Gesellschaft im Exzess
Campus (Verlag)
978-3-593-51028-6 (ISBN)
Übermäßiges Essen und Trinken, Sexualität, das Sezieren von Leichen oder verschwenderisches Zurschaustellen des eigenen Reichtums: Im Exzess wurde - so die These des Buches - gesellschaftliche Ordnung gestaltet. Wie produktiv das Agieren im Übermaß sein konnte, beleuchtet Sarah-Maria Schober an Medizinern, die um 1600 in Basel lebten. Sie folgt den Ärzten an Orte, an denen sie Grenzen austesteten: in Bäder und Haushalte, an ihre Schreibtische und auf die anatomische Bühne. Damit bietet sie zugleich eine quellennahe Analyse einer städtischen Gesellschaft im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert.
Sarah-Maria Schober, Dr. phil., ist Oberassistentin am Historischen Seminar der Universität Zürich.
Inhalt
Vorwort 7
Einleitung 11
Positionierungen im Fluiden – Das Bad41
Einführung41
Verflüssigung – Körper im Bad 45
Vermischung – Narrative des Fluiden und die »Gute Ordnung«63
Verfestigung – Badwissen, medizinische Praktiken und Autorität 84
Vergesellschaftung – Die elitäre Badgesellschaft im Exzess103
Fazit: Möglichkeitsraum statt Ausnahmesituation117
Gestalten und Eindringen – Das Haus 121
Einführung121
Bedeuten – Häuser im Gefüge von Familie und Stadt 124
Betreten – Zugänglichkeiten, Offenheit und Rückzug136
Bespielen – Fülle, Exotik und Brüche von Repräsentation149
Begegnen – Exzessivität als Praxis und das Geschlecht der Geselligkeit 168
Besuchen – Mediziner in fremden und eigenen Häusern 189
Fazit: Haussoziabilität als Exzesssoziabilität 203
Gesellschaft schreiben – Der Text205
Einführung205
Bewerten – Die Textexzesse der Gelehrtenrepublik 210
Beschämen – Spott, Spaß und der entgrenzte Körper 228
Beeindrucken – Mediziner und Adlige 253
Fazit: Textmengen, Textverflechtungen, Textexzesse274
Die Ordnung des Körpers – Die Anatomie 277
Einführung277
Grenzen überschreiten – Der anatomische Exzess 283
Ekel verwenden – Inszenierungen von Überschreitung
und Überwindung 299
Anatomie aufführen – Repräsentation und soziales Event 312
Körper vergesellschaften – Anatomie als Ordnungsprojekt 340
Fazit: Die Ordnung des Körpers 369
Schlusswort – Die Konventionalität des Exzesses371
Quellen und Literatur 377
Gedruckte Quellen 380
Literatur 384
Abbildungen425
Personen-, Orts- und Sachregister 427
»[Die] Arbeit [ist[ ein reicher Fundus an Wissen über die Medizin um 1600 und seltener analysierter städtischer Inklusionsprozesse und Hierarchien.« Tatjana Niemsch, Sehepunkte, 15.05.2020»As with all the best works of cultural history, this is a conclusion, and indeed a book, that makes the reader think and question, rather than blindly agree. [...] This innovative, imaginative and beautifully written volume deserves to be widely read and will surely provoke new questions and historical reflections in years to come.« Hannah Murphy, German History, 16.10.2020
»[Die] Arbeit [ist[ ein reicher Fundus an Wissen über die Medizin um 1600 und seltener analysierter städtischer Inklusionsprozesse und Hierarchien.« Tatjana Niemsch, Sehepunkte, 15.05.2020
»As with all the best works of cultural history, this is a conclusion, and indeed a book, that makes the reader think and question, rather than blindly agree. […] This innovative, imaginative and beautifully written volume deserves to be widely read and will surely provoke new questions and historical reflections in years to come.« Hannah Murphy, German History, 16.10.2020
