Evidence Based Practice (EBP) in der Neurologischen Rehabilitation -

Evidence Based Practice (EBP) in der Neurologischen Rehabilitation (eBook)

Anke Hengelmolen-Greb (Herausgeber)

eBook Download: PDF | EPUB
2015 | 1. Auflage
233 Seiten
Urban & Fischer Verlag - Fachbücher
978-3-437-31649-4 (ISBN)
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Der Begriff Evidence Based Practice (EBP) hat sich zu einem neuen Zauberwort in der neurologischen Rehabilitation entwickelt. Dies gilt sowohl für Therapeuten und Ärzte, die die Ergebnisse von EBP als Entscheidungsgrundlage für klinische Fragestellungen nutzen, als auch für Kostenträger, da EBP das Vertrauen in die Intervention erhöht und somit die Kostenübernahme ermöglichen kann.

Die vorliegende Arbeit untersucht den aktuellen Stand der therapeutischen Leistungen, die Kriterien der Evidence Based Practice (EBP) erfüllen.

Darüber hinaus wurden Faktoren ermittelt, die die Übertragung der wissenschaftlichen Erkenntnisse auf den therapeutischen Alltag fördern oder limitieren. Von besonderer Bedeutung sind dabei der Kenntnisstand der jeweiligen therapeutischen Intervention beim Therapeuten, Anwendungsentscheidungen abhängig von der Funktion, z.B. bestimmter motorischer und sensorischer Systeme, und andere individuelle und umweltbezogene Kontextfaktoren des Therapeuten.

Untersucht wurden insgesamt 16 Maßnahmen der neurologischen Rehabilitation, u.a.:

  • Repetition
  • Laufbandtraining
  • Gerätegestützte Therapie: Gangtrainer, Lokomat, Armtrainer, MIT-Manus, Bi-Manu-Track
  • funktionelle Elektrostimulation (FES)
  • EMG-initiierte funktionelle Elektrostimulation / EMG-Biofeedback
  • repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS)
  • Spiegeltherapie / Einsatz von Orthesen / Bobath-Konzept

FrontCover 1
Evidence Based Practice (EBP) inder neurologischenRehabilitation 2
Copyright 3
Danksagung 4
Abkürzungsverzeichnis 5
Inhaltsverzeichnis 6
KAPITEL 1 - Einleitung 8
1.1 Wissenschaftlicher Hintergrund der Arbeit 8
1.2 Voruntersuchung 10
1.3 Fragestellung, Ziele und Hypothesen der Arbeit 12
KAPITEL 2 - Literaturrecherche: Evidence-Based Practice in der neurologischen Rehabilitation – Gibt es ausreichende Evidenz für verschiedene... 14
2.1 Literaturrecherche – Übersicht 14
2.2 Literaturrecherche – 1. Teil 16
2.3 Literaturrecherche – 2. Teil 17
2.4 Auswahl der Studien 18
KAPITEL 3 - Ergebnisse der Literaturrecherche 20
3.1 Darstellung der Ergebnisse der Literaturrecherchen 22
3.2 Darstellung und Wertung der Ergebnisse – Beurteilung der Gesamtevidenz der therapeutischen Intervention 23
3.3 Therapeutische Intervention Nr. 1: Repetition 24
3.4 Therapeutische Intervention Nr. 2: Laufband­training 26
3.5 Therapeutische Intervention Nr. 3: Constraint Induced Movement Therapy (CIMT)/Forced Use 29
3.6 Therapeutische Intervention Nr. 4: Ziel- und aufgabenorientierte Aktivitäten mit einer Anpassung des Schwierigkeitsgrades („... 32
3.7 Therapeutische Intervention Nr. 5: motorisches Training in einer realen Umwelt 35
3.8 Therapeutische Intervention Nr. 6: gerätege­stützte Therapie – Gangtrainer, Lokomat 36
3.9 Therapeutische Intervention Nr. 7: gerätege­stützte Therapie – Armtrainer, MIT-Manus, Bi-Manu-Track 41
3.10 Therapeutische Intervention Nr. 8: funktio­nelle Elektrostimulation (FES) 44
3.11 Therapeutische Intervention Nr. 9: EMG-initiierte funktionelle Elektrostimulation 46
3.12 Therapeutische Intervention Nr. 10: EMG-Biofeedback 48
3.13 Therapeutische Intervention Nr. 11: repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) 50
3.14 Therapeutische Intervention Nr. 12: Sensori­motor Coupling 53
3.15 Therapeutische Intervention Nr. 13: Motor Imagery/Repeated Mental Practice 56
3.16 Therapeutische Intervention Nr. 14: Spiegel­therapie 58
3.17 Therapeutische Intervention Nr. 15: Einsatz von Orthesen 61
3.18 Therapeutische Intervention Nr. 16: Bobath-Konzept 63
3.19 Tabellarische Zusammenfassung der Ergebnisse aus der Literatursuche 66
3.20 Zusammenfassung 67
KAPITEL 4 - Diskussion: Der Transfer von Forschung zum therapeutischen Tun 78
KAPITEL 5 - Welche Barrieren und welche Stimuli sind vorhanden, um die aktuelle Evidence-Based Practice (EBP) in den Arbeitsalltag von Thera... 80
5.1 Fragebogenerstellung und Pretest/Vorerhebung 81
5.2 Ergebnisse Fragebögen 83
KAPITEL 6 - Diskussion 112
KAPITEL 7 - Schlussfolgerung und Ausblick 116
7.1 Gelingt in größeren, interdisziplinären Teams der Austausch und Wissenstransfer über wissenschaftliche Arbeiten besser? 116
7.2 Arbeiten Therapeuten mehr auf Partizipations- und Aktivitätsebene statt auf Körperstruktur- und Funktionsebene? 117
7.3 Wie gelingt der Wissenstransfer bei Therapeuten? Wie groß ist das Interesse an wissenschaftlichen Fortbildungen und wissensc... 117
7.4 Werden wissenschaftliche, therapeutische Projekte vorwiegend von anderen Berufsgruppen durchgeführt (z.B. Ärzten) und wenige... 118
7.5 Wie häufig begründet sich die Nichtanwendung der genannten therapeutischen Maßnahmen im Fehlen der entsprechenden Geräte, di... 118
KAPITEL 8 - Anhang 120
8.1 Anhang zur Literaturarbeit (› Kap. 2)Ergebnisse Literaturrecherche 1. und 2. Teil 120
8.2 Anhang zu  Kap. 5 – Fragebogen 224

