Knotenpunkt - Angriff auf das Netz -  Hans Joachim Gernert

Knotenpunkt - Angriff auf das Netz (eBook)

ein Foresight-Roman von Hans Joachim Gernert
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
408 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-08064-6 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
3,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Foresight-Roman Niemand kann in die Zukunft sehen. Aber man kann Entwicklungen, die heute schon begonnen haben, in eine nahe Zukunft denken. Vorhersehen. Indem man das Leben betrachtet, wie es sich heute zeigt, genau analysiert und dann mögliche Veränderungen prognostiziert. Und dabei versuchen, alle Informationen möglichst genau zu bewerten. Prognosen helfen zu planen und zu bewerten. Daher spielt dieser Roman in einer nahen Zukunft, die keine Utopie mehr ist. Und wie immer in Krisenzeiten wächst das Bedürfnis nach Vorhersagen. Es gibt Kriege, Umweltzerstörung, Klimawandel, Gewalt, totalitäre Staaten, Flüchtlingsströme, technische Entwicklungen. Krisen verlangen eine Meinung, eine Positionierung und eine Haltung. Dazu braucht es Informationen, Fakten. Die sind jetzt immer mehr verfügbar. Und immer mehr Menschen informieren sich. Krisen zeigen auf, was in Menschen steckt, Charaktere werden sichtbar, Können und Wissen. Krisen verstärken Schwächen und Stärken. Sie setzen Kräfte frei. Krisen teilen in Gut und Böse, in Richtig und Falsch. Oder in auch richtig und auch falsch. Darüber finden sich Menschen, die ohne eine Krise nie zusammengekommen wären. In gemeinsamen Überzeugungen, in den Dingen, die ihnen wichtig sind. Und war es nicht schon immer so gewesen, dass aus gemeinsamen Überzeugungen auch Gefühle für einen anderen entstehen können? Wohin führen Entwicklungen? Welche neuen Möglichkeiten entstehen? Und wie verändert sich dadurch die Gesellschaft? Muss eine Entwicklung aufgehalten werden? Wer darf das und wann darf man das? An welchem Punkt ist Widerstand notwendig? Unsere Gesellschaft erlaubt Widerstand nur dann, wenn er berechtigt ist. Und das bestimmen nicht Einzelne, sondern die Gesellschaft über das Recht, das wir uns gegeben haben. Es erlaubt oder verbietet. Recht und auch Prinzipien spiegeln das wider, was eine Gesellschaft jetzt für richtig oder falsch hält. Widerstand ist immer mit Risiko verbunden, oft ein persönliches Risiko. Wer seine Überzeugungen vertritt, gibt Sicherheit, Bequemlichkeit und Gewohnheit auf. Aber es lohnt sich zu kämpfen für eine bessere und gerechtere Welt die wie immer in der Geschichte einem ständigen Wandel unterliegt und für die sich jeder Einsatz lohnt.

Hans Joachim Gernert hat nach Studien in Marburg, Genf und Trier als Wirtschaftsanwalt gearbeitet und lebt heute in Deutschland, Luxembourg und Frankreich.

6. Die Revolution

Die Revolution war damals wegen der Unruhen und der Flüchtlinge notwendig geworden, aber auch, als man entdeckte, dass die offline-Zeit vieler Menschen nur noch 20% der Wachzeit betrug, zu wenig, um all das aufrechtzuerhalten, was das menschliche Leben erforderte. Erst Sandor, der große Politiker und Visionär, erkannte die Katastrophe, die sich anbahnte. „Wer online ist, ist offline Leben“ war sein Wahlspruch gewesen, mit dem er die Revolution begonnen hatte.

Es war zu kaum mehr zu kontrollierenden Übergriffen gekommen, angeführt von denen, die mit Streaming, Spielen und all dieser virtuellen Parallelwelt nichts anfangen konnten, die erkannt hatten, dass gerade die Jungen kaum mehr präsent waren, sondern in Welten versunken, die nicht die reale Welt waren. Leichte Beute. Immer mehr junge Menschen erwiesen sich als nicht lebensfähig, kaum praktisch begabt und schon gar nicht wehrhaft. Es war ein Kinderspiel, sie auszurauben, zu manipulieren oder einfach zu übergehen. Die Übergriffe waren zusammen mit den Unruhen der Benachteiligten, Armen und Heimatlosen, die seit Jahren gewaltsam protestierten, der Zündsatz für die Straßenschlachten vor der Revolution geworden.

