Praxis der medizinischen Trainingstherapie II (eBook)

Halswirbelsäule und obere Extremität
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2018 | 1. Auflage
Thieme (Verlag)
978-3-13-242734-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Praxis der medizinischen Trainingstherapie II - Frank Diemer, Volker Sutor
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<p><strong>Orthopädisch/traumatologische Reha - evidenzbasiert und praxisnah!</strong></p> <p>Die Autoren bringen Sie auf den aktuellen Stand der orthopädisch/traumatologischen Rehabilitation.</p> <p>Sie profitieren von umfassenden Literaturrecherchen der Autoren und dem Expertenwissen der beiden Physiotherapeuten.</p> <p>In diesem Buch finden Sie Grundlagen, Tests und Trainingsprogramme zu ausgewählten Pathologien an der Halswirbelsäule, der Schulter und dem Ellbogen.</p> <p>Ein umfangreicher Übungsteil mit zahlreichen Fotos unterstützt Sie bei der Erstellung von Trainingsplänen. Verbinden Sie die theoretischen Kenntnisse und Grundprinzipien der Trainingslehre und des Trainings und wenden Sie sie individuell bei Ihren Patienten an.</p> <p>Medizinische Trainingstherapie - ein fester Bestandteil der Physiotherapie!<br />Kennen Sie schon den 1. Band der Autoren? Mit beiden Bänden vervollständigen Sie Ihr Wissen über Tests und Trainingstherapie in der orthopädisch/traumatologischen Reha.</p>

2 Halswirbelsäule


2.1 Einleitung


Beschwerden, die von der Halswirbelsäule ausgehen, gehören nach der Lenden-Becken-Hüft-Region zu den am häufigsten behandelten Krankheitsbildern. Das Kardinalsymptom von Halswirbelsäulenläsionen ist der Nackenschmerz. Nach Binder ( ▶ [18]) beträgt die Lebensprävalenz von Nackenschmerzen ca. 66 %. Dies bedeutet, dass ca. zwei Drittel aller Menschen mindestens einmal innerhalb ihres Lebens an Nackenschmerzen leiden. Die Einjahresinzidenz liegt nach Cote (2004) und Croft (2001) zwischen 14 % und 18 %.

Natürliche Geschichte Der Verlauf von Nackenschmerzen wird in der Regel als gutartig und selbstlimitierend beschrieben. Diverse Untersuchungen zeigen allerdings, dass dies oft nicht der Fall ist. Über ein Drittel der Patienten berichten von persistierenden Symptomen, 9 % sogar von einer Verschlechterung (Cote 2004). Nach der Übersichtsarbeit von Carroll ( ▶ [377]) beträgt der Anteil von Patienten mit rezidivierenden Symptomen sogar bis zu 85 %! Zusätzlich wird das Beschwerdebild regelmäßig von anderen Pathologien wie Rückenschmerzen oder depressiven Verstimmungen begleitet. Diese Fakten belegen, dass Nackenschmerzen nicht als isoliertes Geschehen betrachtet werden dürfen. Sie sind vielmehr Teil eines chronischen Schmerzsyndroms, das durch Episoden mit geringerer Schmerzintensität unterbrochen wird. Die Begleiterkrankungen und das Krankheitsbild begünstigende Faktoren müssen daher in die Behandlungsplanung miteinbezogen werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen (Cote 2007, Gureye 2008, Guzman 2008a).

Risikofaktoren Die Ursachen für die Entwicklung von Nackenschmerzen sind nur unzureichend erforscht. Es besteht zwar eine Reihe von Untersuchungen, die Risikofaktoren für Nackenschmerzen identifizieren. Interessanterweise führt eine Modifikation bzw. Reduktion dieser Risikofaktoren nicht zwangsläufig auch zu einem geringeren Auftreten des Krankheitsbildes. Eine Aufstellung ist der Checkliste zu entnehmen.

Checkliste

Risikofaktoren für die Entstehung von Nackenschmerzen (nach Hogg-Johnson 2008, Croft 2001, Vingard 2000)

  • Alter (Hochzeit im mittleren Lebensalter 35–49 Jahre)

  • passives und aktives Rauchen

  • schlechter allgemeiner Gesundheitszustand

  • psychische Erkrankungen, Disstress

  • muskuloskelettale Schmerzen (z. B. Rückenschmerzen)

