Power BI mit Excel (eBook)

Vorwort

Die Digitalisierung im Controlling ist in vollem Gange. Niemand wird dem ernsthaft widersprechen. Und dass diese Transformation auch notwendig ist, ist ebenso wenig umstritten. Gil Press präsentierte 2016 im Forbes Magazine Zahlen, die zum Nachdenken anregen mussten. Etwa 80 % ihrer Arbeitszeit sind Data Scientists mit der manuellen Sammlung, Bereinigung und Organisation von Daten für die spätere Auswertung beschäftigt.[ 1 ] Zwar liegen keine präzisen Daten für die Verteilung von Tätigkeiten im Controlling vor, doch meine persönlichen Erfahrungen aus zahlreichen Projekten in Unternehmen erlauben die Schätzung, dass auch für dieses Tätigkeitsprofil die händische Aufbereitung von Datenmaterial einen exorbitant hohen Anteil an der Arbeitszeit einnimmt. Zeit, die in der Folge natürlich für die eigentlichen Kernaufgaben der Controllerinnen und Controller fehlen: Ergebnisse bewerten, das Management beraten.

Utz Schäffer und Jürgen Weber wiesen 2016 darauf hin, dass Aufgabenprofil, Toolbox und Mindset der Mitarbeitenden im Controlling aufgrund der digitalen Transformation im Zeitraffer einer Revision unterzogen würden.[ 2 ] Im Aufgabenprofil müssten sich zwangsläufig Skills zur Standardisierung und Automatisierung von Prozessen der Datenanalyse ausbreiten (Prozessoptimierung). Im Mindset müssten sich verstärkt Qualifikationen für die Funktion des Controllers und der Controllerin als Beratende des Managements weiterentwickeln. Und die Toolbox sollte nach Möglichkeit unterschiedliche Softwarewerkzeuge, aber auch Verfahren und Metriken für die Analyse von Big Data umfassen (Predictive Analytics, KI etc.).

Was bringt KI für das Reporting mit Power BI?

Bei all den Notwendigkeiten und Innovationen fragen sich im Jahr 2024 viele Mitarbeitende im Controlling, aber auch deren Manager und Managerinnen im Unternehmen, wie diese abstrakten Begriffe und Konzepte in der täglichen Praxis beispielsweise eines mittelständischen Unternehmens wohl Form annehmen werden. Und wie sich die Arbeit und die Arbeitsplätze verändern werden. Es ist selbstverständlich nicht so, dass die Entwicklung einer Software wie Power BI und die Betrachtung ihrer Änderungen über die letzten Jahre hinweg eine erschöpfende Antwort auf diese Fragen der Unternehmensentwicklung geben können. Doch im viel kleineren Rahmen, nämlich der Datenanalyse und dem Reporting, erscheint Power BI fast wie ein Brennglas für die Modifikation eines Unternehmensbereichs unter den Vorzeichen der schrittweisen Implementierung von KI. Wer durch dieses Brennglas schaut, sieht 2024 erstaunliche Dinge. Und es sind Dinge, liebe Leserin, lieber Leser, die Sie schon morgen selbst an Ihrem Arbeitsplatz umsetzen könnten.

So einfach geht das: Im Power BI Service öffnen Sie den OneLake-Datahub, wählen ein semantisches Modell (sprich ein Dataset) aus und klicken auf den Button Bericht automatisch erstellen. Nach insgesamt 4 Mausklicks und etwa 20 Sekunden sehen Sie eine fertige Berichtsseite (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1     KPI-Karten, Balkendiagramme, Narrativ-Visual – Fabric stellt dies in Eigenregie für Sie zusammen.

Denn Fabric ist die Microsoft-Plattform für Echtzeitanalysen. Sie integriert neben dem zentralisierten Speicherort OneLake-Datahub auch Microsofts KI-Dienste für die Datenanalyse. Weil Speicherort, KI-Dienst und Reporting-Tool so nahtlos integriert sind, entsteht Ihr Geschäftsbericht als eine Art Schnappschuss in wenigen Sekunden. Sicherlich beleuchtet er nicht alle für Sie interessanten Aspekte des bestehenden Datenmaterials. Aber als Ausgangspunkt ist dieser Bericht schon sehr gut und eine enorme Hilfe (siehe Abschnitt 20.1.2).

Natürlich geht’s auch eine Nummer kleiner. So können Sie im Q&A-Trainingscenter einige Fragen zur Auswertung des vor Kurzem erstellten Power-BI-Salesreports vorformulieren. Das hilft Ihrem Team und auch der erweiterten Zielgruppe später, die Datenbasis intuitiv zu erkunden. Nutzende werden dadurch auch ermuntert, eigene Fragen an die Datenbasis zu richten und dadurch Analysen abzurufen, an die Sie als Autorin oder Autor des Reports vielleicht gar nicht gedacht haben. Oder für deren Einbindung Sie schlichtweg nicht mehr die notwendige Zeit gefunden haben (siehe Abschnitt 20.3).