Vorwort Dieses Buch ist die leicht überarbeitete Fassung meiner 2017 von der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Basel angenommenen Dissertation. Großzügig unterstützt wurde die Publikation von einem Publikationsbeitrag des Schweizerischen Nationalfonds (SNF). Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Ohne meine Betreuerin Susanna Burghartz würde das Buch nicht existieren. Sie hat mich – neben vielem mehr – gelehrt, nach Zusammenhängen und Widersprüchen Ausschau zu halten, über Grenzen und Dichotomien hinweg zu denken und Spannungen nicht nur wahrzunehmen, sondern auch in historische Erzählungen zu übersetzen. Ermunterung, konstruktive Kritik und Ansporn zur Horizonterweiterung kommen bei ihr stets im Paket. Für all das, sowie ganz besonders für ihr stets offenes Ohr und ihre Aufgeschlossenheit, möchte ich mich aufs Herzlichste bedanken. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei Lucas Burkart, Zweitbetreuer der Arbeit, für sein anhaltendes Interesse am Projekt, die profunde Kritik sowie seine wertvolle Gabe, einen mit seinen Fragen und Diskussionsbeiträgen immer wieder auf neue Gedanken zu bringen. Die Dissertation ist im Rahmen des vom SNF geförderten Prodoc »Sites of Mediation« entstanden. Diesem Diskussionskontext, vor allem allen daran Beteiligten, verdanke ich nicht nur unzählige Anregungen und Möglichkeiten, Ideen auszuprobieren, sondern auch ein Umfeld, in dem Forschung Spaß machte. Von Christine Göttler, neben Susanna Burghartz und Lucas Burkart Initiatorin und Leiterin des Prodoc, habe ich unglaublich viel – und vor allem immer wieder Unerwartetes – gelernt, die spannendsten Literaturhinweise erhalten und sehr viel Unterstützung erfahren. Tina Asmussens ansteckende Freude an Geschichte und ihre Bereitschaft, Erfahrungen und Gedanken zu teilen, haben mich nachhaltig begeistert. Maike Christadler, Tinas gleichermaßen wundervolle Nachfolgerin in der Funktion der Koordinatorin des Prodocs, stand mir mit tatkräftigem, nie endendem Rat, als kundige Gegenleserin und mit ihrem ganz eigenen Blick stets zur Seite. Herzlichen Dank! Für wichtige Inputs und konzise Nachfragen zur rechten Zeit danke ich allen OrganisatorInnen und DiskutantInnen der zahlreichen und vielortigen Konferenzpanel, Workshops, Summerschools und Ringvorlesungen, bei denen ich im Laufe der Jahre Aspekte der Arbeit vorstellen konnte. Besonders profitierte ich von der frühen Diskussion des Themas im Basler Vormodernekolloquium und der späten intensiven Besprechung meines Einleitungsentwurfes im Sozialtheorienkolloquium des Mittelbaus am Basler Departement Geschichte. Beide Erfahrungen spiegeln die außerordentlich herzliche und produktive Atmosphäre des Departements und der Basel Graduate School for History (BGSH) wider, die ich die letzten Jahre genießen durfte. Stellvertretend für unzählige Büro-, Gang-, Pausen-, Mittagessens- und Apérogespräche sowie für viele, oft sehr ausführliche Rückmeldungen auf Geschriebenes oder Gesprochenes möchte ich mich bei den folgenden Personen ganz besonders für all ihre wertvollen Anregungen, ihre großzügig zur Verfügung gestellte Zeit und den nötigen Rückhalt bedanken: Céline Angehrn, Caroline Arni, Benedikt Bego-Ghina, Davina Benkert, Alexandra Binnenkade, Eva Brugger, Lea Bühlmann, Sonia Calvi, Milena Guthörl, Jörn Happel, Ivo Mijnssen, Claudia Opitz, Anja Rathmann-Lutz, Michael Schaffner, Maria Tranter, Elise Voerkel, Rafael Wagner. Den Weg vom Dissertationsmanuskript zum Buch durfte ich während eines 18-monatigen Early Postdoc.Mobility-Stipendiums des SNF in Australien und England beschreiten. Am Centre for the History of Emotions, University of Perth, und am Oriel College der University of Oxford fühlte ich mich, nicht zuletzt aufgrund der umsichtigen Unterstützung meiner beiden Gastgeberinnen, Jacqueline van Gent und Lyndal Roper, sehr gut aufgehoben. In Oxford gebührt außerdem besonderer Dank dem »Early Modern (German) History Workshop« sowie meinem großartigen »chapelmate« Edmund