenzephalografie • Elektromyografie • EMG • Epilepsie • Hirnfunktionen • Klinische Neurophysiologie • Klinische Untersuchung • Klinisch-neurologische Untersuchung • Magnetresonanztherapie • Medizinstudium • MRT • Multiple Sklerose • Mumenthaler • Neurologie /Lehrbuch • Neurostatur
ISBN-10 3-13-243432-9 / 3132434329
ISBN-13 978-3-13-243432-5 / 9783132434325
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