Das scoring hatte eine strenge Zeitbegrenzung des onlines eingeführt, egal ob VR, Gaming und alles andere, was Menschen in virtuelle Welten entführt hatte, selbst Bücher waren implementiert, sehr umstritten damals, mit endlosen Debatten um das Für und Wider. Aber die Zeitbegrenzung kam. Wer seine Zeiten überschritt, bekam Punkte abgezogen. Mehr online gewünscht? Kein Problem, verdiene es, dann darfst du. Eine neue Hinwendung zur Realität war die Folge. Wer wollte schon ständig Punkte verlieren? Er hatte das für richtig gehalten. Hatte es nicht dazu geführt, dass alle wieder mehr am Leben teilnahmen?

Das musste man auch, denn schon kurz nach der Einführung der scores konnte man ohne Leistung keine Zusatzpoints mehr erreichen. Keine Verbesserung des Lebensstandards, kein Zugang zu allem Schönen.

Die Punkte waren Status und Privilegien, der Schlüssel zu allem.

Alles war abhängig von der eigenen performance geworden, points und auch die rewards gab es nur bei Übererfüllung des Solls. Mehr gearbeitet? Zusatzpunkte. Freiwillige Zusatzleistungen im Interesse aller? Points. Das neue Kapital, Kapitalismus pur, virtuell, als Versprechen der Punkte. Leistung zählt. Oder war es nur die Hinwendung zu alten Konzepten, war es nicht wie in der alten sozialistischen Planwirtschaft? Ein archaisches Belohnungskonzept, Plan übererfüllt…

Er wusste es nicht. Jedenfalls wurde mit Atem beraubenden Tempo ein völlig anderer Anreiz eingeführt, berechenbar und kontrollierbar. Und viele waren erleichtert, endlich eine Struktur zu haben, einfach und für jeden nachvollziehbar. Manche hatten sogar behauptet, das scoring habe viele Sinnfragen beantwortet, alle, auch die zuvor nicht gestellten. Es war eine der Hauptaufgaben des councils geworden, die virtuelle Versammlung aller, die Level 5 der Punkte erreicht hatten, das Level, das alles erlaubte und keine Punktabzüge mehr zuließ, die Punkte zu vergeben für alles, was nützlich erschien und, vielleicht noch wichtiger, den Katalog aufzustellen und ständig zu aktualisieren, der Punkte abzog, bei nicht konformen Verhalten oder bei zu wenig Leistung.

Und das alles funktionierte mit den screens vollkommen digitalisiert, sofort und, das hatte er auch bald gemerkt, unerbittlich.

Die Enteignung war danach nur ein weiterer Schritt gewesen. „Wir sind alle eins - sei Teil vom Ganzen“ „Hol dir Deinen high-score!“ waren die Werbebotschaften gewesen.

Wer sein Vermögen, sein Haus, seine Firma freiwillig an den council übertrug bekam im Idealfall, wenn es reichte, da war der council genauso geldgierig wie alle Regierungen vorher, den Pilar-Status, eine volles Punktekonto, mit weitgehenden Einschränkungen bei den minus-points, ein ganzes Leben lang… Und viele waren dem Aufruf gefolgt, alles abzugeben, nicht zuletzt, weil auch die Mitgliedschaft im council, dem höchsten Entscheidungsgremium, an das Erreichen von Level 5 geknüpft war. Es erforderte besondere Leistung für das Ganze, sei es kulturell, wissenschaftlich oder, so profan war das System, eine Übertragung von großen Vermögen an den council. „So revolutionär ist die Revolution gar nicht“ hatte er damals gedacht. Waren nicht auch vorher die Reichen privilegiert? Mitglied im council zu sein bedeutete die neue Macht, entscheiden zu können, neben all den anderen Privilegien, die man genießen konnte, aber die Macht über die Vergabe der Punkte war das Entscheidende.

Es war Kena zuerst aufgefallen, dass genau diese Macht des councils ins Unermessliche gewachsen war. „Wir sind Schafe, nichts weiter, dumme Schafe! Und die machen was sie wollen!“, hatte sie sich ereifert und er konnte nicht anders als ihr zuzustimmen, schon um sie nicht zu verärgern. Das war genau an dem Tag gewesen, als die Punkte für ihre Arbeit, für die Zeit und Zuwendung für Alte und Kranke, fast vollständig abgeschafft wurden. Der council hatte verfügt, dass ärztliche Betreuung für chronisch Kranke und Alte keine Tätigkeit mehr sei, die förderlich für die Ziele der Gesellschaft war. Das war zum neuen Maßstab für die Vergabe der Punkte geworden. Was diente der Gesellschaft und was nicht. Es hatte sie bis ins Mark getroffen, dass gerade ihre Arbeit als Ärztin abgewertet wurde, die Fürsorge für ihre Kranken, die Alten, die gepflegt werden mussten. Er hatte sie in den Arm nehmen wollen, als sie vor ihm stand, enttäuscht, wütend und fassungslos. Aber das ging nicht. Es hätte der Zuordnung widersprochen. Beziehungen zwischen Mann und Frau waren ohne vorherige Zuordnung strengstens untersagt.

