Praxis Aromatherapie (eBook)
440 Seiten
Haug (Verlag)
978-3-13-243473-8 (ISBN)
1 Von der Magie zur Phytotherapie
1.1 Warum Aromatherapie?
Trotz aller medizinischen und technischen Fortschritte ist es mit unserer körperlichen (und seelischen) Gesundheit nicht zum Besten bestellt. Etwas scheint verloren gegangen zu sein: Die uralte Erkenntnis, dass der Mensch ein Ganzes ist, eine Einheit von Körper, Geist und Seele; dass er krank wird, wenn sich dieses Ganze im Ungleichgewicht befindet, und gesund, wenn es im Gleichgewicht, in Harmonie ist.
1.1.1 Den Menschen als Ganzes behandeln
Auf diesem ganzheitlichen Wissen gründen viele überlieferte Behandlungsmethoden – auch die Aromatherapie: die ganzheitliche Behandlung von Beschwerden und Krankheiten mit ätherischen Ölen.
Mit diesen Ölen hält die Natur ein erstaunliches Reservoir an Mitteln bereit, die viele Beschwerden wirkungsvoll lindern und heilen – und zwar auf viel angenehmere Weise, als wir dies im Allgemeinen gewohnt sind. Der wunderbare Duft der ätherischen Öle macht nicht nur die Behandlung selbst zur Wohltat, sondern hilft immer auch auf geistig-seelischer Ebene aktiv beim Gesundwerden.
Und nicht nur der Patient profitiert von der wohltuenden Kraft der heilsamen Düfte, sondern auch der Therapeut.
1.1.2 Teilbereich der Phytotherapie
Die Aromatherapie ist ein Teilbereich der Phytotherapie. Ihre Anwendung beruht ebenso auf langjähriger, weltweiter Erfahrung wie auf wissenschaftlichen Untersuchungen.
Ätherische Öle werden aus Pflanzenmaterial gewonnen, und es werden keine naturidentischen oder synthetischen Substanzen verwendet – das entspricht der Definition von ▶ Phytotherapie. Genau genommen müsste die Aromatherapie demnach Phyto-Aromatherapie heißen.
Sie ist keine eigenständige Therapieform. Leichtere Beschwerden lassen sich gut ausschließlich mit ätherischen Ölen behandeln, und oft können sie sehr gut ergänzend zu anderen medizinischen, physikalischen oder psychologischen Therapieformen eingesetzt werden.
Das Aufstellen einer Duftlampe zur Raumbeduftung oder das Mischen von wohlriechenden Körperölen ist noch keine Aromatherapie. Therapie bedeutet vielmehr: eine gründliche Anamnese, eine Diagnose – und in genauer Kenntnis der Ursache eine gezielte Auswahl, Dosierung und spezielle Anwendung passender ätherischer Öle. Denn nur dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann Aromatherapie wirklich helfen und heilen.
1.1.3 Erfolg speziell in der Krankenpflege
In den letzten Jahren hat die Anwendung ätherischer Öle als Teil der Phytotherapie immer mehr Anhänger gefunden – speziell in der Krankenpflege ( ▶ Abb. 1.1). Dem Pflegeprozess liegt ein Konzept zugrunde, das von der Ganzheit und Individualität des kranken Menschen in seiner besonderen Situation ausgeht. Wie bei anderen komplementären Pflegemethoden soll auch die Pflege mit ätherischen Ölen in erster Linie die Selbstheilungskräfte der Patienten anregen.
Im Gesundheitswesen wird die Rolle der Pflegenden neu definiert; ein zunehmendes Bedürfnis nach eigenverantwortlicher Professionalität ist deutlich zu spüren. Dazu bedarf es einer fundierten Ausbildung in Aromapflege. Der Umgang mit ätherischen Ölen kann somit ein wichtiger Teilbereich in einer verantwortungsvollen Pflegearbeit sein.
Deshalb wenden wir uns mit diesem Buch vor allem an Menschen in Pflegeberufen, ebenso aber an alle anderen in Gesundheitsberufen Tätigen wie Ärzte, Heilpraktiker und Apotheker. Auch medizinische Laien können von den Anregungen für die Selbstbehandlung profitieren.
Wir möchten hier eine Fülle praktischer, therapeutischer Erfahrungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse vermitteln, um zu einer sinnvollen Anwendung ätherischer Öle und deren Trägersubstanzen zu ermutigen.
Abb. 1.1 Aromapflege und Aromatherapie Hand in Hand zum Wohle des Patienten.
