Teufelskreis (eBook)

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2024 | 1. Auflage
247 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-384-42014-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Teufelskreis -  Stephan Dettling
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Polizeihauptmann Fritz Hugo Kunz ist ein ca. 50 jähriger, eigenwilliger, unkonventioneller Ermittler, welcher, nachdem er in Zürich in Ungnade gefallen und nach Zug abgeschoben worden war, etwas unmotiviert bei der Arbeit ist. Sein Markenzeichen sind seine ironischen, teilweise sarkastischen Bemerkungen. Kunz wird eines Nachts vom Klingeln seines Handys aus dem Schlaf gerissen und zu einem Tötungsdelikt ins Hotel Choller gerufen. Der Ermordete hatte sich als Rabbi Mendel Friedmann eingecheckt. Schon beim Betrachten der Leiche fällt Kunz eine Tätowierung am Unterarm auf. Sein Gefühl sagt ihm, dass der Tote unmöglich ein orthodoxer Jude sein kann. Am Tatort trifft er seine ehemalige Geliebte, eine Journalistin, welche neu auch in Zug tätig ist. Das Treffen reisst bei ihm alte Wunden auf und er versucht, parallel zu den Ermittlungen ihr Herz zurückzuerobern. Beim Ermordeten wird ein Zahlenrätsel gefunden. Während des Verhörs eines Verdächtigen hat Kunz einen Geistesblitz, wie er das Rätsel lösen kann. Anstatt wie erhofft mit der Lösung den Täter eindeutig identifizieren zu können, vermehrt sich die Zahl der Verdächtigen nochmals, was Kunz fast zur Verzweiflung bringt. Kunz ist gefordert. Kann er den Fall lösen und dabei das Herz seiner Ex-Freundin zurückerobern?

Stephan Dettling, geboren 1963, schöpft in seinen Krimis aus fundierten Kenntnissen der Polizeiarbeit und des Justizwesens. Durch intensive Recherchen und den direkten Austausch mit Polizeibeamten sowie Experten aus Recht, Politik und Medien gelingt es ihm, realistische und fesselnde Kriminalfälle zu konstruieren.

Stephan Dettling, geboren 1963, schöpft in seinen Krimis aus fundierten Kenntnissen der Polizeiarbeit und des Justizwesens. Durch intensive Recherchen und den direkten Austausch mit Polizeibeamten sowie Experten aus Recht, Politik und Medien gelingt es ihm, realistische und fesselnde Kriminalfälle zu konstruieren.

1


 

Der schrille Klingelton seines Handys riss Polizeihauptmann Fritz Hugo Kunz aus dem Schlaf. Halb wach rieb er sich die Augen und fluchte über die nächtliche Störung. Dann fiel ihm ein, dass er Bereitschaftsdienst hatte. Hätte ihm vor ein paar Monaten jemand gesagt, dass er in seinem Alter wieder Bereitschafts-einsätze machen müsse, er hätte laut gelacht. Als ehemaliger Chef des Kriminalkommissariats der Stadt Zürich hatte er Untergebene, welche die von ihm weniger geliebten Aufgaben übernehmen mussten. Dass er in dieser Funktion seine Kompetenzen manchmal überschritt oder Beweismittel zurechtfeilte, interessierte damals niemanden, bis ihm der Anwalt eines Drogenhändlers einen Strich durch die Rechnung machte.

 

Dem Dealer war er schon lange auf der Spur. Er hasste den Kerl, weil er Drogen an Jugendliche verschenkte, bis diese von den Opiaten abhängig waren und zu willigen Kunden wurden. Als er den Dealer nach längerer Observation in flagranti erwischte, hatte dieser unglücklicherweise keine grossen Mengen an verbotenen Substanzen bei sich. Um die magere Beute etwas aufzupolstern, ergänzte Kunz diese mit je einem Pack Heroin und Kokain aus der Asservatenkammer.

 

Unter normalen Umständen wäre dieser Abschaum von einem Menschen für ein paar Jahre aus dem Verkehr gezogen worden. Leider waren es bei diesem Fall keine normalen Umstände. Es war ein Kampf David gegen Goliath, nur dass dieses Mal Goliath als Sieger das Feld verliess. Der Vater des Verhafteten war nicht nur ein einflussreicher Nationalrat, sondern auch Kandidat für den nächsten freien Sitz im Bundesrat und demzufolge der Hoffnungsträger der Elite von Zürich. Als Verteidiger seines Sohnes engagierte er einen ehemaligen Staatsanwalt, welcher die Seiten gewechselt hatte und mit Kunz’ eigenwilligen Methoden bestens vertraut war.

