Expertise Orthopädische Rheumatologie (eBook)

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2015 | 1. Auflage
380 Seiten
Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-202921-7 (ISBN)

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Expertise Orthopädische Rheumatologie -
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Stefan Rehart, Stefan Sell: Expertise Orthopädische Rheumatologie 1
Innentitel 4
Impressum 5
Vorwort 6
Anschriften 8
Inhaltsverzeichnis 11
1 Allgemeine Rheumatologie 15
Epidemiologie rheumatologischer Erkrankungen 15
Einleitung: Was ist Epidemiologie? 15
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen 15
Arthrose 18
Osteoporose 19
Chronischer Rückenschmerz 20
Diagnostik und Differenzialdiagnostik ausgewählter Krankheiten 21
Rheumatoide Arthritis 21
Axiale und periphere Spondyloarthritis 23
Psoriasisarthritis 24
Kristallarthropathien 26
Immunologische Grundlagen 27
Zellen des Immunsystems 27
Humorale Effektormechanismen 31
Botenstoffe 32
Zusammenfassung 34
Labordiagnostik 34
Unspezifische Entzündungsmarker: BSG und CRP 34
Rheuma-Serologie: Rheumafaktor und ACPA 35
HLA-B27 36
Erregerassoziierte Diagnostik 36
Untersuchung des Gelenkpunktats (Synoviaanalyse) 38
Autoantikörper – Kollagenosen 38
Autoantikörper – Vaskulitiden 42
Bildgebung 43
Einleitung 43
Konventionelles Röntgen 43
Gelenk- und Weichteilsonografie 45
Schichtbildverfahren 48
Zusammenfassung 50
Histopathologische Diagnostik 52
Einleitung 52
Gelenkerkrankungen 53
Systemische orthopädisch-rheumatologische Erkrankungen 56
Maligne ossäre Erkrankungen in der orthopädischen Rheumatologie 58
Endoprothesenassoziierte Pathologien 58
Medikamentöse Therapie 60
Einleitung 60
Therapieziele 60
Therapiekonzepte 62
Substanzen 62
Kombinationstherapie 73
Intraartikuläre Therapie 74
Therapieüberwachung 75
Perioperative Vorgehensweise unter Therapie mit DMARD und Biologika 77
Aktuelle Therapieempfehlungen bei häufigen Krankheitsbildern 77
2 Konservative orthopädische Rheumatologie 87
Physiotherapie 87
Einleitung 87
Schulter 89
Ellenbogen 90
Hand 91
Handgelenk 92
Daumen 94
Finger 95
Hüfte 97
Knie 98
Fuß 100
Ergotherapie 103
Einleitung 103
Gelenkprotektion 103
Arbeitsplatzgestaltung 104
Hilfsmittel und Adaptionen 105
Individualschienen 106
Motorisch-funktionelle Behandlung 108
Manuelle Medizin 110
Grundlagen und Prinzipien 110
Diagnostik und Differenzialdiagnose entzündlich-rheumatischer Erkrankungen am Achsenorgan 114
Differenzialdiagnose von nicht diagnostizierten seronegativen Spondyloarthritiden 116
Funktionsstörungen im Rahmen seronegativer Spondyloarthritiden 117
Schmerzchronifizierung nach entzündlichen Aktivitäten am Achsenorgan 117
Kristallarthropathien am Achsenorgan 117
Polyarthritis-Aktivität am Achsenorgan als Gefahr für manuelle Therapien 117
Orthopädietechnik und orthopädietechnische Versorgung 118
Einleitung 118
Orthesen an der oberen Extremität 118
Orthesen an der unteren Extremität 122
Einlagen und Schuhzurichtungen 124
Hilfsmittel 125
Schmerztherapie 126
Definition 126
Epidemiologie 127
Schmerzdiagnostik und Assessment 129
Medikamentöse Schmerztherapie 130
