»Gnomica Democritea«

Studien zur gnomologischen Überlieferung der Ethik Demokrits und zum Corpus Parisinum mit einer Edition der »Democritea« des Corpus Parisinum

(Autor)

Buch | Hardcover
676 Seiten
2008
Reichert, L (Verlag)
978-3-89500-494-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

»Gnomica Democritea« - Jens Gerlach
98,00 inkl. MwSt
Das Buch „Gnomica Democritea“ wirft einen Panoramablick auf das Schicksal der demokritischen Ethik, indem es Bezüge zwischen dem verlorenen ethischen Oeuvre und der „gnomologischen“ Tradition herstellt, welche den Kern der von Diels gesammelten Demokritfragmente (FVS, Kap. 68) bildet. Der Untersuchungsschwerpunkt liegt auf der für Demokrit bislang nicht ausgewerteten früh- und mittelbyzantinischen Gnomentradition und erlaubt Modifikationen des Dielsschen Textkanons. Ausgehend von einer zentralen „Universalsammlung“ („Corpus Parisinum“) werden die verschlungenen Überlieferungswege der „Democritea“ in bislang nicht gekannter Präzision ermittelt und neuartige Erkenntnisse über die byzantinischen Florilegien gewonnen.
Die Textüberlieferung des Ethikers Demokrit von Abdera (5./4. Jahrhundert v. Chr.) stellt bis heute ein Mysterium dar: Während sich die Spuren der ethischen Originalschriften bereits in der frühen Kaiserzeit verlieren, taucht in der Spätantike scheinbar abrupt eine indirekte Tradition auf. Die im Rahmen spätantiker Sammlungen (Ps.-Demokrates, Stobaios) überlieferten rund 300 Demokrit zugeschriebenen Textstücke haben überwiegend die Form des sentenziösen Einzelsatzes (griech. Gnome) und bilden den Kern des seit Diels maßgeblichen Kanons der Demokritfragmente (Fragmente der Vorsokratiker, Kap. 68).
Der Autor der Untersuchung Gnomica Democritea unternimmt es zunächst, anhand des Nachweises inhaltlicher und sprachlicher Bezüge zwischen den wenigen literarischen Fragmenten aus Originalschriften und der heteronomen gnomologischen Tradition, die generelle, von Diels u.v.a. postulierte Echtheit der gnomica neu zu fundieren, und präzisiert dabei den Begriff "Echtheit": Die gnomischen Sätze gehen zwar mittelbar auf eine echte Texttradition zurück, wurden aber im Verlauf ihrer langen Rezeptionsgeschichte mannigfaltigen Eingriffen in die Textgestalt unterworfen. Hierbei wurde der Sinn häufig banalisiert oder populärphilosophisch umgedeutet. In Einzelfällen gelingt auf dem Trümmerfeld der gnomologischen Tradition der Nachvollzug solcher Rezeptionsphänomene, zuweilen sogar die Wiedergewinnung originaler Kontexte, Lesarten und neuer Fragmente. Die Einsichten in die Prozesse und Motive der gnomologischen Überformung ermöglichen nicht nur punktuelle Modifikationen des Dielsschen Kanons, sondern verhelfen darüberhinaus zu einer differenzierteren Bewertung der als "Fragmente" figurierenden Gnomentradition.
Da nicht nur die spätantiken Quellen, sondern auch die großen byzantinischen Florilegien nachweislich auf älteren, zum Teil verlorenen Vorlagen beruhen, mithin in einem bis in die Antike zurückreichenden Überlieferungskontinuum stehen, wertet der Autor im Hauptteil seiner Untersuchung die bislang ignorierte jüngere Tradition (ab dem 6. Jahrhundert) für Demokrit aus, wobei ein überlieferungsgeschichtlich eminent wichtiges Florilegium namens Corpus Parisinum (9. Jahrhundert) im Zentrum steht. Auf der Basis einer akribischen Analyse der Überlieferung, Genese und kompilativen Struktur dieser Sammlung, ihrer Quellen und Deszendenten, werden die verschlungenen Überlieferungswege der Democritea von der Spätantike bis ins Hochmittelalter sowie die sukzessiven Eingriffe und Fehler in bisher nicht gekannter Präzision ermittelt.
Weil ein rein autorenspezifischer Zugang nicht zur Erfassung der komplexen Quellen- und Verwandtschaftsverhältnisse führen kann, mussten die relevanten Sammlungen zur Gänze als kompositorische Einheiten untersucht werden. Dank dieses erweiterten Forschungsansatzes, der traditionell philologische mit innovativen struktur- und kompositionsanalytischen Methoden verknüpft, ließen sich, über das "Leitfossil" Demokrit hinausweisend, gänzlich neue und fundamentale Erkenntnisse über das Corpus Parisinum und sein Traditionsumfeld, sowie über die zugrundeliegenden Sammelmethoden und -konzepte gewinnen.

