Peritonealdialyse (eBook)
176 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-76042-1 (ISBN)
|17|2 Anatomie und Histologie des Peritoneums
2.1 Einführung
Das Peritoneum bzw. Bauchfell ist eine dünne, samtig glänzende Haut, die alle Verdauungsorgane (viszerale Schicht) und die Innenwand der Bauchhöhle (parietale Schicht) auskleidet und dadurch eine reibungsarme Verschiebung der Bauchorgane ermöglicht. Es ist von feinen Blutgefäßen durchzogen. Das Bauchfell bildet einen abgeschlossenen Raum, in dem sich nur wenig seröse Flüssigkeit befindet. Leber, Gallenblase, Magen, Dünndarm, Colon transversum, Sigma und Milz liegen innerhalb der Peritonealhöhle und werden nahezu vollständig vom Bauchfell bedeckt. Mit der Bauchwand verwachsen, jedoch außerhalb der Peritonealhöhle gelegen, sind Zwölffingerdarm, Bauchspeicheldrüse und der auf- und absteigende Teil des Dickdarms (Colon ascendens und Colon descendens). Auch die Nieren und die Harnleiter liegen retroperitoneal. Der intraperitoneale Raum dehnt sich nach Instillation von Flüssigkeit aus, sodass die meisten Menschen problemlos 2–3 l Dialyselösung intraperitoneal tolerieren. Unter bestimmten krankhaften Umständen – z. B. bei Leber- oder Herzerkrankungen – kann sich dieser Raum mit Flüssigkeit bzw. Aszites füllen.
2.2 Aufbau des Peritoneums
Das Peritoneum besteht im Wesentlichen aus drei Anteilen:
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dem viszeralen Anteil, der die inneren Organe überzieht (ca. 60 %)
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Mesenterium und Omentum (ca. 30 %) und
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dem parietalen Anteil (Zwerchfell und innere Bauchwand) mit 10 %.
Die Gesamtfläche des Peritoneums beträgt beim Erwachsenen etwa 1,7–2,0 m2, die durchschnittliche Dicke 13 ± 6,6 µm.
|18|Zum viszeralen Anteil des Bauchfells gehören das Omentum majus und das Omentum minus, zwei Peritonealfalten, die besser unter dem Begriff „großes“ bzw. „kleines Netz“ bekannt sind. Dieses Netz hat wichtige Aufgaben bei der Fremdkörper- und Infektabwehr und gehört zum retikuloendothelialen System des Körpers. Die verschiedenen Anteile des Bauchfells unterscheiden sich im histologischen Aufbau und entsprechend auch in ihrer Funktion. Alle Anteile sind jedoch eher gefäßarm. Der größte Teil der Blutversorgung erfolgt über die A. mesenterica superior, der venöse Abstrom erfolgt zur Pfortader und zur V. cava inferior und superior (Abb. 2-1).
Feingeweblich besteht das Bauchfell aus verschiedenen Schichten:
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Mesothel
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Interstitium
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Gefäße.
2.2.1 Mesothel
Die gesamte Oberfläche des parietalen und viszeralen Peritoneums wird von einer einlagigen Zellschicht aus Mesothelzellen gebildet. Interessant am Mesothel sind die zahlreichen Mikrovilli. Es handelt sich um Zytoplasmaausstülpungen auf der Lumenseite, die also in direktem Kontakt mit der Dialyselösung stehen. Das Zyto|19|plasma ist ein Grundplasma, umschlossen von einer Zellmembran. Auf 1 mm2 mesothelialer Oberfläche wurden 200 Mio. solcher Mikrovilli berechnet, dies entspricht einer Oberflächenvergrößerung auf das 20-fache. Im viszeralen Anteil sind die Mikrovilli dichter als im parietalen Anteil.
2.2.2 Interstitium und Gefäße
Unter dem Mesothel liegt eine dickere Schicht Bindegewebe, das Interstitium. Es besteht aus einer Grundsubstanz, Fasern und Zellen (Fibroblasten, Makrophagen) und spielt eine wichtige Rolle bei der Heilung nach einer Verletzung, wie z. B. nach einer Peritonitis. Hier verlaufen die Kapillaren, d. h. feine Blutgefäße, die das Peritoneum mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgen.
