Trauma verstehen, bearbeiten, überwinden (eBook)

Ein Übungsbuch für Körper und Seele
eBook Download: EPUB
2020 | 6. Auflage
164 Seiten
Trias (Verlag)
978-3-432-11105-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Trauma verstehen, bearbeiten, überwinden -  Luise Reddemann,  Cornelia Dehner-Rau
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Durch Trauma wachsen Traumatische Erlebnisse können sehr vielfältig sein: von schweren kindlichen Verlusterfahrungen bis zu sexualisierter Gewalt. Viele Betroffene leiden lange an den Folgen dieser extrem belastenden seelischen Erfahrungen. Sie wollen sich vor allem wieder geborgen fühlen und die quälenden Erinnerungen hinter sich lassen. Die gezielten Methoden der modernen Traumatherapie helfen, neues Zutrauen zu sich und anderen zu entwickeln. - Selbstheilung: Aktivieren Sie Ihre erstaunlichen Kräfte der Regeneration. - Resilienz: Mit den speziell entwickelten Übungen erhöhen Sie Ihre Widerstandskraft gegenüber den Stürmen des Lebens. - Hilfe: Entdecken Sie Ihre Ressourcen durch Körperübungen und Gedankenreisen.

Prof. Dr. med. Luise Reddemann ist Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalytikerin. Bis Ende 2003 leitete sie die Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld. Dort entwickelte sie ihr erfolgreiches Behandlungsangebot für Menschen mit Traumafolgeerkrankungen, das sie in zahlreichen Veröffentlichungen der Fachwelt wie auch Betroffenen vorgestellt hat. Wegen ihres Engagements für traumatisierte Frauen erhielt sie mehrere Auszeichnungen. Prof. Reddemann gilt als eine der Pionierinnen der Traumatherapie in Deutschland. Sie ist Honorarprofessorin für Psychotraumatologie und Medizinische Psychologie an der Universität Klagenfurt. www.luise-reddemann.de Dr. med. Cornelia Dehner-Rau ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Nach ihrem Medizinstudium in Würzburg arbeitete sie mehrere Jahre an einer Klinik für Psychosomatik und Verhaltensmedizin. Mehr als 15 Jahre behandelte sie an der Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld insbesondere Menschen mit Traumafolgeerkrankungen. Sie publizierte Bücher zu Angststörungen, Suchterkrankungen und zum besseren Verständnis von Gefühlen.

Prof. Dr. med. Luise Reddemann ist Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin und Psychoanalytikerin. Bis Ende 2003 leitete sie die Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld. Dort entwickelte sie ihr erfolgreiches Behandlungsangebot für Menschen mit Traumafolgeerkrankungen, das sie in zahlreichen Veröffentlichungen der Fachwelt wie auch Betroffenen vorgestellt hat. Wegen ihres Engagements für traumatisierte Frauen erhielt sie mehrere Auszeichnungen. Prof. Reddemann gilt als eine der Pionierinnen der Traumatherapie in Deutschland. Sie ist Honorarprofessorin für Psychotraumatologie und Medizinische Psychologie an der Universität Klagenfurt. www.luise-reddemann.de Dr. med. Cornelia Dehner-Rau ist Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Nach ihrem Medizinstudium in Würzburg arbeitete sie mehrere Jahre an einer Klinik für Psychosomatik und Verhaltensmedizin. Mehr als 15 Jahre behandelte sie an der Klinik für Psychotherapeutische und Psychosomatische Medizin des Evangelischen Krankenhauses Bielefeld insbesondere Menschen mit Traumafolgeerkrankungen. Sie publizierte Bücher zu Angststörungen, Suchterkrankungen und zum besseren Verständnis von Gefühlen.

1 Was sind traumatische Erfahrungen?


Traumatische Erfahrungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie unsere Verarbeitungsfähigkeit weit übersteigen. Wir wollen der Situation entfliehen oder kämpfen und uns in Sicherheit bringen.

Wir sind in der Klemme, weil wir uns nur noch ohnmächtig und hilflos fühlen. Und das ist schwer auszuhalten. Ohnmacht, Todesangst und Hilflosigkeit sind vermutlich die unangenehmsten Erfahrungen, die wir in unserem Leben zu erleiden haben. Dennoch erleiden Menschen wie auch Säugetiere solche Erfahrungen und haben einige Mechanismen entwickelt, damit irgendwie doch fertig zu werden. Wie? Das werden wir weiter unten besprechen.

Stellen Sie sich vor, Sie machen gut gelaunt an einem schönen Sonnentag im Mai eine kleine Spazierfahrt auf einer selten befahrenen Landstraße im Gebirge. Sie freuen sich über das schöne Wetter und den Bergfrühling. Sie fahren langsam und vorsichtig, denn die Straße ist eng. Rechts von Ihnen steigt der Berg auf, links geht es in die Tiefe.