Wareham. Für zahlreiche Hilfestellungen und prompten Service bedanke ich mich bei den Teams der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Basel und des Staatsarchivs Basel sowie aller anderen im Rahmen der Arbeit besuchten Bibliotheken, Museen und Archive. Spezieller Dank geht an Tilmann Walter und Ulrich Schlegelmilch, die mich bereits lange vor Onlinestellung Einsicht in die umfangreichen Datensätze des Würzburger Ärztebriefprojekts nehmen ließen. Dem Campus Verlag, namentlich Jürgen Hotz, und den HerausgeberInnen der Reihe »Historische Studien« danke ich für die Annahme zur Publikation, wertvolle Hinweise zur Überarbeitung und die ausgezeichnete Zusammenarbeit. Langjährige Mitstreiterinnen, genaue und unermüdliche Gegenleser, konstante Ideenlieferantinnen und beste Freunde – meine Dankbarkeit gegenüber Kirstin Bentley, Bianca Hoenig, Nicolai Koelmel, Jennifer Rabe und Carla Roth lässt sich nicht in Worte fassen. Jeder und jede Einzelne dieser fantastischen Fünf hat auf seine und ihre ganz eigene Art, manchmal ordnend, manchmal exzessiv, immer jedoch intensiv, zur Fertigstellung dieser Arbeit beigetragen. Ich bin sehr froh, dass es Euch gibt! Besondere Dankbarkeit bringe ich, last but not least, allen Angehörigen meiner Familie entgegen. Vor allem meiner Mutter, Barbara Schober, ihrer liebevollen Unterstützung und ihrem anhaltenden Interesse auch an meinen absurdesten Ideen, verdanken ich und diese Arbeit viel mehr, als ihr vermutlich bewusst ist. Oxford, im Oktober 2018Sarah-Maria Schober Einleitung Im Gemälde »Das Bad zu Leuk« von 1597 präsentiert sich eine Gesellschaft im Exzess (Abb. 1). Keine biederen Bürgersfrauen, keine moralisch unangreifbaren Heroen – stattdessen sind nackte Körper und anzügliche Gesten abgebildet. Männer und Frauen necken sich, tauschen Gegenstände aus, trinken Wein, berühren sich. Das Bild erzählt eine Geschichte in drei Episoden: Auf der rechten Seite betritt eine magere Frau über eine steinerne Treppe vorsichtig das Bad. Im Wasser, dem zweiten und bei weitem am ausführlichsten geschilderten Bildschritt, sind Männer und Frauen bei verschiedenen, erotisch aufgeladenen Handlungen zu sehen. Die Frau in der Mitte des Vordergrunds schließlich zieht sich am Beckenrand sitzend ihre Schuhe an. Der Zweck ihres Aufenthalts hat sich erfüllt: Sie ist schwanger und schickt sich an, das Bad wieder zu verlassen. Die sich im Bad aufhaltenden Männer halten Musikinstrumente in eindeutig sexuell konnotierten Posen, bieten Frauen Wein an und suchen deren körperliche Nähe. Die Frauen tragen schwere Goldketten, die offensiv ihren Reichtum zur Schau stellen. Davon abgesehen sind die Körper lediglich durch rutschende und zum Teil fast transparente Tücher bedeckt. Diese unterstreichen das Agieren an den Grenzen der Moral. Ein Unterrock und ein Tuch hängen vergessen am Zaun und verwischen die Stabilität dieser zunächst sehr klaren Grenzziehung nach außen. Dort stehen auch drei gaffende Zaungäste, einer mit deutlich abgerissener Kleidung und einem Weidenkorb auf dem Rücken. Mit seiner explizit zur Schau gestellten Sexualität erregte das brisante Bild die Gemüter um 1900 so sehr, dass das Basler Kunstmuseum es aus der allgemeinen Ausstellung entfernen musste und nur noch in einem Separee, dem Zimmer des Kurators, zeigen konnte. Wie die drei Beobachter im Hintergrund wird auch der Betrachter des Bildes zum voyeuristischen Beobachten des spielerischen, anzüglichen und in mehrfacher Hinsicht exzessiven Treibens im Bad in der Tat geradezu aufgefordert. Das Gemälde des Basler Malers Hans Bock d. Ä. zeigt keine reale Szenerie, wohl aber ein Feuerwerk an Imaginationen aus der Zeit um 1600, das Einblicke in allgemeinere zeitgenössische