Facharztprüfung Neurologie (eBook)
308 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-242651-1 (ISBN)
1 Allgemeine Neuroanatomie und Neurophysiologie
Volker Limmroth
Frage 1
Beschreiben Sie kurz den Aufbau des menschlichen Gehirns.
Das menschliche Gehirn besteht aus einem Frontallappen, einem Parietallappen, einem Okzipitallappen, den beiden Temporallappen, dem Kleinhirn sowie dem Stammhirn.
Frage 2
Wie werden Nervenfasern nach der Dicke ihrer Markscheiben und ihrer Leitgeschwindigkeit klassifiziert?
A-alpha-Fasern, A-beta-Fasern, A-delta-Fasern, C-Fasern.
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A-alpha-Fasern (IA- oder IB-Fasern): von den anulospiralen Endigungen oder den Golgi-Sehnenorganen, Dicke ca. 16–17μm, Leitgeschwindigkeit 70–120m/s
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A-beta-Fasern (II-Fasern): insbesondere von den Tastscheiben, Dicke ca. 8µm, Geschwindigkeit 15–40m/s
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A-delta-Fasern (III-Fasern): Schmerz, Temperatur und Druckübertragung, Dicke ca. 3µm, Geschwindigkeit 5–15m/s
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C-Fasern (IV-Fasern): Schmerz, Temperatur, grobe Berührung, Dicke ca. 0,2–1µm, Geschwindigkeit 0,2–2m/s
Frage 3
Welche Fasern enthält die hintere Wurzel?
Die Hinterwurzel enthält nur afferente Nervenfasern.
Alle Impulse von Rezeptoren der Haut, Muskeln, Gelenke und der inneren Organe passieren die Wurzel und die zentralen Fortsätze der pseudounipolaren Spinalganglienzellen.
Frage 4
Welche Funktionen werden durch den Hinterstrang (Funiculus posterior) vermittelt?
Die Hinterstränge dienen der Übermittlung von propriozeptiven Impulsen.
Propriozeptive Impulse entstammen zum Teil den Rezeptoren in Muskeln und Sehnen, zum Teil auch den Rezeptoren aus Faszien, Gelenkkapseln und dem tiefen Bindegewebe. Die Afferenzen verlaufen über pseudounipolare Spinalganglienzellen. Die zentralen Fortsätze treten durch die hintere Wurzel in das Rückenmark ein und ziehen zum Hinterstrang (Funiculus posterior), wo sie sich erneut in absteigende und aufsteigende Bahnen trennen. Die aufsteigenden Bahnen enden an den Hinterstrangkernen im unteren Bereich der Medulla oblongata. Innerhalb des Hinterstrangs liegen die vom Bein kommenden Fasern am weitesten medial und die Fasern der oberen Extremität im Zervikalmark etwas weiter außen. In den Hinterstrangkernen erfolgt die synaptische Umschaltung auf das 2. Neuron, das im Tractus bulbothalamicus zum Thalamus zieht.
Frage 5
Welches sind die typischen klinischen Zeichen einer Hinterstrangschädigung?
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Aufhebung des Lage- und Bewegungssinnes
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Astereognosis (Unfähigkeit, ein Objekt durch Betasten zu identifizieren)
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Aufhebung der 2-Punkte-Diskrimination
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Aufhebung des Vibrationssinns
Klinisch zeigt sich im Romberg’schen Stehversuch (Stehen mit parallelen Beinen/Füßen bei geschlossenen Augen und nach vorn gehaltenen Armen) ein omnidirektionales Schwanken. Neurophysiologisch kann man Hinterstrangschädigungen durch somatosensibel evozierte Potenziale oder durch eine Posturografie verifizieren und quantifizieren.
Frage 6
Welche Impulse werden durch den Tractus spinothalamicus geleitet?
Schmerz-, Temperatur-, Berührungs- und Tasteindrücke.
Grundsätzlich wird zwischen einem Tractus spinothalamicus anterior und lateralis unterschieden.
Für die im Tractus spinothalamicus anterior vermittelten Impulse ist das 1. Neuron in den Hautrezeptoren lokalisiert. Die Impulse werden über mittelstark myelinisierte Fasern über die hintere Wurzel zum Rückenmark geleitet, wo der zentrale Fortsatz der Spinalganglienzelle in den Hintersträngen zunächst einige Segmente aufwärts zieht. Kollaterale Fasern ziehen auch 1–2 Segmente nach kaudal, um dann in verschiedener Höhe an Zellen in der grauen Substanz des Hinterhorns synaptisch zu enden. An diesen Synapsen beginnt der Tractus spinothalamicus anterior als 2. Neuron und kreuzt zunächst durch die vordere Kommissur, um im kontralateralen Vorderseitenstrang aufwärts und zusammen mit dem Tractus spinothalamicus lateralis und dem Lemniscus medialis zum Thalamus zu ziehen. Erst im Thalamus werden die Impulse auf ein 3. Neuron umgeschaltet, wonach sie in den Gyrus postcentralis gelangen. Die Art der Impulse, die durch den Tractus spinothalamicus anterior vermittelt werden, sind grobe Berührungs- und Tasteindrücke sowie weniger abgestufte Druckempfindungen.