Plötzlich rast ein Auto auf Sie zu. Sie können nicht ausweichen. Der Fahrer des anderen Fahrzeugs bremst gar nicht. Sie denken: »Oh mein Gott, das ist das Ende«. Dann kracht es …

Sie kommen wieder zu sich und bemerken, dass Sie im Wagen eingeklemmt sind. Irgendwie schaffen Sie es, sich aus dem Auto zu befreien. Was Sie sehen, lässt Ihnen das Blut in den Adern gefrieren … (Wir beschreiben das absichtlich nicht genauer.) Irgendwie schaffen Sie es, ins nächste Dorf zu kommen und Hilfe zu holen.

Erst als sich dort jemand um Sie kümmert, bemerken Sie, dass Sie zittern und Sie sich setzen müssen, weil Ihre Knie weich sind. Jemand bringt Ihnen warmen Tee und gibt Ihnen eine Decke. Als Sie diese Zuwendung erfahren, kommen Ihnen die Tränen. Jetzt erst bemerken Sie, dass in Ihnen Todesangst ist, Panik, Entsetzen, Ohnmacht und Hilflosigkeit.

Sie haben soeben eine traumatische Erfahrung erlitten. In jedem Fall sind solche Erfahrungen sehr einschneidend und man steckt sie nicht einfach weg. Die Verarbeitung braucht Zeit und setzt voraus, dass die äußere Gefahr vorüber ist.

1.1 Welche Traumata gibt es?


Traumata, die Menschen anderen Menschen zufügen, bezeichnet man auch als »Man-made-Traumata«; leider kommen diese häufiger vor als die zweite Kategorie, die uns als Naturkatastrophen oder schwere Schicksalsschläge, wie z. B. schwere Erkrankungen, begegnen. Als dritte Kategorie gibt es kollektive Traumatisierungen, die wir uns als Menschen gegenseitig zufügen, die aber in einem größeren, also nicht individuellen Kontext geschehen, die allen widerfahren, wie z. B. Kriege.

  • »Man-made-Traumata« der ersten Kategorie wirken sich am schlimmsten aus. Es ist schrecklich, wenn andere, denen wir vertrauen, uns schaden, uns verraten und verletzen.

  • Wenn uns die Natur verletzt, z. B. durch ein Erdbeben, ist das natürlich auch entsetzlich, dennoch können wir innerlich damit leichter fertig werden, weil wir doch wissen, dass solche Dinge geschehen können, und weil wir uns nicht persönlich verraten und geschädigt fühlen, selbst wenn uns das Ereignis Schaden zufügt.

  • Wenn wir kollektive traumatische Erfahrungen machen, wie z. B. einen Krieg erleben, können wir uns zumindest damit »trösten«, dass alle das gleiche Schicksal trifft. Das hilft vielen Menschen, mit Schrecklichem besser fertig zu werden.

Verkehrsunfälle, Feuer u. Ä. werden meist eher wie eine Naturkatastrophe erlebt und weniger als etwas, das uns von einem anderen Menschen angetan wird. Aber hier gibt es Übergänge.

Diese Einteilung ist nur grob, und es gibt immer wieder Situationen, die sich nicht eindeutig einer der drei Kategorien zuordnen lassen. Stellen Sie sich z. B. ein kleines Kind vor, das im Krieg seine Eltern verliert. Oder Menschen, die infolge des Krieges vergewaltigt werden.

Traumatische Erfahrungen übersteigen das Erträgliche.
Wir fühlen uns ohnmächtig und hilflos.
Danach ist nichts mehr, wie es vorher war.
Wir haben Angst, sind panisch oder fühlen uns leer – wie abgetötet.

1.1.1 Unsere Wertesysteme spielen eine Rolle


Auch unser kultureller Hintergrund ist wichtig. Wenn wir z. B. gedemütigt werden, berührt das unsere Wertesysteme, und die sind unterschiedlich. So würde es in Deutschland einen Mann vermutlich weniger demütigen, von einer Frau gezwungen zu werden, sich vor ihr zu entkleiden, als das bei einem arabischen Mann der Fall ist. (Im Zusammenhang mit der Folter irakischer Gefangener durch US-Soldaten konnte man im Fernsehen sehen, dass dieses Entkleiden als Demütigung eingesetzt wurde und dementsprechend bei den betroffenen Volksgruppen einen Impuls nach Blutrache auslöste.)

Unsere Wertesysteme können uns die Verarbeitung von Traumatisierungen erleichtern oder erschweren. Wenn wir z. B. sagen können, »das war Gottes Wille« oder »ich habe für eine gerechte Sache gekämpft«, hilft uns das durchzuhalten und leichter zu genesen.

