Kushiel - Das Zeichen - Jacqueline Carey

Kushiel - Das Zeichen

Roman
Buch | Softcover
944 Seiten
2009
Heyne, W (Verlag)
978-3-453-52256-5 (ISBN)
9,95 inkl. MwSt
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Brillant, kühn und unglaublich erotisch


Terre d’Ange ist ein Ort der Schönheit und Anmut, und seine Bewohner leben nach einer einfachen Regel: Liebe, wie es dir gefällt. Doch Phèdre, seit ihrer Geburt mit einem roten Mal gezeichnet, ist eine Ausgestoßene. Eines Tages entdeckt ein Edelmann ihre Gabe, Lust am Schmerz zu empfinden, und sie wird Kurtisane am königlichen Hof. Fortan sieht und hört sie alles – auch die Vorboten eines unglaublichen Verrats ...


Jacqueline Carey, 1964 geboren, hat Englische Literatur und Psychologie studiert. Ihr Debütroman "Kushiel - Das Zeichen" sorgte sofort nach Erscheinen international für Furore und wurde mehrfach preisgekrönt. Die Autorin lebt in West Michigan und schreibt

Damit niemand annimmt, ich sei ein Kuckuckskind, das von lüsternem Bauernvolk unehelich gezeugt und in einem schlechten Erntejahr in die Leibeigenschaft verkauft wurde, will ich vorausschicken, dass ich einem der Dreizehn Häuser entstamme und im Nachtpalais selbst großgezogen wurde, auch wenn es mir nicht viel genützt hat. Es fällt mir schwer, meinen Eltern dafür böse zu sein, obgleich ich sie um ihre Naivität beneide. Niemand hatte ihnen bei meiner Geburt gesagt, dass sie mich mit einem Unglück verheißenden Namen bedacht hatten. Sie nannten mich Phèdre, ohne zu wissen, dass dies ein hellenischer Name ist, auf dem ein Fluch lastet. Bei meiner Geburt hatten sie, so glaube ich, noch Grund zur Hoffnung. Als ich die Augen zum ersten Mal aufschlug, waren sie noch von unbestimmter Farbe, und schließlich ändert sich das Aussehen eines neugeborenen Kindes ununterbrochen, verwandelt sich von Woche zu Woche. Blonde Strähnen weichen pechschwarzen Locken, anfängliche Blässe reift zu einem satten Goldbraun und so fort. Doch nachdem ich alle Stufen meiner frühkindlichen Wandlung durchlaufen hatte, war es offenkundig. Ich hatte einen Makel. Natürlich fehlte es mir nicht an Schönheit, selbst als Säugling nicht. Immerhin bin ich eine D'Angeline, und seit der Heilige Elua damals den Boden unserer großen Nation betrat und sie zu seiner Heimat ernannte, ist auf der ganzen Welt bekannt, was es bedeutet, ein D'Angeline zu sein. Die sanften Züge meiner Mutter spiegelten sich in zierlicher Vollkommenheit in meinem Gesicht wider. Auch wenn meine Haut für den Kanon des Jasmin-Hauses zu hell war, gab es gegen ihren elfenbeinfarbenen Teint nichts einzuwenden. Mein Haar, das sich anmutig und in üppiger Pracht lockte, war schwarz wie die Schatten der Nacht, was in manchen Häusern als besonderer Vorzug erachtet wurde. Meine Glieder waren gerade gewachsen und geschmeidig, meine Knochen ein Wunder an anmutiger Kraft. Nein, das Problem war ein anderes. Es waren meine Augen; und nicht einmal beide, sondern lediglich das eine. Ein so kleines Detail bestimmte über ein ganzes Schicksal. Es war nichts weiter als ein winziges Körnchen, ein kleiner Fleck, ein bloßer Farbpunkt. Hätte er eine andere Färbung gehabt, wäre vielleicht alles anders gekommen. Als meine Augen sich klärten, leuchteten sie in der Farbe, welche die Dichter Bister nennen, dunkel und glänzend wie ein Waldweiher im Schatten uralter Eichen. Außerhalb von Terre d'Ange würde man vielleicht braun dazu sagen, doch die Sprache jenseits der Grenzen unseres Landes ist äußerst unzureichend, wenn es um die Beschreibung von Schönheit geht. Bister, also satt und dunkel glänzend - bis auf das linke Auge, in dessen Iris ein farbiger Fleck funkelte. Er leuchtete Rot, und doch ist Rot nur eine sehr unvollkommene Bezeichnung für seine tatsächliche Farbe. Scharlachrot, könnte man sagen, oder Karmesinrot; röter als der Kehllappen eines Hahns oder der glasierte Apfel