Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit psychischen Störungen (eBook)

Praxisbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe
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2020 | 1. Auflage
152 Seiten
Hogrefe AG (Verlag)
978-3-456-96000-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Herausforderndes Verhalten bei Menschen mit psychischen Störungen -  Bo Hejlskov Elvén,  Lomma Hejlskov Elvén,  Sophie Abild McFarlane
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Im Umgang mit Menschen mit psychischen Störungen werden Pflegende oft mit agitierten, ängstlichen, desorientierten, gewalttätigen, manipulativen, selbstverletzenden und suizidandrohenden Handlungen und Reaktionen konfrontiert. Auf diese Verhaltensweisen angemessen zu reagieren, zu deeskalieren und eine bedürfnisgerechte Lösung zu finden, ist fachlich und menschlich schwierig. Welche Lösungen in diesen herausfordernden Situationen machbar und praktikabel sein können, zeigen der erfahrene Psychologe Bo Hejlskov Elvén und die psychiatrie-erfahrene Sophie Abild McFarlane.

Inhaltsverzeichnis und Vorwort 7
Einleitung 15
1 Pru?fen, wer ein Problem hat 23
1.1 Wer löst Frau Kuhns Problem? 25
1.2 Patienten lösen keine Probleme 25
1.3 Zusammenfassung 27
1.4 Weiterfu?hrende Literatur 27
2 Menschliches Verhalten nach individuellen Fähigkeiten 29
2.1 Fähigkeiten, Anforderungen und Erwartungen 30
2.2 Eigenschaften und Normalverteilung 32
2.3 Individuelle Fähigkeiten 33
2.4 Herausforderndes Verhalten ist Teil des Alltags 33
2.5 Überhöhte Anspru?che 34
2.6 Ru?cksicht auf Bedu?rfnisse nehmen 36
2.7 Zusammenfassung 36
2.8 Weiterfu?hrende Literatur 36
3 Sinnvoll erscheinende Handlungen 39
3.1 Handlungen, die Sinn ergeben 40
3.2 Regeln, die keinen Sinn ergeben 41
3.3 Kunstgriffe fu?r eine sinnvolle Alltagsgestaltung 42
3.4 Zusammenfassung 43
3.5 Weiterfu?hrende Literatur 43
4 Verantwortungsu?bernahme 45
4.1 Wer trägt die Verantwortung? 46
4.2 Konsequenzen und Bestrafung 48
4.3 Grenzen unserer Fähigkeiten 50
4.4 Zusammenfassung 51
4.5 Literatur und weiterfu?hrende Literatur 52
5 Misserfolge und Lernen 55
5.1 Lernen wir aus Erfolgen oder Misserfolgen? 56
5.2 Warum Maßregelung nicht funktioniert 57
5.3 Wie ein Verlierer aus Erfolgen lernt 58
5.4 Zusammenfassung 59
5.5 Literatur und Weiterfu?hrende Literatur 59
6 Zusammenarbeitund AffektregulationDieses 61
6.1 Wenn Menschen im Affekt handeln 62
6.2 Das Modell der Affektregulation 63
6.3 Phasen der Affektregulation 64
6.4 Zusammenfassung 65
6.5 Literatur und Weiterfu?hrende Literatur 65