(Quelle: Helmut Holtermann, Dannenberg)
Definition
Phytotherapie
Der Begriff „Phytotherapie“ wurde von dem französischen Arzt H. Leclerc (1870–1955) in die medizinische Wissenschaft eingeführt. Mit der ersten Ausgabe des Lehrbuchs „Phytotherapie“ machte Prof. Dr. med. R. F. Weiß die moderne Phytotherapie 1943 in Deutschland bekannt. Die amtliche nationale wie auch EU-Definition lautet sinngemäß: Phytotherapie ist die Heilung, Linderung und Vorbeugung von Krankheiten bis hin zu Befindlichkeitsstörungen durch Arzneipflanzen, deren Teile (z.B. Blüten, Wurzeln) oder Bestandteile (z.B. ätherische Öle) sowie deren Zubereitung (z.B. Tinkturen, Extrakte, Presssäfte) ▶ [87].
Der Gesetzgeber hat die Phytotherapie als „Besondere Therapierichtung“ eingestuft und anerkannt (§ 25, Abs. 7 AMG 1976).
Phytotherapie gehört als besondere Therapierichtung zu den sogenannten Naturheilverfahren, über die der Arzt nach der Approbationsordnung Kenntnis besitzen muss. Demnach ist Phytotherapie nicht alternative Medizin, sondern Teil der heutigen naturwissenschaftlich orientierten Medizin ▶ [108].
1.2 Kurze Geschichte des Duftes
Düfte sind seit Menschengedenken attraktiv und begehrenswert – in Parfüms, zur Pflege und als Heilmittel. Seit Jahrtausenden versuchen die Menschen, diese nicht fassbaren und nicht sichtbaren Stoffe einzufangen und festzuhalten.
Man vermutet, dass es schon lange vor unserer Geschichtsschreibung eine „Duftkultur“ gab. Uralte mündliche Überlieferungen, wie sie in Mythen, Sagen und Symbolen erhalten geblieben sind, belegen das – manche reichen mehr als 5000 Jahre zurück ▶ [70].
1.2.1 Räucherwerk und Salböle
Mit dem Verbrennen von Harzen, Hölzern und aromatischen Pflanzen drückten die Menschen in grauer Vorzeit ihre Verehrung für die Götter aus. Heilige Zeremonien mit Rauchopfern sollten zudem die Gesunden stärken, die Kranken heilen und die Toten schützen.
4000 Jahre alten akkadischen (assyrisch-babylonischen) Texten ist zu entnehmen, dass man damals bereits Duftsalben, Parfümöle (Salböle) und Duftwässer herstellen konnte. Sie wurden bei religiösen Zeremonien, zur Reinigung und Heilung verwendet ▶ [27].
Auch im Alten Testament ist viel von Salbölen und Räucherwerk die Rede.
Die alten Ägypter wussten wie kein anderes Volk, konservierende Öle und Spezereien zum Einbalsamieren der Toten zu verwenden und duftende Gewürze zum Aromatisieren oder Haltbarmachen von Speisen einzusetzen.
Auch in China, Indien und Persien gab es bereits vor über 2000 Jahren ein umfangreiches Wissen um die Schönheitspflege und das Heilen mit ätherischen Ölen, und man beherrschte dort schon sehr früh die Kunst des Destillierens.
Duftstoffe und Gewürze gehörten zu den begehrtesten Handelswaren. So betrieben z.B. Ägypten und Indien einen florierenden Handel mit Rohstoffen aller Art für die Herstellung von Räucherwerk und Parfümartikeln.
Bei den Griechen befassten sich vor allem die Ärzte und Philosophen ausführlich mit den Düften und ihrer Wirkung auf den Menschen.
Die alten Römer entwickelten einen bemerkenswerten Hang zum Wohlleben, bei dem die Duftstoffe eine wichtige Rolle spielten. In jeder Lebenslage umgab man sich mit den köstlichsten Düften, und in Bädern, Salben, Ölen und Parfümen waren sie unentbehrlich. So kommt auch das Wort Parfüm/Parfum aus dem Lateinischen: per fumum = durch den Rauch.
Der Zusammenbruch des römischen Weltreiches und die Wirren der Völkerwanderung waren schuld daran, dass viel von dem alten Wissen um die Heilkraft der Öle verloren ging. Besonders dramatisch war die Vernichtung wertvoller Schriften durch fanatische Araber.
Doch andererseits verdanken wir zwei Arabern, dem Schriftsteller Abulcasis und dem berühmten Arzt Avicenna (arabisch Ali Ibn-Sinah, 980–1037), genaue Aufzeichnungen über die Wasserdampfdestillation. Avicennas Werk Canon medicinae wurde Grundlage der abendländischen Heilkunde; er lehrte unter anderem die Kunst des Heilens mit ätherischen Ölen. Über Spanien und durch die Kreuzzüge gelangte dieses arabische Wissen nach Europa.
...Erscheint lt. Verlag | 5.8.2020 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Naturheilkunde |
Schlagworte | Aromamassage • Aroma-Phytotherapie • Aromatherapie • Ätherische Öle • Duftpflanzen • Duftstoffe • Ganzheitsmedizin • Pflanzenöl • Phytotherapie |
ISBN-10 | 3-13-243473-6 / 3132434736 |
ISBN-13 | 978-3-13-243473-8 / 9783132434738 |
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