Leben hoch zwei - Fragen und Antworten zu Organspende und Transplantation (eBook)

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2019 | 1. Auflage
220 Seiten
medhochzwei Verlag
978-3-86216-545-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Leben hoch zwei - Fragen und Antworten zu Organspende und Transplantation -  Burrack Heiko
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Die Anzahl der Patienten, die auf eine Organtransplantation warten, ist in den letzten Jahren massiv gestiegen. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Organspender nimmt erfreulicherweise erstmals seit langem wieder zu, aber sie ist trotzdem noch zu gering, um den hohen Bedarf an Spenderorganen zu erfüllen. Die Gründe für die mangelnde Spenderbereitschaft in Deutschland liegen unter anderem in Vorurteilen, die den Hirntod und die Transplantation betreffen. Mit Hintergrundwissen und Informationen aus zahlreichen Experteninterviews schafft dieses Buch eine Basis, um eine fundierte Entscheidung für oder gegen eine Organspende treffen zu können. Das Motto lautet: Fakten und Informationen statt Halbwissen und Vorurteile! Auch Organempfänger kommen in diesem Buch zu Wort und bringen im Gespräch mit dem Autor ihre tiefe Dankbarkeit gegenüber den Spendern und Familien zum Ausdruck. Heiko Burrack kann diese Dankbarkeit sehr gut nachempfinden: Denn ihm wurde im Jahre 1994 selbst eine Niere von einem hirntoten Menschen geschenkt. Des Weiteren werden Angehörige befragt, die einer Organspende zugestimmt haben. So berichtet ein Vater, wie er am 1. Weihnachtsfeiertag vom tödlichen Unfall seiner beiden Kinder erfahren hat und wie die Organe seines Sohnes mehreren Menschen das Leben gerettet haben. Außerdem wird auf die aktuellen Maßnahmen zur Verbesserung der Spenderquote eingegangen. Der Autor belegt das große Potenzial, das gerade in den Kliniken liegt. Er diskutiert die Vor- und Nachteile von Widerspruchs- und Entscheidungslösung und geht auch auf die Non-Heart-Beating-Donor-Problematik ein. All diese - durchaus komplexen - Fragen werden verständlich und klar erläutert, sodass sich das Buch für jeden eignet, der sich vollumfänglich mit dem Thema Organspende befassen will.

Der Diplomkaufmann Heiko Burrack (geboren 1967) arbeitete in der Kundenberatung unterschiedlicher Agenturen. Im Jahr 2003 gründete er Burrack NB-Advice. NB-Advice berät primär Agenturen bei der strategischen und operativen Neukundengewinnung. Er ist auch als Referent, Trainer und Coach tätig. Er publiziert regelmäßig in unterschiedlichen Fachzeitschriften und ist Autor von vier Büchern. Vor mehr als 24 Jahren ist er selbst zum Empfänger einer Spenderniere geworden und beschäftigt sich seitdem intensiv mit verschiedenen Fragestellungen rund um das Thema Organspende und Transplantation.

Der Diplomkaufmann Heiko Burrack (geboren 1967) arbeitete in der Kundenberatung unterschiedlicher Agenturen. Im Jahr 2003 gründete er Burrack NB-Advice. NB-Advice berät primär Agenturen bei der strategischen und operativen Neukundengewinnung. Er ist auch als Referent, Trainer und Coach tätig. Er publiziert regelmäßig in unterschiedlichen Fachzeitschriften und ist Autor von vier Büchern. Vor mehr als 24 Jahren ist er selbst zum Empfänger einer Spenderniere geworden und beschäftigt sich seitdem intensiv mit verschiedenen Fragestellungen rund um das Thema Organspende und Transplantation.

II Organspendebasics


Wie stark und warum sind die Organspenden gesunken?


Du bist ein Geschenk

Seit ich Dich kenne

Seit ich Dich kenne

Trag ich Glück im Blick

„Glück“ von Herbert Grönemeyer

Der Hirntod, also der unwiederbringliche Ausfall aller Hirnfunktionen, ist eine wichtige Fragestellung, wenn es um die Organspende geht. Dies gilt nicht nur aus der Sicht eines Menschen, der über eine Spende nach seinem Ableben nachdenkt. Dies gilt auch für einen Patienten, der sich dafür entschieden hat, auf ein Organ zu warten. Für mich war und ist es massiv wichtig, die Gewissheit zu haben, dass der Tod meines Spenders eindeutig war, nichts Konstruiertes vorliegt und man über jeden Zweifel erhaben ist. Außerdem wollte ich sicher sein, dass die Hinterbliebenen des Spenders durch die Organentnahmen keinen Schaden nehmen. Schaden kann zum Beispiel meinen, dass sie leiden, weil sie am Tod der Verstorbenen zweifeln. Oder dass es andere Manipulationen, welcher Art auch immer, gegeben haben könnte. Solche Zweifel sollte und darf es bei einer guten Transplantationspraxis nicht geben. Dazu sagt Christina Schleicher, Geschäftsführende Ärztin der DSO (Deutsche Stiftung Organtransplantation) für die Region in Baden-Württemberg: „Es ist sehr wichtig, im Rahmen der Aufklärung über Hirntod und Organspende den Zustand, in dem sich ein Hirntoter befindet, auch in Bezug auf intensivmedizinische Maßnahmen, sehr transparent und verständlich zu erklären und in seiner Bedeutung zu erläutern. Wenn jemand sich dann entschließt, dass er oder sie keine Organe spenden möchte, ist dies in vollem Umfang zu respektieren und zu akzeptieren.“29