 

Zwei Tage nach der Verhaftung des Dealers wurde er ins Büro seines obersten Vorgesetzten, Polizeikommandant Peter Abegg, beordert. In der geräumigen Besprechungsecke warteten Abegg, der für das Justiz- und Polizeidepartement zuständige Zürcher Stadtrat Peter Türler, Anwalt Dr. jur. Kronenberger und Nationalrat Hans Bodmer bereits auf ihn. Freundschaftlich wurde er vom Kommandanten empfangen und den Anwesenden vorgestellt. Nachdem er jeden Einzelnen per Handschlag begrüsst hatte, setzte er sich auf den letzten freien Stuhl.

Nach einem kurzen Blickwechsel mit Kommandant Abegg ergriff der Nationalrat das Wort: „Hauptmann Kunz, wir haben Sie zu diesem Gespräch eingeladen, um uns mit Ihnen über Ihre Zukunft auszutauschen. Grundsätzlich wird Ihre Arbeit hier in Zürich geschätzt und keiner der Anwesenden hatte bisher einen Grund zur Beschwerde, im Gegenteil, mir wurde viel Positives über Sie berichtet.“

 

Am liebsten hätte Kunz laut gelacht, denn er glaubte Bodmer kein Wort. Natürlich wusste er den wahren Grund des Treffens, nutzte aber die Gelegenheit, um die Anwesenden ein wenig zu provozieren. „Danke für die Rosen. Darf ich aufgrund Ihres Lobes davon ausgehen, dass diese Sitzung einberufen wurde, um mir meine Beförderung mitzuteilen?“

Bodmer schaute Kunz verdutzt an. „Es wäre mir eine Freude, wenn dies der Grund unseres Treffens wäre. Diese Sitzung wurde leider aber aus einem unerfreulichen Grund angesetzt. Zu unserem Bedauern haben Sie vorgestern einen gröberen Fehler begangen. Sie haben einen Unschuldigen zu Unrecht des Drogenhandels bezichtigt. Anwalt Dr. jur. Kronenberger, mit dem Sie früher erfolgreich zusammenarbeiteten, hat sich mit dem Fall befasst. Bei seinen Recherchen prüfte er die Buchhaltung der Asservatenkammer und stellte fest, dass Sie dieser nach der Verhaftung meines Sohnes Kokain und Heroin entnommen hatten. Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich bei den Entnahmen um die Mengen handelt, welche Sie auf der Liste der angeblich bei meinem Sohn beschlagnahmten Drogen aufgeführt haben?“

 

Kunz wusste, dass leugnen zwecklos war. Kampflos wollte er sich aber nicht geschlagen geben. „Das stimmt. Die beim Delinquenten gefundene Menge an Drogen war zu gering für eine angemessene Strafe. Deshalb habe ich sie zugunsten Ihres in meinen Augen so wundervoll geratenen Sohnes sinnvoll ergänzt.“

 

Während sein Vorgesetzter über das Gehörte schmunzeln musste, schaute ihn Bodmer genervt an, liess sich aber von Kunz nicht provozieren und sprach, seines Sieges gewiss, mit sanfter Stimme weiter: „Hauptmann Kunz, das Unterjubeln von falschen Beweismitteln ist eine Straftat. Aber keine Angst, es ist nicht mein beziehungsweise unser Ziel, Sie hinter Gitter zu bringen. Im Gegenteil, ich habe mich, bevor wir Sie haben rufen lassen, für Sie eingesetzt.“

 

„Vielen Dank, das ist sehr nett von Ihnen. Wie komme ich zu dieser Ehre?“

 

Ohne auf Kunz’ sarkastisch gemeinte Frage einzugehen, fuhr Bodmer in seinem Monolog unbeirrt fort. „Wie mir Ihr Vorgesetzter versichert hat, sind Sie ein hervorragender Fahnder und es wäre eine Schande, wenn man Sie aus dem Dienst entliesse. Deshalb haben wir nach einer für alle Beteiligten akzeptablen Lösung gesucht. Da Sie in Zürich, wie Sie sicher verstehen werden, keine Zukunft mehr haben, haben wir uns ausserkantonal umgesehen und sind im Kanton Zug fündig geworden. Sie können in Zug Anfang nächsten Monats beginnen. In den Zentralschweizer Voralpen werden Sie sich gewiss wohlfühlen. Da es im Steuerparadies Zug schwierig ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden, können Sie bei der Stadt Zug eine für Zuger Verhältnisse günstige Wohnung in einer stadteigenen Liegenschaft mieten.“

Zynisch lächelnd bemühte er sich, die Abschiebung mit einer Aufmunterung zu beschönigen. „Freuen Sie sich, Sie arbeiten in Zukunft am malerischen Zugersee, in einer Gegend, in der andere Ferien machen.“

 

Kunz verzichtete auf eine Antwort und verzog sein Gesicht zu einem mitleidigen Lächeln.