7 Beherrschung nicht verlieren 67
7.1 Das Beste geben 68
7.2 Alternative Strategien anbieten 69
7.3 Zusammenfassung 70
7.4 Weiterfu?hrende Literatur 70
8 Affektu?bertragung 71
8.1 Spiegelneuronen 72
8.2 Wirkung unserer Reaktionen auf Patienten 73
8.3 Warum der Gewinner verliert 75
8.4 Zusammenfassung 75
8.5 Weiterfu?hrende Literatur 75
9 Konfliktlösungen undHandlungsplan 77
9.1 Warum Konflikte aus Lösungsversuchen bestehen 78
9.2 Wenn das Personal gewinnen will 79
9.3 Bei Versagen ist ein Handlungsplan erforderlich 79
9.4 Körperliche Zwangsmaßnahmen vermeiden 80
9.5 Mehrfach fixieren ist eine Methode 81
9.6 Zusammenfassung 81
9.7 Weiterfu?hrende Literatur 82
10 Alltagsanforderungen und eingeschränkte Patientenautonomie 83
10.1 Übliche Anforderungen des Alltags 84
10.2 Einschränkung der Patientenautonomie 84
10.3 Sich Zustimmung einholen 86
10.4 Sinnvolle Strukturen schaffen 87
10.5 Ablenken anstatt Grenzen setzen 89
10.6 Zusammenfassung 89
10.7 Literatur und Weiterfu?hrende Literatur 90
11 Zuerkannte Autorität 91
11.1 Der Hobbessche Staat 92
11.2 Autorität gewinnen und Macht verstehen 93
11.3 Macht verdienen 93
11.4 Allen Bu?rgern steht Meinungsfreiheit zu 94
11.5 Die Meinungsfreiheit der Patienten 95
11.6 Das Recht, Autoritätspersonen zu kritisieren 95
11.7 Autorität und Fu?hrung 97
11.8 Zusammenfassung 97
11.9 Weiterfu?hrende Literatur 98
12 Wir arbeiten in einer Werkstatt 101
12.1 Die Ausreden des Mechanikers 102
12.2 Die Ausreden des Pflegepersonals 103
12.3 Falschparken 104
12.4 Zusammenfassung 105
12.5 Weiterfu?hrende Literatur 105
13 Fallstudien und Handlungspläne 107
13.1 Ein guter Handlungsplan 108
13.2 Unpassend formulierte Aufforderung 110
13.3 Zerstörtes Vertrauen und nur Verlierer 112
13.4 Konfliktsituationen wiederholen sich 112
13.5 Konfliktsituationen verhindern 113
13.5.1 Die Alltagsphase 113
13.5.2 Die Eskalationsphase 113
13.5.3 Die Chaosphase 114
13.5.4 Die Deeskalationsphase 114
13.6 Professionalisierung: auf die Methode fokussieren 115
13.7 Lösungsversuche, die Konflikte eskalieren lassen 116
13.8 Was muss im Alltag geändert werden? 118
13.9 Gewalttätige Konflikte verhindern 118
13.10 Fu?r Entspannung sorgen 119
13.11 Konfliktprävention ist wichtig 119
13.12 Soziale Bedu?rfnisse 121
13.13 Literatur und Weiterfu?hrende Literatur 124
14 Das Prinzip desru?cksichtsvollen Umgangs 127
14.1 Die kleinen Details 130
14.2 Klare Ziele und Beteiligung 130
15 Teil I: Prinzipien 135
16 Teil II: Fallstudien und Handlungspläne 139
17 Herausforderndes Verhalten: Einordnung in die Psychiatrie 141
Sachwortverzeichnis 149