Hinweis

Eine Kleinigkeit ist mir noch wichtig: Ich werde in diesem Buch nie die Formulierung ein „fremdes Organ“ nutzen. Der Grund dafür ist sehr einfach: Ich habe kein fremdes Organ erhalten. Es ist keine Diskussion wert, ob ich eine Niere von einem Fremden geschenkt bekommen habe; dies ist eindeutig. Eine Niere, die aber so gut zu mir passt, kann nicht fremd sein. Sie wurde mir geschenkt und ich habe dieses Geschenk angenommen bzw. es gehörte mir, als mein Blut die gespendete Niere durchströmte.

Sie fährt fort: „Im vergangenen Jahr (2017) hat sich die Organspende erneut rückläufig entwickelt. Bundesweit gab es 797 Organspender, 60 weniger als im Jahr zuvor. Die Anzahl der gespendeten Organe ist um 9,5 % auf 2594 Organe gesunken. Im Jahr 2016 waren es noch insgesamt 2867 Organe, die von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) an die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant (ET) gemeldet wurden. Insgesamt 2764 Spenderorgane wurden im vergangenen Jahr erfolgreich verpflanzt und haben Patienten das Leben gerettet oder zu einer besseren Lebensqualität verholfen. Im Vergleichszeitraum 2016 konnten bundesweit noch 3049 Organe transplantiert werden.“30 Die gesamte Dramatik zeigt die folgende Abbildung. Hier wird deutlich, dass in den letzten zehn Jahren die Organspenden kontinuierlich gesunken sind. Bitte beachten: Das Spendenaufkommen hat schon vor den Unregelmäßigkeiten in Göttingen und Co. abgenommen.

Abb. 2:

Anzahl der Organspender in der Zeitachse (2016)

Quelle: DSO, Grafik: BrawandRieken.

Gibt es aber auch in Deutschland Unterschiede in den einzelnen Regionen? Um hier überhaupt vergleichen zu können, wird die Anzahl pro Spenden je eine Million Einwohner angegeben. Dabei lag der Bundesdurchschnitt im Jahr 2017 bei 9,7 Spendern pro eine Million Einwohner. Damit ist eine Abnahme im Vergleich zum Vorjahr zu erkennen, wo 10,04 Spender pro eine Millionen Einwohner gewonnen werden konnten. In den Regionen Bayern und Mitte (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) hat sich diese Zahl allerdings erhöht: Hier gab es eine Zunahme an Organspenden gegenüber dem Jahr 2016 von 18 bzw. 12 %. Die folgende Abbildung zeigt für das Jahr 2017 auch auf, wie sich das Aufkommen innerhalb Deutschlands unterscheidet. Besonders beeindruckend ist, wie gut im Jahre 2017 Hamburg und die Region Mecklenburg-Vorpommern abschneiden. Vergleichen wir diese Zahlen hierzulande mit denen aus dem Ausland – und dort speziell mit Spanien, das weltweit besonders gut abschneidet, so werden die Unterschiede nochmals dramatisch deutlich. Dieser Teil der Balearen kommt pro einer Millionen Einwohner auf 40 Spender und mehr als 100 Transplantationen.31

Wie sieht aber die Akzeptanz in den Fachkreisen aus? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat in einer Studie aus dem Jahr 2011 nach der Akzeptanz bei niedergelassenen Ärzten bezüglich der Organ- und Gewebespende gefragt. Die überwiegende Mehrzahl der Mediziner befürwortet eine Organ- und Gewebespende (87 %). Eine Minderheit von zwei Prozent sieht dies kritisch. Nephrologen zeigen eine erhöhte passive Akzeptanz der Organ- und Gewebespende. 94 % befinden dies als gut, ein Prozent sind gegenteiliger Meinung. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt als Grund dieser höheren Akzeptanz einen intensiveren Kontakt mit auf eine Transplantation wartenden Patienten an. Im Vergleich zu den Ärzten zeigt die Allgemeinbevölkerung eine passive Akzeptanz der Organ- und Gewebespende von 73 %. Die aktive Akzeptanz zur Organspende nach dem Tod liegt bei den Nierenärzten bei 84 %. Mit 78 % ist dieser Wert nur geringfügig höher als bei der aktiven Akzeptanz für Organ- und Gewebespende bei der Allgemeinbevölkerung; hier liegt der Wert bei 74 %.32

Abb. 3:

Organspender pro Region und Bundesland 2017

Quelle: DSO, Grafik: BrawandRieken.