Dr. Jens Gerlach studierte Klassische Philologie und Pädagogik an der Universität Hamburg und ist seit 2000 als Gymnasiallehrer für Griechisch und Latein in Hamburg tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind: 1. Die gnomologische Tradition antiker griechischer Autoren in der Spätantike und im byzantinischen Mittelalter (Gnomologien, Florilegien und andere Spruchcorpora), 2. Lukian von Samosata als Satiriker, Sprachvirtuose und Kritiker des zeitgenössischen Philosophiebetriebs.

"Gerlaeh's arguments in his book Gnomica Democritea are very important not only for thc study of gnomologia, but for the whole of Byzantine culture and in particular for lexieography. Several problems concerning thc transmission of gnomological works must be reconsidered, and also the concept of dark ages must bc rethought."

Von Renzo Tosi

In: Eikasmo XXIV (2013), S.307-318.
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"Scholars of Democritus will want to discuss the plausibility of Gerlach's identification of individual sayings in more detail than I am competent to do. Whatever one's view of particular arguments, however, this work is indisputably a major addition to the study of Democritus. It is all the more admirable because, as concerned as it is with red action criticism, that is by no means all it does. It makes a significant contribution to the study of Democritus himself. It contributes to debates about the relationship between Democritus and other philosophical schools. It forms a thought-provoking case-study of the relationship between 'high' philosophy and popular ethics, arguing that (if not quite showing how) Democritean material finds its way, for instance, into Greek proverbs, gnomai of the Seven Sages and Christian doctrine. It investigates, as few other studies have done, the way the process of compiling a miscellany affects the way its components are subsequently read and understood.
Wide-ranging, intellectually stimulating and technically meticulous, this book will be both a point of reference and a starting-point for new projects for the foreseeable future."

Teresa Morgan

In: Journal of Hellenic Studies. 130 (2010). pp. 284-285.

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"Jens Gerlach (G.) has written a masterful study of teh ethical maxims attributed to Democritus in Byzantine florilegia that is sure to become an important reference for future scholars. The primary object of study is the material related to Democritus in the so-called Copus Parisinum. (...)
The book will have two main audiences with some overlapping: scholars working on Democritus and scholars interested in late antique or Byzantine florilegia and gnomonologia.
(...) let me conclude this review by stating my enthusiastic admiration of and gratitude for G.'s scholary resourcefulness and stamina. This is a major contribution to the study of the Greek gnomological tradition. Some scholars of Democritus may perhaps be somewhat disappointed in the results - but only if they expect substantial new fragments and not typical gnomological fare. However, the real value for Democritean studies is the reevaluation of the whole tradition of ethical sayings, based on careful source-analysis, which delineates the connections of Byzantine to ancient sources more clearly than has previously been done. (...)
G. os to be especially commended for his acribeia, his array of conceptual tools, the clarity and construction of his edition and his helpful appendices. (...) At the basic level a collection of sayings like CP [Corpus Prisinum] is easy to grasp conceptually. However, any reality becomes complex when you apply a variety of perspectives to it. That is what is so fascinating about the world we live in: you can go on digging forever to reach the reality behind the evidence."

Denis M. Searby

In: Gnomon. 84 (2012) heft 2. S. 100-107.

Erscheint lt. Verlag 15.8.2008
Reihe/Serie Serta Graeca ; 26
Verlagsort Wiesbaden
Sprache deutsch
Maße 170 x 240 mm
Gewicht 1256 g
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie Altertum / Antike
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Latein / Altgriechisch
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Sprachwissenschaft
Schlagworte Altertumswissenschaften • Demokrit • Klassische Philologie • Philosophie
ISBN-10 3-89500-494-4 / 3895004944
ISBN-13 978-3-89500-494-0 / 9783895004940
Zustand Neuware
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