Der ICN-Ethikkodex für Pflegende: Wirksames Instrument für die Pflegepraxis oder theoretisches Konstrukt?
disserta Verlag
978-3-95935-470-7 (ISBN)
In diesem Buch wird die Frage nach der Wirksamkeit des ICN-Ethikkodex für Pflegende in der Pflegepraxis untersucht. Im Zuge einer qualitativ-empirischen Untersuchung wurden professionell Pflegende hinsichtlich ihrer Erfahrungen mit dem ICN-Ethikkodex interviewt. Die Studie dokumentiert die Perspektive der Pflegenden und gibt einen Einblick über die eingeschätzte Anwendbarkeit des ICN-Ethikkodex sowie dessen Chancen und Schwächen im Kontext aktueller Rahmenbedingen. Zudem wurden weitere wichtige Erkenntnisse gewonnen, die für die Ausbildung einer Kultur ethischen Verhaltens im Sinne des ICN essentiell sind.
Stefanie Zinke, 1984 in Magdeburg geboren, arbeitete zwischen 2002 und 2013 als Gesundheits- und Krankenpflegerin in verschiedenen Fachbereichen stationärer und ambulanter Settings. Im Kontext ihrer beruflichen Tätigkeit expandierte ihr Interesse an der Reflexion ethischer Fragestellungen und der Lehrtätigkeit. Sie studierte berufsbegleitend von 2009 bis 2013 Medizinpädagogik (B. A.) sowie von 2014 bis 2018 Lehramt an berufsbildenden Schulen (M. Ed.) für den Fachbereich Gesundheit und Pflege und dem Zweitfach Ethik. Bereits während des Studiums übernahm sie verschiedene Lehr- und Leitungsaufgaben in der Aus-, Fort- und Weiterbildung Pflegender. Fasziniert und überzeugt von der Relevanz der Ethik in der Pflegetheorie und -praxis, beschäftigte sie sich intensiv mit dem ICN-Ethikkodex für Pflegende.
Textprobe:
Kapitel 2.3.2.: Ethische Krisensituationen und Dilemmata an ausgewählten Beispielen:
"Das Bedürfnis nach Orientierung entsteht in einer als krisenhaft erlebten Situation. Krise verstehen wir als eine Situation, in der unterschiedliche Optionen bestehen, wie ich handeln kann" (Dallmann & Schiff, 2017, S. 7). Die Handlungssicherheit ist in solchen Situationen nicht gegeben und es stellen sich fragen wie: "Was soll ich tun?" oder "Was ist das moralisch Richtige?".
In der ethischen Auseinandersetzung geht es einerseits um Wertungen und Orientierungen, andererseits um Kritik - im Sinne einer Analyse der Zusammenhänge von Handlungen und dessen Gründe, nicht im Sinne einer Missbilligung - an die eigene Person, die Gemeinschaft, einer Gruppe, einzelner Werte, Normen und Prinzipien sowie Routinen (Das haben wir schon immer so gemacht), dessen Begründungen und Argumentationen (Dallmann & Schiff, 2016, S. 21). Dies erfordert, dass der Kontext, der sich als Orientierungsproblem darstellt, verstanden werden muss sowie, dass Moralvorstellungen - die eigenen und die der anderen Beteiligten -, soziale Strukturen, organisatorische oder gesellschaftliche Rahmenbedingungen bewusst gemacht werden (Dallmann & Schiff, 2016, S. 21).
Die folgenden Beispiele sollten keine Best-Practice-Beispiele sein im Sinne von: "Das ist der richtige Lösungsweg". Die Verfasserin erhebt zudem keinen Anspruch auf die Vollständigkeit möglicher Lösungswege. Darüber hinaus soll keine tiefgreifende ethisch-philosophische Auseinandersetzung mit den einzelnen Fällen folgen, da eine solche Herangehensweise im Pflegealltag nicht üblich wäre. Vielmehr geht es in den folgenden Beispielen darum aufzuzeigen, welche Situationen ethisch relevant sein können und welche Prinzipien und Überlegungen sich möglicherweise gegenüberstehen sowie, dass (pflege)ethische Fragestellungen immer auch juristische, gesellschaftliche und psychosoziale Fragestellungen sein können, dessen mögliche Konsequenzen sorgfältig zu bedenken sind. Die Auswahl der Themen ist willkürlich gewählt gibt nicht im Ansatz die Fülle möglicher ethisch relevanter Themen in der Pflegepraxis wieder, denen Pflegende innerhalb ihrer Berufsausübung begegnen können.
Der autonome Klient
Ein Klient ist sturzgefährdet und bekommt als Gehhilfe einen Rollator verschrieben. Der Klient lehnt dieses Hilfsmittel mit der Begründung ab, dass er sich damit älter fühle als er tatsächlich sei. Die Pflegenden haben ein begründetes Interesse daran, die Sturzprophylaxe erfolgreich durchzuführen. In diesem Fall kollidieren folglich zwei Prinzipien: Das Recht des Klienten auf Autonomie und die Fürsorgepflicht.
Die Fürsorgepflicht beinhaltet, "dem kranken, pflege- und hilfsbedürftigen Menschen Heilung, Linderung und Wohlbefinden zu verschaffen bzw. dieses wiederherzustellen" (Sauer & May, 2011, 6). Ein Sturz des Klienten, den die Pflegenden hätten verhindern können, ist mit diesem Prinzip nicht vereinbar. Den Klienten zu zwingen den Rollator zu benutzen oder gar damit zu drohen, ihm nicht mehr aus dem Bett zu helfen, es sei denn er hält sich an die Maßnahme, wäre aus ethischer Sicht nicht nur der falsche Weg, sondern bereits Gewalt in der Pflege (Drohung, Erpressung, Freiheitsberaubung). Autonomie bedeutet Selbstbestimmung und Patientenautonomie umfasst - auf Basis des Informed Consent, der informierten Zustimmung - das Recht auf Zustimmung oder Ablehnung einer Maßnahme, das Recht auf Informationen, das Recht auf die selbstbestimmte Festlegung des Eigenwohls, das Recht auf Wahl zwischen möglichen alternativen Maßnahmen sowie das Recht auf eine möglichst geringe Einschränkung des Handlungsspielraums durch die Institutionen (Dallmann & Schiff, 2016, S. 71). Der Klient hat folglich ein Recht darauf, die Maßnahme abzulehnen und die Verantwortung für die Konsequenzen zu tragen. Das Recht des Klienten auf Information bringt die Pflicht der Pflegenden mit sich, den Patienten zu informiere
Erscheinungsdatum | 23.08.2018 |
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Sprache | deutsch |
Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 455 g |
Themenwelt | Medizin / Pharmazie ► Pflege |
Schlagworte | Empirische Untersuchung • Ethik • ICN-Ethikkodex für Pflegende • International Council of Nurses • Pflege • Pflegeethik • Pflegepraxis • professionell Pflegende |
ISBN-10 | 3-95935-470-3 / 3959354703 |
ISBN-13 | 978-3-95935-470-7 / 9783959354707 |
Zustand | Neuware |
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