Dem Schicksal ergeben (eBook)
403 Seiten
epubli (Verlag)
978-3-8187-1424-6 (ISBN)
Kristina Müller ist geboren in Stralsund. Dort und bei Berlin aufgewachsen, liebt sie die Ostsee und insbesondere die Insel Rügen. Seit 2012 lebt sie in Berlin und ist Mutter einer Tochter.
Kristina Müller ist geboren in Stralsund. Dort und bei Berlin aufgewachsen, liebt sie die Ostsee und insbesondere die Insel Rügen. Seit 2012 lebt sie in Berlin und ist Mutter einer Tochter.
Der Wolf
Unruhig schmiss er sich im Bett von einer Seite auf die andere. Eigentlich dachte er, dass er nach der Reise im eigenen Bett wie ein Stein schlafen würde. Doch jedes Mal, wenn er die Augen schloss, manifestierte sich der schwarzgraue Wolf vor seinem inneren Auge, der ihm bereits in dem Tagtraum erschienen war. Nur sahen die blauen Augen ihn nicht mehr warm an, sondern flehend. Flehend nach Erlösung und Liebe.
Ruckartig setzte er sich auf. Obwohl er sich nun schon mehrmals das Gesicht gewaschen hatte, die Kleidung wechselte, schien der Geruch der Pheromone wie Teer an ihm zu haften. Wald im Sommerregen und süße Erdbeeren. Er stieß die Luft aus und schwang die Beine aus dem Bett. Irgendwie würde er nicht zur Ruhe kommen. Eine unsichtbare Macht zog ihn zum Schloss hinüber. Doch er versuchte sie zu ignorieren. Daher öffnete er das Fenster, schloss bei der kühlen Nachtluft genießend die Augen, ehe er sich in eine Fledermaus verwandelte und los flatterte.
Der Blick von oben auf das Schloss, auf die Wälder ließ ihn etwas ruhiger werden. Trotzdem dachte er immer wieder, dauerhaft an den Wolf in den Kerkern. Sicher wurde er nach drei Monaten bereits schmerzlich in Wolfskrût vermisst. Er flog nach rechts, über den See hinweg, schnappte sich ein paar Insekten aus der Luft, und weiter über den Heledberc.
Die Idee war absurd. Trotzdem zog es ihn eine Nacht vor Vollmond zum Schloss der Wölfe. Sollte er erwischt werden, würde es sicherlich nicht gut für ihn ausgehen. Trotz dieser Gefahr konnte er sich aber nicht dem Wunsch erwehren, einen Blick in das Nachtleben des Volkes zu werfen.
Die Glocke in der Turmuhr von Wolfskrût schlug ein Uhr nachts, als er das Schloss erreichte und sich in knapper Entfernung an den Ast eines Baumes hing und hinüber zu den hellerleuchteten Fenstern sah. Anscheinend erfasste sie eine gewisse Unruhe so kurz vor der Nacht der Verwandlung. Zumindest konnte er viele Gestalten in den Räumen laufen sehen und auch vor dem Schloss und in dessen Park herrschte geschäftiges Treiben.
„Na du? Bist du ein Späher?“ Er zuckte zusammen, als unter ihm ein großer blonder Mann zum Stehen kam und ihn sofort ihm Baum fixierte. Die blauen Augen stachen sich in ihn und er legte den Kopf leicht schief. Jonno erfasste bei diesem fast vernichtenden Blick der Drang zu fliehen, widerstand ihm jedoch, da er sich nicht verraten wollte.
„Vielleicht hast du dich auch nur verflogen. Wenn du die Vampire suchst, musst du nach Westen. Hier findest du nur Wölfe.“, sprach er ruhig und bedacht weiter, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
„Mit wem redest du, Steven?“ Eine rothaarige Frau mit gewitztem Blick trat im Schlepptau eines weiteren blonden Mannes zu ihm. Sie strahlte über das ganze Gesicht und er konnte ihre Lebensfreude regelrecht spüren. Der Mann hingegen wirkte betrübt und nachdenklich, obwohl er sonst sicher einem Spaß nicht abgeneigt war.