Funktionsweisen von Geselligkeit erlaubt. Die Anordnung der Figuren innerhalb und jenseits des Beckens verweist gleichzeitig auch auf die Bedeutung von Aushandlungsprozessen gesellschaftlicher Ordnung in der Frühen Neuzeit. Am plastischsten gezeigt wird das über die Ausgrenzung der drei deutlich ärmeren Beobachterfiguren hinter dem Zaun. Mit ihren Blicken und Gesten kommentieren sie das Geschehen im Bad, haben daran aber keinen Anteil – auch wenn sie ihre Arme, soweit es eben geht, über die hölzerne Beschränkung strecken. Ordnung entsteht, so zeigt es das Bild, gerade aus den Grenzen umspielenden Tätigkeiten im Badbecken und ihrer Dynamik. In dem Bild präsentiert sich eine selbstbewusste Elite mit ihren Strukturen und Bruchlinien – eine Gesellschaft im Exzess. Exzess war für das Funktionieren frühneuzeitlicher Gesellschaften von fundamentaler Bedeutung. Verstanden als spielerische, deswegen jedoch nicht minder ernste und ernstzunehmende Figur der Grenzüberschreitung, war Exzess, so die grundlegende These dieses Buches, in vielfacher Hinsicht sozial produktiv: Über Praktiken und Imaginationen des Exzesses wurden soziale Beziehungen hergestellt, Zugehörigkeiten demonstriert, Autorität und Status ausgehandelt und gesellschaftliche Ordnungen konturiert und manifestiert. Im Bild von Hans Bock verdichten sich die zentralen Thesen, Fragestellungen und Vorgehensweisen dieser Arbeit. »Verdichtung« beschreibt Michel de Certeau als Vergrößerung des Details und Verkleinerung des Ganzen. Als Verdichtung steht Hans Bocks Gemälde emblematisch für die soziale Produktivität von Exzess. Es veranschaulicht, dass Exzess, also die Arbeit an Grenzziehungen, etwa der (Un-)Mäßigkeit beim Trinken, kontrollierter oder zügelloser Sexualität oder auch dem Grad der Zurschaustellung des eigenen Reichtums, ein integraler Teil der Funktionsweisen von Gesellschaft war. Gleichzeitig verweist das Gemälde auf die enorme Bedeutung von Beziehungshandeln um 1600: Gegenstände werden ausgetauscht, Körper werden angefasst, es wird gemeinsam musiziert, getrunken und gegessen. Die Figuren im Bild weisen keine individuellen, sondern schematische und sich ähnelnde Züge auf, zeigen also eine Gesellschaft, die weniger auf Individuen als auf Beziehungen beruhte und die den Einzelnen als Produkt seiner sozialen Bindungen verstand. Entsprechend verstellt für die Betrachtung vormoderner Gesellschaften die analytische Dichotomie von (kollektiven) Strukturen und (individuellem) Handeln mehr die Sicht auf soziale Prozesse, als sie der Analyse nützt. Die Perspektive auf Exzess und Ordnung entgeht dieser Dichotomisierung, weil sie eine Schnittstelle in den Blick nimmt, in der Handlungen und Strukturen sich kreuzten. Um diese Kreuzung in den Blick zu bekommen, wird Exzess in diesem Buch als Beziehungspraxis untersucht, die in bestimmten sozialen Situationen stattfand und an deren spezifische Konventionen gebunden war. Bocks Baddarstellung beispielsweise zeigt vergesellschaftende Handlungen, die in einer Situation, dem Bad, lokalisiert wurden. Das Bad war mit all seinen im Bild vorgeführten Konnotationen ein wichtiger Imaginationsraum der städtischen Elite im frühneuzeitlichen Basel. Mit und im Bad fanden, auch wenn der reale Raum außerhalb der Stadt lag, Vergesellschaftungsprozesse statt, die auch für das Funktionieren der Gesellschaft in der Stadt von großer Bedeutung waren. Denn der Raum frühneuzeitlicher städtischer Gesellschaften endete nicht einfach an den Stadtmauern, sondern wurde durch weitreichende Beziehungen und die Imaginationen der AkteurInnen definiert. Das Gemälde steht nicht nur deshalb am Beginn dieser Arbeit, weil es so exzessbetont, beziehungsintensiv, situativ und städtisch