Dorian Hunter 164 (eBook)
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-7253-2 (ISBN)
Ich hypnotisierte den Magier Callisto, um ihn zu verhören. Was wir erfuhren, war schrecklich. Die Schwarze Familie war fest entschlossen, Schloss Mummelsee zu einem ihrer wichtigsten Stützpunkte zu machen und Matthias auf ihre Seite zu ziehen.
»Der Große Plan soll bewirken, dass das Finstere Zeitalter anbricht«, plauderte Callisto unter Hypnose aus. »Es kommt nach der Apokalypse. Die sieben Apokalyptischen Reiter sollen es bringen. Chaos und Teufelskult sollen herrschen. Es gibt dann nur noch einen obersten Herrn: Asmodi ...«
1. Kapitel
Ich rechnete mit dem Schlimmsten und ahnte, dass die Tage zwischen den Jahren die letzte Ruhepause waren, die uns die Unwesen gönnten. Ich beriet mich mit Jana Collandt.
»Woher weißt du das alles?«, fragte ich sie, als sie mir ihre Ratschläge gegeben hatte.
»Ich weiß es, das muss dir genügen«, antwortete die schwarzhaarige, rassige Frau. »Sieh in mir einen guten Geist, der auf dich und Geneviève aufpasst, wenn dir das die Sache leichter macht.«
»Was sind das für Zeiten? Und ich, was bin ich?«
»Wenn die Zeit reif ist, wirst du es erfahren.«
Ich befolgte die Ratschläge, die Jana mir gegeben hatte. Man traf Vorbereitungen für einen dämonischen Angriff im Schloss. Silberkugeln wurden gegossen, Hexenbanner angefertigt und manches andere mehr. In der Neujahrsnacht fand ein Feuerwerk statt. Raketen heulten in den Himmel und übergossen ihn mit vielfarbigem Licht, das auf der schwarzen Eisfläche des Mummelsees Reflexe hervorrief. Der verschneite Wald erstreckte sich schweigend ums Schloss.
Vergangenheit, Anfang 1630, Zwischenspiel
Und doch regte sich dort etwas.
Eine große Gestalt mit schwarzem Umhang und einer Sense stand im Schatten der Schwarzwaldtannen. Dunkle Augenhöhlen in einem schwarzen Totenschädel starrten zum hell erleuchteten Schloss hinüber, aus dem Musik und Lachen herüberklangen. Gevatter Tod schüttelte seine Knochenfaust.
»Hütet euch, Menschlein«, sprach der Dämon und lachte hohl. »Wir sind da, als Gast zu der Hochzeit.«
Auf der anderen Seite des Waldes, in einer Schlucht der Hornisgrinde, lagerten die Söldner des Dämons und der Alraune, der Galgenhexe. Lebende Schurken und Gehenkte, die die Hexe vom Galgen abgeschnitten und wiederbelebt hatte. Callisto, der Magier, war mit in dem verborgenen Lager. Gevatter Tod schlug sich nach einer Weile wieder in den Wald und marschierte zum Lager.
Vergangenheit, Anfang 1630, Matthias Troger
Als das Feuerwerk endete, war bald etwas anderes am Himmel zu sehen. Berthold Schaber, der Schlossverwalter, sah es zuerst.
»Da, ein Komet! Sein Schweif hat die Farbe von Blut. Und da sind reitende Männer am Himmel!«
Alle im Schloss schauten aus den Fenstern oder vom Hof aus empor. In der Neujahrsnacht rasten Kometen dahin. Und immer wieder sah man Reiter, die über den Nachthimmel jagten und die Sterne verdunkelten. Es sah aus, als ob sie Säbel schwingen und kämpfen würden. Und es hörte sich an wie Donnergrollen, und wir sahen Aufblitzen wie von Kanonen.