„Eine Fledermaus. Vielleicht ein Späher der Vampire.“, antwortete Steven, weiterhin den Blick fest auf ihn gehaftet. Der andere blonde Mann sah nun ebenfalls zu ihnen hinauf, lachte kalt und abfällig.
„Kannst ja fragen, ob sie Kai im Kerker haben.“, schnaufte er und Jonno spürte den Selbsthass, der diesen Mann zu zerfressen schien. Die Frau sah ihn mitleidig an und schmiegte sich an seinen Arm.
„Oh, Jakob. Mach dir doch nicht solche Vorwürfe. Wenn Kai die Möglichkeit sieht, wird er fliehen und zurückkommen.“, hauchte sie und strich ihm mitfühlend über die Wange. Nun löste auch Steven das erste Mal den Blick von ihm, richtete ihn sanft auf diesen Jakob.
„Ich weiß, du hast das Gefühl als Leibwache des Prinzen versagt zu haben, aber die Schlacht war unübersichtlicher denn je. Auch ich hätte ihn aus den Augen verloren.“, sagte er sanft und drückte seine Schulter. Jonno hielt die Luft an. Der Wolf in ihren Kerkern war der Prinz der Wölfe? Welch faszinierende Erkenntnis, etwas, was sein Vater niemals erfahren durfte.
„Es ist der dritte Vollmond. Der Mangel an Erlösung wird ihn zusehends kränker machen. Ihr wisst, wie heftig seine Hitze ist.“ Pure Verzweiflung spiegelte sich in den blauen Augen und dem verzerrten Gesicht, dass es selbst Jonno die Brust zuschnürte. Der Wolf litt also wirklich unter seiner Hitze. Und die Gefangenschaft machte es nur viel schlimmer, da es keine Hoffnung auf Erlösung gab. Stevens Blick fokussierte sich wieder auf ihn und eine stumme Bitte lag in seinem Blick, als ob er genau wusste, dass er ein verwandelter Vampir war.
„Flieg und berichte deinem Herren.“, flüsterte er kaum hörbar und ging dann mit den beiden Wölfen weiter. Jonnos Herz schlug bis zum Hals, als er über das Gehörte nachdachte.
Der Wolf in ihren Kerkern war niemand Geringeres als der Prinz der Wölfe, Kai. Es war sicher um die achtzig Jahre her, dass ihm mal ein Porträt des damals noch kleinen Jungen in die Hände fiel. Er erinnerte sich an braunes Strubbelhaar und warme, blaue Augen, die einem bis auf die Seele zu schauen schienen. Und das allein von diesem Porträt. Blaue Augen, wie die des Wolfes in seinem Tagtraum.
Wie sollte er mit dieser Erkenntnis umgehen? Auch die Worte dieses Jakobs. Die nicht Erfüllung der Hitze würde ihn kränker werden lassen. So wie Frank es bereits beobachtet hatte. Seine Gedanken drehten sich. Er musste einen Weg finden, Kai zu helfen, kam es in seinen Sinn.
Frank verriet nicht, wenn er sich um den Wolf kümmerte. Aber die Pheromone des Wolfes besaßen zu viel Macht über ihn. Die Nacht würde nicht ruhiger werden. Sein geplanter Entspannungsflug bescherte ihm nur noch mehr Gedanken, die endlose Kreise in seinem Kopf drehten. Der Morgen graute bereits, als er sich nach einem letzten Blick auf Wolfskrût auf den Rückweg nach Köningwitt machte.
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Er schritt durch die Gänge des Kerkers. Noch herrschte kaum Treiben im Schloss. Nach seiner Rückkehr beschloss er, die Bibliothek aufzusuchen. Dort wälzte er mehrere Bände aus uralten Zeiten, die sich mit den Legenden über Wölfe befassten. Er fand heraus, dass Wölfe, die ungebunden waren, monatlich in Hitze gerieten.
Vermutlich stellte es sich als nicht zu einfach heraus, einen männlichen Omegawolfprinz an den richtigen Partner zu binden. Bei weiblichen Omegawölfen wurde darauf vermutlich weniger Vorsicht verwendet, um die lästige Zeit der monatlichen Hitze so kurz wie möglich zu halten. Umso länger die Hitze nicht befriedigt wurde, umso schwächer wurde der Omegakörper, da er viel Energie in diese drei Tage legte und sich durch das Beiliegen eines Alphas erst regenerierte.