Dieses massiv rückläufige Spenderaufkommen hat sicherlich unterschiedliche Gründe. Einer davon ist, dass sich die Anzahl der Organspender, die auf Verkehrsunfälle zurückzuführen sind, abgenommen hat. Obwohl das Verkehrsaufkommen in den letzten Jahren extrem gestiegen ist, ist gleichzeitig die Anzahl der Verkehrstoten deutlich gesunken. Diese, ohne Zweifel, positive Entwicklung ist auf Maßnahmen wie die Gurtpflicht und eine verbesserte Sicherheit der Autos zurückzuführen. Aber auch der medizinische Fortschritt spielt hier mit hinein. Versterben heute Menschen auf einer Intensivstation, so sind diese meist so schwer erkrankt, dass eine Organspende keinen Sinn mehr macht. Die meisten Menschen versterben eben nicht, weil ihr Gehirn tot ist, sondern weil andere Organe versagen. Ein Indiz für diese These ist, dass die Organspender in den letzten Jahren immer älter geworden sind.

Ein weiterer wichtiger Grund ist aber auch darin zu sehen, dass es immer wieder Organspendeskandale gibt. Hier drängt sich der Eindruck auf, dass dieses Thema sehr schnell einen hohen Stellenwert in den überregionalen Medien erhält. Vielen Medien scheint es auch weniger darum zu gehen, über einen Sachverhallt aufzuklären, als eine schnelle Geschichte unter die Leute zu bringen. Sie sollten sich hier darüber bewusst sein, dass es um Menschenleben geht, die mit einer solchen reißerischen Berichterstattung gefährdet werden.

Die wirklich spannende Frage ist natürlich, ob jemand im Fall seines Hirntodes bereit ist, seine Organe zu spenden. 55 % willigen hier sofort ein. Nur 27 % beantworten diese Frage mit Nein. 18 % sind unentschlossen. In Schweden liegt die Zustimmung bei 83 % und in Deutschland bei 47 %. Makedonien liegt mit 26 % am Ende. Hier gibt es einen interessanten Zusammenhang: Wer dieses Thema in der Familie schon einmal besprochen hat, zeigt in der Regel auch eine positive Einstellung zur Spendenbereitschaft.

Wiederum mehr als die Hälfte der befragten Gesamteuropäer ist bereit der Organspende eines Angehörigen zuzustimmen (53 %). Hier bilden auch die Schweden wieder die Spitze mit einer Zustimmung von 73 % – und im Gegensatz dazu stehen die Makedonier mit 32 %. Auf die Frage, was die Gründe für eine Nichtzustimmung sind, antworten die meisten mit der Befürchtung, dass der Körper des Verstorbenen manipuliert werden könnte (25 %). 21 % misstrauen dem System und 31 % können keine Angaben machen.33

In welchen Kliniken wird wie viel gespendet?


Dazu muss man wissen, dass die Krankenhäuser in Deutschland in drei Kategorien unterteilt werden. In der Kategorie A finden wir alle Universitätskliniken. Davon gibt es in Deutschland 37, und sie haben alle zusammen 4915 Intensivbetten. Sämtliche Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2017. Als Vergleichsbasis die Intensivbetten zu nehmen, kann nur eine gute Näherung sein. Viel besser ist es die Anzahl der Verstorbenen zu nehmen. Diese liegt mir leider nicht vor. Insgesamt hat es in den Unikliniken 657 Spendenkonsile gegeben. Darunter verstehen wir Anfragen, bei denen die medizinischen Voraussetzungen für eine Organspende geklärt werden. Es kann dabei um organisatorische Fragen, aber auch um die Durchführung der Hirntoddiagnostik und Organspende als solcher gehen.34 Insgesamt konnten 263 Organspenden bei 657 Konsilen realisiert werden. Der Großteil, nämlich 235 Spenden, waren Multiorganentnahmen. In allen anderen Fällen haben die Chirurgen einzelne Organe entnommen.35 Schauen wir uns dazu im Vergleich die B-Krankenhäuser an: Diese sind solche, die zwar...

Erscheint lt. Verlag 22.2.2019
Verlagsort Heidelberg
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
Schlagworte Hirntod • Organspende • Patientenrechte • Transplantation • Widerspruchsregelung
ISBN-10 3-86216-545-0 / 3862165450
ISBN-13 978-3-86216-545-2 / 9783862165452
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