Physikalische Therapie und Physiotherapie bei akuten und chronischen Schmerzen 132
Injektionen/Interventionen 133
Multimodale Schmerztherapie 137
Sonderfall: Fibromyalgie-Syndrom 138
Versorgungspfad Schmerztherapie 140
Rehabilitation 142
Historie, Definitionen, Besonderheiten 142
Besonderheiten der rheumatologischen Rehabilitation 143
Indikation 143
Zielsetzung 143
Organisationsformen und Zugangswege 144
Inanspruchnahme 146
Anforderungen 148
Berufliche Rehabilitation 149
Qualitätssicherung und -management 149
Rehabilitationsforschung 150
Defizite 150
Patientenverbände 150
Die Deutsche Rheuma-Liga 150
Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew 152
Psychologische Verfahren 155
Einführung und Modellbildung 155
Schmerzchronifizierung bei rheumatischen Erkrankungen 155
Diagnostische Vorgehensweise 156
Psychologische Interventionen 157
Zusammenfassung 160
Physikalische Therapie 160
Kryo- und Thermotherapie, Hydrotherapie 160
Elektrotherapie 163
Ultraschalltherapie 165
Pulsierende Signaltherapie 166
Phototherapie (Lichttherapie) 166
Extrakorporale Stoßwellentherapie 167
Röntgenreizbestrahlung 168
Radiosynoviorthese 168
Massagetherapie 169
3 Operative orthopädische Rheumatologie 177
Stadienadaptierte Indikationsstellung 177
Grundlegendes 177
Differenzierte operative Verfahren 179
Patientenvorbereitung zur Operation 186
Indikation und Planung 186
Anamnese 187
Krankheitsspezifische Medikation 188
Anästhesiologische Besonderheiten 189
Lagerung 189
Wundheilung 189
Perioperatives Management 190
Neue biologische Medikamente und nicht steroidale Antiphlogistika 190
Konventionelle Basistherapie 201
Wirbelsäule 205
Rheumatische Halswirbelsäule 205
Spondyloarthritis 213
Schulter 232
Einleitung 232
Diagnostisches Vorgehen und Indikationsstellung 238
Komplikationen 244
Schlusspunkt 244
Ellenbogen 244
Einleitung 244
Diagnostik und Therapie 245
Komplikationen 253
Schlusspunkt 254
Handgelenk 255
Einleitung 255
Diagnostik und Therapie 257
Daumen und Langfinger 274
Einleitung 274
Diagnostik und Therapie 276
Komplikationen 284
Schwanenhals- und Knopflochdeformität der Langfinger 285
Einleitung 285
Diagnostik und Therapie 288
Hüftgelenk 292
Einleitung 292
Diagnostik und Therapie 292
Komplikationen 302
Kniegelenk 302
Einleitung 302
Diagnostik und Therapie 303
Sprunggelenk 317
Einleitung 317
Diagnostik und Therapie 317
Vorfuß 326
Einleitung 326
Diagnostik und Therapie 327
Komplikationen 335
4 Begutachtung rheumatologischer Erkrankungen 349
Einleitung 349
Rheumatoide Arthritis 349
Diagnosestellung 349
Laborveränderungen 350
Radiologische Befunde 350
Tests 350
Beurteilung des Verlaufs der Erkrankung 351
Therapeutisches Vorgehen 351
Begutachtung 352
Rehabilitation 355
Spondyloarthritiden 356
Funktionstests für die Wirbelsäule 356
Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) 357
Psoriasisarthritis 359
Parainfektiöse Arthritiden am Beispiel der Borreliose 359
Juvenile idiopathische Arthritis 360
Chronisch-entzündliche systemische Bindegewebserkrankungen 362
Systemischer Lupus erythematodes 362
Sklerodermie 363
5 Zusammenfassung 365
Sachverzeichnis 368