»Das ist«, sagte Magister Schnabel, »ein böses Omen. Der Krieg ist noch nicht vorbei, leider. Er tritt, will ich meinen, in eine heiße Phase.«
In dieser Nacht liebten Geneviève und ich uns heiß und innig. Wir konnten einander nicht loslassen. Immer wieder wollten wir den Körper des anderen spüren und Lust empfinden, die sich immer wieder von Neuem hochpeitschte.
Am anderen Morgen tranken wir beide im Bett ein Glas Wein. Wir küssten und umarmten uns, bis es Zeit wurde, sich für die Hochzeit anzukleiden.
Mit Jana Collandts Hilfe und der ihrer Brautjungfern zog Geneviève das weiße Brautkleid mit Schleppe an. In der Schlosshalle wartete ich, wahrlich stattlich anzusehen in meinem Jackett mit einem Orden auf der Brust. Dienerschaft und Gäste applaudierten, als die Braut die Treppe herunterschritt.
»Du bist wunderschön«, sagte ich und küsste Geneviève die Hand. »Ich werde dich immer lieben. Ich küsse den Boden, über den du gegangen bist.«
Geneviève lächelte.
»Jetzt, vor allen Leuten?«
»Wenn du es willst.«
»Warte, wenn wir allein sind.«
Mädchen streuten der Braut Blumen auf ihren Weg. An meinem Arm schritt sie über den Hof zur Schlosskapelle. Der Himmel war wolkenverhangen. Es war kalt, und es lag Schnee in der Luft. In der Schlosskapelle fand dann die Trauung statt. Zwischen den Jahren waren zahlreiche Gäste eingetroffen, die das Schloss füllten. Zusätzliche Betten waren aufgestellt worden. So viele Gäste waren gekommen, dass man für die weniger vornehmen sogar Betten auf den Korridor gestellt hatte.
»Willst du, Geneviève de Rohan, den hier anwesenden Matthias Troger von Mummelsee zu deinem Mann nehmen?«, fragte der Geistliche. »Ihn lieben, ehren und achten in guten wie in schlechten Zeiten, bis dass der Tod euch scheidet?«
»Ja«, flüsterte Geneviève kaum hörbar.
Mir wurde die gleiche Frage gestellt. Deutlich und klar klang mein »Ja« durch die Kapelle. Der Geistliche erklärte uns für Mann und Frau. Wir streiften einander die Ringe über den Finger. In diesem Moment pochte Gevatter Tod an das Schlosstor.
Vergangenheit, Anfang 1630, Coco Zamis
Ich war sehr gerührt von der Trauung und dem Glück der beiden. Obwohl ich nicht nahe am Wasser gebaut hatte, verdrückte ich ein paar Tränen. Dann klangen, noch ehe die Trauungszeremonie beendet war, dumpfe, hallende Schläge. Schreckensbleich lief der Torwächter in die Schlosskapelle.
»Vorm Tor stehen Feinde. Eine unheimliche Gestalt mit einer Sense und einem schwarzen Umhang führt sie an. Rettet euch, der Tod kommt als Gast zu der Hochzeit.«
Die Hochzeitsgäste erschraken wie eine Taubenschar, in die der Habicht fuhr. Ich eilte aus der Kapelle, in der es mir wegen der vielen christlichen Symbole nicht gefallen hatte, und nahm mir nicht einmal die Zeit, im Vorraum den Pelzmantel überzustreifen. Dann stieg ich die Treppe hoch und schaute oben von der Turmbrüstung herunter.
Ich erschrak. Ottavio Arras, von dem ich wusste, dass es Olivaro im 17. Jahrhundert war, war nicht da.
Stattdessen stand der Gevatter Tod in seiner schrecklichsten Gestalt vor dem Schloss, gut zwei Meter groß und mit Sense und Stundenglas. Hinter ihm hielten, zwischen Schloss und See, ein Zug Reiter sowie eine rothaarige, barbrüstige Hexe mit einem scheußlichen kleinen Hexenbalg und ein Magier im Sternenmantel und mit spitzem Hut. Zu den 35 Reitern gehörten etliche Untote, wiederbelebte Gehenkte. Die Rothaarige musste, da war ich ganz sicher, eine Galgenhexe sein.