Der Tractus spinothalamicus lateralis hingegen empfängt Impulse der Schmerz- und Temperaturempfindung aus den freien Nervenendigungen in der Haut. Die zentralen Fortsätze treten durch die Lateralanteile der hinteren Wurzel in das Rückenmark ein, wo sie sich in kurze Kollateralen aufsplitten, um dann innerhalb von 1–2 Segmenten in der Substantia gelatinosa an Zellen des 2. Neurons (Tractus spinothalamicus lateralis) zu enden. Der Tractus spinothalamicus lateralis zieht durch den Hirnstamm in den Thalamus, wo die Umschaltung auf das 3. Neuron, den Tractus thalamocorticalis, stattfindet.
Frage 7
Worin unterscheiden sich die weitergeleiteten Impulse des Tractus spinothalamicus anterior von denen des Tractus spinothalamicus lateralis?
Der Tractus spinothalamicus anterior leitet gröbere Sinneseindrücke weiter.
Der Tractus spinothalamicus anterior leitet grobe Berührungs- und Tasteindrücke weiter, während der Tractus spinothalamicus lateralis Schmerz-, Temperatur- sowie präzisere dermale Impulse wie Kitzeln oder Jucken, aber auch sexuelle Empfindungen weiterleitet.
Frage 8
Über welche Fasern und Neurone werden sensible Impulse afferent weitergeleitet?
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1. Neuron: von den Hautrezeptoren über die Spinalganglien bis zum Tractus spinothalamicus anterior
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2. Neuron: Tractus spinothalamicus anterior bis zum Thalamus
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3. Neuron: vom Thalamus zum Gyrus postcentralis
Das 1. Neuron hat seinen Ursprung in Hautrezeptoren und vermittelt Impulse über mittelstark myelinisierte Fasern zu den Zellen der Spinalganglien und über die hintere Wurzel zum Rückenmark. Im Rückenmark ziehen die zentralen Axone der Spinalganglienzelle in den Hintersträngen etwa 2–15 Segmente nach kranial. Hier beginnt der Tractus spinothalamicus anterior als 2. Neuron. Die Fasern kreuzen von hier direkt in der vorderen Kommissur und ziehen im kontralateralen Vorderseitenstrang nach kranial. Gemeinsam mit den Fasern des Tractus spinothalamicus lateralis enden die Fasern im Thalamus am 3. Neuron, dessen Fasern von hier aus zum Gyrus postcentralis weiterziehen.
Frage 9
Welche peripheren Nerven entspringen aus den zervikalen Wurzelsegmenten C1, C2 und C3?
N. suboccipitalis, N. occipitalis major und minor, N. auricularis magnus und N. transversus colli.
Aus dem Wurzelsegment C1 entspringt ausschließlich der N. suboccipitalis, aus C2 der N. occipitalis major und aus C3 der N. occipitalis minor, der N. auricularis magnus sowie der N. transversus colli.
Frage 10
Worin unterscheiden sich die Funktionen der kortikalen Area 4, 6 und 8 im Hinblick auf das motorische System?
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Area 4: fein abgestufte Willkürmotorik
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Area 6: Bewegungsabläufe
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Area 8: konjugierte Augenbewegung
Die Neurone der Area 4 bestimmen Bewegungen einzelner Muskeln und somit die fein abgestufte Willkürmotorik. Neurone der Area 6 kontrollieren ausgedehntere Bewegungen sowie Bewegungsabläufe eines Armes oder eines Beines. Neurone der Area 8 kontrollieren die konjugierte Augenbewegung.
Frage 11
Beschreiben Sie den Verlauf der Pyramidenbahn.
Motorischer Kortex – Corona radiata – innere Kapsel – Hirnstiel – Brücke – Medulla oblongata – nach Kreuzen von 80–85% der Fasern auf die Gegenseite weiterer Verlauf als Tractus corticospinalis anterior und Tractus corticospinalis lateralis.
Die Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis) verläuft von der motorischen Rinde durch die weiße Substanz (Corona radiata), durch den hinteren Schenkel der inneren Kapsel, durch Anteile des Hirnschenkels, durch die Brücke (Pons) und die Basis der Medulla oblongata. Hier ist die Pyramidenbahn als leichte Vorwölbung zu erkennen (Pyramis) und erhält daher ihren Namen. Am unteren Ende der Medulla kreuzen 80–85% der Fasern auf die Gegenseite, der Rest verläuft ungekreuzt weiter im Vorderstrang als Tractus corticospinalis anterior. Der auf die Gegenseite gekreuzte Anteil verläuft als Tractus corticospinalis lateralis durch den Seitenstrang abwärts und endet an den motorischen Vorderhornzellen.
Bei keinem Säugetier ist die Pyramidenbahn so gut entwickelt und bedeutsam wie beim Menschen. Schädigungen der Pyramidenbahn sind beim Menschen daher (anders als bei Tieren) immer auch mit signifikanten Ausfällen verbunden.
Frage 12
Was versteht man unter dem extrapyramidalmotorischen System (EPS)?
All jene...
Erscheint lt. Verlag | 28.10.2020 |
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Reihe/Serie | Facharztprüfung | Facharztprüfung |
Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Neurologie |
Schlagworte | Demenz • Epilepsie • Facharztprüfung • Kopfschmerzen • Multiple Sklerose • Muskelerkrankungen • Neuroanatomie • Neurologe • Neurologie • Neurophysiologie • Peripheres Nervensystem • Prüfungsvorbereitung • Repetitorium • Schmerzsyndrome • Schwindel |
ISBN-10 | 3-13-242651-2 / 3132426512 |
ISBN-13 | 978-3-13-242651-1 / 9783132426511 |
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