Kann KI auch Ihren eigenen Umgang mit Berichten vereinfachen, die nicht Sie, sondern Mitarbeitende erstellt haben? Ja, das geht. Zum Beispiel dann, wenn Sie sich die Textzusammenfassung eines Reports geben lassen, den Ihre Kollegin letzte Woche fertiggestellt hat, kurz bevor sie in Urlaub ging. Leider hat es zeitlich nicht mehr geklappt, sich die wichtigsten Ergebnisse gemeinsam anzusehen und zu besprechen. Fragen Sie den Copilot im Power BI Service, und Sie erhalten die gewünschte textliche Zusammenfassung in übersichtlicher Form in wenigen Sekunden (siehe Abbildung 2). Auch ein komplexes DAX-Measure, das Sie nicht so recht verstehen, lassen Sie sich zukünftig auf diesem Wege erklären.

Abbildung 2     Der Copilot liefert Ihnen eine Textzusammenfassung einer Berichtsseite, die Ihre Kollegin letzten Monat erstellt hat.

Für viele KI-Funktionen werden Sie das richtige Power-BI-Konto benötigen. Denn je avancierter die KI-Tools sind, desto höher und undurchlässiger ist die Bezahlschranke. Doch auf der anderen Seite unterstützt KI Sie selbst lokal, also in Power BI Desktop, mit nützlichen Assistenzsystemen. Zum Beispiel dann, wenn Sie im Kontextmenü eines Visuals die Option Analysieren wählen und gleich eine ganze Reihe von Erkenntnissen als Vorschlag erhalten (siehe Abbildung 3). Stoßen Sie auf eine Erkenntnis, die Ihnen besonders nützlich erscheint, so übernehmen Sie diese mit einem Mausklick in Ihren Bericht (siehe Abschnitt 20.2.3).

Abbildung 3     Analysevorschlag zu einem Bericht in Power BI Desktop

Also kurz gesagt: Niemand kann verlässliche Aussagen darüber treffen, welchen umfassenden Einfluss KI auf unser berufliches oder gar auf unser gesellschaftliches Leben haben wird. Werden wir vier Tage in der Woche nicht arbeiten müssen, weil der Copilot das Steuer immer häufiger übernimmt? Oder sind wir am Arbeitsplatz sogar vollständig ersetzbar? Werden wir alle zu Beraterinnen bzw. Beratern mit höchster Fachkompetenz und auf ungeahnt hohem Empathie-Level? Werden wir total verblöden, weil wir nur wissen, auf welchen Knopf wir drücken müssen, ohne auch nur noch ansatzweise zu verstehen, was dann im hermetisch abgeriegelten und garantiert keimfreien Data Center passiert? Alle diese Szenarien wurden schon unzählige Male seit Beginn der Industrialisierung diskutiert oder beschworen. Dabei ist das Großartige an der Vorstellung von Zukunft meines Erachtens, dass sie einzig der Menschheit vorbehalten ist. Wir haben diese Gabe exklusiv und sie schenkt uns alle Möglichkeiten, das, was kommt, mitzugestalten.

Welchen Einfluss KI auf die Arbeit im Controlling haben wird, darauf gibt es hingegen viele (Mikro)-Antworten. Das vorliegende Buch soll einige davon in knappen Beispielen formulieren. Ich hoffe, dies ist mir gelungen.

Was ist neu in dieser Ausgabe?

Neben dem Thema KI in Kapitel 20 gibt es selbstverständlich weitere Neuerungen in Power BI, die in dieser aktuellen Auflage des Buches berücksichtigt wurden:

• Neue sinnvolle Assistenzfunktionen für die Strukturierung Ihres Datenmodells und die Optimierung der Performance von Visuals und Reports sind nun in Power BI verfügbar. Die neue DAX-Abfrageansicht hilft Ihnen dabei, Schritt für Schritt die Arbeitsweise von DAX-Measures zu verstehen und diese dann zu verbessern. Wie das genau geht, beschreibe ich in Kapitel 17 ausführlich.

• Für die Konfiguration von Visuals hat Microsoft eine völlig neue Schnittstelle entwickelt. Sie trägt die Bezeichnung Interaktionen auf dem Objekt (Vorschaufeatures). In Abschnitt 13.3.2 können Sie sich mit dieser Neuerung vertraut machen und entscheiden, ob Sie diese Funktion zukünftig der konventionellen Arbeitsweise vorziehen werden.

• Ebenfalls eine grundlegende Neuerung und ein Vorschaufeature sind die visuellen Berechnungen, die es zum ersten Mal erlauben, ein Measure zu schreiben, das ausschließlich im dafür gewählten Visual und nicht im gesamten Bericht gültig ist. In Abschnitt 13.2.3 erfahren Sie mehr darüber.

• Es gibt auch Themen und Funktionen, die in Power BI schon seit Längerem eine Rolle spielten bzw. verfügbar waren, die aber in dieser Auflage neu gebündelt werden mussten. Dazu gehört der Umgang mit Datumstabellen für die zeitliche Auswertung von semantischen Modellen (siehe...