1.1.2 Der soziale Kontext ist wichtig


Traumata, die Menschen anderen Menschen zufügen, geschehen darüber hinaus in einem sozialen Kontext. In der Familie und in der Gesellschaft. Dieser Kontext trägt ebenfalls dazu bei, ob wir Traumata schwerer oder leichter verschmerzen können. Stellen Sie sich vor, Sie leben in einem totalitären Staat, in dem Sie andauernd damit rechnen müssen, verschleppt und gefoltert zu werden. Oder ein Kind lebt in einer Familie, in der es zur Tagesordnung gehört, dass Misshandlungen, Vernachlässigung und sexuelle Gewalt geschehen.

In beiden Fällen wäre der Mensch, dem solches widerfährt, in Dauerspannung, Angst und Panik. Dies würde seine Abwehrkräfte möglicherweise noch zusätzlich schwächen, in manchen Fällen allerdings auch gerade die Widerstandskräfte besonders fördern, z. B. bei Menschen, die sehr entschlossen gegen ein Unrechtsregime kämpfen.

1.2 Welche Ereignisse können traumatisieren?


Wichtig ist, dass wir uns klar machen, dass ein traumatisches Ereignis mit Hilflosigkeit und Ohnmachtsgefühlen extremer Art einhergeht. Gleichzeitig kann es zu Gefühlsüberflutung, Panik und Todesangst führen. Wir beginnen mit der Kindheit, denn für Kinder sind traumatische Erfahrungen am schlimmsten, sie verfügen ja noch nicht über so viele Möglichkeiten des Schutzes und der Verarbeitung wie Erwachsene.

Alle Fachleute sind sich heute einig, dass Vernachlässigung, sexualisierte Gewalt und emotionale wie körperliche Gewalt traumatisch sind. Ebenso schwere Erkrankungen des Kindes, aber auch kranke, insbesondere ▶ seelisch kranke Eltern. Peter Levine hat darauf hingewiesen, dass Kinder durch Erfahrungen traumatisiert werden können, die Erwachsene nicht für traumatisch halten. Ein Angriff eines Tieres (z. B. eines Hundes), körperliche Verletzungen durch Unfälle und Stürze (z. B. vom Fahrrad oder einer Treppe), hohes Fieber oder auch Erfahrungen von extremen Temperaturen können extreme Ängste auslösen, insbesondere, wenn das Kind dabei alleine ist. Traumatisch auswirken können sich auch plötzliche Verluste (z. B. der Tod des geliebten Haustieres), beinahe Ertrinken oder das Verlorengehen in Kaufhäusern. Die genannten Situationen können traumatische Auswirkungen haben, müssen es aber nicht. Es kommt auch immer darauf an, wie stabil das Kind in der Situation und insgesamt ist.

Medizinische und zahnmedizinische Eingriffe sind auch ein wichtiges Feld. So können z. B. Krankenhausaufenthalte mit Gefühlen von Verlassenheit und Ausgeliefertsein bis hin zu Todesängsten verbunden sein. Früher war es üblich, Eltern außerhalb vorgegebener Besuchszeiten nicht zu ihren Kindern zu lassen; manchmal wurden Kinder auch fixiert.

Wie werden traumatische Ereignisse definiert?

Trauma heißt Verletzung. Diese kann sowohl körperlich als auch seelisch sein. Definitionsgemäß erfüllt ein traumatisches Ereignis folgende Kriterien: Die Person war selbst Opfer oder Zeuge eines Ereignisses, bei dem das eigene Leben oder das Leben anderer Personen bedroht war oder eine ernste Verletzung zur Folge hatte. Die Reaktion des Betroffenen beinhaltete Gefühle von intensiver Angst, Hilflosigkeit oder Entsetzen.

Medizinisch notwendige Eingriffe können als Trauma erlebt und entsprechend fehlverarbeitet werden. Schwere körperliche Erkrankungen können sich ebenfalls traumatisch auswirken. All diese möglichen Erfahrungen können Sie in Betracht ziehen, wenn Sie sich fragen: »Bin ich traumatisiert?«

Insbesondere spielen sexuelle und andere Gewalt eine große Rolle. Es wäre aber falsch, nur an Gewalt und sexuelle Gewalt zu denken, wenn man bei sich beobachtet, dass man Zeichen einer ▶ Traumafolgestörung aufweist. Es könnte auch die Mandeloperation mit vier Jahren gewesen sein, bei der fünf Erwachsene das Kind festgehalten und ihm eine Spritze verpasst haben. Manchmal haben auch »kleine Traumata«...

Erscheint lt. Verlag 5.2.2020
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Krankheiten / Heilverfahren
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Allgemeinmedizin
Schlagworte Medikamentöse Behandlung • Psychosomatik • Psychotherapeuten • Psychotherapie • Therapeut • Therapie • Trauma • Traumatherapie • Traumatisierung • Verhaltenstherapie
ISBN-10 3-432-11105-3 / 3432111053
ISBN-13 978-3-432-11105-6 / 9783432111056
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