Rituale in Alten- und Pflegeheimen -  Sabine Wöger

Rituale in Alten- und Pflegeheimen (eBook)

Gestaltung von Trauer- und Abschiedskultur
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
192 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-4562-2 (ISBN)
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Mit diesem Buch wird den engagierten Pflegekräften in den Alten- und Pflegeheimen eine Hilfestellung für die Gestaltung der Trauer- und Abschiedskultur zur Verfügung gestellt. Es wird grundlegendes Wissen über die Bedeutung, Zielsetzung, Struktur, Planung und Durchführung von Trauer- und Abschiedsritualen vermittelt. Zu den Kategorien `Gedenken und Verabschieden`, `Würdigung`, `Liebe`, `Hoffnung/Unsterblichkeit`, `Loslassen`, `Segnung`, `Verabschieden des Leibes` und `Seelenpflege für das betreuende Team` werden Rituale vorgestellt. Bei der Konzeption der einzelnen Rituale wurde auf Einfachheit in der Vorbereitung und auf Praktikabilität in der Umsetzung großer Wert gelegt. Das Buch beinhaltet auch eine Sammlung tröstender Worte und Lieder.

DDDr.in Sabine Wöger, MMMSc, MEd, ist Gesundheitswissenschafterin und Psychotherapeutin mit einer logotherapeutischen und tiefenpsychologischen Ausrichtung. Palliative Care bildet einen Schwerpunkt ihres beruflichen Wirkens.

IV GESTALTUNG VON RITUALEN


Anlässe für Rituale

Rituale können zu verschiedenen spezifischen Themenstellungen und für Patient*innen, Bewohnende von Alten- und Pflegeheimen, An- und Zugehörige, Pflegefamilien, Betreuende usw. selbst entwickelt werden. Nachstehend sind für die Zeit vor und nach dem Ableben einige Anlässe für Rituale gelistet. Die Aufzählung kann beliebig erweitert werden.

Rituale vor dem Ableben …

  • zum Dank und/oder zur Würdigung

Bsp.: Dank und/oder Würdigung seitens der Angehörigen gegenüber den Erkrankten, Verstorbenen; ebenso seitens der Erkrankten gegenüber den Angehörigen oder dem betreuenden Team

  • zur Vergebung, Versöhnung und/oder Selbstvergebung

Bsp.: Ein Sohn wurde gegenüber seinem Vater schuldig; er möchte seine Reue ausdrücken und ihn um Vergebung bitten

  • zur Verabschiedung und vor Einleitung einer palliativen Sedierung

Bsp.: Ein*e Patient*in erbittet eine letzte palliative Sedierung, aus der er/sie nicht mehr erwachen möchte; zuvor soll ein Abschiedsritual im Beisein der Familie durchgeführt werden

  • zur Verabschiedung bei krankheitsbedingt einsetzender Bewusstseinseintrübung

Bsp.: Wesentliches will noch gesagt werden, zärtliche Berührungen wollen noch bewusst erfahren werden, bevor die Eintrübung des Bewusstseins diese Möglichkeiten verwehrt

  • zur Übergabe von Rollen auf die Nachkommen

Bsp.: Der sterbende Vater übergibt die Rolle des Familienoberhauptes an seinen ältesten Sohn; die Nichte einer schwerkranken Bewohnerin übernimmt die Verantwortung für die Sorge um ihre erwachsene und kognitiv beeinträchtigte Tochter

  • zum Wohlfühlen und Entspannen für Erkrankte bzw. Angehörige

Bsp.: Eine beruhigende Einreibung der Hände mit Wildrosenöl bei ruhiger Musik

  • zur Stärkung des Gottvertrauens

Bsp.: Eine ängstliche Bewohnerin in einem Altenheim möchte gemeinsam mit ihrem Ehemann das Vertrauen in die treue Begleitung und Liebe Gottes stärken

  • zur Stärkung des Glaubens an eine Seelenverbindung nach dem Ableben

Bsp.: Ein sich liebendes Paar möchte sich ewig miteinander verbunden fühlen, auch über den Tod hinaus

Rituale nach dem Ableben …

  • zur Verabschiedung des Leibes, der Seelenhülle eines verstorbenen Menschen

Bsp.: Angehörige nehmen an einer rituellen Totenwaschung teil, berühren Körperteile oder den ganzen Körper ein letztes Mal; sie tun dies sehr bewusst

  • zur Bitte um Gottes Geleit

Bsp.: Hinterbliebene entzünden an der Auferstehungskerze ein Licht für eine verstorbene Person, verweilen in Stille, betend und/oder singend

  • zur Stärkung des zwischenmenschlichen Zusammenhalts

Bsp.: Familienmitglieder sprechen sich die gegenseitige Unterstützung aus

  • zur Bitte um Verzeihung

Bsp.: Hinterbliebene wollen einer verstorbenen Person noch um Verzeihung bitten und Reue bekunden

  • zur Mitteilung von noch wichtigen Botschaften

Bsp.: Hinterbliebene wollen einer verstorbenen Person noch sagen, was ihnen am Herzen liegt und wozu vielleicht vor dem Ableben keine Zeit mehr geblieben ist

Überlegungen vor Durchführung eines Rituals


  • Anlass des Rituals

Leitfrage: Welcher Anlass für ein Ritual liegt vor?