3.6. Therapeutische Intervention Nr. 4: Ziel- und aufgabenorientierte Aktivitäten mit einer Anpassung des Schwierigkeitsgrades („Shaping“)


3.6.1. Einführung in das Thema


In der Rehabilitation des Schlaganfalls ist das wiederholte Üben von funktionellen Aufgaben ein wesentlicher Bestandteil. Das praktische Tun kann durch Lernstrategien erweitert werden, die in bewegungswissenschaftlichen Ansätzen benutzt werden, z. B. durch mechanische Mittel wie Laufbänder oder durch Strategien wie CIMT. Alle diese Ansätze basieren auf dem repetitiven Praktizieren von funktionellen Aufgaben, die das Potenzial haben, ein effizienter Bestandteil der Schlaganfall-Rehabilitation zu sein. Insbesondere, da verschiedene Ansätze in der Gruppentherapie oder als Eigenübungsprogramm in der häuslichen Umgebung angewendet werden können.
Nach Ansicht der Autorin müssen zwei Aspekte von aufgabenorientiertem Üben unterschieden werden:
1. Üben von Aktivitäten im Sinne der ICF:
a. Dies beinhaltet das ausschließliche Üben von Bewegungsübergängen wie z. B. das Gehen, Sitz zu Stand, Treppen steigen, Greifen etc.
b. Um hier die Repetition zu steigern, werden die Aktivitäten in der Therapie geübt und zusätzlich kommen mechanische Hilfsmitteln wie Laufbänder, Armtrainer etc. zum Einsatz.
2. Üben von Partizipation im Sinne der ICF:
a. Dies beinhaltet das Üben von funktionellen Teilaktivitäten (part task), die zu einer Alltagstätigkeit (whole task) gehören, die individuell passend für und mit dem Patienten ausgesucht wird (Partizipationsziel).
b. Um hier die Repetition zu steigern, muss die individuelle Therapie auf allen 3 Ebenen der ICF – insbesondere der Partizipation – stattfinden und der Transfer in die Alltagssituation erreicht werden. Dies beinhaltet, dass die funktionelle Aktivität für den Patienten zur Notwendigkeit wird, da sie täglich mehrmals in seinem Alltag gefordert wird. Neben dieser individuell zugeschnittenen Therapie sind Strategien wie CIMT geeignet.
c. Voraussetzung ist, dass das Umfeld des Patienten sich dem Shaping-Prozess anpasst, sowohl die aktuelle Umweltsituation als auch die Personen, die mit dem Patienten umgehen (verschiedene Berufsgruppen und Angehörige).
In der Literatur finden sich bisher fast ausschließlich Studien zum Punkt 1 – Üben von Aktivitäten im Sinne der ICF.