Matthias und Geneviève, noch im Brautkleid, gesellten sich zu mir. Anderswo im Schloss hörte man Schreckensschreie von Leuten, die aus dem Fenster oder durch eine Schießscharte blickten.
»Was wollt ihr?«, fragte Baron Matthias. »Das ist heute mein Hochzeitstag.«
»Darum sind wir gekommen, um euch unsere Aufwartung zu machen«, antwortete dumpf der Dämon. »Lasst uns ein. Übergebt uns das Schloss. Ihr gehört zur Familie, Baron.«
»Zu welcher Familie?«, fragte Matthias.
Der eiskalte Wind ließ Genevièves Brautschleier flattern.
»Zur Schwarzen Familie«, erwiderte der Gevatter Tod. »Wir wollen mit Euch Eure Hochzeit feiern, im Namen von Asmodi.«
Ich erschauerte. Die schwarzen, unergründlich tiefen Augenhöhlen des Alten des Schreckens, einer der fürchterlichsten Dämonen überhaupt, schauten mich an. Würde er seine Seuchensaat auf mich schleudern? Erkannte er mich? Doch wie sollte er mich in dieser Zeit erkennen? Die Wege von Coco Zamis und Gevatter Tod hatten sich erstmals mehr als dreihundert Jahre in der Zukunft gekreuzt. Oder war es umgekehrt, fand hier der erste Kontakt statt? Mich schwindelte.
»Matthias, mein Junge«, meldete sich jetzt der Magier Callisto mit süßlicher Stimme. »Ich bin dein Vormund, dir von Asmodi gegeben, dem Fürsten der Finsternis. Doch bevor ich dich unter meine Fittiche nehmen konnte, hat man dich weggeben. Wie närrisch und unnütz. Du siehst, ich bin wieder hier.«
»Verschwindet!«, befahl Matthias. »Schnabel, gib mir die Muskete.«
Magister Schnabel stand bereits hinter dem Baron und reichte ihm die Waffe. Matthias legte den langen und schweren Lauf auf die Brüstung und feuerte los. Er traf den Gevatter Tod, was diesen jedoch überhaupt nicht beeindruckte. Abgeplattet fiel die Silberkugel zu Boden. Gegen den uralten, mächtigen Seuchendämon hätte Matthias genauso gut mit Erbsen werfen können.
»Ihr wollt also nicht öffnen?«, fragte Gevatter Tod. »Sehr ungastlich. Trotzdem will ich dem Bräutlein mein Geschenk geben.«
Im letzten Moment riss ich Geneviève zu Boden. Der Gevatter Tod hätte sonst tödliche Seuchenkeime aus seinen Augenhöhlen auf sie geschleudert. So konnten sie ihr nichts anhaben, weil ich mit Weißer Magie einen Schutzschirm über uns errichtete. Der Alte des Schreckens war überrascht, weil er das Wirken einer mächtigen Hexe spürte.
Doch er verlor nie die Fassung.
»Angriff!«, befahl er, und ein gehenkter Trompeter blies mit verrenktem Hals ein schaurig entstelltes Signal.
Bei der Kutsche und den zwei Wagen der Söldnerschar stand eine Haubitze. Sie feuerten sie ab. Das Schlosstor erhielt ein großes Loch. Die Kanonenkugel krachte gegen eine dicke Mauer und fiel zu Boden. Die Söldner griffen das Schloss an. Doch das Tor war gesichert, die Schießscharten und die Wehrgänge sowie die Türme besetzt. Die Hochzeitsgäste griffen mit...
Erscheint lt. Verlag | 7.12.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7517-7253-7 / 3751772537 |
ISBN-13 | 978-3-7517-7253-2 / 9783751772532 |
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