Musiktherapie in Hospizarbeit und Palliative Care (eBook)
136 Seiten
Ernst Reinhardt Verlag
978-3-497-61366-3 (ISBN)
Dipl.-Musiktherapeutin Martina Baumann, Heidelberg, Hypnotherapeutin (M.E.I.), arbeitet als Musik- und Psychotherapeutin im Gesundheitszentrum sysTelios. Dipl.-Psych., Dipl.-Gerontol. Dorothea Bünemann, Heidelberg, ist als Musiktherapeutin, Gestalttherapeutin (DVG) und Ausbilderin in Gestaltmusiktherapie in eigener Praxis und in der Weiterbildung tätig.
Dipl.-Musiktherapeutin Martina Baumann, Heidelberg, Hypnotherapeutin (M.E.I.), arbeitet als Musik- und Psychotherapeutin im Gesundheitszentrum sysTelios. Dipl.-Psych., Dipl.-Gerontol. Dorothea Bünemann, Heidelberg, ist als Musiktherapeutin, Gestalttherapeutin (DVG) und Ausbilderin in Gestaltmusiktherapie in eigener Praxis und in der Weiterbildung tätig.
3 Palliative Care und Musiktherapie
Dorothea Bünemann und Martina Baumann
In der kurativen Medizin steht die Heilung, Lebenserhaltung bzw. Lebensverlängerung im Vordergrund. Der Tod eines Patienten gilt in manchen medizinischen Bereichen nach wie vor als „Versagen“ der ärztlichen Kunst. Die Palliativmedizin fokussiert hingegen auf die Linderung von Leiden und richtet sich an Menschen, deren Erkrankung fortschreitend und unheilbar zum Tode führt. „Palliative Care“ (Palliative Medizin, Pflege und Begleitung) entspricht einer Haltung („Attitude“) und Behandlung, welche die Lebensqualität von Patienten und ihren Angehörigen verbessern soll, wenn eine lebensbedrohliche Krankheit vorliegt. Sie erreicht dies, indem sie Schmerzen und andere physische, psychosoziale und spirituelle Probleme frühzeitig und aktiv sucht, immer wieder erfasst und angemessen behandelt (Hospiz-Führer‚ 97, 1998, 17). Erstmalig wurde 1990 der Begriff Palliative Care von der Weltgesundheitsorganisation WHO definiert und erfuhr 2002 eine Überarbeitung, die gegenwärtig Gültigkeit hat. Das Angebot bezieht sich auf „Symptomkontrolle, Rehabilitation, Betreuung in der Terminalphase, Beratung und Unterstützung der Familie, Betreuung zu Hause, im Tageshospiz oder im stationären Bereich, Begleitung in der Trauerphase durch das multiprofessionelle Team“ (Bausewein et al. 2007, 2).
Das herausragende Ziel von Palliative Care ist es, für die Betroffenen eine möglichst hohe Lebensqualität bis zum Tod zu erreichen. „Nicht dem Leben mehr Tage hinzufügen, sondern den Tagen mehr Leben geben“ (frei nach C. Saunders).
Zur Geschichte von Palliative Care
Die moderne Hospizbewegung entstand Mitte des 20. Jahrhunderts und wurde maßgeblich durch Cicely Saunders, Krankenschwester, Sozialarbeiterin und Medizinerin, initiiert. Die Palliativmedizin wurde aus der Hospizbewegung heraus entwickelt, der Begriff Palliative Care durch Balfour Mount, den ärztlichen Direktor der ersten Palliativstation eines Krankenhauses in Montreal, geprägt.
■ 1967 gründete C. Saunders das St. Christopher’s Hospice in London.
■ 1975 wurde die erste Palliativstation weltweit am Royal Victoria Hospital in Montreal eingerichtet.
Zur Entwicklung von Palliative Care in Deutschland
■ 1983 entsteht unter der Leitung von Prof. Dr. Pichlmaier die erste Station bundesweit mit 5 Betten an der Universitätsklinik Köln.