im Maul eines Schweins. So kam ich auf die Welt, mit einem fluchbeladenen Namen und einem winzigen blutroten Punkt, der in meinem Blick prangte. Meine Mutter war Liliane de Souverain, eine Adeptin des Jasmin-Hauses, deren Familie schon seit Generationen im Dienste Naamahs stand. Mit meinem Vater verhielt es sich ganz anders: Er war der dritte Sohn eines Handelsfürsten, doch war der Scharfsinn, durch den sein Vater in der Cité Eluas zu hohen Würden gelangt war, leider schon in jenem Samen verschwendet worden, mit dem seine älteren Brüder gezeugt worden waren. Er hätte uns dreien gewiss einen besseren Dienst erwiesen, hätten seine Neigungen ihn zu einem anderen Haus geführt; zum Bryonia-Haus zum Beispiel, dessen Adepten im geschickten Umgang mit Geldangelegenheiten ausgebildet werden. Aber Pierre Cantrel hatte einen schwachen Verstand und starke Begierden, sodass er, wenn klingende Münze den Beutel an seinem Gürtel füllte und aufwallende Lust den Beutel zwischen seinen Beinen fast zum Bersten brachte, zum lasziven und sinnlichen Jasmin-Haus eilte. Und dort, umgeben von der Ebbe seines Geistes und der Flut in seinen Lenden, verlor er obendrein auch noch sein Herz. Von außen betrachtet mag es nicht so erscheinen, aber im Palais der Nachtblumen, das nur vom einfachen Volk aus den Provinzen mit anderen Namen belegt wird, herrschen komplizierte Gesetze und Regeln. So muss es auch sein, denn wir dienen nicht nur Naamah allein - wie seltsam, dass ich es immer noch betone -, sondern auch den großen Abgeordnetenhäusern, den Nachfahren Eluas und seiner Gefährten und von Zeit zu Zeit sogar dem Königshaus selbst. Obgleich die königliche Familie nicht gerne zugeben mag, wie häufig wir ihren Söhnen und Töchtern tatsächlich schon gedient haben. Außenseiter behaupten, die Adepten würden wie Vieh gezüchtet, um Kinder zu zeugen, die dem jeweiligen Kanon der Häuser entsprechen. Dem ist jedoch nicht so; oder zumindest ist dies nicht verwerflicher als die Tatsache, dass andere Ehen aus politischen oder finanziellen Gründen arrangiert werden. Wir heiraten aus ästhetischen Gründen, das ist wahr, doch soweit ich zurückdenken kann, wurde noch niemand in einen Bund gezwungen, der ihm oder ihr zuwider gewesen wäre. Dies wäre ein grober Verstoß gegen die Gebote des Heiligen Elua. Dennoch entspricht es der Wahrheit, dass meine Eltern ein zu ungleiches Paar waren, und als mein Vater um die Hand meiner Mutter anhielt, sah sich die Doyenne des Jasmin-Hauses gezwungen, abzulehnen. Dies war nicht weiter verwunderlich, denn meine Mutter war treu nach den Maßstäben ihres Hauses geformt, mit honigfarbener Haut, Haaren so schwarz wie Ebenholz und großen dunklen Augen, die schwarzen Perlen glichen. Mein Vater dagegen war von hellerem Teint. Er hatte flachsblondes Haar und dunkelblaue Augen. Wer konnte da voraussagen, was die Vermischung ihrer Anlagen hervorbringen würde? Mich, natürlich, was der Doyenne im Übrigen recht gab. Ich habe das nie geleugnet. Da er sie nicht mit der Erlaubnis des Nachtpalais ehelichen konnte, lief mein Vater kurzerhand mit meiner Mutter davon. Es stand ihr frei, mit ihm zu gehen, denn sie hatte ihre Marque mit neunzehn vollendet. Alle Adeptinnen und Adepten des Nachtpalais tragen in Andenken an Naamah traditionelle Muster auf dem Rücken, die ihnen von Marquisten auf die Haut gezeichnet werden. Sie dürfen jedoch nur Gaben zur Gestaltung ihrer Marque verwenden, die ihnen Freiersleute aus freien Stücken zur Huldigung Naamahs überreicht haben.

Erscheint lt. Verlag 5.3.2009
Reihe/Serie Heyne Bücher
Kushiel
Übersetzer Ann Lecker-Chewiwi
Sprache deutsch
Original-Titel Kushiel's Dart
Maße 118 x 187 mm
Gewicht 572 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Fantasy
ISBN-10 3-453-52256-7 / 3453522567
ISBN-13 978-3-453-52256-5 / 9783453522565
Zustand Neuware
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