Das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren

Seit über einem Jahr Corona-Pandemie ist auch das menschliche Immunsystem verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt.

Dass unser Immunsystem aber keineswegs nur eine Sache des Körpers ist, sondern dass bei der Entstehung von Krankheiten Psyche, Gehirn und Immunsystem aufs engste zusammenwirken, das zeigt eindrucksvoll die Disziplin der Psychoneuroimmunologie. Seit mehr als 25 Jahren forscht Christian Schubert, einer ihrer wichtigsten Vertreter im deutschsprachigen Raum, in dieser noch verhältnismäßig jungen Disziplin.

Der von Christian Schubert und Magdalena Singer herausgegebene Band »Das Unsichtbare hinter dem Sichtbaren. Gesundheit und Krankheit neu denken. Perspektiven der Psychoneuroimmunologie« präsentiert eine beeindruckende Zusammenschau von 12 namhaften Expertinnen und Experten unterschiedlicher Disziplinen – von der Psychoneuroimmunologie, der Psychoanalyse, der Bindungsforschung, der Naturheilkunde bis zur Musikwissenschaft. Ihr gemeinsames Anliegen ist: das Zusammenwirken von Geist und Körper aus neuester wissenschaftlicher Sicht darzustellen und auch für interessierte Laien besser verständlich zu machen.

• So zeigt Eva Peters, wie Stress und Immunsystem bei Neurodermitis geradezu exemplarisch aufs engste zusammenspielen und warum in hochindustrialisierten Ländern diese Krankheit stark im Vormarsch ist.
• Faszinierendes aus der Schlafforschung, etwa zur Bedeutung des REM-Schlafes bei der Immunabwehr, erläutert Tanja Lange.
• Wie menschliches Bindungsverhalten sich unmittelbar in unserem Nerven- und Hormonsystem widerspiegelt und wie Verhaltensänderungen, z. B. durch Psychotherapie, auch auf körperlicher Ebene ihren Niederschlag finden, belegen eindrucksvoll die Befunde Anna Buchheims.
• Über die erstaunlichen Wirkungen der ärztlichen Kommunikation berichtet Hartmut Schröder. So zeigt er anhand der Placebo- und Noceboforschung, dass durch „falsche Kommunikation“ Ängste und ungünstige Krankheitsverläufe regelrecht stimuliert werden können, und dass es in der Medizin dringend einer anderen, einer bewusst geführten „therapeutischen Kommunikation“ bedarf.
• Welche Rolle der Kunst als Mittel der Veränderung – auch in der Medizin – zukommt, das erläutert schließlich Christian Schubert anhand der Person von Joseph Beuys.
• Neben vielen Beispielen aus Wissenschaft und Praxis werden in dem Band auch Grundsatzfragen zur medizinischen Forschung, etwa zum Fetisch der „evidenzbasierten Medizin“, diskutiert, wie Hartmut Schröder dies anhand der Psychoonkologie illustriert.

Das Fazit aller dieser Beiträge ist eindeutig: Es braucht eine neue Medizin, die endlich den ganzen Menschen in Blick nimmt. Wir müssen Gesundheit und Krankheit deshalb völlig neu denken.