Nach einer kleinen Pause des Schweigens ergriff Bodmer erneut das Wort: „Es versteht sich von selbst, dass jeder der hier Anwesenden über das soeben Besprochene Stillschweigen bewahrt.“

 

Kunz war klar, dass der Herr Nationalrat kurz vor den Erneuerungswahlen des eidgenössischen Parlaments keine negativen Schlagzeilen gebrauchen konnte. Auch die anderen Anwesenden waren nicht erpicht darauf, der Presse unangenehme Fragen beantworten zu müssen. Gerne hätte er den Bogen noch etwas gespannt, aber in seiner aktuellen Situation war es mangels Alternativen besser, das Angebot zu akzeptieren.

 

Dem Zuger Polizeikorps verkaufte man Kunz als erfolgreichen Polizeihauptmann aus der Grossstadt. Dass man ihn in Zürich, nachdem er bei einem Fall von häuslicher Gewalt den angreifenden Mann bewusstlos geschlagen hatte, um diesen davon abzuhalten, weiterhin auf seine Partnerin einzuprügeln, hinter seinem Rücken „Kommissar Haudrauf“ nannte, verschwieg man den Zugern ebenso wie den wahren Grund seiner Versetzung.

 

Die Ironie dieses Spottnamens erschliesst sich erst, wenn man weiss, dass Kunz in seiner frühen Jugend ein Schwächling war. Damals hätte jeder laut gelacht, hätte man ihm erzählt, dass er in Zukunft einmal den Spitznamen „Kommissar Haudrauf“ erhalten würde. Als scheuer, etwas linkischer Junge hatte er es in dem Vorstadtarbeiterquartier, in welchem er mit seinen Eltern wohnte, nicht leicht. Regelmässig wurde er von anderen Schülern geschlagen. Der Schlimmste von allen war der Bucher Richi. Fast täglich kassierte er von dem Kerl Ohrfeigen, bevor dieser ihm das Pausenbrot stahl. Er konnte nur hoffen, dass seinem Peiniger das konfiszierte Essen schmeckte, denn war dies nicht der Fall, wurde Richi wütend. Helfen wollte ihm niemand. Sein Vater war der Ansicht, dass die Abreibungen seinem Schwächling von Sohn guttun würden, und seine Mutter war mit dem täglichen Überlebenskampf beschäftigt, sodass sie keine Zeit für die Sorgen ihres Sprösslings hatte.

Als er einmal nach einer besonders schlimmen Tracht Prügel weinend auf dem Asphalt des Pausenplatzes kauerte, wurde er vom Lehrer Kaiser am rechten Oberarm gepackt und mit einem Ruck auf die Beine gestellt. Pädagoge Kaiser, welcher auf das a stolz war, das ihn vom üblichen Schweizer Nachnamen Keiser unterschied, war allseits gefürchtet. Der Mann war mit knapp 1.60 m Körpergrösse eher ein Bonsai im Vergleich zum Bucher Richi, aber von solch kräftiger Statur, dass ihm jeder Respekt zollte.

„Willst du dein Leben lang das Opfer sein?“, fragte er ihn ganz nett und mit einer Sanftheit in der Stimme, dass er ihm auf einmal sympathisch war. Er spürte, dass der Lehrer es gut mit ihm meinte.

 

„Nein“, stotterte Kunz unsicher.

 

„Wenn du willst, helfe ich dir, so kräftig zu werden, dass sich jeder vor deiner Faust fürchtet. Ich weiss, wovon ich spreche. Ich erkenne in dir mich in deinem Alter. Wäre ich nicht so stark, würde ich nicht den Respekt geniessen, den man mir heute entgegenbringt. Bist du bereit, dich zu quälen?“

 

Er wusste nicht, welche Strapazen Lehrer Kaiser mit dem Begriff „quälen“ verband. Trotzdem antworte er aus Respekt mit Ja, und um seiner Entscheidung Nachdruck zu verleihen und weil er es im Fernsehen in einem amerikanischen Film einmal so gehört hatte, bekräftigte er seine Zustimmung: „Ja, Sir!“

 

Diese Antwort gefiel dem Pädagogen. „Sehr gut, komm heute Abend um 18 Uhr zum Eingang der Turnhalle. Es werden noch einige andere Leidensgenossen von dir anwesend sein.“

 

Wenn er gewusst hätte, was für eine Plackerei auf ihn wartete, er wäre nicht hingegangen. Am Morgen nach dem ersten Training hatte er nicht nur einen extremen Muskelkater, er...

Erscheint lt. Verlag 8.10.2024
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Ermittler • Krimi • Liebe und Verlust • Mordfall • Rätsel • Sarkasmus • Schweiz • Spannung • Thriller-Elemente • Vergangenheit
ISBN-10 3-384-42014-4 / 3384420144
ISBN-13 978-3-384-42014-5 / 9783384420145
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