Gesundheitsrisiko Schimmelpilze im Innenraum -  Gerhard Andreas Wiesmüller,  Birger Heinzow,  Caroline Herr

Gesundheitsrisiko Schimmelpilze im Innenraum (eBook)

eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
344 Seiten
Ecomed (Verlag)
978-3-609-16475-5 (ISBN)
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Der Inhalt: Die bei Gesundheitsämtern und Verbraucherzentralen in Deutschland eingehenden Anfragen legen den Schluss nahe, dass das Auftreten eines Schimmelpilzbefalls von der Allgemeinbevölkerung als das relevanteste Innenraumschadstoffproblem angesehen wird. Die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) hat sich die Aufgabe gestellt, die Diskussion bezüglich der Beurteilung der von Schimmelpilzen ausgehenden gesundheitlichen Risiken zu versachlichen. Deshalb werden im Rahmen der GHUP-Jahrestagungen alljährlich in Workshops die verschiedensten Risikobereiche wissenschaftlich aufbereitet und versucht, die häufigsten auftretenden Fragen zu beantworten.

A – Einleitung

Schimmelpilze – welche gesundheitlichen Risiken können von ihnen ausgehen?

T. Gabrio, R. Szewzyk, C.E.W. Herr, B. Heinzow und G.A. Wiesmüller

Das Auftreten von Schimmelpilzen in der Wohnung oder am Arbeitsplatz wird gegenwärtig von der Allgemeinbevölkerung als das relevanteste Innenraumschadstoffproblem angesehen. Zu diesem Schluss kommt man zumindest, wenn man die bei Gesundheitsämtern und Verbraucherzentralen eingehenden Anfragen auswertet. Auch in den Medien genießt das Thema Schimmelpilze eine große Bedeutung. So erhält man z.B. unter dem Begriff „Schimmelpilze“ im Internet bei Google rund 1.510.000 Einträge, unter den Begriffen „Schimmelpilze, Gesundheit“ rund 439.000 Einträge und unter den Begriffen „Schimmelpilze, Risiko“ rund 170.000 Einträge. Die Beiträge zum Thema „Schimmelpilze“ und „Gesundheit“ bzw. „Risiko“ stammen allerdings nicht, wie man erwarten würde, vor allem von Medizinern bzw. Toxikologen, sondern sie wurden von Sanierungsfirmen, Bausachverständigen, Innenraumdiagnostikern, Umweltmykologen oder Anbietern von Mitteln und Verfahren zur Schimmelpilzsanierung verfasst.

Die Schimmelpilzproblematik ist in Deutschland seit ca. 20 Jahren ein Thema. Obwohl sich die Innenraumhygiene-Kommission des Umweltbundesamtes (Umweltbundesamt 2002, 2005) sowie eine Arbeitsgruppe des Landesgesundheitsamtes (Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg 2001, 2004) schon vor ca. zehn Jahren zum Thema „Schimmelpilze untersuchen, bewerten und sanieren“ positioniert haben und ihre „Leitfäden“ allgemein als Stand des Wissens anerkannt sind, reißt die Flut derer nicht ab, die sich im Internet und in den Medien zum Thema „gesundheitliche Risiken, die von Schimmelpilzen ausgehen“ mit widersprüchlichen Aussagen äußern. Daran konnten auch die Veröffentlichungen der WHO (WHO Guidelines 2009) und des Robert Koch-Institutes (2007) nichts ändern, in denen der Stand des Wissens zum Thema „Schimmelpilze und gesundheitliche Bewertung“ wissenschaftlich fundiert zusammengefasst wurde. Die WHO (WHO Guidelines 2009) zeigt auf, dass Bewohner von feuchten/verschimmelten Wohnungen ein erhöhtes Risiko für Atemwegserkrankungen und Atemwegsinfektionen sowie für eine Verstärkung einer vorhandenen Asthmaerkrankung haben. Sie stellt aber auch fest, dass es unklar ist, welche biologischen Agenzien ursächlich dafür verantwortlich sind. Das RKI (2007) gibt Empfehlungen aus medizinischer Sicht, wie im Einzelfall eine Risikoabschätzung bei Schimmelpilzwachstum im Innenraum erfolgen kann.