Der Anlass könnte der Abschied von einer religiösen verstorbenen Heimbewohnerin direkt am Totenbett und im Beisein der Angehörigen sein. Es könnte auch um die Durchführung einer Gedenkfeier für die verstorbenen Heimbewohnenden der vergangenen sechs Monate gehen, oder um ein Ritual für die Mitbewohnenden, sodass auch sie ihrer Trauer Ausdruck geben und den Gedanken im Hinblick auf ihre eigene Vergänglichkeit nachspüren können. Es könnte sich auch um ein Ritual für Pflegende handeln, um deren seelische Kraft und den Teamzusammenhalt zu stärken.

  • Ritualbegleiter*in

Leitfrage: Wer begleitet die Anwesenden bei der Durchführung des Rituals?

Die Ritualbegleitung kann auch durch zwei oder mehrere Personen erfolgen. Die Ritualteilnehmenden können in die Ritualgestaltung eingebunden werden, ggfs. nach vorheriger Absprache.

  • Intention/Ziel

Leitfragen: Welche Intention motiviert zur Durchführung eines bestimmten Rituals? Was soll durch das Ritual ermöglicht werden?

Welcher organisatorische und zeitliche Rahmen ist nötig, sodass beispielhaft die Emotionen ausgedrückt und die Betroffenen Trost, Entlastung bzw. Zusammenhalt erfahren können? Was soll bei einem Ritual gesagt, gefühlt, gestärkt, losgelassen usw. weiter? Welche Botschaften sollen ausgesprochen werden? Zielsetzungen könnten beispielsweise der Ausdruck von Dankbarkeit, die Würdigung einer Person und ihres Wirkens, die Stärkung des familiären Zusammenhalts, die Befriedung von Konflikten oder eine Versöhnung sein.

  • Beteiligte Personen

Leitfragen: Welche Personen wollen an einem Ritual teilnehmen bzw. an der Planung und Durchführung mitwirken? Wer soll hierzu noch eingeladen werden?

Vor allem soll auch an jene Mitarbeitenden der Altenpflegeeinrichtung gedacht werden, die mit den verstorbenen Bewohnenden ebenfalls Kontakt hatten, wenn auch nur sporadisch. Beispielsweise erzählte mir eine Mitarbeiterin, sie arbeitete in der Haus-Wäscherei, dass sie nur dann vom Ableben der Bewohnenden erfahre, wenn die Wäsche frisch und gebügelt wieder zurückgeliefert werde. Da sie auch mit dem Verteilen der gewaschenen und gebügelten Wäsche direkt an die Heimbewohnenden betraut war, pflegte sie mit ihnen herzliche Beziehungen, weshalb es ihr ein Anliegen war, sich von den Menschen nach deren Ableben verabschieden zu können.

Wünsche seitens der Angehörigen zur Ritualgestaltung sind der Situation angemessen und wertschätzend aufzunehmen, sofern sie dem Ethos der Einrichtung nicht explizit widersprechen.

In manchen geriatrischen Pflegeeinrichtungen finden die Begräbnisfeierlichkeiten in der hauseigenen Kapelle statt. Zu klären ist, ob es beispielsweise einen Trauerredner oder eine Trauerrednerin gibt, und welche Themen die Rede beinhalten soll. Erfahrungsgemäß ist vor allem den Mitbewohnenden die Teilnahme an einem Requiem ein Anliegen.

  • Religiöse Vorschriften der verschiedenen Konfessionen

Leitfrage: Welche konfessionsspezifischen Gestaltungselemente und Symbole sind zu beachten?

Die Rituale der verschiedenen Konfessionen und Religionsgesellschaften unterliegen jeweils anderen Vorschriften. Beispielhaft sei das Abschiedsritual für gläubige Muslime erwähnt, das in drei Schritten verläuft: Zuerst wird eine rituelle Totenwaschung durchgeführt, bei der männliche Verstorbene von männlichen Muslimen gewaschen werden, weibliche Verstorbene von weiblichen Muslimen. Den zweiten Schritt bildet das Totengebet, und der dritte Schritt erfolgt durch die Beisetzung im Erdgrab, noch am selben Tag.

Nähere Informationen über die spezifischen Bedürfnisse von Zugehörigen ausgewählter gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgemeinschaften zu Sterben und Tod finden Sie in Kapitel VII.

  • Das Leben der/des Verstorbenen

Leitfragen: Was waren die zentralen Geschehnisse und Erfahrungen im Leben des verstorbenen Menschen? Wen hat er und wer hat ihn geliebt? Welches Glück und welche Freude hat er erfahren? Was bleibt nicht versöhnt bzw. unvollendet zurück? Womit hat er gerungen? Welche bereichernden Erinnerungen hinterlässt der/die Verstorbene?

  • Zu Lebzeiten geäußerte Wünsche der Verstorbenen

Leitfrage: Wurden vor dem Ableben Wünsche für die Verabschiedung nach dem Ableben geäußert bzw. verschriftlicht, und falls ja, welche?

Wünsche, die ein verstorbener Mensch zu Lebzeiten festgelegt hat, sollen nach Möglichkeit erfüllt werden. Dies kann eine bestimmte „letzte Kleidung“ sein, ein Foto für die Parte oder der Wunsch nach einer Kremation, Gruft-, Erd- oder Baumbestattung.

  • Zeitpunkt und Ort der Durchführung

Leitfrage: Wann und wo soll das Ritual stattfinden?

Arbeitsfreie Zeiten der Ritualteilnehmenden, die Erreichbarkeit des Ritualortes für gehbeeinträchtigte Personen und/oder kirchliche Feiertage sind bei der Ritualplanung zu beachten.

  • Symbole und Gestaltungselemente...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege
ISBN-10 3-7519-4562-8 / 3751945628
ISBN-13 978-3-7519-4562-2 / 9783751945622
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