■ 1984 bildet Prof. Student an der Evangelischen Fachhochschule Hannover die Arbeitsgruppe „zu Hause sterben“.
■ 1986 wird in Aachen durch die Initiative von Pater Paul Türks das „Haus Horn“, ein Hospiz mit 53 Betten, gegründet, das von der Ordensgemeinschaft „Oratorium des hl. Philipp Neri“ geleitet wird.
■ 1990 wird am Malteser Krankenhaus in Bonn unter der Leitung von Prof. Klaschik eine Palliativstation eröffnet.
■ 1992 bietet NRW als erstes Bundesland Anlaufstellen zur Pflege Sterbender, Hospizarbeit und Angehörigenbegleitung in Bonn und Münster an. Im selben Jahr wird die Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e. V. zur Förderung von ambulanten, teilstationären und stationären Hospizen und Palliativmedizin (BAG) als bundesweite Interessenvertretung gegründet.
■ 1994 wird die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. (DGP) gegründet.
■ 1995 erarbeitet die BAG Hospiz zusammen mit einer Arbeitsgruppe am Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung bundesweite Empfehlungen hinsichtlich Vorbereitungskursen für ehrenamtliche Hospizhelfer.
■ 1997 wird der neue § 39a SGB V als Rechtsgrundlage für die Subventionierung von stationären Aufenthalten in Hospizen durch die gesetzlichen Krankenkassen implementiert.
■ 2001 wird ein neues Gesetz zur Förderung ambulanter Hospizarbeit verabschiedet. Mittels dieses Gesetzes wird den gesetzlichen Krankenkassen die Bezuschussung ambulanter Hospizarbeit zugewiesen.
Für Sterbenskranke ist somit ein Netzwerk geschaffen worden, in dem palliativmedizinische und palliativpflegerische Tätigkeiten durch hauptamtliche Mitarbeiter und die psychosoziale Begleitung durch ausgebildete ehrenamtliche Hospizhelfer gemeinsam geleistet werden (Kern 2006).
In den letzten 13 Jahren hat eine enorme Entwicklung hinsichtlich der palliativen Versorgung stattgefunden: Von 1996 bis 2008 hat sich die Zahl der stationären Einrichtungen mehr als verfünffacht. Im ambulanten Bereich stieg die Zahl von 451 im Jahr 1996 auf 1.500 im Jahr 2008 an (DHPV 2008). Weitere palliativmedizinsche Einrichtungen und Hospize sind im Aufbau begriffen. Es ist offensichtlich, dass die Palliativmedizin mittlerweile im Gesundheitswesen eine fest verankerte Größe darstellt. Nun geht es aber verstärkt darum, die dort gesammelten Erfahrungen und Ansätze in die traditionelle Versorgung in den Krankenhäusern und Pflegeheimen zu implementieren (Rest 2006), was nicht zuletzt aus ökonomischer Sicht Fragen aufkommen lässt. Doch sei an dieser Stelle gesagt, dass das Sterben in einem Hospiz oder auf einer Palliativstation in Anbetracht der umfassenden Begleitung und nicht in Anbetracht des Leidens ein „Sterben de luxe“ ist, und bislang einer Minderheit sterbender Menschen vorbehalten bleibt.
Die wichtigsten Leitsätze der Hospizarbeit und Palliativmedizin
Palliative Care
■ lindert Schmerzen und andere belastende Beschwerden,
■ bejaht das Leben und erachtet das Sterben als normalen Prozess,
■ will den Tod weder beschleunigen noch verzögern,
■ integriert psychische und spirituelle Aspekte,
■ unterstützt die Patienten, so lange wie möglich aktiv zu bleiben,
■ unterstützt die Angehörigen, die Krankheit des Patienten und die eigene Trauer zu verarbeiten,
■ arbeitet interdisziplinär, um den Bedürfnissen von Patienten und Angehörigen gerecht zu werden,
■ verbessert die Lebensqualität und kann so positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen,
■ kann frühzeitig in der Erkrankung angewendet werden in Kombination mit lebensverlängernden Massnahmen, wie beispielsweise Chemo- und Radiotherapie,
■ beinhaltet auch die notwendige Forschung, um Beschwerden oder klinische Komplikationen besser verstehen und behandeln zu können.