3.6.2. Literaturüberblick: Aktualität der Daten und Inhalte der wichtigsten, aktuellen Studien plus Einschätzung der Ergebnisqualität der einzelnen Studien


2010: Systematischer Cochrane-Review & Metaanalyse von French et al.24 zum Thema repetitives, aufgabenorientiertes Training
(Zusammenfassung Kap. 8, Tab. 8.15)
Wiederholtes Aufgabentraining resultiert in mäßigen Verbesserungen in einer ganzen Reihe von Outcome measures der Funktion der UE, aber nicht von Outcome measures der Funktion der OE. Das Training könnte ausreichend sein, um kleine Auswirkungen auf die ADL-Funktionen zu erwirken. Interventionen mit Repetition und aufgabenbezogenem Arbeiten sind vielfältig und schwer zu klassifizieren: die präsentierten Ergebnisse sind spezifisch für Studien, in denen beide Elemente klar innerhalb der Intervention repräsentiert sind, ohne wesentliche Verwechslung mit anderen potenziellen Wirkmechanismen.
Anmerkung: Hier zeigt sich die in der Einführung getroffene Unterscheidung sehr deutlich. Wird nur die Aktivität repetitiv geübt, gelingt der Übertrag in die Partizipation nicht – dies zeigt sich insbesondere bei den Hand- und Armfunktionen.
Wertung: ≈ nicht mehr oder weniger effektiv als die Kontrollgruppe
2008: Systematischer Review von French et al.25 zum Thema funktionelle, aufgabenorientierte Therapie in Bezug auf Ressourcen, Kosten und Effektivität
(Zusammenfassung Kap. 8, Tab. 8.16)
Insgesamt gab es wenig oder gar keine Beweise, dass die Therapieeffekte sich aufgrund von der Länge der Erkrankung oder der Dosierung änderten, aber die Ergebnisse für die Funktion der OE änderten sich nach der Art der Intervention. Bezüglich des ökonomischen Modells lässt sich annehmen, dass RFTP (repetitive functional task practice) kostengünstig ist. Die Evidenz legt nahe, dass manche Formen von RFTP effektiv sein können, um die Funktion der OE zu verbessern, jederzeit nach Stroke, aber die Dauer der Wirkung der Effekte ist unklar. Die Beweise sind noch von unzureichender Qualität, um Empfehlungen auszusprechen für Interventionen für die OE. Wenn aufgabenspezifisches Training angewendet wird, sollten nachteilige Auswirkungen überwacht werden. Wenn auch die Effektivität von RFTP sehr bescheiden ist, so scheint die Intervention doch kostengünstig zu sein. Aufgrund der hohen Anzahl von laufenden Studien sollte dieser Review in 2 Jahren aktualisiert werden und jeder zukünftige Review sollte einen Vergleich zu alternativen Therapien ziehen.
Wertung: ≈ nicht mehr oder weniger effektiv als die Kontrollgruppe
2007: Systematischer Cochrane-Review von French et al.26 zum Thema repetitive aufgabenorientierte Therapie
(Zusammenfassung Kap. 8, Tab. 8.17)
Zusammenfassend wurde keine Evidenz gefunden für die Effektivität des Repetitiven Task Trainings für die Arm- und Handfunktionen, ebenso nicht für Sitzbalance und Functional Reach. Ergebnisse in späteren Follow-ups waren ebenfalls nicht statistisch signifikant. Eine kleine, moderate Signifikanz wurde gefunden für die Effektivität des Repetitiven Task Trainings für die untere Extremität – für die Aspekte Gehstrecke, Gehgeschwindigkeit und Sitz zu Stand. Es gab keine Evidenz über die Effektivität für die untere Extremität (Funktionsbasis) oder für Stehbalance oder Reach. Ebenfalls gab es keine signifikanten Ergebnisse in den entsprechenden Follow-ups.
Wertung: - eher negatives Ergebnis für die Intervention
2007: multizentrisches RCT mit 6-Monats-Follow-up von Sullivan et al.27 zum Thema aufgabenspezifisches, lokomotorisches Training und Krafttraining
