Zusatzweiterbildung Intensivmedizin (eBook)
472 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-241397-9 (ISBN)
2 Intensivtransport (Inter- und Intrahospitaltransfer)
Frage 19
Der Leiter Ihrer Notaufnahme kündigt Ihnen einen Patienten mit Laryngitis, inspiratorischem Stridor und eingeschränktem Gasaustausch an. Der Patient wird im Bett, flach liegend und in Begleitung eines Praktikanten und einer Schwesternschülerin ohne Monitoring und Sauerstoff auf die Intensivstation gefahren. Kommentieren Sie dies.
In dieser Vorgehensweise offenbart sich eine Vielzahl von eklatanten Mängeln. Organisation, Führung, medizinische Qualität und ärztliche Verantwortung scheinen hier in dramatischer Weise zu fehlen.
Merke: Monitoring, Sauerstoffvorlage und Begleitung eines Arztes sind essenzielle Grundvoraussetzungen für den innerklinischen Transport eines intensivpflichtigen Patienten von einer Notaufnahme zur Intensivstation.
Die Begleitung eines Arztes ist nicht nur für die Patientensicherheit auf dem Transportweg, sondern auch für die Übergabe von Arzt zu Arzt, die am Patientenbett zu erfolgen hat, erforderlich.
Außerdem ist eine OK-Hochlagerung erforderlich.
Frage 20
Sie wollen einen Intensivpatienten nach Koronarintervention mit konsekutiver Dissektion des RCX in ein kardiochirurgisches Zentrum verlegen lassen. Wie gehen Sie vor und welches Transportmittel wählen Sie?
Die Verlegung ist in diesem Fall sehr dringlich bzw. stellt eine Indikation für eine Notfallverlegung dar. Das Verlegungsmittel, das den Patienten am schnellsten am Zielort übergibt, ist hier das geeignete. Dabei spielen Vorlaufzeit (bei Intensivtransportdiensten), Anfahrtsweg, Umlagerungsmodalitäten (nicht jedes Krankenhaus verfügt z.B. über einen Hubschrauberlandeplatz und macht Zwischentransporte notwendig), Entfernung des Zielortes, Verkehrsinfrastruktur, bekannte Verkehrslage etc. eine Rolle. Sie melden der Leitstelle Transportziel und Dringlichkeit. Prinzipiell entscheidet dann die über die zuständige Leitstelle ermittelte Verfügbarkeit, der Standort und die benötigte Ausrüstung eines geeigneten Transportmittels darüber, welches eingesetzt wird.
Frage 21
Sie melden den oben genannten Patienten zur Notfallverlegung bei der zuständigen Leitstelle an. Welche Informationen wird man bei Ihnen abfragen und sollten von Ihnen bereitgehalten werden?
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Name, Geburtsdatum, Krankenkasse des Patienten
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Name, Station und Ansprechpartner der verlegenden und aufnehmenden Klinik
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Diagnose, ggf. weitere medizinische Daten
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liegende Implantate, erforderliche Ausrüstung (Monitoring, Sauerstoff, Transportventilator, Perfusoren)
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Besonderheiten, z.B. Infektionstransport
Frage 22
Sie wollen einen beatmeten Intensivpatienten nach SAB zum Coiling in ein 50 km entferntes neurochirurgisches Zentrum (Dringlichkeit <2 Stunden) verlegen lassen. Ihr Kollege empfiehlt die Verlegung per Intensivtransporthubschrauber wegen des besonders schnellen und schonenden Transportes. Nehmen Sie dazu Stellung.
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Hubschrauber immer den schnellsten Transport gewährleisten. Dabei kommen Zeitfaktoren zum Tragen, die um ein Vielfaches höher sein können als beim bodengebundenen Transport. Intensivtransporthubschrauber haben oft eine Vorlaufzeit und einen langen Anflugweg. Ist der ITH gerade im Einsatz, besteht die Gefahr, in eine Auftragsliste eingereiht zu werden, die weitere Verzögerungen beinhaltet. Insofern muss man immer den zeitlichen Verfügbarkeitsrahmen kritisch prüfen und genau abwägen, ob ein in der Nähe befindliches bodengebundenes Transportmittel nicht geeigneter ist. Sind aufgrund der Landeplatzsituation (nicht direkt am oder auf dem verlegenden Haus vorhandener Hubschrauberlandeplatz) Zwischentransporte per Rettungswagen erforderlich (zweimal Umlagern und RTW-Fahrt, d. h. Team mit Ausrüstung vom Landeplatz zum Krankenhaus und mit Patient zum Landeplatz zurück, bevor der eigentliche Transport zur Zielklinik überhaupt beginnt), so bietet eine Verlegung per Hubschrauber eher einen zeitlich eklatanten Nachteil für den Patienten. Ist in der Zielklinik ebenfalls ein RTW-Zwischentransport erforderlich, so ist bei dringlichen Transporten der Einsatz eines zudem noch sehr teuren Hubschraubers kaum mehr zu verantworten.
Lediglich bezüglich der reinen Transportentfernung ist der Hubschrauber (Fluggeschwindigkeit ca. 200–240 km/h) schneller als ein bodengebundenes Transportmittel mit Sonderrechten, das je nach Verkehrsinfrastruktur und Straßenverhältnissen vielleicht durchschnittlich 50–80 km/h erreicht, und bietet somit unter Berücksichtigung der oben genannten Verzögerungsfaktoren insbesondere bei sehr weiten Transportentfernungen (z.B. deutlich über 100 km) einen Vorteil. Insofern sind alle genannten Faktoren genau abzuwägen, bevor man sich beim genannten Patienten für einen Hubschraubertransport entscheidet.