|13|Einleitung


Schreckhaft, verstört, gefährlich?


Warum die Arbeit mit Psychiatriepatienten so herausfordernd sein kann und wie wir damit zurechtkommen

Meine Tochter und ich haben dieses Buch gemeinsam geschrieben. Ich bin Psychologe und bereits seit vielen Jahren als Privatdozent und Pädagoge in der Behindertenhilfe und Psychiatrie tätig. Meine Tochter befindet seit nunmehr zehn Jahren in psychiatrischer Behandlung, die mit ihrem 17. Lebensjahr begann. In diesem Buch haben wir uns vorgenommen, herausforderndes Verhalten sowohl aus der Betroffenen- als auch aus der Beschäftigtenperspektive zu beleuchten. Zwar haben wir die Psychiatrie aus einem jeweils anderen Blickwinkel erlebt, jedoch hinderte uns das nicht, unsere unterschiedlichen Eindrücke zusammenzuführen, was nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken ist, dass wir Vater und Tochter sind.

In meiner Arbeit beschäftige ich mich in erster Linie mit behinderten Menschen, führe Untersuchungen durch und leite Personalschulungen. Mit der stationären Psychiatrie bin ich erstmals als Angehöriger eines Betroffenen in Berührung gekommen.

Es war nicht immer eine angenehme Erfahrung, die Entwicklung meiner Tochter als Außenstehender mitzuerleben. Diese Erfahrung hat mich jedoch umso mehr davon überzeugt, dass wir die Arbeitsmethoden der Psychiatrie weiter entwickeln müssen. Seitdem arbeite ich in der Psychiatrie mit folgendem Ziel: Wir müssen besser darin werden, uns um diejenigen Menschen zu kümmern, die unsere Fürsorge am meisten brauchen.

Wenn ich Beschäftigte in psychiatrischen Einrichtungen unterrichte und ausbilde, bekomme ich häufig die unterschiedlichsten Geschichten zu hören. Darin geht es oft um Patienten, die laut werden, andere bedrohen, handgreiflich werden oder sich selbst verletzen. Aber ich höre auch von Praktiken, wie Patienten in ihr Zimmer zu schicken, zu isolieren, mechanisch zu fixieren oder ihnen Bedarfsmedikamente zu verabreichen. Oft ist der Fokus darauf gerichtet, was der Patient |14|eigentlich tun sollte und was das Personal unternimmt, damit die Patienten ruhig bleiben.

Beschäftigte in der Psychiatrie berichten außerdem häufig davon, dass sie sich machtlos fühlen, wenn Patienten verhaltensauffällig werden. Psychiatriepatienten erzählen ihrerseits von Mitarbeitern, die ihre Stimme erheben und strikten Gehorsam fordern, und von der Unzufriedenheit, nicht über sich selbst bestimmen zu können, – sowie von ihrem Gefühl der Machtlosigkeit. Bei der Zusammenarbeit mit psychiatrischen Einrichtungen habe ich mir im Laufe der Jahre angewöhnt, gezielt nach diesem Gefühl der Machtlosigkeit zu suchen, da es destruktiver ist als jedes andere Gefühl, ganz gleich ob es Mitarbeiter, Patienten oder Angehörige betrifft.

Aus der Betroffenenperspektive ist es leicht verständlich, dass Machtlosigkeit verheerend ist. Als Psychiatriepatient hat man keine Kontrolle über sein Leben und man fühlt sich sowohl dem Personal als auch der eigenen Krankheit ausgeliefert. Das eigene Leben fühlt sich etwa so an, als würde man einen reißenden Fluss hinabgetrieben, kreuz und quer gegen Felsen geworfen und manchmal unter Wasser gedrückt. Machtlosigkeit ist aber auch für die Beschäftigten verheerend. Mitarbeiter, die sich hilflos fühlen, sind häufig streitlustig und begegnen Patienten mit hohen Ansprüchen. Wir als Mitarbeiter reagieren dann z. B. zynisch und resigniert. Und manchmal werden wir so hilflos, dass wir genau die Patienten meiden, um die wir uns eigentlich kümmern sollten.

Wenn aber das ganze System von Machtlosigkeit betroffen ist – wenn sich sowohl das Personal als auch die Patienten machtlos fühlen –, dann handelt es sich um die wohl verheerendste Form der Machtlosigkeit. Anstatt das Problem der Machtlosigkeit gemeinsam anzugehen, kämpfen Personal und Patienten immer erbitterter gegeneinander an. Oft ist die Atmosphäre von gegenseitigem Misstrauen gekennzeichnet. In solchen Situationen greifen Beschäftigte und Patienten zu Verhaltensweisen und Methoden, die nicht die gewünschte Wirkung erzielen. Das ist die extremste Konsequenz von Machtlosigkeit.

Die Hauptaufgabe der Psychiatrie

Die Aufgabe der Psychiatrie liegt in der Diagnostik und Therapie. Da herausforderndes Verhalten aber den Arbeitsablauf stört, sollte der Umgang mit herausforderndem Verhalten möglichst unkompliziert und reibungslos verlaufen, damit sich die Psychiatrie auf ihre eigentliche Tätigkeit konzentrieren kann. Sie besteht allerdings nicht darin, Betroffene zu korrektem Verhalten anzuleiten und sie dahingehend zu therapieren. Vielmehr geht es um Bewältigung und Vorbeugung un|15|günstiger Verhaltensweisen, die den Betroffenen in seiner Entwicklung behindern können, wieder in ein geregeltes Leben zurückzufinden. Bestenfalls geschieht das mithilfe von Methoden, die möglichst wenig Raum, Zeit und Energie beanspruchen. Deshalb liegt es nicht beim Betroffenen, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Vielmehr ist es die Aufgabe der Psychiatrie, Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Patienten gutes Verhalten ermöglichen, sodass die Psychiatrie ihrer behandelnden Tätigkeit gerecht werden kann.