Warum wird das Thema Schimmelpilze und Gesundheit trotzdem von vielen Laien und Medizinern so kontrovers diskutiert? Folgende Umstände tragen sicher dazu bei:

  • Die Zusammenhänge zwischen dem Auftreten von Schimmelpilzen und möglichen gesundheitlichen Effekten sind sehr komplex. Schimmelpilze können unterschiedliche gesundheitliche Wirkungen haben. Es gibt keine Grenzwerte für gesundheitlich unbedenkliche Konzentrationen, da es keine Dosis-Wirkungsbeziehungen zwischen der Konzentration an Schimmelpilzen und gesundheitlichen Auswirkungen gibt. Dies wird von manchen Interessensvertretern fälschlicherweise dahingehend interpretiert, dass es keine gesundheitlichen Probleme durch Schimmelpilze gibt.
  • Schimmelpilze treten häufig vergesellschaftet mit anderen Mikroorganismen oder Kleinlebewesen auf, von denen auch gesundheitliche Risiken ausgehen können. Bisher ist unklar, welche Noxe bei Feuchteschäden das Hauptrisiko darstellt. Die Exposition gesundheitlich relevanter Noxen bei Feuchteschäden ist nur schwer zu bestimmen und nicht genau quantifizierbar (Robert Koch-Institut 2007).
  • Das gesundheitliche Risiko, das von Feuchteschäden ausgeht, ist sehr stark von der Disposition des Betroffenen abhängig. Die diagnostischen Methoden zur Erfassung der gesundheitlichen Wirkung von Schimmelpilzen sind bisher unzureichend. Es gibt bei einigen diagnostischen Tests (z.B. LTT-Test) unter den Medizinern Uneinigkeit über die Aussagekraft.
  • In der praktischen Medizin kommt der Umweltmedizin eine untergeordnete Bedeutung zu. Sie spielt in der Aus- und Weiterbildung kaum eine Rolle und ist bei niedergelassenen Ärzten aufgrund der derzeit möglichen Honorarvergütung kommerziell uninteressant. Für spezialisierte Ärzte und auch für Heilpraktiker sind dagegen umweltmedizinische Probleme hinsichtlich der Behandlung von Privatpatienten durchaus attraktiv.
  • In den Bereichen Innenraumdiagnostik, Umweltanalytik und Schadstoffsanierung stellt der Bereich „Schimmelpilze“ ein kommerziell interessantes Gebiet dar, das heiß umworben wird.
  • Dem Thema „Gesundheit“ kommt in der modernen Industriegesellschaft ein hoher Stellenwert zu, der oft zu Werbezwecken genutzt wird.

Menschen, die unter gesundheitlichen Problemen leiden, die nach ihrer Vermutung auf einen Feuchte-/Schimmelpilzschaden zurückzuführen sind, haben häufig eine Odyssee hinter sich, bevor sie an einen Arzt gelangen, der ihnen hilft, da es nur wenige kompetente Ärzte und keine abgestimmte Lehrmeinung auf dem Gebiet „Schimmelpilze und gesundheitliche Risiken“ gibt. Außerdem werden von den gesetzlichen Krankenkassen entsprechende ärztliche Leistungen, die eine umfangreiche Anamnese erfordern, unzureichend honoriert.

Aufgrund der auch bei Medizinern vorliegenden Unsicherheiten bezüglich der Einschätzung der von Feuchte-/Schimmelpilzschäden ausgehenden gesundheitlichen Risiken hat die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) seit 2009 in Verbindung mit den Jahrestagungen Workshops (Anonymus 2010, 2011, 2012, 2013) mit dem Ziel durchgeführt, den Stand des derzeitigen Wissens in folgenden Bereichen zu erfassen:

  • Infektionen
  • Sensibilisierungen und Allergien
  • Intoxikationen
  • Irritative Wirkungen – Mucous Membrane Irritation (MMI), chronische Bronchitis
  • Allergische bronchopulmonale Aspergillose
  • Geruchsbelästigungen
  • Befindlichkeitsstörungen