1 Allgemeine Rheumatologie


1.1 Epidemiologie rheumatologischer Erkrankungen


A. Strangfeld

1.1.1 Einleitung: Was ist Epidemiologie?


Epidemiologie untersucht die Häufigkeit und Verteilung von Krankheiten in menschlichen Bevölkerungen und ihre Determinanten ▶ [134]. Zentrale Begriffe der deskriptiven Epidemiologie sind Prävalenz und Inzidenz als Maßzahlen für die Häufigkeit und die Neuerkrankungsrate einer Erkrankung. Für den Kliniker ebenfalls bedeutsam zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Diagnose sind Parameter wie das typische Erkrankungsalter und geschlechtsspezifische Aspekte.

Die analytische Epidemiologie hat das Ziel, Risikofaktoren von Erkrankungen und Determinanten von Krankheitsverläufen aufzudecken und damit zur Kausalerklärung beizutragen. Dies kann mithilfe von Studien an Bevölkerungsstichproben, aber auch – im Rahmen der klinischen Epidemiologie – aufgrund von Beobachtungen großer Gruppen von Patienten mit einer bestimmten Erkrankung erfolgen. Durch die Untersuchung von Krankheitsfolgen und Krankheitsverläufen können z.B. Risikofaktoren für einen progredienten Verlauf identifiziert werden. Wesentliche Instrumente der klinischen Epidemiologie sind prospektive Kohortenstudien, in denen Patienten über viele Jahre beobachtet werden. Die Fragestellungen klinisch-epidemiologischer Forschung können von der Aufdeckung von Prädiktoren für definierte klinische Endpunkte bis zur Sicherheit neuer Therapien reichen.

Epidemiologische Methoden bilden auch die Grundlage für die Durchführung von klinischen Studien. Letztendlich werden in der Epidemiologie die Kriterien erarbeitet, die in klinischen Studien den Ein- und Ausschluss von Patienten mitbestimmen oder die Abschätzung des Therapieerfolgs erlauben (z.B. Klassifikationskriterien oder Outcome Measures).

In Deutschland hat die rheumaepidemiologische Forschung eine lange Tradition. Bereits in den 1980er-Jahren wurde eine Bevölkerungsstudie zur Epidemiologie und Versorgung der rheumatoiden Arthritis im Stadtgebiet von Hannover durchgeführt ▶ [216]. Eine Bevölkerungsstudie in Lübeck lieferte erste belastbare Daten zur Häufigkeit von chronischen Rückenschmerzen ▶ [89] und die europäische Osteoporose-Studie EVOS stellte bereits 1998 erste Daten für Deutschland bereit ▶ [59].

Seit Beginn der 1990er-Jahre trägt die Kerndokumentation der regionalen kooperativen Rheumazentren in der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie mit Daten von jährlich rund 17 000 rheumatologisch betreuten Patienten wesentlich zur Beschreibung der Versorgungssituation und zur Aufklärung von Versorgungsdefiziten bei ▶ [223]. Weitere Kohorten untersuchen beispielsweise, wie frühzeitig die rheumatologische Betreuung begonnen wird oder welche prognostischen Faktoren für den Verlauf der Erkrankung eine Rolle spielen. Im Hinblick auf die Sicherheit und Wirksamkeit neuer Therapeutika gehört das deutsche Biologikaregister RABBIT (Rheumatoide Arthritis: Beobachtung der Biologika-Therapie) zu den international führenden epidemiologischen Studien.

Zusatzinfo

Epidemiologie muskuloskeletaler Erkrankungen

Insgesamt leiden in Deutschland etwa 20 Millionen Menschen unter chronischen muskuloskeletalen Erkrankungen. Hierzu zählen u.a. die degenerativen Erkrankungen der Gelenke (Arthrosen), Osteoporose, chronische Schmerzsyndrome (Rückenschmerzen und Fibromyalgie), aber auch die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die Kosten dieser Krankheiten sind immens und belaufen sich nach Schätzungen des statistischen Bundesamts auf rund 28,5 Milliarden Euro im Jahr (ohne Einbeziehung der indirekten Kosten durch Arbeitsausfall).

Im Folgenden werden epidemiologische Kennzahlen wichtiger rheumatischer Erkrankungen dargestellt.

1.1.2 Entzündlich-rheumatische Erkrankungen


Zu der Gruppe der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen gehören mehr als 100 verschiedene Krankheiten. Ihnen gemeinsam ist eine schwere chronisch-systemische Entzündung. Eine entzündlich-rheumatische Erkrankung kann sowohl im Erwachsenen- als auch im Kindesalter auftreten. Das Spektrum der Erkrankungen im Kindesalter, ihr Verlauf, sowie die Prognose unterscheiden sich sehr von denen des Erwachsenenalters, weshalb sie getrennt dargestellt werden.

