Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane (eBook)

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2020 | 7. Auflage
840 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-240325-3 (ISBN)

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Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane -
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Fundiert begutachten in der Orthopädie und Unfallchirurgie Um Gutachten zu verfassen, die vor Gericht standhalten, benötigen Sie neben medizinischem Fachwissen auch juristisches Know-how. Die Neuauflage des Begutachtungsklassikers in der OU erfüllt diesen Anspruch. Sie liefert unabhängige, verlässliche und praktisch anwendbare Handlungsanleitungen zur Erstellung von Gutachten, die den aktuellen Anforderungen der Qualitätssicherung entsprechen. Wie geht der Sachverständige Schritt für Schritt bei seinem Gutachten vor, was hat er zu beachten? Vom Auftrag über die Einbestellung und Untersuchung bis zur Fertigstellung des Gutachtens werden alle Fragen beantwortet. Das Buch wurde in Zusammenarbeit mit der Sektion Begutachtung der DGOU erstellt. Für alle Orthopäden, Unfallchirurgen und Ärzte für PMR, die Gutachten erstellen sowie Juristen und Mitarbeiter der Schlichtungsstellen und Versorgungsträger. Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.

2 Rechtsstellung des Gutachters


P. W. Gaidzik

2.1 Atteste, Befundberichte


2.1.1 Atteste, ärztliche Bescheinigungen (auf Wunsch des Patienten)


Von den behandelnden Ärzten in Praxis und Klinik sind häufig auf Wunsch des Patienten Atteste bzw. Bescheinigungen zu Diagnose und Befunden auszustellen, ggf. mit weiteren Angaben zu

  • Krankheitsverlauf,

  • etwaigen Zukunftsrisiken,

  • vorhandenen therapeutischen Optionen usw.

Merke

Rechtlich betrachtet handelt es sich bei derartigen Bescheinigungen um Privaturkunden im Sinne von § 416 ZPO bzw. um Gesundheitszeugnisse im Sinne von § 278 StGB. Der Inhalt muss also „wahr“ sein.

Der Arzt hat daher beim Abfassen des Attests die notwendige Sorgfalt walten zu lassen, was ihm auch § 25 Musterberufsordnung-Ärzte (MBO-Ä) als berufsrechtliche Pflicht auferlegt. Missachtet der Arzt diese Anforderungen, liegt nicht nur eine Verletzung des Berufsrechts vor, sondern er macht sich u.U. schadenersatzpflichtig und – falls er die Bescheinigung zum Gebrauch bei einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft wider besseres Wissen unrichtig ausstellt – sogar strafbar (§ 278 StGB).

Er muss sich ferner bewusst sein, dass er je nach Zweck der Bescheinigung vom Versicherer, der Behörde (Versicherungsträger, Arbeits-, Versorgungs-, Sozialamt usw.) um ergänzende Erläuterung gebeten oder im Falle eines nachfolgenden Rechtsstreits als – sachverständiger – Zeuge mit möglicher Vereidigung vernommen werden kann.

Zusatzinfo

Er sollte sich daher vor „Gefälligkeitsattesten“ hüten, wie sie gelegentlich von den Patienten erwartet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn die erbetene Bescheinigung über eine bloße Befund- oder Krankheitsbeschreibung hinausgeht, wenn also der behandelnde Arzt eine privatärztliche Stellungnahme zu bestimmten rechtlichen Fragenkomplexen – z.B. Arbeits-, Berufsunfähigkeit, verminderte Erwerbsfähigkeit, Kausalität mit bestimmten (Unfall-)Ereignissen, MdE, GdS bzw. GdB usw. – abgeben soll.

Soweit es sich nicht ohnehin um gesetzlich verankerte Auskunftspflichten (wie z.B. die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit für die Krankenkasse oder den Arbeitgeber auf entsprechenden Vordrucken) handelt, kann der Patient auch aus sonstigen Gründen ein berechtigtes Interesse an solchen Feststellungen haben. Zu denken ist z.B. an die bedingungsgemäß erforderlichen Nachweise für die privaten Kranken- oder die Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen sowie an die Feststellung unfallbedingter Dauerfolgen innerhalb der vertraglich festgelegten Frist in der PUV. Insoweit dürfte ein entsprechender Auskunftsanspruch des Patienten als Nebenpflicht des Behandlungsvertrags zu bejahen sein.(1)

Allerdings wird es dabei nicht selten um Fragenkomplexe gehen, deren Beurteilung gleichermaßen von medizinischen wie außermedizinischen Umständen abhängt, z.B. bei der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der GKV von den Leistungsanforderungen des konkreten Arbeitsplatzes, bei der Berufsunfähigkeit im Sinne der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung von anderen Einsatzmöglichkeiten im Rahmen des bisherigen Berufs oder in zumutbaren Verweisungstätigkeiten. Hier wird rasch die Grenze der ärztlichen Kompetenz erreicht sein, und der Arzt wird sich prüfen müssen, ob er trotz seiner Behandlungsbeziehung eine solche weit in den Rechtsbereich hineinragende Bescheinigung verantworten kann. In Zweifelsfällen sollte er sich eher auf die Beschreibung der geklagten Beschwerden, die objektive Befundlage und die daraus resultierenden funktionellen Beeinträchtigungen beschränken.

Der vom Patienten angegebene Verwendungszweck (z.B. zur Vorlage beim gesetzlichen oder privaten Kranken-, Unfall-, Rentenversicherungsträger, beim Arbeits-, Versorgungs-, Sozialamt usw.) ist in der Bescheinigung regelmäßig zu vermerken, um einen Missbrauch für andere Zwecke auszuschließen.