Frage 23
Sie entscheiden sich im vorgenannten Fall für einen bodengebundenen Transport. Ihr Kollege diskutiert mit Ihnen, weil er glaubt, dass der luftgebundene Transport schonender sei, auch, wenn die lokalen Umstände einen zeitlichen Nachteil durch den luftgebundenen Transport bedeuteten. Diskutieren Sie seine Argumente.
Gerade bei Patienten, bei denen Erschütterungen während des Transports vermieden werden müssen, kann eine luftgebundene Verlegung von Vorteil sein. Patienten mit beispielsweise intrakraniellen Aneurysmen und stattgehabter SAB, Wirbelsäulenverletzte oder Inkubatortransporte von Neonaten müssen besonders schonend erfolgen. Aber auch Hubschrauber verursachen besonders bei Start und Landung zum Teil erhebliche Vibrationen. Turbulenzen, Luftlöcher, starke Windböen und andere Erschütterungen verursachende Wetterphänomene kommen hinzu. Dem gegenüber steht die Qualität der Straßenverhältnisse im bodengebundenen Transport.
Alle Faktoren, insbesondere auch das Transporttrauma durch ggf. mehrfache Umlagerungen, müssen berücksichtigt werden. Nicht immer haben Ärzte alle zur Beurteilung erforderlichen Informationen. Deshalb ist hier durchaus auch eine Beratung mit der Leitstelle sinnvoll. Auch muss man darauf vertrauen, dass die Entscheidungen, die aus der Wetterabfrage des Lufttransportunternehmens resultieren, verantwortlich im Sinne des Patienten sind und nicht dem Betriebsergebnis untergeordnet werden.
Frage 24
Auf Ihre Intensivstation wird ein Patient aus einem 25 km entfernten Krankenhaus per Lufttransport verlegt. Er soll am nächsten Tag einer elektiven Koronarintervention unterzogen werden. Der Standort des Intensivtransporthubschraubers befindet sich ca. 30 km von der verlegenden Klinik entfernt. Der Hubschrauber musste jedoch aufgrund des hier fehlenden Landeplatzes an einem Nachbarkrankenhaus landen, das Verlegungsteam per RTW 3 km zum Patienten fahren. Die abgebende Klinik indizierte eine Notfallverlegung. Bewerten Sie dies.
Hier offenbart sich ein Phänomen, das in den letzten Jahren zunehmend um sich greift. Beim arztbegleiteten Interhospitaltransfer ist die abgebende Klinik für die Bereitstellung eines Arztes zur Verlegung zuständig. Der Ärztemangel der letzten Jahre bedingt zunehmend, dass für Patientenverlegungen eine Notfallindikation gestellt wird, damit ein Intensiv- oder Notarzt besetztes Transportmittel geordert werden kann.
Die Kosten für die Arztbegleitung trägt dann die Allgemeinheit. In oben genanntem Fall handelte es sich um eine elektive Intervention. Die Vorgehensweise ist nicht nur volkswirtschaftlich unsinnig, sondern auch unethisch und verwerflich. Insbesondere deshalb, weil durch die lokalen Gegebenheiten in einem wirklichen Notfall ein bodengebundener Transport um ein Vielfaches schneller und schonender gewesen wäre.
Frage 25
Was ist ein Transporttrauma, und wann tritt es auf?
Als Transporttrauma bezeichnet man die Summe jedweder transportbedingter nachteiliger Einwirkungen auf den Patienten. Transporttraumen führen zu einer Verschlechterung des Patientenzustands und sind immer multifaktoriell bedingt. Organisatorische Faktoren, Qualifikation des Transportteams, Maßnahmen wie Umlagerungen, Monitoring, Diskonnektion der Beatmungsschläuche für den Anschluss an den Transportventilator bei beatmeten Patienten, Reduktion auf die unbedingt erforderliche Anzahl an Perfusoren, Niveauveränderungen von Perfusoren mit kreislaufwirksamen Substanzen und Transportstress spielen ebenso eine Rolle wie Fehlerquellen und Missgeschicke bei Durchführung der oben angeführten Maßnahmen und reduzieren das medizinische Versorgungsniveau des Patienten.
Transporttraumen sind nicht vermeidbar; sie treten sowohl im Inter- als auch Intrahospitaltransfer auf. Lediglich ihr Ausmaß und deren Folgen für den Patienten können durch Berücksichtigung aller Faktoren und besondere Sorgfalt begrenzt werden.
Frage 26
Sie sollen einen beatmeten neurochirurgischen Patienten zur Durchführung eines Kontroll-CCT begleiten. Welche logistischen Faktoren müssen Sie berücksichtigen?
Sie benötigen eine laufende Infusion als...
Erscheint lt. Verlag | 18.9.2019 |
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Verlagsort | Stuttgart |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Medizinische Fachgebiete ► Intensivmedizin |
Schlagworte | Anästhesiologie • Corona • Coronavirus • Corona-Virus • Covid 19 • Covid-19 • Facharzt für Intensivmedizin • Homeoffice • Intensivmedizin • Intensivtransport • neurointernistische Intensivmedizin • nichtoperative Intensivmedizin • Operative Intensivmedizin • Pädiatrische Intensivmedizin • Prüfung Intensivmedizin • Prüfungsvorbereitung Intensivmedzin • stay home • Virus • Weiterbildung Intensivmedizin • Zusatzweiterbildung Intensivmedizin |
ISBN-10 | 3-13-241397-6 / 3132413976 |
ISBN-13 | 978-3-13-241397-9 / 9783132413979 |
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