Ziel dieses Buches

Dieses Buch ist ein Versuch, den in der Psychiatrie herrschenden, äußerst unglückseligen Mangel an Wissen über herausforderndes Verhalten zu beheben. Deshalb soll der erfolgreiche, professionelle und evidenzbasierte Umgang mit herausforderndem Verhalten beleuchtet werden. Durch die Auseinandersetzung mit Ansätzen und Methoden wird es uns möglich sein, den Alltag in psychiatrischen Kliniken wie in der ambulanten und sozialpsychiatrischen Versorgung deutlich positiver zu gestalten.

In diesem Buch geht es darum, wie wir uns als Beschäftigte gegenüber Betroffenen verhalten können, damit sie nach der Behandlung ihr Leben wieder selbstbestimmt und selbstverantwortlich bewältigen können. Das Buch richtet sich in erster Linie an Klinikpersonal und Beschäftigte des sozialpsychiatrischen Dienstes, jedoch können auch Mitarbeiter der ambulanten Versorgung von den Methoden und dem Menschenbild davon profitieren. Der Schwerpunkt liegt auf dem Umgang mit herausforderndem Verhalten – und nicht auf der Behandlung –, weshalb es insbesondere für Mitarbeiter hilfreich ist, die in größerem Umfang bzw. nicht nur im therapeutischen Rahmen mit Patienten arbeiten.

In diesem Buch werden keine Diagnosen genannt. Das ist beabsichtigt. Diagnosen sind zwar wichtig für die Behandlung und die Prognose einer Krankheit, jedoch spielen sie keine Rolle, wenn jemand handgreiflich wird oder randaliert.

Der Aufbau dieses Buches

Das Buch ist in drei Teile untergliedert. Der erste Teil besteht aus 11 Kapiteln, die jeweils ein Prinzip vorstellen und erläutern. Ein Prinzip lässt sich als ein Grundsatz definieren, nach dem man handeln sollte. Das erste Kapitel beruht beispielsweise auf dem Grundsatz „Prüfen Sie zuerst immer, wer tatsächlich ein Problem hat“.

Diese Prinzipien sind Bestandteil des Low-Arousal-Approach und basieren auf wissenschaftlicher Forschung zum Umgang mit herausforderndem Verhalten. Ich |16|bin zuversichtlich, dass diese Prinzipien ausreichen, um eine gewisse Offenheit zu schaffen und neue Denk- und Verhaltensmuster zu erproben. Wer den Mut dazu hat, wird in der Regel mit Erfolgen und guten Ergebnissen belohnt. Allerdings verlangt das von Ihnen als Leser eine gewisse Offenheit und Flexibilität.

Jedes Prinzip wird mit einer Alltagssituation (bzw. mit einem Fallbeispiel) illustriert. Die geschilderten Situationen hat die Co-Autorin, meine Tochter Sophie, als Patientin auf Psychiatriestationen und in psychiatrischen Wohnheimen selbst erlebt. Gestatten Sie, dass sich Sophie vorstellt.

Sophie

„Die oben beschriebene Situation, in der sich die Mitarbeiter wie auch die Betroffenen machtlos fühlen und es zu Gewalt und Auseinandersetzungen kommt, habe ich, Sophie, aus erster Hand erlebt. Mehr als zehn Jahre, von meinem 17. Lebensjahr an, war ich in stationärer und ambulanter Behandlung, wurde sozialpsychiatrisch betreut und wohnte in psychiatrischen Wohnheimen. Mein Beitrag zu diesem Buch sind die Fallbeispiele, die den Ausgangspunkt für jedes Kapitel bilden. Die Beispiele beschreiben Situationen, die ich oder...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Pflege
Schlagworte Gesundheitsberufe • Pflegegewalt • Psychiatrie • suizidandrohendes • Verhalten
ISBN-10 3-456-96000-X / 345696000X
ISBN-13 978-3-456-96000-5 / 9783456960005
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