So hatte er ihr zugehört und schaute sie an, schaute zu, wie sich in ihr Ablehnung, Widerstand und Wut formte, wie sie einen Ausweg, einen Kanal suchte für alles, was sie fühlte. Und es war ihm klar gewesen, dass er der Einzige sein würde, an dem sie ihre Wut auslassen könnte, er war sogar bereit dazu gewesen, das auszuhalten, er wäre in diesem Moment wichtig für sie gewesen. Er wäre da gewesen, für sie da gewesen, und das wollte er mehr als alles andere.

Kurz darauf war doch passiert, was niemals hätte passieren dürfen. Sie stand mit ihm auf der Terrasse der Klinik, die Haare im Wind, argumentierend und so jung und schön, voll Leben. Als sie zu ihm hochschaute und fragte „Man muss doch was machen, meinst du nicht, dass man was machen muss? Für die Alten, die Kranken?“ da hatte er nur ihren Mund gesehen, halb geöffnet und ihre blitzenden Augen und er hatte sich hinuntergebeugt und diesen Mund geküsst, nur ganz zart und schnell, dann wieder als sie nicht zurückwich und ihn nur fragend und staunend ansah. Er küsste er sie wieder, mutiger jetzt und sie ließ es zu.

„Was machst du?“, flüsterte sie, und er ließ es nicht mehr zu, dass sie etwas sagen konnte, zog sie an sich, wollte sie, ihren Körper, ganz nah und spürte wie sie mit weit offenen Augen begriff, wie schön das war, er und sie, die Nähe… entgegen allem, was sie gelernt hatten, über die Zuordnung, die Entscheidung, den richtigen Partner, das Leben zu zweit, die Entscheidung des sub-councils mit dem hübschen und vielsagenden Namen „Genesis“, der den richtigen Partner aussuchen würde, gestützt auf die soziokulturelle und vor allem genetische Datenlage, zu gegebener Zeit… Sie hatte sich plötzlich versteift, drückte ihn weg und sagte, „Bitte nicht“, und flüsterte etwas, was er nicht verstand, drehte sich um und lief zur Treppe. Er war froh, dass sie nun wusste, was er für sie empfand, endlich, auch wenn es mehr die zufällige Nähe, der Augenblick ihrer Enttäuschung, gewesen war, der ihn so mutig werden ließ. Vielleicht wäre das nie passiert, wenn sie nicht so enttäuscht gewesen wäre. Er blieb noch eine Weile stehen, durchströmt von einer Wärme, die er so noch nie gespürt hatte und von der er wusste, dass er sie immer wieder spüren wollte.

Das Wetter verschlechterte sich und er zog die Beine an den Körper. Es würde kalt werden unter der Brücke, jetzt im Herbst, wenn die Sonne untergegangen war und er musste einen Platz finden, um zu schlafen. Er war froh, seinen Rucksack zu haben. Er hatte ihn mit allem gefüllt, was ihm bei seiner Flucht notwendig erschien, ohne genau zu wissen, was er brauchen würde. Jetzt war er glücklich, dass er ein shelter eingepackt hatte, ein kleines Päckchen, bestehend aus einem mehrlagigen Stoffgebilde, in das Luftkammern eingearbeitet waren.

Daran angeschlossen war ein digitaler Motor an einem etwa Faust großem Behälter, der ein komprimiertes Spezialgas enthielt. Öffnete man das Ventil, so strömte das Gas in die Luftkammern und blies das shelter zu einer halbrunden fast zwei Meter langen Röhre auf, in der ein Mensch, zur Not auch zwei, geschützt vor Kälte und Nässe war....

Erscheint lt. Verlag 30.10.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Informatik Netzwerke Sicherheit / Firewall
ISBN-10 3-384-08064-5 / 3384080645
ISBN-13 978-3-384-08064-6 / 9783384080646
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Das umfassende Handbuch

von Michael Kofler; Klaus Gebeshuber; Peter Kloep …

eBook Download (2022)
Rheinwerk Computing (Verlag)
49,90
Umfassendes Sicherheits-, Kontinuitäts- und Risikomanagement mit …

von Klaus-Rainer Müller

eBook Download (2023)
Springer Vieweg (Verlag)
79,99