ist, sondern auch deswegen, weil das Bad in seiner Kombination aus Heil- und Freizeitort ohne eine frühneuzeitliche Figur nicht denkbar gewesen wäre – die des Mediziners. Die Basler Mediziner führen als Leitfiguren durch die Überlegungen dieses Buches und geleiten durch die in den thematischen Teilen untersuchten vier sozialen Situationen: Bad, Haushalt, Text und Anatomie. Dem Exzess waren die Mediziner aufgrund der Körperbezogenheit ihrer Tätigkeiten als Beobachter, Akteure und Nutznießer besonders nahe. Exzess und Ordnung 1949 beschrieb der Lokalhistoriker Johannes Karcher den auffälligen Kleidungsstil des Basler Mediziners Felix Platter (1536–1614) wie folgt: »Felix Platter […] wußte hier – wie in allen Dingen – Maß zu halten.« Mit diesem Buch behaupte ich das genaue Gegenteil: Felix Platter war in vielen Dingen unmäßig. Und das traf keineswegs bloß auf Platter, sondern auch auf seine Kollegen zu: Die Unmäßigkeit der Basler Mediziner hatte System. Karchers Aussage ist nach wie vor symptomatisch für große Teile der historischen Forschung zu vormodernen Gesellschaften, weil sie ein Bild widerspiegelt, das auch jenseits der Lokalgeschichte verbreitet war. Figuren wie Platter erfüllten lange Zeit die Funktion, nicht nur die Normen ihrer eigenen Zeit, sondern auch diejenigen ihrer jeweiligen Historiographen symbolisieren zu müssen. Ein Ausbrechen der Heroen aus diesen Normierungen war völlig undenkbar. Die Normen vor allem des späten 19. Jahrhunderts wurden zurückprojiziert in die Jahre des angeblichen Beginns der Neuzeit, der Wiedergeburt der Antike und ihrer Ideale – der Renaissance – sowie in die Zeit der Moralisierung der Gesellschaft im Zuge von Reformation und Konfessionalisierung als den vermeintlichen Basisfundamenten der historischen Entwicklungen in der longue durée. Dass derartige simple lineare und überspitzt schwarz-weiße Bilder in Zeiten der Pluralisierungen von historischen Erklärungsmustern längst nicht mehr dem Stand der Forschung entsprechen, muss nicht weiter ausgeführt werden. Dennoch werfen sie nach wie vor lange Schatten. Für den Exzess bedeutet das, dass der frühneuzeitliche Imaginations- und Handlungsraum des Exzesses von den Vorstellungen des 19. und 20. Jahrhunderts überschrieben wurde. Die daraus resultierende Verengung bewirkte in erster Linie, dass die Produktivität des Exzesses ausgeblendet und die Betrachtung frühneuzeitlicher exzessiver Praktiken, wie im Falle der Separierung von Bocks Bild, weitgehend in teils für fragwürdige Unterhaltungszwecke reservierte Nischen verbannt wurde. Das führte dazu, dass dem Exzess nach wie vor im Allgemeinen negative Konnotationen zugeschrieben werden, er sich also in die grundlegenden Dichotomien gut/böse, richtig/falsch und moralisch/unmoralisch unwillkürlich auf der zweiten Seite einsortiert. ...
Erscheinungsdatum | 10.06.2019 |
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Reihe/Serie | Campus Historische Studien ; 77 |
Verlagsort | Frankfurt |
Sprache | deutsch |
Maße | 142 x 214 mm |
Gewicht | 554 g |
Themenwelt | Geschichte ► Allgemeine Geschichte ► Neuzeit (bis 1918) |
Studium ► Querschnittsbereiche ► Geschichte / Ethik der Medizin | |
Schlagworte | Anatomie • Arzt • Ärzte • Bad • Badehaus • Bader • Basel • Caspar Bauhin • Eidgenossenschaft • Exzess • Felix Platter • Frühe Neuzeit • Geschlechter • Geselligkeit • Gesellschaft • Haus • Körpergeschichte • Medizin • Medizingeschichte • Medziner • Norm • Schweiz • Soziabilität • Soziales Handeln • Soziales Verhalten • Stadt • städtische Gesellschaften • Wissen |
ISBN-10 | 3-593-51028-6 / 3593510286 |
ISBN-13 | 978-3-593-51028-6 / 9783593510286 |
Zustand | Neuware |
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