Also eigentlich so ähnlich, wie er und Matthias es bei Thomas hielten. Außerdem entdeckte er in den alten Schriften eine Art Prophezeiung, die sehr hochtrabend ausformulierte, dass die Stärke der Völker nur durch Mischung der Gene beibehalten werden konnte. Und dass beide Völker erst am Rande des Abgrundes stehen mussten, damit das eine vorbestimmte Paar die Wende einläuten könnte.
Es schüttelte ihn bei dem Wort vorbestimmt. Bereits Matthias hatte es verwendet, als er von der besonderen Macht der Pheromone erzählte, welche ihn kurzzeitig in ihren Bann schlug. Die Legenden der vorbestimmten Paare in den Alpha-Omega-Verbindungen stammte aus einer Zeit, in der es noch Himmelsschlangen und Tiefseemonster gab. Hatten sie einander erkannt, vermochte das Paar es kaum auszuhalten, voneinander getrennt zu sein. Erst nach der offiziellen Verpaarung während der Hitze des Omegas entspannte sich ihr bedingungsloser Wunsch nach der Nähe des Partners.
Die Sonne stand etwa drei Stunden am Himmel, als die innere Unruhe ihn alle Bücher beiseite räumen ließ und er in die Küche des Schlosses trabte. Er wusste, dass die meisten Omegas während der Hitze kaum etwas zu sich nahmen. Trotzdem hatten sie es in den letzten Jahren immer geschafft, Thomas zumindest etwas Blut einzuflößen, damit er die anstrengenden Stunden durchstand. Nun konnte er ja schlecht einem Wolf Blut anbieten, daher entschied Jonno sich, in der Küche nach Brühe zu fragen.
So trat er mit der Brühe in der einen Hand und einem mit Parfum getränkten Taschentuch in der anderen, welches er sich vor die Nase hielt, zu Frank vor die Kerkertür.
„Wie geht es ihm?“, fragte er verschnupft. Frank blinzelte ihn schmunzelnd an und erhob sich langsam. Den Dreck von seiner Hose schlagend warf er einen Blick durch die Gitter.
„Sehr unruhige Nacht. Das Zittern ist stärker und das Bett vollgeschwitzt.“, erklärte er ruhig und sah fragend auf die Brühe, ehe er wieder skeptisch zu seinem Prinzen aufblickte.
„Du stinkst, als wärst du in ein Parfumfass gefallen.“, bemerkte er skeptisch belustigt. Jonno seufzte und nickte.
„Ich will versuchen, uns gegenseitig vor unseren Pheromonen zu schützen. Denn wenn ich ihn riechen kann, wird er vermutlich auch mich riechen.“, erklärte er kurz, ehe er zur Tür nickte und Frank sie ihm aufschloss. Langsam trat Jonno ein, ließ sich neben der Tür mit dem Rücken an der Wand zu Boden sinken und stellte die Suppenterrine auf die Steine zwischen sich und das Bett.
„Ich hab dir Suppe mitgebracht, Kai.“ Er entschied sich für die Offensive und bekam augenblicklich eine Reaktion. Ruckartig drehte sich der junge Mann um, funkelte ihn aus diesen warmen, blauen Augen an, die er bereits von dem damaligen Porträt und dem Wolf aus seinem Tagtraum kannte. Sein Haar lag wirr auf seinem Kopf, ebenso wie der Bart an seinen Wangen ungepflegt erschien. Schweiß lag auf seiner Stirn und sein Atem gingen schnell und abgehakt. Sein Körper erzitterte, ehe er stöhnend zurück auf die Liege sank, den Blick aber fest auf Jonno gerichtet.
„Dein Körper ist schwach....
Erscheint lt. Verlag | 8.11.2024 |
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Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | alpha • Jonno • Kai • Omega • Vampir • Wolf |
ISBN-10 | 3-8187-1424-X / 381871424X |
ISBN-13 | 978-3-8187-1424-6 / 9783818714246 |
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