Es wurde darauf geachtet, dass neben wissenschaftlichen Experten aus unterschiedlichen Gebieten auch praktisch tätige Ärzte sowie Ärzte aus dem öffentlichen Gesundheitsdienst in die Diskussion eingebunden wurden. Alle Interessenten konnten vor Beginn des Workshops ihre Fragen zu dem jeweiligen Themenkomplex: „Schimmelpilze und schwere Grunderkrankungen – welches Risiko ist damit verbunden?“ (Anonymus 2010), „Schimmelpilze und allergische Erkrankungen“ (Anonymus 2011), „Schimmelpilze und toxische Reaktionen“ (Anonymus 2012) sowie „Schimmelpilze und Geruchswirkungen, Befindlichkeitsstörungen“ (Anonymus 2013) einreichen. In einem Fragenkatalog wurden alle Fragen gesammelt und von einem Expertenkreis während und nach der jeweiligen Veranstaltung beantwortet und schriftlich fixiert. Die Veranstalter bemühten sich, auch andere Fachgesellschaften wie z.B. den Deutschen Berufsverband der Umweltmediziner (dbu) mit in die Diskussion einzubeziehen.

Von einem Feuchte-/Schimmelpilzschaden betroffene Personen, aber auch Bausachverständige, Innenraumdiagnostiker, Umweltanalytiker und Schadstoffsanierer erwarten von Medizinern eine abgestimmte Lehrmeinung zu den von solchen Schäden ausgehenden gesundheitlichen Risiken. Nur wenn eine solche allgemein anerkannte Lehrmeinung vorhanden ist, besteht die Chance, dass sich die genannten Berufsgruppen nicht veranlasst fühlen oder dazu gedrängt werden, die von Schimmelpilzen ausgehenden gesundheitlichen Risiken selbst zu beurteilen. Dabei werden in Gutachten oft Seiten mit allgemeinen Angaben gefüllt, ob die in dem Schadensfall nachgewiesenen Schimmelpilze dazu in der Lage sind, Schimmelpilzinfektionen auszulösen und welche Allergene und/oder Toxine sie produzieren können. Derartige Ausführungen führen in der Regel nicht dazu, dass die Betroffenen oder gegebenenfalls das zuständige Gericht eine sachgerechte Einschätzung über die von dem Schadensfall ausgehenden gesundheitlichen Risiken erhält.

Nur ein Arzt kann das individualmedizinische Risiko beurteilen. Nur er ist in der Lage, die gesundheitliche Disposition, die für diese Einschätzung neben der Exposition entscheidend ist, zu erkennen. Bei Feuchte-/Schimmelpilzschäden kann die Exposition bestenfalls abgeschätzt werden (Robert Koch-Institut 2007). Diese Expositionsabschätzung setzt eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit u. a. zwischen dem Arzt und dem Umweltmykologen, dem Innenraumdiagnostiker sowie dem Bausachverständigen voraus.

Es muss also abgesichert sein, dass es genügend Ärzte gibt, die eine gezielte Anamnese durchführen und eine Diagnose hinsichtlich gesundheitlicher Beschwerden durch Schimmel in Innenräumen fachgerecht stellen können. Eine Qualitätssicherung in diesem Bereich benötigt eine interdisziplinäre Erarbeitung einer abgestimmten Lehrmeinung u.a. zwischen Umwelt- und Arbeitsmedizin, Allergologie, Pulmologie, Toxikologie, Infektiologie und Immunologie unter Beteiligung von Innenraumdiagnostikern, Umweltmykologen, Bausachverständigen und Sanierungsfirmen sowie gezielte Aus- und Weiterbildung von Ärzten auf dem Gebiet der allergischen, immunologischen, toxischen und infektiologischen Wirkung von Schimmelpilzen sowie der Umweltmykologie.

Diesem Ziel der Qualitätssicherung dient auch die „AWMF-S2k-Leitlinie ‚Schimmelpilz’ – Medizinisch klinische Diagnostik bei...

Erscheint lt. Verlag 23.5.2013
Verlagsort Heidelberg
Sprache deutsch
Themenwelt Medizin / Pharmazie Allgemeines / Lexika
Schlagworte Allergi • Allergie • Alternaria alternat • Alternaria alternata • Aspergillus fumigatu • Aspergillus fumigatus • Gesundheitsrisik • Gesundheitsrisiko • GHU • GHUP • Infektione • Infektionen • Innenrau • Innenraum • Innenraumluf • Innenraumluft • MVO • MVOC • Schimmelpilz • Schimmelpilze • Stachobotrys chartaru • Stachobotrys chartarum • Toxikologi • Toxikologie
ISBN-10 3-609-16475-1 / 3609164751
ISBN-13 978-3-609-16475-5 / 9783609164755
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