  • frühere Traumen

  • mehr Kinder

  • weibliches Geschlecht

  • repetitive oder statische Arbeitsbelastungen

2.2 Allgemeine Untersuchung


Die klinische Untersuchung der Halswirbelsäule gestaltet sich bedingt durch die anatomische Nähe vieler gelenkiger Verbindungen als sehr schwierig. Neben den Intervertebral- und den Facettengelenken kommt die segmentale Muskulatur als Schmerzauslöser infrage. Das Kiefergelenk, der Schultergürtel (Akromio-, Sternoklavikulargelenke, skapulothorakale Gleitebene) und das Glenohumeralgelenk erschweren die Befunderhebung zusätzlich. Darüber hinaus kann der Patient übertragene Schmerzen von inneren Organen (z. B. Magen und Leber) im Schulter-Nacken-Bereich empfinden. Während bei Patienten mit Lendenwirbelsäulenbeschwerden meistens nur ein Schmerzgenerator zu finden ist (Schwarzer 1994), sind bei Patienten mit Halswirbelsäulenbeschwerden viel häufiger mehrere anatomische Strukturen betroffen (z. B. Bandscheibenrupturen und Facettengelenksstörungen, ▶ [143]). Diese Fakten fordern vom behandelnden Therapeuten nicht nur ein ausreichendes theoretisches Wissen, sondern auch eine entsprechende große praktische Erfahrung.

Es empfiehlt sich Patienten mit Beschwerden der Halswirbelsäule in Untergruppen aufzuteilen ( , mod. O’Sullivan 2007, Guzman 2008b). In den vergangenen Jahren hat dieses Vorgehen in der Lenden-Becken-Hüft-Region zu besseren Behandlungsergebnissen geführt (Brennan 2006, ▶ [264]). Im Bereich der Halswirbelsäule befindet sich die Forschung diesbezüglich allerdings buchstäblich noch in den „Kinderschuhen“. Lediglich Fritz und Brennan ( ▶ [264]) können mit positiven Ergebnissen aufwarten. Erst kürzlich stellte eine Arbeitsgruppe, die sich ausschließlich mit den wissenschaftlichen Grundlagen des Nackenschmerzes beschäftigt, eine aktualisierte Einteilung von Nackenschmerzpatienten vor.

Abb. 2.1 Klassifizierung von Nackenschmerzen.

2.2.1 Spezifische und unspezifische Nackenschmerzen


2.2.1.1 Spezifische Nackenschmerzen

Krankheitsbilder, die unter diese Kategorie fallen, sind für den Therapeuten immer ein Alarmzeichen und bedürfen einer eingehenden Untersuchung beim Allgemein- bzw. Facharzt. Unter dieser Überschrift werden folgende Erkrankungen zusammengefasst (mod. ▶ [18], ▶ [197]):

  • Radikulopathie: Entzündung der Nervenwurzel, ausgelöst durch eine Beschleunigungsverletzung, einen Bandscheibenprolaps oder eine Degeneration des Unkovertebralgelenks

  • Myelopathie: Kompression des Rückenmarks durch segmentale Instabilität oder deren Folgen (z. B. kalzifiziertes Lig. flavum)

  • Tumoren, Infektionen, metabolische Erkrankungen, manifeste Osteoporose

  • entzündliche Erkrankungen: rheumatoide Arthritis, Spondylitis ankylosans

  • angeborene Fehlbildungen: z. B. Os odontideum oder Klippel-Feil-Syndrom

  • Frakturen: z. B. Beschleunigungsverletzungen im Sport oder Auto

Patienten mit spezifischen Nackenschmerzen sollte der Therapeut schon in der Anamnese erkennen. Viele der oben genannten Krankheitsbilder fallen durch klinische Symptome auf, die in der Literatur als „rote Flaggen“ bezeichnet werden ( ▶ Tab. 2.1).

Tab. 2.1 Anamnestische Hinweise auf schwerwiegende Erkrankungen ( ▶ [197], ▶ [18]).

Entzündlich/infektiös

Maligne

Neurologisch

  • Fieber

  • nächtliches Schwitzen

  • Ruhe- und Nachtschmerz

  • „Bettflüchter“

  • morgendliche Steifheit

  • vorhergehende Infektionen

  • Operation (innerhalb 21 Tagen)

  • Immunsuppression

  • Drogenabusus (intravenös)

  • zervikale Lymphknoten-schwellung

    ...

Erscheint lt. Verlag 25.4.2018
Reihe/Serie Physiofachbuch
Physiofachbuch
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Gesundheitsfachberufe
Schlagworte Arm • Ausdauer • Beweglichkeit • Bewegungseinschränkungen • Ellbogen • Finger • Halswirbelsäule • Hand • Handgelenk • HWS • Instabilität • KOORDINATIO N • Kraft • Medizinische Trainingstherapie • MTT • Oberarm • Obere Extremität • Orthopädisch-traumatologische Rehabilitation • Physiotherapie • POSTOPERATI VE REHABILITATION • Rehabilitation • Schleudertrauma • Schmerz • Schnelligkeit • Schulter • Tests • Trainingslehre • Trainingsprogramme • Trainingstherapie • Unterarm
ISBN-10 3-13-242734-9 / 3132427349
ISBN-13 978-3-13-242734-1 / 9783132427341
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