(Zusammenfassung Kap. 8, Tab. 8.18)
In diesem RCT werden 3 Gruppen miteinander verglichen: Laufbandtraining (Treadmill Training) mit Body Weight Support (BWS-TT), Fahrrad mit Widerstand (CYCLE) und
muskelspezifische, sich steigernde Übungen mit Widerstand (LE-EX).
Die BWSTT-Gruppe hatte signifikant mehr Steigerung in der Gehgeschwindigkeit, verglichen mit der CYCLE-Gruppe; beide Gruppen verbesserten sich in der Gehstrecke. Alle BWS-TT-Gruppen steigerten ihre Gehgeschwindigkeit und die Gehstrecke, egal ob BWS-TT kombiniert wurde mit LE-Krafttraining oder nicht. Nach chronischem Stroke ist aufgabenspezifisches Training durch Laufbandtraining mit Gewichtsentlastung effektiver in Bezug auf Gehgeschwindigkeit und den Erhalt der Verbesserungen bis 6 Monate nach Stroke als Fahrradtraining mit Widerstand alleine.
Anmerkung: Auch hier zeigt sich wieder die in der Einführung getroffene Unterscheidung, denn das „aufgabenspezifische Training“ bezieht sich nicht auf die Partizipationsebene, somit wird der Transfer in den Alltag nicht erreicht. Gehen ist die Aktivität, die sich im Alltag des Patienten wiederholt – das Fahrrad und das Krafttraining finden sich hier aber nicht wieder.
Methodologische Qualität der Studie (PEDro-Skala): 9 von 11 Punkten
Wertung: + eher positives Ergebnis für die Intervention
2004: prospektives RCT mit 6-Monats-Follow-up von Blennerhassett et al.28 zum Thema aufgabenspezifisches, lokomotorisches Training und Krafttraining
(Zusammenfassung Kap. 8, Tab. 8.19)
In diesem RCT übte die Interventionsgruppe (Arm-Gruppe) mit funktionellen Aufgaben, um die Reich- und Greifbewegungen zu verbessern, weiterhin Hand-Auge-Koordinationsaktivitäten und sie bekamen therapeutisch assistierte Übungen, wenn die Arm- und Handkontrolle limitiert war. Die Kontrollgruppe (Mobility-Gruppe) bekam ein Ausdauertraining mit Ergometern und Laufbändern, funktionelle Aufgaben wie Sitz zu Stand, Treppe, Hindernislauf, Stehbalance.
Beide Gruppen zeigten signifikante Verbesserungen, allerdings nur die Arm-Gruppe zeigte signifikante Verbesserungen in den Armfunktionen. Nach 4 Wochen Training hatte die Mobility-Gruppe bessere lokomotorische Fähigkeiten als die Arm-Gruppe. Die Ergebnisse unterstützen den Gebrauch von zusätzlicher, aufgabenbezogener Therapie während der stationären Rehabilitation. Das Zirkeltraining-Format war ein praktikables und effektives Mittel, um supervidierte, zusätzliche Therapie anzubieten, die zu signifikanten Verbesserungen und sinnvollen funktionellen Zielen führt.
Methodologische Qualität der Studie (PEDro-Skala): 9 von 11 Punkten
Da beide Gruppen sich verbessert haben:
Wertung: ≈ nicht mehr oder weniger effektiv als die Kontrollgruppe

3.6.3. Wird die therapeutische Intervention in Leitlinien empfohlen?


Die Leitlinien der DGNR (2009 Rehabilitative Therapie bei Armparese nach Schlaganfall) beziehen sich ebenfalls auf den Cochrane-Review von 2008 und beschreiben es als keinen statistisch absicherbaren Effekt, eher als eine Therapieoption: Evidenz mittel bis hoch, Einschätzung der Effekte: hohe Qualität; Empfehlungsgrad 0.

3.6.4. Einschätzung der Datenlage für die therapeutischen Interventionen


Die dargestellten Studien...

Erscheint lt. Verlag 5.2.2015
Sprache deutsch
Themenwelt Medizinische Fachgebiete Chirurgie Neurochirurgie
ISBN-10 3-437-31649-4 / 3437316494
ISBN-13 978-3-437-31649-4 / 9783437316494
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