Über das weitverzweigte Netz dieser Kapillaren im Bauchfell werden gelöste Stoffe, Zellen und Wasser transportiert und durch die Kapillarwände, das Bindegewebe und das Mesothel an die Dialyselösung abgegeben. Als entscheidende Barriere für den Stofftransport dienen die Kapillarwände.
2.2.3 Das Drei-Poren-Modell
Nach dem Drei-Poren-Modell von Rippe und Krediet finden sich in der Peritonealmembran drei verschiedene Arten von Poren:
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Große Poren (r = 20 nm) sind für großmolekulare Substanzen, also z. B. auch für Proteine, durchlässig.
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Kleine Poren (r = 4–6 nm) bilden den Hauptanteil der Poren und sind für Wasser, niedermolekulare Substanzen und Mittelmoleküle durchlässig.
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Transzelluläre Poren oder ultrakleine Wasserporen (r = < 0,5 nm) sind ausschließlich für Wasser durchlässig und werden von spezifischen Membranproteinen (Aquaporinen) in den Endothelzellen der Kapillaren gebildet.
Es muss betont werden, dass es sich bei diesem Modell (Abb. 2-2) um ein rechnerisches Modell handelt, dem keine morphologisch sicher nachweisbaren Strukturen entsprechen.
2.3 Morphologische Veränderungen unter Peritonealdialyse
Durch den ständigen Kontakt mit Dialyselösung verändert sich die Struktur des empfindlichen Peritonealgewebes. Die Mesothelzellen schrumpfen oder lösen sich ab, die interzellulären Spalten weiten sich, die Zahl der Mikrovilli nimmt ab. Diese Veränderungen bleiben jedoch zunächst ohne wesentlichen messbaren Einfluss auf die peritoneale Clearance. Im Verlauf der Behandlung kommt es am Peritoneum jedoch zu erheblichen Veränderungen. So nimmt die submesotheliale Kompaktzone durch Einlagerung von Bindegewebsmaterial und Einwandern von Bindegewebszellen sowie durch Ablagerungen von Fibrin und anderen organischen Substanzen erheblich an Dicke zu. Darüber hinaus kommt es zu einer Zunahme der Vaskularisierung im Bereich der kleinen und kleinsten Gefäße – Veränderungen, die denen bei Diabetes mellitus am Augenhintergrund ganz ähnlich sind.
|21|Unter einer Peritonitis kommt es zu weiteren Komplikationen: Die Dicke des Interstitiums verdoppelt sich annähernd: Flüssigkeit wird in das Bindegewebe des Peritoneums eingelagert, das aufquillt, wodurch sich die Diffusionsstrecke verlängert. Die Transporteigenschaften verändern sich, es kommt zu einer Steigerung der Diffusion von Glukose und anderen kleinmolekularen Substanzen. Erstes Anzeichen für diese Veränderung ist der Rückgang der Ultrafiltration. Leukozyten und Makrophagen treten vermehrt auf. Fibrinfäden heften sich an das Bauchfell und führen ungünstigenfalls dazu, dass Teile des Bauchfells nicht mehr als Austauschfläche für den Stofftransport zur Verfügung stehen. Nach Abheilung einer Peritonitis erholt sich das Peritoneum zwar zum Teil wieder, dennoch können Schäden zurückbleiben und die Transporteigenschaften des Peritoneums erheblich beeinträchtigen.
Auch in der Folge abdomineller Operationen kann es zu einer Abnahme der peritonealen Austauschfläche kommen. Postoperative Verwachsungen führen nicht selten dazu, dass große Anteile des Peritoneums verkleben oder Taschen gebildet werden, sodass die Austauschfläche deutlich reduziert wird. Gelegentlich ist dann eine effektive Dialyse über das Peritoneum nicht mehr möglich.
Kernaussage
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Die Transporteigenschaften des Peritoneums verändern sich im Laufe der PD-Behandlung durch den Kontakt mit der Dialyselösung, ...
Erscheint lt. Verlag | 29.6.2020 |
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Zusatzinfo | 49 Abbildungen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Pflege |
Schlagworte | Aktivitäten • Akutbereich • ambulante Betreuung • Beratung • Besonderheiten • Dialyse • Hämodialoyse • Indikationen • Komplikationen • Konnektoren • Nephrologie • Nierenersatztherapie • Nierenfunktion • Niereninsuffizienz • Peritoneum |
ISBN-10 | 3-456-76042-6 / 3456760426 |
ISBN-13 | 978-3-456-76042-1 / 9783456760421 |
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