1.1.2.1 Entzündlich-rheumatische Erkrankungen des Erwachsenenalters

Die entzündlich-rheumatischen Erkrankungen lassen sich grob in 3 Gruppen unterteilen, je nachdem, welche Organe (Organsysteme) vorwiegend betroffen sind:

  • Gelenke: hierzu gehört die rheumatoide Arthritis (RA) als wichtigste Einzeldiagnose

  • Wirbelsäule: Spondyloarthritiden mit der ankylosierenden Spondylitis (AS) als wichtigste Diagnose

  • Gefäße und Bindegewebe: Vaskulitiden und Kollagenosen mit dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) als wichtigste Diagnose

Die Häufigkeit der einzelnen Diagnosen in der rheumatologischen Versorgung ist in ▶ Abb. 1.1 anhand der Daten der Kerndokumentation dargestellt.

Abb. 1.1 Diagnosespektrum entzündlich-rheumatischer Erkrankungen in der Kerndokumentation der Rheumazentren (n=16 287), 2012.

Rheumatoide Arthritis

In Deutschland geht man von einer Prävalenz der rheumatoiden Arthritis (RA) von etwa 0,8% aus. Die Daten hierzu wurden erstmalig in den 1980er-Jahren von Wasmus und Raspe erhoben mit einer Schätzung der Mindestprävalenz von 0,56% (CI 0,37–0,75) und einer angenommenen Prävalenz von 0,91% (CI 0,64–1,18) ▶ [215]. Diese Schätzung konnte durch mehrere internationale und nationale Studien auch in jüngerer Zeit bestätigt werden. Aus Großbritannien wurde eine Prävalenz der RA in diesem Jahrtausend von 0,8% berichtet, darunter 1,2% für Frauen und 0,4% für Männer ▶ [199], mit im Vergleich zu den 1980er-Jahren fallender Tendenz der Erkrankungshäufigkeit, allerdings nur bei den Frauen. Dies deckt sich mit Daten aus den USA, wo anhand der über viele Jahrzehnte gesammelten Daten der Rochester Kohorte ebenfalls eine abnehmende Prävalenz der RA beobachtet wurde: von 1,1% im Jahr 1985 zu 0,9% in 1995 ▶ [85]. Gegenüber den Männern mit einer Prävalenz von 0,6% erkranken Frauen etwa doppelt so häufig an einer RA (Prävalenz von 1,2%).

Die aktuellsten deutschen Zahlen stammen aus einem bundesweiten Survey, den das Deutsche Rheumaforschungszentrum Berlin unter Nutzung des TNS Health Care Panels in den Jahren 2006/2007 durchgeführt hat. In einem 3-stufigen Verfahren (schriftliche Befragung, klinische Untersuchung und Experteninterview) konnten 499 RA-Kranke aus insgesamt 54 979 Personen aus der Bevölkerung identifiziert werden. Dies entspricht einer Prävalenz von 0,9% ▶ [217].

Das mittlere Erkrankungsalter an einer RA liegt zwischen 55 und 65 Jahren, wobei Männer später erkranken als Frauen. Pro Jahr muss mit 20–30 Neuerkrankungen je 100 000 Männern und 40–60 Neuerkrankungen je 100 000 Frauen gerechnet werden ▶ [50] ▶ [184]. Die Inzidenz steigt, v.a. bei Männern, mit dem Alter an. Während bis zum 45. Lebensjahr das Erkrankungsrisiko von Frauen gegenüber dem von Männern etwa um das 4-Fache erhöht ist, verringert sich dieser Unterschied im Alter zwischen 55–65 auf das Doppelte und ist danach sogar nur noch um das 1,4-Fache erhöht. Insgesamt gehen die neuesten Schätzungen von einer jährlichen Inzidenz von 0,04% aus ▶ [42] ▶ [56].

Risikofaktoren für die Entstehung einer RA sind neben einer genetischen Disposition (Shared Epitope) ▶ [75] ▶ [105] auch Übergewicht ▶ [42] und Rauchen, v.a. die Intensität und die Dauer der Exposition ▶ [193] bei Personen, die das HLA-DRB1 (Shared Epitope) besitzen und anti-CCP-positiv...

Erscheint lt. Verlag 7.10.2015
Co-Autor Martin Arbogast, Martin Aringer, Ingo Arnold
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Medizinische Fachgebiete Innere Medizin Rheumatologie
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Orthopädie
Schlagworte konservative Rheumatologie • operative Rheumatologie • Orthopädie • Orthopädische Rheumatologie • Rheumatologie
ISBN-10 3-13-202921-1 / 3132029211
ISBN-13 978-3-13-202921-7 / 9783132029217
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