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Das Konzept der "offenen Türen" in der Akutpsychiatrie. Rechtliche Aspekte und Wirkungen auf Zwangsmaßnahmen und Zwangsbehandlungen von Patienten

(Autor)

Buch | Softcover
108 Seiten
2018
Diplomica Verlag
978-3-96146-589-7 (ISBN)
39,99 inkl. MwSt
Ein geschlossenes psychiatrisches Setting bedeutet Zwang: Besonders in der Akutversorgung werden Zwangsmaßnahmen durchgeführt. Trotz grundlegender Veränderungen durch Reformen der letzten Jahrzehnte in den entwickelten Ländern bezüglich der Behandlung von Patienten ist Zwang in der deutschen Psychiatrie noch immer weit verbreitet. Nach aktueller Studienlage sind Patienten auf geschlossenen psychiatrischen Akutstationen besonders stark von Zwangsmaßnahmen und Zwangsmedikation betroffen, obwohl jede Zwangsbehandlung sowie jede Zwangsmaßnahme einen gravierenden Grundrechtseingriff darstellt. In der psychiatrischen Praxis scheint das Bewusstsein dafür nicht durchgängig vorhanden zu sein und so gibt es noch immer Mängel sowie einen großen Handlungsbedarf bezüglich dieses ethisch brisanten Themas.
Vor diesem Hintergrund ist ein Umdenken entstanden, das sich dadurch auszeichnet, Zwang, Türschließung, Restriktion und Isolation in der Behandlung psychiatrisch erkrankter Menschen zu reduzieren Eine konkrete Lösung der Problemstellung könnte das Konzept der "offenen Tür" in der Psychiatrie sein, welches in den letzten Jahren oft diskutiert wurde und in bereits mindestens zwanzig (von insgesamt ca. 400) psychiatrischen Kliniken in Deutschland praktiziert wird. Darüber hinaus spielt eine frühzeitige Wiedereingliederung in die Gemeinschaft eine tragende Rolle. Das bedeutet beispielsweise, dass die Betroffenen schon während des Klinikaufenthaltes Zugang zu gemeindeintegrierten, ambulanten und komplementären Angeboten erhalten oder versucht wird, akutpsychiatrische Patienten generell länger im ambulanten und häuslichen Setting zu behandeln und zu versorgen, anstatt die Betroffenen stationär zu isolieren.
Die Psychiatrie steht deshalb auch in Zukunft vor großen Aufgaben und Herausforderungen, um sich als ein modernes medizinisches Fach zu positionieren, zu entstigmatisieren und um die Selbstbestimmungsrechte und Autonomie der Patienten zu wahren.

Cedric Butze schloss sein Studium im Pflege- und Gesundheitsmanagement an der Fachhochschule Dresden - University of Applied Sciences mit dem B.A. Pflege- und Gesundheitsmanager erfolgreich ab. Der Autor ist als examinierter Gesundheits- und Krankenpfleger in psychiatrischen Fachkliniken und als gesetzlicher Betreuer tätig.