(World Health Organisation Report on Palliative Care (WHO))
Die Entwicklung und Umsetzung der Palliativversorgung gliedert sich in drei Bereiche:
Der ambulante Hospizdienst (AHD) hat zum einen den Anspruch, sich um die häusliche Versorgung Schwerstkranker und Sterbender und die Begleitung und Entlastung der Angehörigen zu kümmern. Diese Begleitung wird zum erheblichen Teil von geschulten ehrenamtlich Tätigen mitgetragen.
Im Hospiz werden schwerstkranke Menschen mit einer begrenzten Lebenserwartung in der Regel bis zu ihrem Tod begleitet. Die palliative Pflege, die Schmerztherapie und die Symptomkontrolle stehen im Vordergrund, eng verwoben mit psychosozialer und spiritueller Betreuung. Die medizinische Betreuung wird von Hausärzten, Schmerztherapeuten oder Palliativmedizinern durchgeführt. Ein Hospiz ist weniger eingebettet in Routinen, wie sie aus Kliniken bekannt sind. „Ein Hospiz ist eine Intensivstation und zugleich eine Wohngemeinschaft“, wie es der Leiter eines Hospizes humorvoll formulierte.
Eine Palliativstation hingegen ist eine eigenständige, in eine Klinik integrierte Station. Im Sinne einer Krisenintervention behandelt sie Patienten, die unheilbar erkrankt sind und deren Lebenserwartung begrenzt ist. Sie bietet die bestmögliche medizinische Versorgung im palliativen Sinn (z. B. Chemotherapie, operative Eingriffe etc. zur Symptomkontrolle und Schmerztherapie).
Musiktherapie in Palliative Care
So manche Veröffentlichungen haben in Fachkreisen dazu beigetragen, dass Musiktherapie mit schwerstkranken und sterbenden Menschen als wertvolles Verfahren anerkannt ist. Die kanadische Musiktherapeutin Susan Munro hat bereits 1986 ihre musiktherapeutische Arbeit mit Sterbenden veröffentlicht. In ihrem Buch „Musiktherapie bei Sterbenden“ beschreibt Munro ihre vielfältigen und vielschichtigen Erfahrungen in der ambulanten und stationären musiktherapeutischen Arbeit in Palliative Care in Montreal. Sie leistete somit musiktherapeutische Pionierarbeit in der „ersten Stunde“ der Palliativmedizin und legte einen Grundstein für das Selbstverständnis musiktherapeutischen Wirkens in eben diesem Kontext. Die Musik- und Psychotherapeutin Monika Renz fokussiert in ihrem Buch „Zeugnisse Sterbender“ (2001) unter anderem auf die Bedeutung und Wirkkomponenten der musiktherapeutisch-spirituellen Begleitung – auf der Grundlage der Analytischen Psychologie Carl Gustav Jungs.
Auch in Fachbüchern und Fachzeitschriften finden sich Erfahrungsberichte (Heinze 2005, Aldridge 2000, Delhay 2008, Sutter / Wormit 2007); Diplomarbeiten wurden zu dem Thema geschrieben (z. B. Pfefferle 2003). Seit 2006 existiert eine „Arbeitsgemeinschaft der Musiktherapeutinnen und Musiktherapeuten in der Onkologie“, die sich auch mit...
Erscheint lt. Verlag | 13.7.2020 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften |
Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Psychiatrie / Psychotherapie | |
Medizin / Pharmazie ► Pflege | |
Schlagworte | Hospiz • Musik • Musiktherapie • Palliativ Care • Therapie |
ISBN-10 | 3-497-61366-5 / 3497613665 |
ISBN-13 | 978-3-497-61366-3 / 9783497613663 |
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