2.1.2 Befundberichte (auf Anforderung der Leistungsträger bzw. Gerichte)


Nicht nur der Patient, auch Versicherungsgesellschaften, Sozialversicherungsträger, sonstige Behörden sowie nicht zuletzt die Gerichte sind auf Befundberichte des behandelnden Arztes angewiesen. Zumeist werden dann konkrete Fragen gestellt. Häufig wird die Beantwortung dabei durch Verwendung eines Vordrucks erleichtert.

Zusatzinfo

Soweit keine Rechtspflicht zur Äußerung besteht, die den Arzt gleichzeitig von seiner beruflichen Schweigepflicht entbindet, bedürfen solche Auskünfte der Zustimmung des Patienten.

Wird der Bericht aufgrund eines Antrags auf Versicherungs- oder Sozialleistungen angefordert, wird die Zustimmung des Patienten vielfach bereits in den Antragsformularen enthalten sein. Unterstellte man in der Vergangenheit eine konkludente Einwilligung, z.B. durch die Tatsache, dass eine bestimmte Versicherungs- oder Sozialleistung beantragt worden war, erscheint aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen im Datenschutzrecht mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und ihrer Umsetzung im Bundesdatenschutzgesetz eine schriftliche Einverständniserklärung des Patienten unverzichtbar, teils sogar explizit (alternativ in elektronischer Form) vorgeschrieben.(2)

Sofern der Arzt der Aufforderung zur Erstellung eines solchen Berichts unberechtigterweise nicht oder nicht „in angemessener Zeit“ (§ 25 MBO-Ä) nachkommt, können wiederum berufs- und haftungsrechtliche Konsequenzen drohen. Im Sozialverwaltungs- oder gerichtlichen Verfahren kann zudem die Zeugenaussage durch persönliche Ladung und Vernehmung erzwungen werden. Ein solches Verfahren ist für alle Beteiligten mit einem erheblichen Mehraufwand an Zeit und Geld verbunden und schon deshalb möglichst zu vermeiden.

Zusatzinfo

Ungeachtet der rechtlichen Vorgaben sollte es ohnehin ein nobile officium eines jeden Arztes sein, den angeforderten Bericht schnellstmöglich zu erstatten, tragen doch die von ihm mitgeteilten Befunde dazu bei, den Krankheitsverlauf zu verfolgen und unnötige Maßnahmen zu vermeiden. Ferner macht die anfordernde Stelle ihre weiteren Schritte in der Sachbearbeitung (z.B. Einholung von Gutachten) in der Regel davon abhängig, dass zunächst die bereits anderweitig erhobenen Befunde zusammengetragen werden. Jede Verzögerung in der Beantwortung des Ersuchens verlängert daher die Entscheidungsfindung über den Anspruch des Patienten ohne sachliche Rechtfertigung.

Merke

Für den Inhalt eines solchen Berichts gilt das oben Gesagte entsprechend, d.h. er muss richtig und vollständig sein. Insbesondere sind die gestellten Fragen – soweit möglich – zu beantworten.

Die der Anfrage zugrunde liegenden Bestimmungen begründen in der Regel Auskunfts-, jedoch nicht zugleich Herausgabepflichten des Arztes. Liegt aber das Einverständnis des Patienten vor oder ist der Arzt aus sonstigen Gründen von der Schweigepflicht entbunden, können eigene wie auch Fremdbefunde (z.B. Röntgen-, Laborbefunde usw., zweckmäßigerweise in Kopie) beigefügt werden, schon um entsprechenden Rückfragen der anfragenden Stelle vorzubeugen.

Dies dient in mehrfacher Hinsicht auch dem Patienten. Zum einen gebietet es die ärztliche Fürsorgepflicht ebenso wie rechtliche(3) Gründe, bereits vorliegende Untersuchungsergebnisse zu verwerten und so unnötige Mehrfachuntersuchungen zu vermeiden. Zum anderen sind die Sozialleistungsträger und Gerichte sowie die von ihnen bestellten Gutachter im Interesse der vollständigen und wahrheitsgemäßen Sachaufklärung darauf angewiesen, vorhandene Befunde sowie ggf. auch anderweitige Angaben zu Anamnese und Krankheitsverlauf schnell und vollständig zu erhalten, um so eine sachgerechte Beurteilung zu ermöglichen oder ggf. zusätzliche Schritte zur (weiteren) Aufklärung des Sachverhalts veranlassen zu können.

Zusatzinfo

Der Arzt, der seine Unterlagen (in Kopie) vollständig zur Verfügung stellt, hilft daher seinem Patienten bei der schnellen Klärung des Sachverhalts und trägt dazu bei, dass nicht wesentliche Gesichtspunkte mangels Kenntnis der Vorbefunde unberücksichtigt bleiben.

Zumindest sollten die in solchen Unterlagen enthaltenen technischen Befunde (z.B. Labor-, EKG-, Röntgen-, CT-Befunde usw.) angegeben und zudem mitgeteilt werden, bei welchen anderen Ärzten (mit vollständiger Anschrift) diese und weitere Untersuchungen erfolgt sind.

Ausnahmen sind dort denkbar, wo Befundunterlagen Angaben des Patienten bzw. sonstiger Dritter oder Mitteilungen von Kollegen enthalten, die höchstpersönlicher Natur sind und/oder zu dem streitigen Anspruch erkennbar in keiner sachlichen Beziehung stehen. Bei Daten, die dem Patienten aus bestimmten Gründen (z.B. noch nicht mitgeteilter Tumorverdacht,...

Erscheint lt. Verlag 9.12.2020
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Begutachtung
Schlagworte Bewegungsorgane • Haltungsorgane • Orthopädie • Sachverständiger • Traumatologie • Unfallchirurgie
ISBN-10 3-13-240325-3 / 3132403253
ISBN-13 978-3-13-240325-3 / 9783132403253
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