Textprobe:
Kapitel 5.2 (Zwangs-)Unterbringung und rechtliche Rahmenbedingungen
Wenn ein Patient gegen seinen Willen in räumlich abgegrenzten Bereichen eines Krankenhauses, beispielsweise auf einer geschlossenen Akutstation, für einen gewissen Zeitraum festgehalten wird, dann wird von einer Zwangseinweisung oder einer freiheitsentziehenden Unterbringung gesprochen. Bei ca. 25% aller Aufnahmen in der Psychiatrie handelt es sich um Zwangseinweisungen. Laut Behrens ist das "[...] die wohl am schwersten in individuelle Freiheitsrechte eingreifende Maßnahme[...]".
Es werden in Deutschland drei rechtliche Arten von Unterbringungen unterschieden:
- die öffentlich-rechtliche Unterbringung bei Selbst- oder Fremdgefährdung entsprechend der Landesgesetze für Hilfen für psychisch Kranke nach PsychKG
- die zivilrechtlich/betreuungsrechtliche, fürsorgliche Unterbringung bei Selbstgefährdung nach
1906 BGB sowie
- die strafrechtliche Unterbringung bei Schuldunfähigkeit gemäß
63 und
64 StGB
Es kommt häufig vor, dass Patienten aufgrund ihrer Erkrankung mit der Einweisung in die Psychiatrie nicht einverstanden sind. Oft wird eine notwendige Behandlung verweigert, da meist keine Krankheitseinsicht vorhanden ist. Bei jeder Form der Behandlung bedarf es allerdings vorab einer Einwilligung des Patienten. Erfolgt keine Einwilligung zu Beginn einer Behandlung oder im Rahmen der Aufnahmesituation, wird gegen geltendes Recht verstoßen. Die Bundesrepublik Deutschland legt in 19 Artikeln die für alle Menschen geltenden Grundrechte vor. Eine Zwangsunterbringung, Zwangsbehandlung sowie die Durchführung von Zwangsmaßnahmen verstoßen grundsätzlich gegen das im Grundgesetz formulierte Freihheitsgrundrecht sowie auf das Recht auf körperliche Unversehrtheit. Eine Behandlung gegen den freien Willen einer Person vorzunehmen oder sie in eine geschlossene Einrichtung unterzubringen gilt daher als Grundrechtsverletzung. Sie erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung und Freiheitsentziehung. Der Arzt oder das Pflegepersonal machen sich daher ohne eine wirksame Einwilligung strafbar. Tritt der Fall ein, dass das Leben und die Gesundheit eines Patienten oder die Rechtsgüter anderer durch den Betroffenen aufgrund seiner psychiatrischen Erkrankung gefährdet werden und dies auf andere Weise nicht abgewendet werden kann, oder ist der Patient aufgrund seines krankheitsbedingten Zustandes weder einsichts- noch steuerungsfähig, so kann eine Behandlung gegen den Willen des Patienten eingeleitet werden und es erfolgt eine Zwangseinweisung. Ist der Patient weiterhin selbstbestimmungs- und einwilligungsfähig, verbietet sich jede Zwangsmaßnahme und -behandlung. Werden hingegen bestimmte Voraussetzungen erfüllt, darf in die Rechte der Betroffenen eingegriffen werden. Aber nur mit Hilfe eines anderen Gesetzes können die Grundrechte eingeschränkt werden. Die Entscheidung, ob eine Behandlung gegen den Willen des Patienten durchgeführt werden soll, obliegt hier nicht dem Arzt, sondern wird generell von einer unabhängigen Kontrollstelle, einem zuständigen Gericht getroffen, welches dann die jeweils verbindlichen Unterbringungsgesetze prüft.
5.2.1 Betreuungsrechtliche Unterbringung
Die Rechtsgrundlage für eine zivilrechtliche/betreuungsrechtliche Unterbringung eines Patienten bildet der
1906 Abs. 1-3 BGB in Verbindung mit
312 Nr. 1 FamFG . Voraussetzung für die fürsorgliche Unterbringung gemäß
1906 Abs. 1 BGB ist, dass dem Betroffenen ein gesetzlicher Betreuer zur Seite gestellt wurde. Die zwangsweise Unterbringung und Behandlung in einer psychiatrischen Einrichtung ist demnach nur durch einen gesetzlichen Betreuer und mit Genehmigung des zuständigen Betreuungsgerichtes möglich. Es wird im Zivilrecht zwischen der Verwahrungsunterbringung und der Behandlungsunterbringung gemäß BGB unterschieden.
Bei der Verwahrungsunterbringung handelt es sich ausschließlich darum, selbstgefährdende Betreute auf einer geschlossenen psychiatrische

Erscheinungsdatum
Sprache deutsch
Maße 155 x 220 mm
Gewicht 184 g
Themenwelt Medizin / Pharmazie Gesundheitsfachberufe
Medizin / Pharmazie Pflege Pflegemanagement / Qualität / Recht
Schlagworte Akutpsychiatrische Regelversorgung • Gemeindeintegrierte Versorgungsangebote • Gemeindenahe Psychiatrie • Gemeindepsychiatrie • Home Treatment • Konzept der offenen Tür • offene Psychiatrie • Psychiatrie • psychiatrische Akutstation • Soteria • Zwangsmaßnahmen
ISBN-10 3-96146-589-4 / 3961465894
ISBN-13 978-3-96146-589-7 / 9783961465897
Zustand Neuware
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